Full text: St. Ingberter Anzeiger

v. J. für Kündigung der Handelsver⸗ 
träge ausgesprochen, zugleich aber den Abschluß 
neuer Verträge auf Grund sorgfältiger Prüfung 
befürwortet. — Nächsten Sonntag wird Kaiser 
Wilhelm den französischen Botschafter Herbette in 
Berlin empfangen, um die Beileidskundgebung der 
französischen Regierung entgegenzunehmen. 
Rom, 10. Jan. Dem „Kapitän Frakassa“ 
zufolge wird sich Körig Humbert bei den Leichen⸗ 
feierlichkeiten in Berlin durch den dortigen italien⸗ 
ischen Botschafter, Grafen de Launay, vertreten 
lassen, da sich wegen der Kürze der Zeit keiner der 
Prinzen des königlichen Hauses nach Berlin be⸗ 
geben könne. Cardinal Staatssekretär Rampolla 
übermittelte dem preußischen Gesandten v. Schlözer 
die Beileidkundgebungen des Papstes über das 
Hinscheiden der Kaiserin Augusta. 
Madrid, 9. Jan. S agast a wurde heute 
früh 3 Uhr ins königliche Palais bernfen, da sich 
der Zustand ides Königs verschlimmert 
hatte. Sagasta verblieb bis morgens. Infolge 
dieser Situation scheinen die Besprechungen zur 
Lösung der Ministerkrisis vertagt worden zu sein. 
Die Königin ist ausschließlich mit dem König 
deschäftigt. 
Sansibar, 10. Jan. Anläßlich des Hin⸗ 
scheidens der Kaiserin Augusta feuerten gestern die 
deutschen und englischen Kriegsschiffe von 8 Uhr 
morgens bis Mittag in gemessenen Pausen Sal⸗ 
ven ab. — 
Lokale und pfälzilche Nachricten. 
*St. Ingbert, 11. Jan. Die Hunde⸗ 
Visitation in hiesiger Stadt findet am Frei⸗ 
lag den 24. Januar statt, worauf wir die Hunde⸗ 
hesitzer aufmerksam machen. 
— In Nicederwürzbach herrscht seit 
läängerer Zeit eine seuchenartige Krank— 
heit; besonders sind davon die Kinder betroffen; 
auch mehrere Erwachsene liegen krank darnieder. 
Massenartige Krankheitsfälle werden auch aus 
Kirkel⸗Neuhäusel gemeldet. Auch in Bierbach ist in 
der kath. Schule eine große Lücke unter den Schülern 
hemerkbar. 
— Zweibrücken, 10. Jan. Die Gemein⸗ 
deräte von Bliesdalheim, Breitfurt, Niedergailbach 
und Walsheim haben jüngst, wie die „Zw. Zig.“ 
hört, Beschlüsse dahin gefaßt, die zurzeit zur Ein⸗ 
kaffierung überwiesenen landwirischaftlichen Un⸗ 
fallversicherungsbeiträge, die bei Drei— 
piertel der Schuldner einer Gemeinde je einen 
Pfennig betragen, auf die Gemeindekassen (Feldhut) 
zu übernehmen. Bestimmend chiefür war teils die 
seht geringe Beitragsquote, noch mehr aber die 
Befürchtung von großen Mißhelligkeiten, die bei 
einer instruktionsgemäßen Einhebung entstehen 
wurden. So koͤnnte z. B. der Schuldner neben 
seinem Pfennig⸗Bettrag, der rein aus Versehen 
rückständig blieb, 20 Pf. Mahnung, 20 Pf. Post⸗ 
anweisung und 10 Pf. Zustellgebühr — 50 Pf. 
als Zulage erhalten; hiemit könnte die Schuld auf 
Jahre gedeckt werden, aber auch die Wohlthaten 
des Gesetzes müßten darunter leiden. Solche Be⸗ 
schußfassung verdient Anerkennung und allgemeine 
Empfehlung. 
— Kaiserslautern, 10. Jan. Wegen 
Fortschreitens der Influenza ist die hiesige Lehrer⸗ 
bildungsanstalt auf Weisung der Regierung 
in Speyer bis zum 20. d. Mis. geschlossen worden, 
aachdem von 172 Schülern uur noch 13 von der 
Krankheit verschont geblieben sind. — Welche Aus⸗ 
dehnung die Seuche hier genommen hat, geht u. 
A. auch daraus hervor, daß gestern Vormiltag in 
der Kaäammgarnspinnerei der Kankenstand 
270 betrug und außerdem 83 neue Krankenzettel 
ausgestellt wurden. (Vzt.) 
— Pirmasens, 8. Jan. In der Zu s ehn l⸗ 
ung der Eil⸗-Frachtgüter durch die 
Rollführer soll demnächst eine Aenderung eintreten, 
welche der bisherigen Bequemlichkeit für die Waaren⸗ 
empfänger zwar etwas Abbruch thut, ihnen ander⸗ 
seits aber dadurch vom großem Vortheil sein wird, 
daß die Güterverwaltung in die Lage kommt, die 
Punktlichkeit der Abfuhr, welche mitunter viel zu 
wünschen übrig ließ, stets zu überwachen und da, 
wo es noth thut, auf beschleunigte Zustelluag der 
Güter hinzuwirken. Es soll nämlich jeder Fuhre 
ein zugleich als Empfangsschein dienendes Ladungs⸗ 
verzeichniß mitgegeben werden, welches in Bezug 
auf die abzuliefernden Güter nichts enthält, als 
die laufende Nummer aus dem Rollbuche der 
Guterverwaltung, den Namen des Empfangers, die 
Toslizahl und das Gewicht, im Uehbrigen über auf 
—— 
»en dabei befindlichen Frachtbrief verweist, auf 
Brund dessen die Abgabe und Bescheinigung er— 
folgen. Durch die Einrichtung dieser Ladungsver⸗ 
zeichnisse ist es mithin vermieden, daß die Konkur⸗ 
ren; z. B. aus der Groͤße des Gelddetrages ersehen 
tann, ob eine Sendung mit Nachnahme belastet 
ist. oder aus dem Zeichen, bei wem sie bestellt 
wurde. Fragl. Einrichtung gibt aber den Roll⸗ 
fuhrunternehmern Gelegenheit, sich zu überzeugen, 
ob die ihrem Unterpersonal zur Befoͤrderung über⸗ 
jebenen Güter auch richtig besorgt wurden. Die 
Bescheinigung in die Ladeliste ist stets von der⸗ 
enigen Person zu ertheilen, welche die Waare 
ibernommen hat; vom Adressaten selbst aber nur 
zann, wenn er persönlich zugegen war. (A.) 
— Landau. Mitwoch Vormittag wurde in 
der Queich an der Grenze der Godramsteiner und 
dandauer Gemarkung die Leiche eines neuge—⸗ 
vorenen Kindes aufgefunden. Es fehlt jeder 
UInhaltspunkt, der auf die Verbrecherin schließen 
äßt. Das Gericht war gestern Nachmittag an 
Ort und Stelle, um den Thatbestand festzustellen. 
— Bergzabern. Nach einer Bekannt⸗ 
nachung des kgl. Bezirksamtes sind von den bei 
)en letzten Wahlen zum Landtag gewählten Wahl⸗ 
mannern 10 gestocben und 4 aus dem Wahlkreise 
dersetzt worden oder verzogen. Nach den gesetz⸗ 
iichen Vorschriften hat eine Ergänzungswahl statt⸗ 
zufinden, wenn mindestens 20 Uhrwähler einen be⸗ 
üglichen Antrag stellen. Die Frist zur Stellung 
eines derartigen Antrages endet mit dem 15. Jan- 
nar. Als Kandidaten für das erledigte Mandat 
nennt man vielfach den Herrn Bezirkgamtmann von 
Bermersheim. Da jedoch eine Versammlung der 
Wahlmänner noch nicht stattgefunden hat, so handelt 
s sich offenbar nur um eine Vermuthung oder einen 
Bunsch Einzelner. 
— Neustadt. Die „Neustadter Zeitung“ 
zringt in ihren Sprechsaal eine Einsendung, die 
zjzar mamchem Handel-und Gewerbetrei— 
renden aus der Seele geschrieben sein dürfte: 
Die kgl. Regierung hat ihrem Rentmeister hier eine 
krhöhung zu Theil werden lassen, zu der ihm von 
illen Seiten die besten Glückwünsche zugegangen 
ind. Nicht in gleicher Weise können sich die hie— 
igen Gewerbetreibenden zu der Erhöhung gratu— 
iren, die der Steuerausschuß ihnen bei der jüngsten 
kFinschätzung hat zu Theil werden lassen. Denn 
»as Letztere ist keneswegs eine Erhöhung im Range, 
'ondern eher eine solche, bei denen es den Betreffen⸗ 
den „bange“ wird, sobald sie dieselbe in Geftalt 
des neuen Steuerzettels zu Gesicht bekommen 
verden. Wie wir erfahreu, ist die Betriebsanlage 
im das nette Sümmchen von insgesammt über 
100,000 Mtk. erhöht worden, und wer die Zeit 
der Reklamationsfrist hat verstreichen lassen, mag 
ich hinter die Ohren kratzen und seinem Steuer⸗ 
zusfchuß bei der nächsten Begegnung ein „freund⸗ 
iches“ Lächeln hoher Befriedigung über diese Er— 
zöhung seiner Betriebskraft zu Theil werden lassen. 
Der Kapitalrentensteuerausschuß scheint sich eher in 
)em alten Rahmen zu bewegen und auf diese An⸗ 
asfigkeit seiner Pflegebefohlenen eiwas mehr Rück⸗ 
icht zu nehmen, wahrscheinlich weil diese nicht so 
mmobil sind wie die abhängigen Gewerbeireiben⸗ 
)en; aber wenn wir die einzelnen Betriebsansätze 
nn diesem und jenem Ausschuß vergleich'n, so zahlen 
zerschiedene Handlungshäuser II. und III. Ranges, 
die noch dazu selbst mit fremdem Geld arbeiten 
nüssen, immer aoch ein Erkleckliches mehr als 
insere Herren Rentner ersten und allerersten Ranges. 
Wo bleibt denn da die in richtigem Verhältniß he⸗ 
teuernde Gerechtigkeit? Und wäre es bei den 
etzigen Zeitverhältnissen, wo die nothwendigsten 
debensbedürfnisse um ein gewaltiges im Preise ge⸗ 
tiegen sind, der Kampf der Konkurrenz bei den 
Zeschäftsleuten jedes Jahr heftiger und somit auch 
ostspieliger wird, nicht eher am Platze gewesen, die 
Zetriebsanlage der Geschäftleute runter, anstatt rauf 
zu setzen und dafür aber den Kapitalisten, der in 
»ehaglicher Ruhe, erhaben über diese kleinlichen 
Beldsorgen sich seines Daseins freut, eiwas mehr 
ranzukriegen, wenn doch einmal „erhöht“ werden 
nuß?!!“ 
A-Hasloch, 9. Jan. Die Influenza greift 
hier immer mehr um sich. In manchen Familien 
ind oft gleichzeitig 2—8 Personen in mehr oder 
veniger starkem Grad von dieser Krankheit heimge⸗ 
ucht. Besonders hat unsere Schuljugend an der— 
elben zu leiden. So fehlten in den letzten Tagen 
twas mehr als 300 Schüler, d. i. 33 pCt. 
— Deideaheim. Der israelitische Lehrer. 
herr Stern, hier, erhielt von der Synagogenbvor- 
tandschaft eine jährliche Gehaltszulage von 400 
Mk. zuerkannt. — Die Fleischliefererung 
in das hiesige Hospital wurde für das laufende Viertel. 
ijahr dem Metzgermeister Joh. Schultz hier über 
tragen, Da diese Lieferung zur Konkurrenz aus⸗ 
geschrieben war, erhielt das niedrigste Angebot den' 
Zuschlag und bezieht dadurch das Spital für nur 
10 Pfg. das Pfund Fleisch erster Qualität, waäh⸗ 
zend der Ladenpreis 50 resp. 60 Pfg. beträgt. 
— Frankenthal, 6. Jan. In der welt⸗ 
hekannten Puppenfabrik Gustav NReubronner 
hahier feierte heute der Arbeiter Maier sein 2855 
ähriges Dienstjubiläuim. Von Seiten der 
Firma wurden ihm für seine treue und ausdauernde 
Dienstleistungen ein prächtiger Regulator als Er⸗ 
nnerungszeichen überreicht, außerdem wurde er von 
inigen im Geschäfte thätigen Herren mit einem hüb⸗ 
chen Geschenk bedacht. 
— Die Stadt Frankenthal erzielte vorn 
zestern mit der Neuversteuerung der Hunde eine 
hübsche Summe. Es wurden 2484 —- Mk. einge⸗ 
iommen, wovon der Stadt 1242 Mt. zufallen. 
Es waren 296 Hunde zu 9. — Mk. und 30 zu 
3.— Mt. 
— In den Stallungen des Bürklin'schen Hof⸗ 
zutes bei Ruchheim ist die Maul⸗ und 
dlauenseusche ausgebrochen. 
zermischtes. 
F Winke für die ALters- und Inda⸗ 
liditäts Versicherung. Nachdem mit dem 
l. Januar 1891 die Invaliditäts- und Altersber⸗ 
iicherung in Kraft treten soll, machen wir hierdurch 
darauf aufwerksam, was die Arbeitet schon heute 
zu thun haben, um sich die Indpvaliditäts? nund 
Altersrente am 1. Januar 1891 zu sichern: Um 
ich die Vortheile zu sichern, welche F 156 ff. des 
ßesetzes für die Uebergangszeit gewährt, müsser die 
Arbeiter feststellen, daß sie vor dem 1. Januar 
1891 mindestens 188 Wochen gearbeitet haben. 
Militärdienst und Krankheit werden in der Regel 
in die Arbeitszeit mit eingerechnet, bedürfen aber 
der Bescheinigung. Nur für den Fall, daß der 
Arbeiter sich diese Bescheinigung verschaffen, werden 
iese 188 Wochen als Beitragswochen betrachtet, 
bwohl keine Beiträge geleistet find. Zur Erlang⸗ 
uing einer Altersrente nach zurückgelegtem 70. 
debensjahre, welche am 1. Januar 1891 eintreten 
joll, muß der Arbeitsnachweis für die Zeit bom 
1. Januar 1888 bis 1. Januar 1891 erbracht 
werden. Aus vorstehendem folgt, daß jede Per⸗ 
son, welche dem Gesetz unterworfen sein wird, 
daran denken muß, sich die für die Uebergangs- 
zeit erforderlichen Nachweise zu verschaffen. Krank⸗ 
heit wird, durch die betr. Kossenvorstande, 
Militärdienst ducrch Militärpapiere, der Nachweis 
der Arbeit durch die untere Verwaltungsbehörde 
»der durch beglaubigte Bescheinigung der Ardbeit⸗ 
jeber nachgewiesen. Namentlich ist in solchen 
Fällen, wo es sich um den inzwischen eingetretenen 
Arbeitswechsel handelt, dafür zu sorzen, den Nach— 
veis zu erlangen, der frühere Arbeitgeber kann 
derben, kann auswandern, hier thut vor Allem 
File Noth; gleichzeitig wird es errforderlich 
ein, daß sich diejenigen Personen, welche 
. B. 38 Jahre alt find, die Höhe ihres Lohnes 
vom 1. Januar 1888 abwärts bescheinigen lassen, 
peil hier der Lohn die Höhe der Rente bestimmt, 
berhaupt wird die Gewährung einer Rente ledig 
ich von der rechtzeitigen Beschaffung des erforder⸗ 
ichen Nachweises abhängen. 
F Der Lokalverein der Städte Saarb rücker 
uind St. Johann a. S. des Vereins zur Pflege 
m Felde verwundeter und erkrankter Krieger hat 
nuf gestrigen Vorstandsbeschluß hin heute an den 
tellvertrelenden Vorsitzenden des Zentralkomittöt 
der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz einen Kranj 
niach Berlin gesandt, welcher am Sarge der hohen 
Bereins⸗Protektorin. der hochseligtn Kaiserin und 
dönigin Augusta, niedergelegt werden soll. 
F Vom Rhein, 9. Jan. Die Rhein⸗ 
schifffahrt ist in Folge dichten Nebels seit 
wei Tagen vollständig still gelegt. Selbst die 
Trajekt · Boote haben große Muhe. den Verkebr zu 
vermitteln. 
F(GomarmensSchustergesellenzum 
MNillionär.) Vor ungefähr 42 Jahren wandertt 
aus Ober⸗Moͤrlen bei Darmstadt ein armer Schuster⸗ 
geselle nach London aus; das Reisegeld, 30 Gul⸗ 
ꝛen, hatte er sich von seiner Schwester geborgt. 
In der Fremde brachte es der Geselle, Adam Ged 
nit Namen, ein heller klarer Kopf. dabei sparsam