Full text: St. Ingberter Anzeiger

wie Crispi gegenüber zu befinden, als sie beide 
die Geschäfte ihrer Länder berieten. Der Fürst 
zittet, mit seinem Nachfolger die vertrauensvollen 
Beziehungen weiter zu pflegen, die den Interessen 
heider Länder so gut gedient hätten. Er selbst 
werde siets die Erinnerung an die politischen Be⸗ 
ziehungen bewahren und bitte, ihm ebenso die 
persönliche Freundschaft zu erhalten, welche das 
Ergebnis gemeinsamer Arbeit im Dienste des Vater⸗ 
landes gewesen sei. 
Wien, 28. Marz. Gerüchtweise verlautet, 
Zalnoky und Crispi würden in naher Zu⸗ 
unft dem Reichskanzler v. Capsriev in in Berlin 
zehufs persönlicher Au⸗sprache einen Besuch ab⸗ 
datten; die Bestätigung dieses Gerüchtes ist abzu⸗ 
warten. 
Wien, 24. Maͤrz. Nach einer Meldung der 
„Politischen Korrespondenz“ hegt der Vatikan 
den lebhaften Wunsch, Kaiser Wilhelm moͤge 
die Initiative ergreifen zur Veröffentlichuvg des 
Briefwechsels zwischen Kaiser und Vapst ani- 
äßlich der Arbeiterschutztonferenz. — Die „Pol⸗ 
ische Korrespondenz“ bestätigt, das Kaiser Wi⸗ 
zelm in einer Depesche den Kaiser Fran'z 
Joseph von dem Enischluß verständigte, das 
ẽntlafsungsgesuch Bismarcks anzunehmen und Ca⸗ 
privi zum Reichskanzler zu ernennen. Wie das⸗ 
elbe Blatt mitteilt, richtete der Kaiser Franz Jo⸗ 
eph an den Fürsten Bismarck ein eigen⸗ 
händiges Schreiben, in welchem er in sehr warmen 
Worten sein Bedauern über dessen Rücktritt aus⸗ 
drückt. Graf Kalnokh sandte gleichfalls ein in 
hserzlichen Worten aehaltenes Schreiben an Bismarck. 
Lole und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 26. März. Die gestrige 
Beneralversammlung des Vorschußbereins 
wvurde vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats Herrn 
J. B. Martin eröffnet, indem derselbe die erschie⸗ 
nenen Herren willkommen hieß. Hietauf erstattete 
der Rechner Herr J. Beer den Rechenschaftsbericht 
pro 1889. Aus letzterem geht hervor, daß die 
Mitgliederzahl in 1889 von 877 auf 931 sich ge⸗ 
hoben hat. Dadurch und durch den allgemeinen 
Aufschwung der Industrie war die Geschäftsthätig— 
leit sehr rege und wurde ein Gesammtumschlag 
on 9800497 Mk. erzielt, welcher den des Vor⸗ 
jahres um circa 193 Million Mark übertrifft. Da⸗ 
gegen bleibt gegen 1888 der Reingewinn um 
4135 Mk. zurück, da er fich für 1889 auf 
22117 Mk. 683 Pfg. berechnet. Dies rührt da⸗ 
her, daß während des ganzen Jahres der den 
Geldnehmern vom Verein festgestellte Zinsfuß von 
41 00 beibehalten und die Kosten für Anpassung 
des Vorschußvereins an das in dem letzten Jahre 
in Kraft getretene Genossenschaftsgesetz in dem Ge⸗ 
winn⸗ und Verlustkonto gebucht wurden. Die 
Stammantheile betragen 304929 Mk., der Re— 
servefond 65834 Mk., die Verwaltungskosten 
6940 Mk. Die Generalversammlung genehmigt 
mit geringer Aenderung nach Vorschlag folgende 
Art der Vertheilung des Reingewinns: Beitrag 
zum deutischen Verband 60 Mk., zum pfalzischen 
Verband 110 Mk. 60 Pfg., Geschenke an den 
Bildhauer Jakob Stolz von St. Ingbert, zur Zeit 
in München, 150 Mk., an Lateinschüler 
40 Mk., an Fortdildungsschüler 40 Mk., an 
die Kleinkinderschulen 40 Mk., Gratifikationen 
250 Mk., füt den Reservefond 4614 Mk. 18 
Pfg. und Dividenden (6/2 00, wie schon seit 6 
Jahren) 16812 Mk. 90 Pfg. Dem Aufsichts⸗ 
rat und dem Vorstande wird hierauf Decharge 
erteilt, und geht man zu dem weiteren Punkt der 
Tagesordnung über: Neuwahl von 3 Aufsichts⸗ 
ratsmitgliedern. Dieselbe hatte das Ergebriß, daß 
die ausgeloosten Herren H. Fischer, Joh. Fiack 
und J. Bayer als wiedergewählt erscheinen. Auch 
die sich anschließende Wahl der Prüfungskommission 
für die zwei nächsten Bilanzen ergab die Wieder⸗ 
wahl der Herren Ad. Beer und G. Brunion. Da 
hiermit die Tagesordnung erschöpft war, erfolgte 
Schluß der Generalbersammlung, welche diesmal sei⸗ 
iens der Mitglieder ziemlich zahlreich besucht war. 
— In Sachen des Pfalzischen Kaiser—⸗ 
denkmals hat das kgl. Ministerium eine Samm⸗ 
lung von Haus zu Haus nicht erlaubt. Sache des 
Komites ist es nun, möglichst bald eine Sitzung 
zu halten, um zu berathen, welche weiteren Schritte 
zu thun seien. 
— In Lautzkirchen gerieten am 21. ds. 
Mis. zwei Kinder, Knaben im Alter von 3 bis 
5 Jahdren. an die Branntweinflache Eines dahon 
darb am 22. ds. Mis. Morgens, das andere kam 
mit einem Rausch davon. 
— Bismarcktfeier in der Pfalz. 
Die „Pf. Presse“ erhält von einem treuen Verehrer 
des soeben in den Ruhestand getretenen ersten großen 
danzlers des neugeeinten deutschen Reichs folgende 
Zuschrift: 
Fuürst Bismard ist zurückgetreten. Am l. 
April ist sein 75. Geburtstag. Ich glaube, das 
deutsche Volk würde nur eine Dankespflicht gegen 
einen großen Kanzler bethätigen, wenn es den 1. 
April nächsthin allenthalben feiern und dem Schöpfer 
aind Begründer der deutschen Einheit und Größe 
eine großartige Odation bereiten und mit in den 
Ruhestand geben wurde. Auch glaube ich, daß das 
in der Pfalz gegebene Beispiel im ganzen deutschen 
Reich Widerhall und Nachahmung finden würde.“ 
Das genannie Blatt kann mittheilen, daß dieser 
Bedanke mit der Aufforderung, in einem öffent⸗ 
ichen Blatte denselben zur Erörterung zu fiellen, 
zereits in Kaiserslautern Wurzel gefaßt hat, und 
daß jedenfalls eine entsprechende lokale Feier dort 
dattfinden wird. Doch sind auch bereits Unterhand⸗ 
ungen im Gange, die Anregung zu einer allgemein 
ofälzischen Feier zu geben. 
— Pirmasens. Dem Geschäftsbericht für 
zas Jahr 1889 des Pirmasenser Vorschuß⸗ 
peceins entnehmen wir folgende Augaben: Die 
Mitgliederzahl des Vereines, welcher bekannilich seit 
bdorigem Jahre, dem neuen Genossenschaftsgesetz ent⸗ 
iprechend, als „eingetr. Genossenschaft mit unbe⸗ 
chränkter Haftpflicht“ besteht, betrug Ende 1889 
370, 9 mehr als am Anfang des Jahres. Der 
Beschäftsumsatz im Berichtsjahre bezifferte sich auf 
4,914,746 Mt. 20 Pfg. der erzielle Bruttogewinn 
21,908 Mk. 76 Pf., von welchem nach Abzug 
der Verwaltungskosten und Steuern 16,746 Mtk 
als Reingewinn verbleiben. Es sollen 6 psct. 
dididenden verteilt merden. 
— Dahn, 21. Marz. Großes Aufsehen er⸗ 
zꝛegte vor einigen Tagen das Verschwinden des 
dolzhaändlers Seebach. Aber noch viel größer war 
zie Ueberraschung, als, wie der „L. A.“ berichtet, 
jeute die beiden Toͤchter und der Sohn desselben, 
zie ihm nachgereist waren, wieder hierher zurück⸗ 
ehrten mit der Nachricht, daß ihr Vater in Luxem⸗ 
zurg verhaftet worden sei und wieder zurückgebracht 
verden soll. Es soll noch viel Geld bei ihm vorge⸗ 
unden worden sein. 
— Speyer. Die diesjährige Kollekte 
ür die ebvangelische Diakonissenanstalt 
zahier wird wie alljährlich am nächsten Charfreiag 
in säͤmmilichen prot. Kirchen der Pfalz erhoben 
verden und nur an solchen Orten, wo der Erheb⸗ 
ing der Kollekte an diesem Tage Hindernisse im 
Bege stehen, ist gestattet, dieselbe am 2. Ostertage 
vorzunehmen. Ueder die Verhältnisse zuund die 
egensreiche Wirksamkeit der Diakonissenanstalt sind 
vir in der Lage, nachstehendes mitzutheilen: Die 
Diakonissenanstalt hat auch für das abgelaufene 
Jahr eine weitere Ausdehnung ihres Arbeitsfeldes 
ind eine Zunahme der Schwesternzahl zu ver« 
eichnen. Sie hat gegenwärtig 125 Schwestern, 
arunter 70 eingesegnete. Die Kirchenkollelte pro 
1889 betrug 4318 Mk. Dem Vermögensstand von 
11,117 Mtk. 45 Pfg. fiehen Schuldigkeiten an 
Stiftungen und Anleihen ꝛc. von 42,649 Mt. 
18 Pfg. gegenüber, so daß eine Ressschuld vecbleibl 
jon 1532 Mk. 0o83 Pfg. Auf das Jahr 1889 
reffen dazu noch bedeutende Bauausgaben. An 
Stiftungen befitzt die Anstalt: die Peterlestiftung 
nit 3400 Mk. die Hetzelstiftung mit 10,000 Mk., 
ine Freibettstiftung mit 3000 Mk., zusammen 
16,400 Mk. Die wachsende Ausdehnungdes Werkes 
rfordert bei der nothwendigen Mehrung der Aus⸗ 
gaben wachsende Unterstützung der Anstalt. 
— Speyer. Die kgl. Regierung hat an 
AR 
vnigl. Kreisschul⸗Inspektor Jalod Roth zum 
Dtitglied der Verwaltungs⸗Kommission der Schul⸗ 
ehrer⸗Pensions⸗Anstalt der Pfalz ernannt. 
— Speyer. In der letzten Sitzung des 
landwirthschaftlichen Kreisbomitees 
der Pfalz wurde beschlossen, auch im laufenden 
Jahre Original⸗Simmenthaler Zuchistiere in dem 
nicht zu den Stammzuchtbezirken gehörenden Theil 
der Pfalz einzuführen. Zum Mitglied der Pruf— 
ungskommission für Hufschmiede wurde Herr Oeko⸗ 
iom Groß in Haßloch, zu seinem Stellvertreter 
derr Oekonomierath Velten in Speher gewählt. 
dem Gesuch der Zuchtstiergenossenschaft Einöd um 
inen ZQZuschuß zu den Hasten der Errichtung eines 
Fasselstalles wird mit dem Beirag von 150 . 
entsprochen. Dem Gesuch des pfalz. Pferdezugh 
pereins um einen Zuschuß zur Adhaltung ein— 
Preis Hufbeschlagens in Zweibrücken konnte weg 
Mangels an verfügbaren Mitteln eine Folge ne 
gegeben werden. 
— Düurkheim, 23. März. Die heute Nat 
nittag 4 Uhr im Stadthaussaale stattgefunden 
Buürgerversammlung, in welcher es fich 
die käufliche Abtretung ftädtischen Eigenthums 
den Bade⸗ und Salinen⸗Verein hoö 
delte, war von etwa 250 Personen besucht. 5. 
Bürgermeister Tarter führte den Vorsitz. 
Stadtschreiber Wenner referierte über die einsqhe 
zigen Stadtraths⸗ und Kommissionsberhandlunge 
Rachdem die Herren Herm. Heußer, Bezirksar 
Dr. Kaufmann, Dr. Bischoff und Faßkohl fur de 
Brojekt, die Herren J. Zimmermann und 
Biehler Bedenken gegen dasselbe geäußert, wun 
zur Abstimmung geschritten. Vor derselben u 
ernten sich die Gegner. Der Verkauf wurde als 
dann einstimmig mit 128 Stimmen gutgeheißen 
— Frankenthal, 24. März. In ein⸗ 
zesirigen Versammmlung beschloffen samtliche hief 
Jen Maurergesellen die Ardeit einzustellen. Franle 
hal hat also einen Maurerstreik und einen Zimm— 
nannsstreik in Aussicht. Cabl 
Bermischtes. 
F Neunkirchen, 23. März. Gestetn 
Mittag, kurz vor 12 Uhr, ereignete fich nach d— 
„S. u. Bl.-Zig.“ auf dem nächstgelegenen Bahr 
bergange bei der Wellesweilergrube ein bedaun 
licher Unglücksfall. Dem Ackerer Roth au 
Breitenbach (Pfalz), welcher mit seinem zweispünn 
Jen Kohlenwagen von der Königsgrube kan 
cheuten die jungen, mutigen Pferde, durch du 
Pfeifen der Lokomotive erschreckt, so daß der Fuhr 
mann nicht mehr imstande war, die Tiere p 
halten. Fast gleichzeitig mit der Maschine erreichter 
die dabonjagenden Pferde den Uebergang, über 
prangen und zerbrachen die zugezogene Barriett 
lange und wurden von der Maschine gefaßt un 
zermalmt. Leider trug der pflichttreue Bahnwärte 
Bartsch, welcher den beranstürmenden Tiere 
vehren wollte, mehrere Kopfpverletzungen dador 
welche aber alsbald im hiefigen Knappschaftslazare 
perbunden wurden und hoffentlich keine dauernd 
Schädigung der Gesundheit zur Folge haben werder 
Der Fuhrbesitzer lam mit großem Schaden un 
Schrecken davon. 
F Dudweiler, 24. März. Gestern Nachmi 
lag 3 Uhr fand eine Versammlung der Arbeitet 
Wendel'schen Koaksanlage in dem Ph. Fuhrmann 
schen Saale statt, behufs Gründung eines Verein' 
ähnlich dem Rechtsschutzverein. Wie die „Dw. 8. 
berichtet, verlangen die Arbeiter 8stündige Schihh 
für solche die vor dem Feuer arbeiten, 10stündigt 
sür andere Arbeiter; ferner einen festen Schich— 
lohn: Braschenzieher 450, Lader 4,00, Arbein 
im Bau 3,50, Maurer 4,00, Taglöhner 366 
—XV 
Schicht. Unter 8 Martk solle kein Arbeiter he 
dienen. 
Bei dem Ordensfeste in Berlin wurden! 
A. verliehen der rothe Adlerorden 3. Klasse: Graft 
Wartensleben, Oberst und Kommandeur de 
Dragonerregiments Nr. 7 in Saarbrücken; der tolh 
Adlerorden 4. Klasse: Boltz, Justizrath in Sacr 
zrücken, Meyer, Steuerrat inSaarbrücken, 3i 
Bergrat in Ensdorf bei Saarlouis; der Kronenorden 
14. Klasse: Dal hopf, bayer. Zollinspektot r 
Trier; das allgemeine Ehrenzeichen: Morche 
Telegraphii, und Richter, Steueraufsehet in 
Saarbrucken, und Schertz II., Bergmann un 
nappschaftsältester in Burbach, Stoffel, doͤrst 
zu Fosthaus Gersweiler; der Adler der Indhabe 
hom Hohenzollernschen Hausorden: Schu, Haubt 
lehrer zu Burbach. 
Saargemuünd. Die hiesige Loöwer 
1potheke ist in den letzten Tagen fur den de 
rag don 183 000 Me. in den Besit des Apothelen 
Donnevert aus Beaumarais bei Saarlouis üdberg 
gangen. 
— Metz. Ueber das Vermögen des in g 
wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung s 
8 Tagen verhafteien Leutenantz Seb. Buchne! 
vom s bayr. Inf.Reg. wurde das Konlursder 
ahren eröffnet. B. hat bei der Bat.⸗Kantine 
hebliche Summen — man spricht von 20 -300 
Mark, veruntreut. 
fKappenau i. Baden. Dieser Tage — 
hier für eine obnebin min Glückzaulern wemli