Full text: St. Ingberter Anzeiger

einberufene Versammlung, in welcher über die 
politische Situation beraten und ein Vortrag über 
die nationale Bedeutung von Johann Huß gehalten 
werden sollte, ist von der Behörde verboten 
worden. 
Wien, 17. Febr. Der vatikanische Bericht⸗ 
erstatter der „Politischen Korrespondenz“ meldet, 
daß die Arbeiterschuz⸗Erlhasse des 
Zaisers Wilhelm im Vatikan lehhafteste 
Zustimmung und wärmste Anerkennung gefunden 
haben. 
Sofia, 17. Febr. Die Untersuchungskommis- 
sion in Sachen des Majors Panitza hat viele 
Briefe und Schrifistücke mit Beschlag belegt, die 
auf die russische Politik schlimmes 
Licht werfen. Unter anderem ist durch einen 
aufgefundenen Schlüssel ein Brief entziffert worden 
in dem von einer baldigen Waffensendung die Redt 
ist; man schließt daraus, daß Kalapkow auf eint 
erhaltene Weisung hin handelte, wie einst Nabokow, 
und das Zutrauen der rusfischen und bulgarischen 
Verschwoͤrer auf das Heer nicht groß war, indem 
es sonst überflüssig gewesen wäre, Waffen kommen 
zu lassen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 18. Febr. Unserm gest⸗ 
rigen etwas gedrängten Bericht über den Unte r⸗ 
dützungsberein der Arbeiter des Eisen- 
werks tragen wir nach den Statuten noch Fol⸗ 
gendes nach: Wohl können auch Arbeiter über 45 
Jahre dem Verein beitreten. Doch können Arbeiter, 
welche das 45. Lebensjahr überschritten haben, wenn 
fie es versäumen innerhalh der festgesetzten Feist 
dem Verein beizutreten, nach Ablauf derselben selbsl 
gegen Entrichtung der Eintrittsgebühr. nicht aufge⸗ 
nommen werden. Wie mitgeteilt, hat die vor—⸗ 
gestrige Generalbersammlung den Zeitpunkt des 
Eintritis des Gebührenzwangs auf 1. März fest 
gesetzt. Vor dem 1. März können also alle über 
16 Jahre alte Arbeiter des Eisenwerks dem Verein 
ohne Entrichtung von Eintrittsgebühr beitreten. 
Nach dem angeführten Zeitpunkt wird die Eintritts⸗ 
gebühr sich stellen wie folgt: Für Arbeiter von 
16 —- 24 Jahren auf 1 Mk. 50 Pfg., von über 
24 -32 Jahren auf 3 Mk., von über 32—45 
Jahren auf 5 Mk. Es liegt also im Interesse 
der Arbeiter, daß sie so bald als möaglich dew 
Verein beitreten. 
* Eine karnevalistische Unterhaltung, deren Ver⸗ 
lauf sich ganz brillant gestaltete, hatte am letzten 
Samstag Abend die Mitglieder der Gesellschaft 
„Harmonie“ im Horstchen Saale vereinigt 
Eine gute Musik empfing die Eintretenden in an— 
genehmer Weise. Die Eröffnung des Programms 
erfolgte durch eine Polonaise, welche Gelegenheit 
bot, die geschmackvollsten Maskenkostüme zu sehen. 
Damit war schon die richtige Stimmung erweckt 
und was nun folgte, war anregend und harmonisch 
insgesammt. Natürlich fehlte es nicht an Theater⸗ 
aufführungen und erfreute sowohl „Elsens Traum“ 
als auch „Ihr Lieblingswuusch“ nicht nur durch 
humoristischen Inhalt sondern auch durch die außerst 
gelungene Darstellung. „Frau H. und Frau Sch.“ 
hielten treffliche Vorlesungen in Gesangsform über 
die „Männer“, während auch eine „geknickte Lilie“ 
ihre reiche Erfahrung in Bezug auf genannte 
„Gegenstände“ in ansprechendster Weise zum Besten 
gab. Ein lustiges Operetten⸗Potpourri, das sangen 
zwei Clowns wie noch nie. Auch eine „Hechel“ 
hörte man in Thätigkeit; mancher soll dabei auf— 
gepaßt haben wie eine Hechelmaus. Daß man 
auch in musikalischen Tönen dem Prinzen Karne⸗ 
bal huldigen kann, hatte der Dirigent des Vereins 
durch seine Komposition zu einer Posse bewiesen. 
Bei all dem Reichtum des Gebotenen flogen unber⸗ 
mertt die Stunden dahin. Erst in später oder 
vielmehr früher Stu de kam dann der unerläßliche 
Tanz. Doch bei der schönsten Harmonie genirt so 
etwas nie; und so tanzte man denn, bis ed 
aus war. 
* Am Tage der Reichstagswahl, also über⸗ 
morgen Donnerstag sind sämmiliche Telegra— 
phenbureaur behufs Entgegennahme von 
Depeschen bis 10 Uhr abends geöffnet. 
— Blieskastel, 17. Febr. Der im 
Laufe des Winters gegründete Zweig⸗Verein 
für Bienenzucht Blieskastel und Umgegend 
wird, wie man der „Zw. 3“. mitteilt, am 68. 
März nachmittags 894 Uhr im Hotel Hauck seine 
diesjahrige Frühjahrsversammlung abhalfen. Zwe 
Vorträge sind zur Besptechung auf die Tagesord⸗ 
nung gesetzt 1 Melschea nd die haupsäch 
lichsten Arbeiten am Bienenstande im Frühjabre? 
Herr Hauptlehrer Leibigh 2. Ueber An⸗ und 
Verkauf von Bienen und Bienengeräten iunerhalb 
des Vereines pfaälzischer Bienenzüchter. (Herr Leh— 
rer Neurohr⸗Ulschbach.) 
— Zweibrücden, 17. Febr. Bei der am 
Samstag Nachmittag stattgehabten Bersteigerung 
des Hauses nebst daranstoßendem Garten der 
GWitwe Klein in der hinteren Irheimerstraße ging 
dasselbe um den Preis von 4750 Mk. in den 
Besitz des Monteurs Herrn Karl Meyer über. — 
Am Samstag Abend gegen 2311 Uhr bvrach in 
einem, in der Irheimerstraße gelegenen Schuppen 
Feuer aus. Durch das rasche Eingreifen unserer 
Feuerwehr konnte dasselbe jedoch nach kurzer Zeit 
geloͤscht werden. (31tg.) 
— In der Gemeinde Freisbach hat sich 
eine Wiesen bau⸗-Genossenschaft gebildet 
und kommen die von Herrn Kreiskultur⸗Ingenieur 
Merl in Speyer ausgearbeiteten Pläne unter 
Aufsicht eines Wiesenwartes gegenwärtig zur Aus—⸗ 
führung. Die Anlage erhält ungefähr 6 
Schleußen. 
— Landau, 17. Febr. Auf dem Saati 
zuimarkt am Samstag wurden 10,75 Zentner 
—A 
Hafer, 1,10 Zentner Luzerne, 1,80 Zentner Roth 
dee und 6 Zentner Karttoffeln, zusammen alst 
57,15 Zentner zu 697 Mt. 15 Pf. verkauft 
Diese Saatwaaren gingen zumeist in kleinern 
Parthien also an kleinere Landwirthe, wodurch der 
Zweck des Marktes als erreicht betrachtet werden 
ann, da den Landwirthen mit groͤßerem Betriebe 
auch sonst Mittel zur Verfügung stehen, sich ent⸗ 
sprechende Saatwaare von auswäris zu beschaffen. 
— Herr Hauptmann Gradinger in 
Landau vom 18. Inf.Rgt. wurde ebenfalls 
auf drei Monate nach Berlin kommandiert. 
— Der Gemeinderath von Westheim haft 
dem „L. A.“ zu Folge beschlofssen. die Beiträge 
zur⸗ pfälz. land⸗ und forstwirthschaftlichen Berufs— 
Jenossenschaft für 1889 für den ganzen Gemeinde⸗ 
bezirk auf die Gemeindekasse zu übernehmen. 
Ferner wurden für Vertilgung des Kiefernspinners 
im hiesigen Gemeindewalde 1400 Mk— bewilligt. 
Die betreffende Waldfläche wird jedoch durchforstet 
und dürfte daher durch den Erlös des fich hierdurch 
ergebenden Holzmaterials der obige Betrag beinahe 
gedeckt werden. 
— Weidenthal, 14. Febr. Die Stamm— 
jolzversteigerung verlief günstig, indem die Taxt 
bon 21,359 Mk. um 2056 Mk. überschritten, so⸗ 
milt ein Erlös von 23,4158 Mt. erzielt wurde. Der 
Uebererlös beträgt ca. 9 pCt. 
— Neusftadt, 16. Febr. Am hiefigen Ran⸗ 
zirbahnhof beim Schieben von Wagen durch die 
Schiebmaschine, ereignete sich leider heute in der 
Mittagsstunde nach der „Pf. Vztg.“ ein bedauer—⸗ 
licher Unglücksfall, vobei der erst 22 Jahre alte 
Wagenschieber Geiger aus Edesheim sein Leben 
nerlor. Geiger, welcher für heute noch vom Dienst 
entbunden werden sollte, war damit beschäftig⸗ 
wei Wagen zu kuppeln, wobei jedoch ein Stos 
des nachschieberden Wagens ihn zur Seite schok 
und leider zwischen die Puffer brachte, wobei Gei— 
ger so schwere Verletzungen davontrug, daß er be— 
reits auf dem Transport nach dem Hetzelspital 
verschied. Geiger war noch unverheirathet und 
hinterläßt nur seine Mutter, die er bestens unter⸗ 
tützte und noch 83 Geschwister. 
— Haßloch, 15. Febr. Wie die „Nst. Z.“ 
erfuͤhrt hat Herr Ph. Merkel, Weinhändler in 
Reustadt, ein geborener Haßlocher, zur Gründung 
eines Spitales für Haßloch die Summe von 1000 
Mark als Anfang zu einem Baukapital gestiftet. 
— Die theologische Anstellangsprüfung 
für die protest. Pfarramtskandidaten 
mußte eingetretener Hindernisse wegen auf Dienstag 
den 29, April verschoben werden. 
— Deidesheim. Vor einigen Tagen 
machten sich einige hiesige Buben von 12 bis 13 
Jahren den Spaß, eine am hiesigen Bahnhofe zum 
kinfahren des um 4 Uhr von Neustadt kommenden 
Zuges bereits richtig gestellte Weiche in dem 
Moment anders zu stellen, als der Zug 
schon in Sicht war. Zum Glück wurden die 
Buben durch den dienstthuenden Bahnwärter Haud 
noch rechtzeitig bei ihrer Thätigkeit bemerkt und 
es konnte durch letztern die Weiche kurz vor der 
Einfahrt des Zuges noch richtig gestelit werden. 
Es hätte andernfalls entweder ein Zusammenstoß 
mit ⸗⸗m Dürkheimer Zuga der mit hdem Nen— 
stadier Zug in hiefiger Station kreuzt, oder au 
eine Entaleisung des letzteren Zuges berbeigefülh 
werden können. Die betr. Buben wurden zur Ap 
zeige gebracht. 
— Ludwigshafen, 16. Febr. V. 
Rechnungs⸗Ergebniß der Verbrauchssten 
incl. Malz⸗ und Bieraufschlag pro 1889 liegt nun vo 
Der Lokalmalzaufschlag ertrug netto 145 76 9 
79 Pf. Die Gesammteinnahmen der Verbrauq 
steuer (ausschließlich Lokal-Malzaufschlag) belaufe 
sich auf 48,203 Mk. 12 Pf. Fur ausgeführie 
Wein wurden 287 Mk. 24 Pf., für sonstige au 
geführte Gegenstände 68 Mk. 28 Pf. rückvergütt 
An Strafgeldern (in Folge freiwilliger Unte 
werfung) wurden 147 Mt. 50 Pf. vereinnahm 
Die Einfuhr an Wein erreichte im Monat Oktobe 
die höchste Literzahl. Der Bierkonsum an eiag 
führtem Bier war im Juli am stärksten, im Jan ud 
am schwächsten. Bezüglich der sonstigen Konsun 
artikel war der Lerbrauch mit Ausnahme 
Wildprets und Geflügels in den einzelnen M 
naten nur wenigen Schwankungen unterworfen. 
(G. A.) 
— Ludwigshafen, 17. Febt. Die * 
triebsrechnung der Pfälzischen Eis 
bahnen für das Jahr 1889 schließt ab w 
einem Ueberschusse von 1,026,001 Mk. 78 9 
Wenn nach Maßgqgabe der in den Vorjahren star 
gehabten Verwendung des Aktivrestes e in Prozen 
der Bruttoeinnahme mit 200,000 Mk. dem R 
servefond überwiesen wird, so würde dem „P 
.“ zufolge, nach dem Fusionsdertrage die Hält 
des verbleibenden Betrages mit 413,045 Mt. 8 
Pf. zur Rückzahlung geleisteter Zinszuschüsse an der 
Staat abzuführen, die zweite Hälfte zu eint 
Superdividende von “s pCt. zu verwenden seir 
Der Gesammtbezug der Pfätlzischen Eisenbahnaktie 
pro 1889 würde sich alsdann für die Ludwigs 
bahn auf NRNis, für die Maximiliansbahn auf 6*1 
und für die Nordbahnen auf 408 pGt. belauftr 
— Die Bezirksgremien für Handel un 
Sewerbe sind aufgefordert worden, bis längsten 
Ende dieses Monats eventuelle Wünsche auf Ab 
aünderung einzelner Bestimmungen des „Entwurf 
eines bürgerlichen Gesezbuchs für das Deutsch 
Reich“ bei der Pfälz. Handelskammer in Ludwiq⸗ 
hafen einzureichen. 
— Frankenthal, 15. Febr. Stra? 
kammer. Zur Verhandlung stand nur ein 
einzige Privatklage, die aber den ganzen Vormittae 
in Anspruch nahm. Ueber 50 Zeugen waren zu 
bernehmen. Die Verhandlung bot ein sehr uner⸗ 
quickliches Bild persönlicher Feindseligkeit. Det 
Iraktische Arzt Dr. Reißin Haßloch war wegen schweret 
Beleidigung seines Kollegen Dr. Hecker von da vom 
Schöffengericht Neustadt zu 100 Mk. Gelddus 
perurteilt worden. Der Kläger legte Berufung ein 
weil ihm diese Strafe zu niedrig gegriffen erschien. 
Die Strafkammer trat auch dieser Aasicht bei und 
berurteilte Dr. Reiß zu 3 Wochen WGefängniß, sowie 
zu sämmtlichen Kosten und Publikation des Urth'ils 
in der „Haßlocher Ztig.“ In Anbetracht, daß Di 
Reiß wegen gleichen Reats schon ofters vorbestraf 
sei, müsse eine energische Strafe eintreten, uw 
freinem Gegner Dr. Hecker endlich Ruhe zr 
schaffen und ihn vor den fortwährenden schweren 
Beltidigungen zu schützen. (Nst. Zig.) 
— Frankenthal, 15. Febr. Dem Tüncher 
meister Emanuel Lutz senior wurden heute Nach 
aus einem verschlossenen Verließ die Kleider ge 
stohlen. — Dem Addecer Michael Börstler wurde 
auf dem Schindanger seine Bude aufgebrochen und 
Alles was nicht nied- und nagelfest war, mitge 
nommen. Die Gegenstände wurden im Feld 
versteckt aufgefunden und als Thäter die 1878 
und 1874 geborenen, übelbeleumundeten Buben 
Stuhlfauth, Johann u. a. m. ermittelt. Was ein 
Dörnchen werden will, spitzt sich bei Zeiten. (Tgb! 
— Vorige Woche verbrannte sich Frau Baronu 
Dael von Köth in Dirmstein so schwer 
daß deren Zustand ernste Besorgnisse einflößt. Die⸗ 
selbe kam, der „Gr. Ztig.“ zufolge, jedenfalls der 
Ofen zu nahe, so daß deren Kleider Feuer fingen. 
und die Dame in Folge dessen schwere Brandwunder 
am ganzen Koͤrper davontrug. 
— Ein ergötliches Geschichtcher 
ereignete fich wie der „Pf. K.“ erzählt, in jängstet 
Zeit in einem Dorf des Wasgaues. Der Kantons 
kaminfeger fegte bei einer Wittwe, die alt und 
arm ist, den Schornstein, aber die Arme hatte kein 
Geld, um die 14 Pfennige zu bezahlen, und kein' 
Schuhe. um — “sg war grimmig kalt — worß