Berlin,. 18. Febr. Außer mit Oberburger⸗
meister Dr. Miquel und Geh.⸗Rat Dr. Hinz
peter hat, wie verlautet, der Kaiserr noch mit
anderen Mitgliedern des Staatsrates in den letzten
Tagen Besprechungen gehabt. Die dem Staatsrat
unterbreiteten Fragen u. s. w. sind unter direkter
Teilnahme des Kaisers aufgestellt worden, wie
denn überhaupt der Monarch mit überaus regem
Interesse allen Angelegenheiten folgt, welche die
Arbeiterfrage betreffen. — Die deutsche Regierung
hat allen Grund, mit dem bisherigen Verlauf ihrer
Schritte bezüglich der Anbahnung internatio—
naler Vereinbarungen über die Arbeiter
fragen zufrieden zu sein. Es gewinnt den Anschein,
daß selost diejenigen Mächte, weliche anfänglich sich
schwieri⸗ zeigten, der Aufforderung zur Teilnahme
an der Konferenz entsprechen würden. Es wird
als nicht unwahrscheinlich angesehen, daß über den
Stand der Angelegenheit demnächst Genaueres
authentisch mitgeteilt wird. — Dr. Nasse ist
an Stelle des Freiherrn v. Berlepsch zum Obe r⸗
präsidenten der Rheinprovinz ernannt.
Berlin, 18. Febr. Nach roͤmischen Meldungen
soll der Papst dem Kaiser für das Gesetz, be⸗
treffend die Wehrpflicht der katholischen
Geistlichen, in einem Schreiben den Dan
ausgesprochen haben.
Ausland.
London, 17. Febr. Der Minister des
Innern empfing heute Nachmittag eine Abordnung
des Grubenarbeitervereins von Groß—
hritannien, welche von mehreren Parlamentsmit⸗
gliedern geführt, die Einbringung einer Vorlage behufs
Einführung von achtstündigen Schichten nachsuchie.
Der Minister erwiderte, er werde immer bereit
sein, die Lage der Arbeiter zu verbessern, und
werde im Unterhause die Einbringung einer solchen
Vorlage befürworten; er könne jedoch einem Gesetz
entwurfe, welcher die männlichen Erwachsenen hin⸗
sichtlich der Verfügung über ihre Arbeit beschränken
würde, die Unterstützung der Regierung nicht in
Aussicht stellen.
London, 18. Febr. Der „Times“ wird au
Sansibar unterm 17. Februar telegraphirt:
Die Unternehmung des Majors Wißmann
nach Usambara war in jener Beziehung erfolg⸗
reich. Simboja und die anderen Häupilinge
unterwarfen sich und gaben freiwillig das Dr—
Meyer und anderen geraubte Eigenthum zurück.
Stockholm, 17. Febr. Die Regierung er—
widerte auf die vertrauliche Anfrage des deutschen
Gesandten wegen der Teilnahme Schwedens an
der internationaln Arbeiterschutz-Kon—
ferenz, sie wünsche lebhaft durch weitere geeignete
Maßtregeln den Arbeitern eine bessere Lage bereiten zu
können und werde gerne an einer Konferenz zu
solchen Zwecken teilnehmen.
Paris, 18. Febr. Der Graf von Pari?
hat an den orleanistischen Seuator Bocher von
Havannah aus folgende Depesche gesandt:
Ich bin dolz auf meinen Sohn und glücklich
über dessen Haltung. Seine Verurteilung betrübt
mich sehr. Geben Sie mir Nachrichten hierher bie
Donnerstag, daun nach New⸗NYork.
Der Prinz Philipp von Koburg be—
suchte gestern den Herzog von Orleans in der
Conciergerie.“
Bern, 17. Febr. Der große Rat von Basel
nahm das Krankenversicherungsgesez
mit 64 gegen 14 Stimmen an.
Bern, 18. Febr. Ja zwei gleichlautenden
Noten vom 7. Februar 1800 stellen die Regie—
rungen des unabhängigen Congostaates und Portu—
gals die Anfrage an den Bundesrat, ob er geneigt
sei, die Rolle des Schiedsrichters für die Meinungs⸗
verschiedenheiten zu übernehmen, welche zwischen
beiden Staaten mit Bezug auf die Feststellung ihrer
Grenzen in Afrika entstehen möchten. Der Bun
desrat hat die Annahme des Schiedsrichteramts
zugesagt.
NRom, 17. Febr. Der „Riforma“ zufolge ist
der Papsst seit Samstagbettlägerig, befindet
fich jedoch heute etwas besser. Er ließ gegen seine
wewohnheit die Fastenprediger durch den Cardinal⸗
bikar empfangen. Nach dem „Osservatore Romano“
dagegen empfing der PVapst beute früh dre
Bischöfe.
Fiume, 18. Febr. Der ehemalige Reichs⸗
kanzler Graf Julius Adrassiy ist um 8 Uhr
heute Nacht in Volosca gestorben. (Mit dem Grafen
Julius Andrassy finkt einer der hervorragendsten
Staatsmänner Neusösserreichs ing Grah. Der qm
—
8. März 1823 zu Zemplin geborene Graf zeich⸗
nete sich schon auf dem Reichsstage von 1847 —
1848 als glänzender Redner aus und leistete auch
als Schriftsteller Vortreffliches. Im Jahre 1850 ward
Andrassy kriegsrechtlich zum Tode verurteilt und
am 22. September in effigis gehenkt. Andraffh
lebte damals in Paris. Im Jahre 1856 auf
seine Bitte amnestirt, kehrte er 1860 in sein
Vaterland zurück. In das Unterhaus gewählt,
bertrat Andrassy das Deak⸗Programm und wurde
nach dem Zustandekommen des Ausgleichs im
Februar 1867 an die Spitze des ungarischen Mi—
nisteriums berufen, in welcher Stellung er sich um
sein Vaterland große Verdienste erwarb. Eine
seiner hervorragendsten Thaten war wohl die, daß
er darauf hinwirkte, daß Oesterreich 1870 neutral
blieb. Nach dem Sturze Beust's (November 1871) wur⸗
de Andrassy zum gemeinsamen Minister des Auswär
tigen berufen. In dieser Stellung wußte er sich nament
lich das Vertrauen der fremdem Mächte zu gewinnen.
Mit dem deutschen Reichskanzler verband ihn ein
engeres Verhältniß. Unter Andrassys hervoragender
Mitwirkung wurde die Occupation Bosniens und
der Herzegowina durch eführt. Am 8. Oktober
1879 nahm Andrassy seine Entlassung.)
Zokale und pfalzische Rachrichten.
* St. Ingbert, 19. Febr. Der morgige
Tag bringt die Reichstagswahl. Wir machen auf
Folgendes aufmerksam: Die Wahlhandlung beginnt
überall um 10 Uhr vormittags und dauert bis 6
Uhr abends. Es ist zu empfehlen, mit der Abgabe
der Stimme nicht bis zur letzten Stunde zu war⸗
ten, denn erfahrungsgemäß wird der Zudrang am
stärksten, je nüher der Zeitpunkt des Schlusses der
Wahlhandlung rückt.
* Auf die heute Abend 8 Uhr im Cafs Becker
Zzatifindende nationalliberale Wähler—
bersammlung sei nochmals besonders auf⸗
merksam gemacht.
*St. Ingbert, 19. Febr. Den Abschluß
der karnevalistischen Veranstaltungen, welche ja hier
nur innerhalb der Vereine in Erscheinung traten
bildete gestern die Unterhaltung der „Gemüth—
lich keĩt.“ Zur Aufnahme des Prinzen Karneval
mit seinen närrischen Ministern und Unterthanen
war der Saal im Cafsé Becker entsprechend ver«
ziert. Außer schönen Draperien am Ministertisch
und den Saalwänden sah man an letzteren auch
etliche Kaffeeschwestern „aufgehängt“, welch
Breuelthat einige Narren verübten. Eine buntde⸗
sjauptete Menge saß an den Tischen, besonders
scchön war der Ministertisch. Nach einer närrischen
raffeeschlacht kamen dann die Genüsse feinerer
Ari. Mehrere Narren fühlten einen unwidersteh—
ichen Zug zum „Kasten“, von wo aus der eint
iber eine gewisse „Pumfia und Anhängsel“, der
andere über „Tarnierübungen“ in der Nähe des
Straßengrabens berichtete; der dritte erzählte so
jar die Geschichte einer Kässchmiere — ohne Käs
die nachfolgenden Künstler wollten schon höher
zinaus, weßhalb sie über die Bretter gingen. Ein
Sozialdemokrat, der, nach seiner Erscheinung zu
irteilen, für das Monopol zu trinken schien,
vurde abgelöst durch Tyroler mit ‚Lokalwitz“ und
zurch alte Jungfern. Das schoͤnste aber kam zu⸗
letzt, das war ein „Nachtwächter“ mit Chorge⸗
sjang. Nach ihm kam lange nichts, diesem
aber folgte ein prächtiger und ebenso gemüthlicher
Ball, der alle Theilnebmer auf das böchste be
friedigte.
* Herr Rechtspraktikant Alois Acker von
jier wurde zum kgl. Sekretär am Amisgerich!
Dachau bei München ernannt. Derselbe ist ein
Sohn des Herrn Steuer⸗ und Gemeindeeinehmers
Acker dahier.
* Ohne Schlägerei ist die Fastnacht hier
leider nicht vorübergegangen. Gestern Abend un
11 Uhr entstand auf einmal in der Blieskastler⸗
raße ein Lärm und Streit. Wie bisher feltgestellt,
cheinen zwei junge Leute von drei anderen ohne
Brund überfallen worden zu sein. Einer der letzteren
hieb mit einem Stück von einem Holzreifen zu, in
dem sich vorstehende Nägel befanden. Der Ge⸗
troffene faßte dann den Reifen fest, wobei ihm
durch die Nägel ein Stück Fleisch aus der Hand
zerissen wurde. Zum Glück erschien in diesem
Augenblick die Polizei, welche die Uebelthäter fest—
nahm. Wir wünschen, daß diesen vor Gericht ein⸗
recht strenge Strafe zutheil werde.
* Nach Prof. Falb's Theorie ist heute ein
kritischer Tag erster Ordnung. Das Wette'
30 hier Foßr schön
*—Da die Jagd geschlossen ist und
Schonzeit begonnen hat, so sind die Hundeben,
aufmerksam zu machen auf Art. 17 des Jage
Gesetzes, worin es heißt: In den Jagdrevier
aufsichtslos umherschweifende Hunde dürfen boe
dem Jagdausübungsherechtigten oder dem von d
aufgestellten Jagdaufseher getoͤdtet werden.
e— Rundreiseverktehr. Die Verhan
lungen der Eisenbahnverwaltungen über die Au—
dehnung der von den deutschen Bahnen schon seit En
vorigen Jabres zugelassenen Ausgabe von zusamme
stelldaren Fahrscheinheften für Hin⸗ und Rülkfah
auf derselben Strecke auf das ganze dem Ruw
reisevetkehr angehörende Gebiet sind so weit
diehen, daß diese Verbesserung auf allen den Veren
deutscher Eisenbahnverwaltungen umfassenden Bahn
am 1. Mai d. J. voraussichtlich eingeführt wir
dingegen machen die fremden, der Einrichtung d
susammenstellbaren Rundreisehefte beigetreten
Bahnen, insbesondere die Schweizerbahnen ne
Schwierigkeiten, auch mit diesen weiteren Erleich
rungen sich den Vereinsbahnen anzuschließen.
— Das Gesetz betr. die Uebernahme
pfälzischen Randgestüts in Zwiibrücken an v
Staat tritt mit dem 1. Juli 1890 in Wo
samkeit.
— Kaiserslautkern, 18. Febr. Str—
kammersißung. Glisabetha Busch, 21
att, Dienstmagd aus Lauterecken, entwendete
der Ladenkasse des Kaufmannes Mayer dahier
Geldrolle im Betrage von 1150 Mark, sowie zu
Nachtheil eines Schreinergesellen den Betrag v
17 Mtk. Dieselbe ist ähnlicher Reate wegen sch
vorbestraft und beantragt. die kgl. Staatsanwo
schaft eine Gesamtzuchthausstrafe von 2 Jahren
Mon. Das Urtheil lautete auf eine Gesamtzuh
hausstrafe von 2 Jahr 6 Mon., sowie Zulässiu
der Polizeiaufsicht.
— Kaiserslautern, 18. Febr.
stammgarnspinnerei Kaiserslautern ihr
der „Pf. Vztg.“ zur Ergänzung der Notiz
die Vorschläge, welche der Auffichtsrath der ber
nächst stattfindenden Generalversammlung hinsichn
freiwilligee Zuweisungen an die Arbeiter
Etablissements unterbreiten will, weiter mit,
die Summe van 50 000 Mark, welche von
insgesammt ausgeworfenen 100 000 Mark n
Abzug von 12000 Mark fuür den Reserbefond
5000 Mark für Unterstützung an Kranke und
33 000 Mark für Gratifikationen verbleibt, m
nach Bedürfniß zur Vertheilung gelangen, sond
den Arbeitern auf derensparkassen-⸗Kor
gutgeschrieben werden soll.
— Pirmasens, 18. Febr. Edi!
Phonograph, der in den größten Sta
taunend bewundert wurde, wird auch in kur—
Zeit fich hier „hören“ lassen und zwar in
nibersum des Herrn Philipp Ohr, das kommen
Sonntag auf dem Exerzierplatz eroͤffnet wird.
werden nur einige Vorstellungen daselbst stattfin
und wie der „Anz.“ hoͤrt, will Herr ‚Ohr die
einzig dastehende Meisterwerk Edisons, im Gesan⸗
raume seines Universums vorführen, um an
hiesigen Einwohnern Gelegenheit zu geben,
Phonographen kennen zu lernen.
— Klingenmünster, 18. Febr. 6
gingen von der Pfarrei Klingenmünfter und
der Kreis⸗Irrenanstalt abschläglich 200 Mi
die Brotestationakirche nach Speyen
(8.
— Neustadt, 18. Febr. Die Fabriko
Ohlert, Knoͤckel und Cons. haben die Died
felder Quellen im Schonthal zum
von 24,000 Mtk. kauflich erworben.
— Negsstadt. An die Neustadter Zimm
meister ist laut „Neust. Zig.“ vom Verb
deutscher Zimmerleute, Ortsverband Neustadt,
gjendes Schreiben gerichtet worden: „Sämmt
Zimmerleute hiesiger Stadt sehen sich ve
laßt, in Folge der Vertheuerung der Lebensm
Steigerung der Hausmiethe u. s. w. folg
Forderungen au Sie zu stellen: Wir woller
Stundenarbeit eingeführt wissen; es ist
porigen Jahre von einem Meister selber an⸗
wmorden, und es ist unserer Meinung nach
Beste, eine geregelte Arbeitszeit im Sommer
im Winter einzuführen. Wir verlangen f
Arbeisstunde 835 Pf. im Sommer wie im
ter. Bei 82stundiger Arbeitszeit 2 Mk. 9
Für Ueberstunden, wenn solche gemacht w
muüssen, verlangen wir 40 Pf. Fulr Sonn
Ibeit hierbei aher nur im Natbfalle, verlan