Full text: St. Ingberter Anzeiger

oͤffnete sie leise die Thür, um gleich darauf ohn⸗ 
machtig zusammenzubrechen. Unter dem beennenden 
Weihnachtsbaum lag an der Erde ihr Gatte; ein 
Fehirnschlag hatte seinem Leben ploͤtzlich ein Ende 
gemacht. 
'In Berlin ist die Zahl der Seelb st⸗ 
morde in den ersten drei Tagen dieses Jahres 
auf 15 gestiegen. 
Brussel, 7. Jan. In der verflossenen 
Nacht ist das „Thésre de la Bourse“, eines der 
schöusten Theater Brüssels vollständig niederge⸗ 
drannt. Der Brand entstand um 3 Udr Morgens 
unterhalb der Bühne in Folge einer Explosion der 
elektrischen Beleuchtungsmaschine. In wenigen 
Minuten stand der ganze innere Theaterraum in 
hellen Flammen, welche sänmtliche Dekorationen 
uͤnd Kostüme verzehrten. Die Feuerweahr traf zu 
spat ein, da der Alarm erst gegen 4 Uhr geschlagen 
wurde. Aus den bedrohten umliegenden Häusern 
flüchteten 300 Bewohner halb nackt auf die Straße, 
der Theaterportier wurde sammt Frau und Kindern 
halb erstickt ins Freie gebracht. Der Schaden be⸗ 
srägt mehrere Millionen. Ueber 300 Angestellte 
des Theaters sind brodlos. 
Die Nachrich den vom belgischen 
Bergwerksstreik lauten sehr düster. Infolge 
des zunehmenden Massenstreiles der Bergleute 
wurden bisher 14 Hochöfen ausgeblasen und über 
30 Fabriken gesperrt. Mehrere Bergwerksgesell⸗ 
schaften veröffentlichen Berichte über ihre Geschäfts⸗ 
ljage, um den Arbeitern zu beweisen, daß ihnen 
weiteres Entgegenkommen unmöglich sei, besonders 
Schichtkürzung sei unmöglich. Im Charleroier 
Beckn fanden nirgends Ruhestörungen statt, da— 
gegen wurden auf den Gruben des Lütticher Be⸗ 
ziris mehrfach Bergleute gewaltsam am Einfahren 
herhindert. Der Bürgermeister von Seraing machte 
durch Anschlag bekannt, daß für ähnliche Fälle 
von nun ab polizeiliche und militärische Hilfe 
bereitstehe. Im Borinage fand ein Dynamit-— 
attentat vor dem Stadtthor von Mons nahe dem 
Stadtgraben statt. Durch die heftige Explofion 
wurde die Stadtmauer beschädigt. Weitere An— 
schläge werden befürchtet. 
F Frankreichs Weinernte betrug nach 
amtlichet Zusammenstellung 1889 insgesammt 
23,223, 600 hI. Weiß- und Rothweine aller Art 
(gegen 30, 102,2851 in 1888). 
Pavia, 6. Jan. Dier Po ist über die 
Ufer getreten und hat den Damm bei Mezzanino 
durchbrochen, wodurch zehen Häuser eingestürtzt sind. 
Auch die Ortschaft Busca ist bedroht. 
F Ein schaudererregender Unglücksfall er—⸗ 
eignete sich dieser Tage in einem Vororte Wiens. 
Wie gewöhnlich um die Mittagsstunde beauftragten 
die dort in einer Weißnäherei beschäftigten Mäd- 
hen die 31jährige Anna Hornert, eine verheiratete 
Frau, die auch in der Weißnäherei beschäftigt ist, 
hnen das Mittagsmahl aus einem nahen Gasthause 
zu holen. Die Frau kam dem Auftrage nach. Als 
sie auf dem Rückwege mit den geholten Speisen 
zum Hausthore kam, konnte sie der Lockung nicht 
widerstehen und entnahm einer der Schüsseln ein 
Stück Fleisch, das sie noch rasch hinunterschlingen 
wollte. Die arme Frau sollte für ihre Naschhaftig⸗ 
keit auf eine schreckliche Weise bestraft werden. 
In der Eile, das Fleisch möglichst rasch hinunter⸗ 
zuwurgen, verhaspelte sich das falsche Gebiß, das 
die Frau trug, in den Fleischbrocken und glitt mit 
dem Bissen in den Schlund hinab. Unfähig, um 
Hilfe zu rufen, stürzte Frau Hornett sprachlos in 
die nahe Hausmeisterwohnung, sank dort zusammen 
und war, ehe ihr Jemand zu Hilfe eilen konnte, 
eine Leiche. 
Eine artige Tisza-⸗Anekdote er— 
zählt der „Pestl. Li.“ in einer seiner letzten 
Nummern: „Es war neulich nach einer großen 
Festlichkeit. Ministerprasident v. Tisza, der ver⸗ 
schiedenen Empfängen beigewohnt hatte, schien 
wvirllich hungrig zu sein, als er an der Hoeftafel 
jaß, welcher Kaiser Franz Joseph präsidirte. Der 
Monarch war sehr guter Laune und blickte wieder⸗ 
holt wohlgefällig auf den ungarischen Minister- 
präsidenten, der mit vielem Behagen eine warme 
Speise verzehrte; als sie abgetragen war, nahm 
Herr von Tisza eine Birne auf seinen Teller 
und begann sie zu schälen. „Lieber Tisza“, be⸗ 
merkte jetzt lächelnd der Kaiser, „essen Sie nicht 
das kalte Obst, nachdem Sie erst Warmes ge⸗ 
gessen, Sie werden sich den Magen verderben.“ 
derr v. Tisza sah zu dem Monarchen hinauf, 
derbeugte sfich und sagte: ‚Maiestät, ein unga⸗ 
cischer Ministerpräsident muß einen sehr guten 
Magen haben.“ 
FDas gröoößte existierende Wertpapier befindet 
ich in der Koöniglich kroatisch⸗slavonischen Landes- 
asse zu Agtam; es ist eine österreichische einheitliche 
Slaaisnotenrente⸗Odligation mit dem Nominalwerte 
jon 2207500 Gulden, welche dem Grenz⸗Ver⸗ 
ndgens· Erziehungs -⸗ und Bildungsfonds gehöͤrt. 
Fin recht schätzenswertes Papier ist auch die dem 
Fürstlich Starhemberg'schen Fideikommißfonds ge— 
sörige 4* prozentige österreichische Silberrente- 
Ooligation von 1500000 Gulden österreichischer 
Wahrung. 
FhHerzzereißende Szenen spielen sich 
m jedem Mittwoch auf dem Mostauer Bahnhof 
zu Petersburg ab. Die nach Sibirien Verschickten 
verden dann mit der Nikolai-:Bahn via Moskau 
nach den Hauptsammelpunkten zum Weitertransport 
an ihre Bestimmungsorie befördert. So war es 
nuch am Mittwonm voriger Woche, an welchem Tage 
in Transport von 208 Sträflingen abging. Ein 
daufe jammernder, betender und verzweifelnder 
Weiber und Greise folgte der Partie Sträfleinge 
ind verstärkte den Eindruck, den die glattrasirten 
Unglücklichen in ihren grauen Kleidern und mit 
den klirrenden Ketten ausübten. Hezzerreißend war 
var es, als die Atrestanten-Waggons sich in Be— 
vegung setzten und die armen heulenden wie un—⸗ 
innig längs des Perrons den Unglüdklichen nach⸗ 
iefen, die auf immer von ihnen schieden. Diese 
Zzenen wiederholen fich wie gesagt, jeden Mitiwoch, 
und jeden Mittwoch wiederholt sich auch, wie der 
Petog. Listok“ erzählt, kurz vor Abgang des 
Zuͤges eine andere rührende Szene. Dann erscheint 
dorl ein alter graner Mann und verteilt unter 
die Arrestanten und die Eskorte⸗Soldaten Weiß⸗ 
hrot. Früher soll er jedem Arrestanten 10 Kope⸗ 
ken auf den Weg gegeben haben. Der alte Mann 
läßt keinen Mittwoch aus und ist stets pünktlich 
nit seinem großen Brotkotb am Platz. Vielleicht 
deckt hinter diesem menschenfreundlichen Werk 
rgend ein trauriger rührender Roman! 
Einwanderung in Amerika. New— 
York, 831. Dez. Während des Jahres 1889 find 
ingefähr 100 000 Personen weniger in den 
Pereinigten Staaten eingewandert als im Jahre 
1888, wo ihre Zahl ewas übher eine halbe 
Hiillion betrug. Seun 1882 hat die“ Einwanderung 
tetig abgenommen. Damals belief sie sich auf 
720 000 Seelen. Noch immer liefert Deutsch⸗ 
and von allen Ländern die größte Zahl Ein— 
vanderer, fast 100 000 Seelen. England, 
Schottland und Wales zusammen schicken unge⸗ 
aht 140 000. Die Flut der norwegischen und 
chwedischen Einwanderung ist noch immer stark. 
In dem nunmehr zu Ende gegangenen Jahr sind 
15 000 Norweger und Schweden in den Ver— 
einigten Staaten gelandet. Seit 70 Jahren gidt 
es genaue Statistik über die Einwanderung. In 
dem Zeitraum haben sich ungefähr 15 000 000 
Ausländer in den Vereinigten Staaten nieder— 
gelassen. Hiervon kamen aus Großbritannien 
; 000000, Deutschland 4500 000, Norwegen 
und Schweden 800 000 und Frankreich 350000. 
Irland hat allein 3500000 gesandt. 
Dienstesnachrichten. 
Die Postassistenien Gg. Damm und Karl 
Bohnenstiel in Pirmasens wurden von hier 
nach Ludwigshafen, Postadjunkt Weber in gleicher 
Figenschaft von Neustadt a. Aisch nach Pirmasens 
—X 
cril oeunachrichten. 
Gestorben: in Zweibrücken Jakob Baum, 
ind Fr. Adam Bender Wittwe, geb. Schneider, 
34 J. a.: in Minzingen Jalob Bissoir. 
Neueste Nachrichten. 
Berlin, 7. Jan. Ihre Majestät die 
staiserin Wittwe Augusta ist um 4 
Uhr 30 Min. verschieden. Kaiserin Au 
zusta schlief ein, um nicht wieder zu erwachen. 
Der Kaiser und die Kaiserin, der Großherzog von 
Baden und die übrigen anwesenden Mitglieder der 
öniglichen Familie knieten an dem Sterbebette der 
heimgegangenen Kaiserin nieder, und der Hof⸗ und 
Domprediger General⸗Superintendent Dr. Kögel 
prachßGebet und Segen. — Augusta Marie Luise 
rathartina von Sachsen⸗Weimar wurde als Tochter 
des damaligen Erbgroßherzogs Karl Friedrich und 
der Großfürstin Marie Paulowna von Rußland 
am 30. Septeraber 1811 zu Weimar geboren. 
die Geschichte ihrer Ehe und ihr fernerer Lebens⸗ 
auf sind in großen Zügen allgemein bekannt. Die 
intimere Gschichte wird demnächst noch manchen 
chönen und großen Zug an's Licht stellen, den der 
zei aller Hoheit doch bescheidene Sinn der hohen 
Frau vor der Mitwelt verdecdte. Erwähnt sei aur 
ioch, daß ihr eine gewisse Vorliebe für Westdeutsch⸗ 
and, für die Rheingegend eigen war, die sie all⸗ 
ährlich durch einen Aufenthalt in Koblenz bethätigte, 
vo sie der geliebten und geistesverwandten Tochter 
nahe sein konnte. Diesem Zige verdankt das 
zeutsche Volk einen Gewinn, denn er trug nicht un⸗ 
vesentlich dazu bei, das Zusammengehoͤrigkeitsgefühl 
der Deutschen zu pflegen. Ihren hohen Gemahl 
zat fie nur um zwei Jahre überlebt, sie, die 14 
Jahre jünger war, als er; 79 Jahre alt, ist sie 
hm nachgefolgt dahin, wo ihre gläubige Seele 
mmer Trost gefunden bei allen Schicksalsschlägen. 
Ihr Leben hat fie ausgefüllt mit dem Edelsten, 
was ein Menschenleben selbst auf dem siolzesten 
Throne ausfüllen kann: mit treuester Pflichterfüllung 
als Fürstin, Gattin, Mutter und Wohlthäterin der 
leidenden Menschheit. 
London, 7. Jan. Den „Tmimes“ wird aus 
Lissabon gemeldet: Gestern ist eine weitere 
Note Salisbury's eingetroffen, welche mit einew 
unverzüglichen diplmatischen Bruch und 
jelbst mit dacüber hinausgehenden Schritten droht, 
'alls Portugal nicht ohne Ausflüchte oder Zwei⸗ 
deutigkeit irgend welcher Art verspreche, Genug- 
huung für das Vorgehen Serpa Pintos zu leisten. 
stach dem Ministerraih wurde der Minister des 
Aeußeren beauftragt, die englische Note sofort zu 
heantworten. 
Paris, 7. Jan. Die vorgestrige Rede 
Reinachs am Grabe Gambettias, worin er er⸗ 
klärte, Frankreichs Blicke müßten sich gegen das 
doch in den Vogesen wenden, machte im Elysée 
zinen sehr üblen Eindruck. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X. Demetz. 
* wurden bei der jüngst 
In Rußland epidemisch aufgetretenen 
Influenza Fay's ächte Sodener Mineral⸗ 
Pastillen mit außerordentlichem Erfolge angewendet. 
Auf Verordnung der Herren Aerzte wurden die 
Pastillen, in heißer Milch aufgelöst, von dem 
dkrcanken in wiederholten Gaben genommen und all⸗ 
Jemein beobachtete man, daß die Schleimlösung eine 
iußerst leichte und der Verlauf der Krankheit ein 
ehr günstiger und rascher war. — Erhältl. in allen 
Apotheken u. Droguen à 85 Pfg. 
Seiden⸗Grenadines, schwarz u. farbig 
sauch alle Lichtfarben) Mk. 155 p. Met. 
bis Mk. 14.80 (in 12 versch. Qual.) — ver⸗ 
sendet robenweise porto und zollfrei das Fab- 
rikt· Depot G. Henneberg (K. u. K. Hoflief.) 
Zürich. Muster umgehend. Briefe kosten 20 
Pf. Porto. 
Unenthehrche Lektürel 
v Man abonniere auf 
die meistyerbrestete 
deutzche 4 5& 
Lochenschriit 
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—— 
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in Auslande. 
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benummer 
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8 Echo (I. B. 8chorer) 
VOerIAS 
Berlin S8.V.