Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Awtsiches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Mittwoch, 23. April 1890. 223. Jahrg. 
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Seutlches Neich. 
Karlsruhe, 22. April. In Hofkreisen ver⸗ 
autet, der Großherzog werde gelegentlich der 
iowesenheit des Kaisers im Reichslande ebenfalls 
ach Straßburg reisen. Amtliche Bestimmung ist 
nudessen noch nicht ergangen. 
Karlsruhe, 22. April. Die Zentrumspartei 
rachte eine Anfrage wegen Aufhebung des 
litatholikengesezes ein. a 
München, 21. April. Der Finanz aus⸗ 
huß der Abgeordnetenkammer genehmigte in 
eaner heutigen Nachmittags-Sitzung einstimmig 
00, 000 Mt. fur die 20. Finanzperiode 1890 — 
i891 und zwar pro Jahr 50,000 Mk. zum An⸗ 
jauf des Bibliothekgebäudes in Augsburg als Bau⸗ 
Aaß für das dortige St. Annen-Gymnafium. Zu⸗ 
achst joll flr den Bau ein eingehendes Proielt 
hergestellt werden. 
Berlin, 22. April. Der Kaiser hat vor 
einer Abreise nach Bremen den Gesetzentwurf be⸗ 
reffend Verwendung der Sperrgelderfonds ge⸗ 
nehmigt und mit seiner Unterschrift versehen. Hier⸗ 
nach sollen die Renten aus dem Kapital von 
mnähernd 16 Mill. Mark für katholische 
lirchliche Zwecke verwendet und alljährlich 
n den Staatshaushalt eingestellt werden. 
Berlin, 22. April. Der „Post“ zu Folge 
pird auch ein neues Infanterie⸗Regiment 
vom Reichstag verlangt werden, um in Bayern 
die Brigaden vermehten zu kdanen. Dazu kommt 
die Vermehrung der Feldartillerie, die 
Aufstellung von einem Pionier⸗Bataillon 
und zwe i Train⸗Bataillonen. Dies sei 
der Inhalt der nächsten Forderungen. 
Berlin, 22. April. Fürst Bismarck 
wird in der nächsten Woche den Platz im Herren⸗ 
haus einnehmen. — Fast sämmtliche Blätter 
hesprechen die Nachricht von einem eventuellen 
KeichstagsmandardesFürsten Bismarck. 
Die meisten halten die Nachricht von einer oppo⸗ 
tionellen Haltung des ehemaligen Reichskanzlers 
für unrichtig. 
Bremen, 22. April. Bei der Grundstein ⸗ 
egung zum Kaiser⸗Wilhelm-Denkmal 
sprach det Kaiser bei den drei Hammerschlägen 
folgende Worte: „Dem Heimgegangenen zum Ge⸗ 
nüchtniß, den Lebenden zur Erinnerung, den 
ommenden Geschlechtern zur Nacheiferung !“ Bei 
)em Festmahl im Rathaussaale erwiderte der Kaiser 
uuf den Trinkspruch des Bürgermeisters mit herz⸗ 
ichem Danke für den Empfang: was an ihm liege, 
so werde er dafur sorgen, daß Bremens Ent⸗ 
uidelung fich ungesibri vollziehen koͤnne unter den 
degnungen des Frie dens, welchen zu er⸗ 
)alten er alles einsetzen werde. 
Bremerhafen, 22. April. Bei dem gestrigen 
Essen an Bord der Fulda“ hob der Kaifer 
vervor, man jolle ihm vertrauen, daß er den 
Frie den schützen werde. Wenn in der 
Presse muunter seine Worte anders gedeutet würden, 
sole man des alten Kaiserworis gedenken, daß man 
m einem Kaiserwort nicht dreben noch deuteln 
be Sein Stireben sei auf den Frieden gerichtet, 
enn Handel und Wandel konnten nur blühen, 
wenn sie durch den Frieden verbürgt seien. 
Oppeln, 22. üpril. Die Petition der 
edleha sen Bergleute an den Kaiser 
9 e in folgender Weise beantwortet: Die Wünsche 
up Schichtdauer, Lohne und Maßregelungen 
n den Gegenstand von Verhandlungen zum 
ede gesetzgebetischer und sonstiget Maßnahmen. 
Auslanud. 
Paris, 22. April. Aus Kotonu wird 
gem?idet, daß gestern Morgen eine französische Ab⸗ 
seilung von 330 Mann einen Vorstoß gegen Porto 
Nobo machte, um Verbindungen mit den dort bes 
indlichen französischen Garnisonen herzustellen. 7 
dilometer vor Porto Novo begegneten sie dem vom 
ZDönig von Dahome persönlich geführten 
Feind. Es fand än heftiger Kampf statt, der 21/, 
Stunden dauerte. Es gelang den Franzosen, nach 
Porto Novo durchzudringen, wobei fie von den 
Dahometruppen verfolgt wurden, die sich aber zu⸗ 
etzt bis auf 8 Kilometer vor Porto Novo zuruͤck⸗ 
jogen. Die französischen Verluste werden auf 30 
Soldaten und 20 Mann Hilfstruppen angegeben, 
die nur leicht verwundet sein sollen, über die Zahl 
der Todten fehlt die Angabe. In Kotonu ist alles 
»uhig. — Freycinet hat heute fruh seine Be⸗ 
ichtigungsreise angetreten; er beabfichtigt, am Frei⸗ 
ag wieder zurückzukehren. 
Paris, 22. April. Mehrere Zeitungen bringen 
einen Aufruf, in welchem auch die Handlungs⸗ 
diener aufgefordert werden, an der Kundgebung am 
1. Mai teilzunehmen. Zur Aufrechthaltung der 
Itdnung am 1. Mai sind umfassende Maßnahhmen 
jetroffen. Die gesamte Polizeimacht wird aufgeboten, 
zie Truppen bleiben in den Kasernen und erhalten 
PVerstärkung aus den Nachbargarnisonen. 
Ajaccio, 22. April. Prasident Carno! 
efichtigte gestern nach dem Frühstück auf der Pid 
ektur derschiedene Sehenswürdigkeiten der Stadt, 
ramentlich das Hospital und das Bonopartehaus. 
Auf dem Wege wurde er überall von der Bevöl 
erung freudig begrüßt. Die Frauen streuten ihm 
als Zeichen des Willkommens Reis und Weizen 
auf den Weg. Später unternahm er eme Rund⸗ 
tahrt durch die Umgerung der Stadt. Nach dem 
großen Essen im Präfekturgebäude fand im Stadt⸗ 
Jause ein ländlicher Empfang stast, an welchen fich 
ine Abendunterhaltung anschloß. Heute begibt sich 
Taruot nach Bastra. 
Belgrad, 21. April. Die russische Re— 
Jierung benachrichtigte das hiefige Kabinet, 
daß auf Anordnung des Zaren an Serbien 
30 000 Berdangewehre mit Munition sowie fünf 
Batterien Kruppgeschütze überlassen werden sollen. 
Infolge dieser Schenkung begibit sich in der näch⸗ 
jen Woche eine Kommission unter Fuhrung des 
Dbersten Oreschkodic zur Abnahme der Waffen nach 
Petersburg. Die Regentschaft sprach telegraphisch 
zem Zaren im Namen der serbischen Nation ihren 
Dank aus. 
Lotale und pPfalzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 23. April. Eine Leh rer⸗ 
versammlung für die Kantone Blieskastel 
und St. Ingbert findet heute im Saale der Frau 
Wwe. Koönig zu Blieskastel statt. Herr 
dehrer Leibrosck auzs Schnappach haͤlt in der- 
elben eineu Vortrag und zwar über das interessante 
ind wichtige Thema: „Die Bedeutung der 
Jugendliteratur für Schule und Leben.“ 
* St. Ingbert, 23. April. Zu unserer 
zestrigen Mitteilung betreffs des Gauturntages 
ei hiermit noch nachgetragen, daß der Turnverein 
St. Ingbert außer durch seinen 1. Turnwart noch 
bdier stimmberechtigte Mitglieder auf demselben 
dertreten sein wird. 
*-Die kgl. Regierung giebt bekannt, daß die⸗ 
enigen Gemeinden des Regierungsbezirkes, welche 
aus dem Fonds zur Förderung des Feuer⸗ 
oschwesens und den Mitteln der pfälz. Immo⸗ 
ailiarbrandverficherungsanstalt Unterstützungen für 
Feuerloͤschzwecke zu erhalten wünschen, ihre des⸗ 
allfigen Gesuche bis zum 1. Juni J. Is. bei den 
ett. kgl. Bezirksämtern einzureichen haben. Hierbei 
vurde Folgendes zur Darnochachtung bekannt ge⸗ 
Jeben: 1) Gesuche um Unterstutzung zur Anschaffung 
von Ausrüstungs- und Bekleidungsgegenfäünden fur 
zie Mitglieder der Feuerwehr finden leine Berüd⸗ 
ichtigung, so weit es sich nicht um die für Steiger 
mbedingt nothwendigen Helme handelt. 2) Gesuche 
im Unierstützungen zur Herstellung von Wasser⸗ 
eitungen, Brunnen und Wasserreservoits loͤnnen 
wur in so weit Berücksichtigung finden, als solche 
m Interesse des Feuerloͤschwesens in den betreffen⸗ 
zen Gemeinden sich als unbedingt nothwendig dar⸗ 
dellen. 3) Besonderes Gewicht muß darauf gelegt 
verden, daß alle Gemeinden allmählig mit voll⸗ 
ommen entsprechenden Löschmaschinen versehen 
verden. 4) Die gewährten Unterstützungsbeträge 
zürfen aur für den Zweck, für den sie gewährt 
vurden, verwendet werden. 
— Rohrbach, 22. April. In der gestrigen 
HZemeinderatssitzung wurde die hiesige Schulverweser⸗ 
telle in eine Lehrerstelle verwandelt und der bis⸗ 
herige Verweser, Herr Georg Berg, der kgl. Re⸗ 
zierung als Lehrer in Vorschlag gebracht. 
— die Beschwerde der Ortsburger Johann 
Zeßler und Genossen von Hassel gegen den 
Beschluß des Bezitksamtes Zweibrücken vom 18. 
Dezember v. J. betreffeud die Gemeinderatswahlen 
mn Hassel wurde, nach der „Pf. Pr.“, vom Ver⸗ 
valiungsgerichtshof als unzuläsfig, beziehungsweise 
inbegrůndet tostenfällig verworfen unter Festsetzung 
der Beschlußgebühr auf 25 Mark. Der Ackerer 
Thristian Bruch hatte fich erst in letzter Instanz 
der Beschwerde angeschlossen, trotzdem er im Vor⸗ 
zerfahren am Streite sich gar nicht betheiligt hatte, 
)essen Beschwerde mußte hiernach als unzuläfsig 
uruckgewiesen werden; zwei andere Beschwerde⸗ 
ührer, die Ortsbürger Karl Sehring und Peter 
Weiland hatten erst nach Ablauf der Reklurgsfrist 
Reklamation gegen das Wahlresultat erhoben, in⸗ 
dem das Ergebniß der Gemeinderats- und Adjunk⸗ 
enwahl am 5. November öffentlich bekannt ge⸗ 
nacht worden war, waͤhrend die Reklamation erst 
im 20. November, also um einen Tag zu spaät 
eingereicht wurde; dieselbe mußte demnach bom 
Bezirksamt wegen versäumter Rekursfrist abge⸗ 
wiesen werden. Was endlich die Beschwerde des 
Joh. Keßler und Gen. betrifft, so mußte dieselbe 
als unbegründet verworfen werden, da keine 
Berletzung einer wesentlichen Foͤrmlichteit vorliegt, 
und die Zurückweisung einiger Wähler mit 
Recht erfolgie, da dieselben mit kleiner Steuer an⸗ 
gelegt waren. 
— Niederwürzbach, 21. April. Von 
inem bedauerlichen Unglück wurde der ledige 
gergmann Jakob Krämer von hier beiroffen. 
derselbe wollte in der St. Ingberter Steinkohlen⸗ 
jrube aus einem Balken einen Bretinagel heraus- 
jehen. Als er sich nicht herausziehen lassen wollte, 
nahm er einen Meißel und schlug demselben den 
Zopf ab. Der Kopf sprang weg und dem Un— 
zlücklichen gerade in das eine Auge, sodaß er das⸗ 
elbe wohl verlieren dürfte. (Pf. M.) 
— Faiserslautern, 21. April. Ein 
neuer eigenartiger Industriezweig hat fich 
hier begründet. Es ist dies die fabrikgemäße An—⸗ 
ertigung von inneremn Zimmerschmuck in Friesen, 
deisten, Rosetten, antiken und modernen Thürauf⸗ 
atzen, kurz in stuckahnlichen Sachen aller Art.