Full text: St. Ingberter Anzeiger

in größtem Familienglück und Freude lebte 
Der so hart Heimgesuchte wird allgemein bemit⸗ 
leidet. 
— Tiefenthal. Auf einem der Witwe 
des in Landstuhl verstorbenen Oberamäisrichters 
Herrn Glaser gehörigen Acker in hiesiger Gemark⸗ 
ung wurde dieser Tage ein Nußbaum zu Fall 
gebracht, der ein Riese genannt werden kann. Der⸗ 
selbe hat bei einer Höhe von 4 Meter und einem 
Durchmesser von 1.80 Meter einen Umfang von 
56.60 Meter. Herr Frachtfuhrmann Auer von 
Frankenthal hat den Transport desseben nach 
Frankenthal um den Preis von 75 Mark über- 
nommen, konnte ihn aber mit zehn Pferden nicht 
bvom Acker bringen. Wie man hört, will Herr 
Auer dieser Tage mit 16 Pferden hierherkommen. 
Dert Baum ist sehenswert. 
— Vonder Wallalb, 21. Febr. Ein 
Wähler hatte bei der gestrigen Reichstagswahl 
das Pech, daß er in der Hitze des Gefechtes anstatt 
seinen Wahlzettel seinen Holzabfuhrschein in die 
Urne legte, welcher natürlich als ungiltig bei Seite 
zelegt werden mußte. GZw. 3.) 
— Pirmasens, 20. Febr. Im Kaffé 
Fetz wird nächsten Sonntag, 23. Febraar, der 
Saatgutmarkt für den Bezirk Pirmasens 
abgehalten. Der Katalog weist über 100 Saat⸗ 
gutproben auf. Wir hoffen und wünschen, daß 
der Markt recht fleißig besucht wird. Jeder kann 
etwas Passendes finden. Die Einführung guter 
Sorten ist von größtem Bortheil, öfterer Samen⸗ 
wechsel ist durchaus nothwendig. Unser Bezirk 
hat fich an der Ausstellung nur venig bethei⸗ 
ligt, voraussichtlich wird der Ankauf ein lebhaf⸗ 
terer sein. 
— Walsheim, 20. Febr. Bei der heu⸗ 
tigen Reichstagswahl wurde hier, wie der „Eilb.“ 
berichtet, folgender Wahlzettel abgegeben: 
Wer die Wahl hat, hat die Qual, 
Am ärgsten bei der Reichstagswahl. 
Ob Huber, ob Sartorium, 
Für die dreht fich kein Bauer 'rum. 
Würd das Reich Diaten geben 
Werd ich ein Mann von Walsheim nehmen 
Damit ich aber ficher bin 
wäahl ich 
Dr Albert Bürklin. 
Aus Rälzheim', 20. Febr., schreibt 
man dem „L. T.“: Ducch Zufall kam mir heute 
die Nr. 79 des „Badischen Landesboten“ vom 
16. Febrnar zu Gesicht, worin unter Anderem 
steht, daß untet den Banknoten, welche am 17. 
b. Mis. bei dem zu Ladenburg verübten Straßen⸗ 
raube geraubt wurden, sich solche befanden, die in 
der einen Ecke einen mit Blaustift geschriebenen, 
etwas verwischten Namen tragen. Die geraubten 
Scheine der dadischen Bank waren oben etwas 
eingerissen. Jedermann, der Etwas in Erfahrung 
dringen sollte, wird ersucht, der Polizeibehörde hiervon 
Anzeige zu machen. Demzufolge glaube ich es 
pflichtmäßig zur öͤffentlichen Kenntnis bringen zu 
sollen, daß der Schreinermeister Lorenz Wust da⸗ 
hier unter seinen am jüngstverflossenen Donnerstag 
von Mannheim vereinnahmten Tabakgeldern einen 
Hundert-Markschein der b. Bank. Lit .A. Ser. 
III. Nr. 01328 vom 1. Januar 1874 hat, der 
in der linken Ecke oben einen mit Bleistift ge⸗ 
schriebenen unleserlichen Namen trägt und den an—⸗ 
gegebenen Einriß aufweist. 
— In Lambrecht war bisher nur ein 
Polizeidiener angestellt. Der Stadtrat beschloß nun 
zum besseren Wohle der allgemeinen Ordnung auf 
Anregung des k. Bezirksamis zwei weitere Schutz 
leute anzustellen. 
— Haßloch, 20. Febr. Eine muthige 
That vollbrachte heute Mittag der 18jährige Oito 
Löw, Sohn des Herrn Lehrer Low. Ein funf⸗ 
jähriger Knabe sprang auf die sogenannte, mit 
einer Eiskruste überzogene „Weed“. Das Eis 
aatürlich war nicht tragfähig, der Kleine brach ein 
und wäre unrettbar verloren gewesen. wenn nicht 
obengenannter Otto Löw rasch zur Hilfe herbeige⸗ 
eilt wäͤre und den Knaben gerettet hätte. Alle 
Achtung vor einer solch' muthigen That. 
— Speyher, 20. Febr. Im sogen. Gäͤssels⸗ 
pfad, wo Herr Glasermeister Häusler eben ein 
Haus baut, wurde Csern beim Ausheben der Bau⸗ 
grube ein einfacher Steinsarg gefunden. In 
demselben lag ein Gerippe mit starken Knochen, 
neben ihm fand man eine Glaephiole und einen 
Glasbecher, denen man das hohe Alter ebenso an⸗ 
sieht, wie dem Knochengerüste des alten Roͤmers 
der hier eine vorzeitige Auferstehung beging. Be— 
kannilich befand sich in jener Gegend unserer Stadt 
zas romische Leichenfeld, dessen Särge nur bei 
Neubauten gefunden werden. Die Särge liegen 
meist in der Richtung von Ost nach West. 
—V 
— Rheingönheim, 21. Febr. Von einem 
schweren Schicksalsschlag wurde gestern Nachmittag 
die Familie des Schneidermeistes Weigel 
dahier betroffen. Der Gatte und Vater Herr 
Weigel hatte seiner Pflicht als Reichsbürger ge— 
nügt und seine Stimme im Wahllolal abgegeben. 
Von dort in seine Wohnung zurückgekehrt, fühlte 
er plötzlich ein starkes Unwohlsein, weshalb er sich 
auf einen Stuhl setzte. Einige Minuten nachher 
war er eine Leiche; ein Schlagfluß hatte dem in 
den vierziger Jahren stehenden Mann ein plotziiches 
Ende bereitet. Weigel hinterläßt nach dem „Pf. K.“ 
eine Gattin mit zwei erwachsenen Kinder. 
— Ludwigshafen, 20. Febr. In leßgter 
Zeit wurden an vielen Thüren und Thoren zur 
Rachtzeit die Drücker losgemacht und gestohlen, 
ohne daß es gelungen wäre den Thäter zu ermiteln. 
In vergangener Nacht nun hat die Polizei den 
Diie b in der Person eines berüchtigten Spitzbuben, 
des 18 Jahre alten Jak. Höchel aus Gimmeldingen 
erwischt und dingfest gemacht. Einige 40 solcher 
Zlinken mitunter Prachtexemplare wurden bei einem 
Alteisenhändler auf dem Hemshof, an welchen sie 
hoͤchel verkaufte, beschlagnahmt und werden die⸗ 
selben s. Z. den Eigenthümern wieder eingehändigt 
werden. 
— Ludwigshafen. Zu der aus 
der „Augsburger Abendzeitung“ in unser Blatt 
äbergegangenen Korrespondenz über Grati— 
füikafion an die Arbeiter und Beamten der 
3zfälzischen Eisenbahnen geht uns von hochge⸗ 
chätzter Seite dahier nachstehende authentische 
Richtigstellung zu: „Die Gewährung 
iner Gratifikation gleich der in der Rede stehen⸗ 
den liegt nicht in der Kompetenz des Direktors 
der Pfälzischen Eisenbahnen, steht vielmeht dem 
Verwaltungsrat zu und bedarf wegen der finan⸗ 
iellen Betheiligung des Staates an den Pfälz- 
schen Bahngesellschaften der Gutheißung der könig⸗ 
ichen Staatsregierung. Es ist demgemäß der 
Untrag der Direktion, welcher bereits vorher dem 
Vorstand des Verwaltungsrathes. Herrn Gehei— 
nen Hofrath Neumuyer, mitgetheilt und von ihm 
zut geheißen war, dem Verwaltungsrath in einer 
Separatfitzung am 8. ds. Mis. in Vorlage ge⸗ 
zracht und von demseiben einstimmig angenom⸗ 
nen worden. Der Herr kgl. Kommissär hat keines⸗ 
vegs Einsprache gegen die beabfichtigte Zuwen⸗ 
zung an das Personal erhoben, vielmehr lediglich 
Vorbehalt bezüglich der einzuholenden Genehmig⸗ 
ung der kgl. Staatsregierung gestellt, wie dies 
nach Lage der Sache selbstverständlich war. Nach⸗ 
»em die Gewährung der Gratifikation für Rech— 
nung des Betriebsjahres erfolgen sollte und des 
vevorstehenden Abschlusses wegen thunlichst rasche 
Entscheidung erwünscht war, trug der Herr Vor⸗ 
dand des Verwaltungsraths, welcher in seiner 
Figenschaft als Vizepräsident der Kammer der 
Abgeordneten schon in der Nacht vom 3. auf den 
1 Februar nach München zurückgereist war, Sei⸗ 
ner Exzellenz dem Herrn Staatsminister des 
königlichen Hauses und des Aeußeren Freiherrn 
b. Crailsheim am letztbezeichneten Tage die An⸗ 
zjelegenheit vor und wurde demselben schon da— 
mals die regierungsseitige Genehmigung des An⸗ 
rages in Ausficht gestellt, wie dies bei der dem 
jesammten Personale aller bayerischen Verkehrs⸗ 
anstalten stets erzeigten wohlwollenden Fürsorge 
des obersten Leiters dieser Anstalten zu erhoffen 
war. Auf die alsdann auch vom Herrn tgl. 
sKommissär und der Kreisregierung erfolgte befür⸗ 
wortende Vorlage wurde von Seite des kgl. 
Staatsministeriums des kgl. Hauses und des 
Aeußeren im Benehmen mit dem kgl. Staats- 
ministerium der Finanzen die Genehmigung zur 
Verrechnung der beantragten außerordentlichen 
Bratifikation unterm 15. Februar ertheilt und 
hiernach wegen des Vollzuges Verfügung der 
Direktion an die Haupfkasse erlassen. Es ist daher 
unrichtig, daß der Direktor die vom Herrn kgl. 
Rommissar gegen die Zuwendung erhobenen Be⸗ 
denken personlich bei hoher Stelle in München 
vehoben habe, und entfallen daher auch die 
veiteren an diese Angabe geknüpften Ausführ— 
angen.“ (Pf. K.) 
— Freinsheim, 20. Febr. Der wabre 
und richtige Patriotismus. Bei unserer heuriue 
Reichstagswahl, bei der ein schöner sonniger Tag ah 
wvie ein Sommertag war, spielte sich ein Stück von 
wahrem Patriotismus ab. Ein hochgeehrter hiefiget 
Bürgersmann aus dem unserer Pfalz heimische 
Beruf (Kufermeister) dem vor za. 6 Monaten eip 
chwerer Unfall nahezu ein Bein lostete und de 
fast seit 6 Monaten gefährlich verwundet das Be 
und Haus hüten mußte, möchte gerne seiner Ga 
nesung nahe als guter Nationalliberaler seine 
ersten Ausgang der Wahlurne widmen um seinen 
zon ihm hochderehrten Kandidaten die Stimme 
die Urne zu werfen. Da ihm das Gehen natulig 
noch kaum moͤglich ist und er erst nur einig 
Probeschritte machen kann, so äußert er seinen 
Wunsch „wenn ich nur auf das Rathaus gehen 
und wählen könnte“ einem intimen freisinnigen je 
doch höchst lideralen Freunde abends vor der Wahl 
Dieser nun in seiner gewohnten liberalen Weis 
zeht zu einem anderen Freunde des Invaliden, 
dem benachbarten und dem Invaliden ebenfall 
sehr befreundeten Bauersmann und Zentrumsman 
und diese beide vereinigen fich, dem Nationallibe⸗ 
ralen die Freude zu machen, ihm die Möglichkei 
—XII 
Fange ihn zum Rathaus zu fahren und den aich 
leichten, sondern kräftigen und ziemlich korpulenter 
nationalliberalen Küfermeister zur Wahlurne z 
führen. So nun hat sich ergeben, daß der genesend 
Nationalliberale auf der einen Seite vom Freisinn 
auf der andern Seite vom Zentrum, mit dem 
freifinnigen Sommerwagen zum Rathaus gefahren 
und von den ggnerischen ebenfalls kräftigen Armen 
die Jeile Rathaustreppe hinauf und zur Wahlurn 
geführt wurde unter dem Jubel der umftehenden 
Wähler. Vom Rathaus zurück wirde der national 
liberale Freund in die gegenüberliegende Wirthschaft 
geführt, gestützt von seinen zwei Freunden, um d 
dei einem guten Schoppen im Verein mit vielen 
indern Waͤhlern auf das Wohl unseres liehen 
veutschen Vaterlandes und unseres Kaisers ond 
Reichs zu trinken. Das nennen wir wirklich wab⸗ 
ren Patriotismus und deusche Einigkeit. 
— Frankenthal. andgericht.) Zwe 
zefährliche Burschen find die Tagner Johanne⸗ 
Renter, 19 Jahre altund Friedrich Bickert 
17 Jahre alt, von Frankenthal. Renter, trotz seinen 
Jugend schon vorbestraft, verübte mit seinen 
Freund Bickert einen Einbruch bei der ledigen 
Krämerin Frtl. Katharina Kassel hier. Als letzier 
einmal ihre Wohnung verließ, gelangten 
Beiden auf Umwegen in das Haus, drückten 
Fenster ein und nahmen aus der Wohnung ap 
was sie finden konnten: An Baargeld 7 —8 Mt. 
Liqueure im Werthe von 10 Mk. 60 Pf., Zigarrten 
im Werthe von 3 Mk. 60 Pf. und Pretiosen im 
Werthe von 25 Mk. Renter ging außerdem mi 
einer Aut bewaffnet auf den Raub, um auf al 
Eventualitäten gefaßt zu sein. Die gestohlener 
Schnäpse wurden von den Beiden versteckt, di 
Boldsachen in Mannheim versetzt und das Geld 
in Rothwein und Braten verjubelt. Als Schuß 
mann Renner, welcher davon Kenntniß dbelam 
daß Renter bei obiger That betheiligt gewesen 
denselben verhaften und ihm die Handschlinge ar 
legen wollte, führte Renter einen Stich geger 
Renner unter den Worten: „und wenn ich fün 
Jahre Zuchthaus bekomme!“ Johannes Renter wir' 
nun wegen eines Verbrechens des schweren,“ 
wiederholten Rückfall mittelst Einbrechens und Ein⸗ 
steigens unter Gebrauch gefährlicher Waffen e 
übten Diebstahls sowie wegen Widerstandes geger 
die Staatsgewalt, verübt unter Gebtauch eiy 
Messers, unter Einrechnung von Einsagstrafen 
einer Gesammtzuchthausstrafe von 
Jahren verurtheilt. Die bürgerlichen Ehrenrech 
werden ihm auf die Dauer von 10 Jahren abet 
kannt und Stellung unter Polizeiaufsicht gegen ih 
verfügt. Bickert, der Theilnahme an diesem fschwert 
Diebstahl überführt, wird zuz Jahren Eefaänd 
riß verurtheilt. 
Bermischtes. 
FSt. Johann. Einzelne Kompagn' 
des 70. Regiments werden für den Ordonanzdier 
nit Fahrrädecn ausgerüstet: die 12. Kon— 
dagne isi scoon im Befitze eines solchen. Wi 
derlautet wurde dem Herrn Theodor Dänike 
hdier die Lieferung dieser Fahrräder übertragen. 
F Eisenschlackenmühlen. Wie 
dem „Lothr. Landwirt“ aus durchaus sicherer Qu 
meldet, soll demnächst in Saargemünd 
Schlackenmühle angelegt werden. Mit den Bar