Full text: St. Ingberter Anzeiger

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gZeugniß. Die 88jährige kinderlose Wittwe H. C 
war in einen jungen Mann, von dem fie wußte, 
daß er bereits verlobt ist, dem iedoch die Mittel 
zum Heirathen fehlen, sterblich verliebt. Ihre 
zroßen Reichthümer und alle Künste, den Geliebten 
in ihre Netze zu ziehen, blieben erfolglos. Er liebte 
seine Braut und verschmähte das Geld. Dies im— 
honirte der Wittwe ganz gewaltig und sie beschloß, 
den Mann, welchen sie über Alles liebte, glücklich 
zu machen, wenn auch an der Seite einer Andern. 
For mehreren Tagen entsegte sie dem weltlichen 
Leben und kaufte sich einen Platz in einemsFrauen⸗ 
stift, in dem fie fortan zu leben gedenkt. Weitaus 
die größere Hälfte ihres Besitztums jedoch ließ sie, 
wie Rechtsanwalt Dr. B. durch Schriftstücke bewies 
an den Mann ihres Herzens auszahlen, damit er, 
wie es darin heißt, endlich das Ziel seiner Wünsche 
seine Braut heimzuführen, erreichen könne. Es 
handelt sich um eine Schenkung von 210,000 Mt. 
Ddie Verwandten der hochherzigen Dame, die 
übrigens nicht Millonäre sind, behaupten nun, die 
Schenkung sei in einem Zustande von Geistesge- 
stöctheit, erfolgt und es dücfe deßhalb die Abliefer⸗ 
ung des Kapitals an den jungen Mann nicht er⸗ 
folgen. Es entspinnt sich in Folge dessen ein 
Rechtsstreit, der viel von sich reden machen und 
nicht ohne Interesse sein wird. 
F Hamburg. Aus Marseille ist die 
Nachricht von einem Angriff auf deutsche 
Seeleute hierher gelangt. Im dortigen Hafen 
lag der Dampfer „Capri“ von der Slomanschen 
Mittelmeerlinie zusammen mit dem französischen 
Dampfer „Colombo“. Als von ersterem Schiff 
ein Matrose an Land ging, um wegen eines aus— 
brechenden Sturmes die Trossen fester zu legen, 
jagte ihn die französische Munnschaft davon und 
warf die Trossen wieder los. Darauf begab sich 
der erste Steuermann des „Capri“ an Land, um 
Aufklärung über dieses Verhaiten zu fordern. Aber 
die Franzosen schlugen zur Antwort mit Fäusten 
auf ihn ein. Als der zweite Steuermann mit 
zwei Matrosen erschien, wurde er zu Boden ge⸗ 
schlagen und arg zugerichtet. Auch den ersten 
Steuermann griffen die 30 Mann starken Gegner 
nochmals thätlich an. Er suchte bei deren Offi—⸗ 
zsieren Schutz und Genugthuung, aber es zeigte sich 
bedauerlicherweise, daß diese mit ihren Leuten unter 
einer Decke steckten und sie zu ihrem schnöden Vor—⸗ 
zehen noch anreizten. Bei dem deuischen Konsul 
in Marseille wurde von dem Vorfall Anzeige ge⸗ 
macht. 
fBrüssel. Laut Lütticher Blättern bestellte 
ie belgische Staatsbahn 10,000 Doppel⸗ 
waggons Kohlen in Deutschland, die be— 
reits ankamen. Der Ausstand in der Gegend 
von Lüttich ist wegen vieler bewilligter Lohnerhöh⸗ 
ungen beinahe, im Borinage bis auf 800 Berg—⸗ 
jeute beendet, hat sich dagegen in Charleroi nicht 
nerandert. 
7 Das Lied vom braven Mann. 
Vor einigen Tagen lief in einem Bahnhof des 
belgischen Kohlengebiets ein Personenzug ein; der 
Weichensteller, welcher ihn kommen sah, wollte 
die Weiche herumwerfen, infolge der Kaͤlte oder 
aus einem sonstigen Grunde zerbrach ein Stück in 
derselben. so daß sie nicht wirkte. Was thun? 
Kurz entschlossen wirft der brave Mann sich 
zwischen den Schienen nieder und stemmt sich mit 
aller Kraft so gegen die beweglichen Stücke, daß 
der Zug ungefährdet auf das richtige Geleis über⸗ 
geführt wird und nicht in einen auf dem Neben⸗ 
geleis in Bewegung befindlichen Personenzug 
hineinfährt. Nachdem die Wagen über ihn weg⸗ 
gegangen waren, erhob sich der brabe Mann, 
alücklicherweise unversehrt. 
F Wien, 13. Jan. Die Influenza ist hier 
in vollster Abnahme. Gestern kam kein neuer Foll 
in den Spitälern vor. 
F Doppelseitig brennende Zünd⸗ 
hölzer. Von einem Wiener Industriellen wurde 
auf dem Gevbiete der Zündholzfabrikation eine Et— 
findung gemacht, welcher ein großer Erfolg gewiß 
ist. Die Zündhölzchen tragen äußerlich kein Merk— 
mal ihrer Bestimmung und liegen gleich unbenütz⸗ 
baren rohen Holzscheichen in der Schachtel. Erst 
wenn man eines der beiden Enden mit der Reibe— 
dache in Berührung bringt, tritt der Effelt in 
Form einer hellen Flamme zu Tage. Beigenau— 
erer Untersuchung findet man, daß die Enden 
imprägnirt sind, jedoch keinerlei Kopfe, die den 
Zundstoff enthalten, tragen. Die Zündhölzchen 
drennen absolut geruchlos und sind, wie bereits an— 
Jedeutet, zweimal verwendbar. Die Erfindung . 
»ereits in allen Staaten patentirt und kommen die 
Erz ugnisse in den Handel. (Patent- und techn. 
Bureau G. Dedreux, München). 
Der Instinkt des Mutterherzens. 
Aus Malaga in Spanien wird der folgende selt⸗ 
ame und rührende Vorfall verichtet: Ein Mädchen 
hon 7 Jahren war an Krämpfen gestorben und 
die Aerzte hatten den Tod des Kindes konstatirt, 
aber die jammernde und klagende Mutter weigerte 
ich standhaft, in die Beerdigung des Kindes zu 
villigen. Sie behauptete steif und fest, das Kind 
ei nur scheintodt, es liege im Starrkrampf und 
vlürde bestimmt wieder zum Leben erwachen. Ver⸗ 
zebens war alles Zureden der Verwandten und 
der Aerzte und so benutzte man einen Moment, 
wo die erschöpfte Mutter sich zurückgezogen hatte, 
um ein wenig zu ruhen, und schaffte die Leiche 
des Kindes heimlich nach dem Friedhof hinaus. 
Während man noch dabei war, den Sarg in die 
Erde zu versenken, kam die Mutter wie rasend 
Jerbeigeftürzt und schrie unaufhörlich: „Gebt mir 
nein Kind, gebt mir meine Dolores wieder.“ Die 
Frau geberdete sich dabei so verzweifelt, daß 
chließlich nichts anderes übrig blieb, als den Sarg 
wieder in ihre Wohnung zurückzubringen. Dort 
wurde der Sarg geöffnet und weinend warf sich 
die Mutter über den Körper ihres Kindes. Und 
punderbar, nach wenigen Stunden begann das 
ind wirklich wieder leise Lebenszeichen von sich zu 
zjeben und erwachte bald darauf zum völligen Be⸗— 
vußtsein. Das Mutterherz hatte sich nicht ge— 
äuscht, das Kind war in der That nur scheintodt 
jewesen. Jubelnd schloß die Mutter ihren wieder⸗ 
jewonnenen Liebling in die Arme, dem sie so 
wei Mal das Leben gegeben hatte. 
FPetersburg. In einzelnen Kreisen des 
Bouvernements Orel haben sich in letzter Zeit 
Wölfe und Bären in solcher Menge einge⸗ 
'unden, daß die Bevölkerung auß rordentliche 
Maßregeln ergreifen mußte, um ihre Haustiere 
»or den Unholden zu schützen. Im Laufe dieses 
Jahrhunderts sind im Gouvernement Orel 
Wolfe sehr selten, Bären fast gar nicht bemerkt 
vorden. 
Nach berühmten Mustern hat die 
‚provisorische Regierung in Brasilien“ neue Namen 
ür die Tage der Woche und für die Monate an— 
geordnet. Der Sonntag soll künftighin Humandi 
heißen, Tag des Menschen, im Gegensatz zu der 
»isherigen Bezeichnung, die in allen romanischen 
Sprachen „Tag des Herrn“ besagt. Die übrigen 
Tage führen künftig folgende Namen: Maridi 
Tag des Gatten), Patridi (Tag des Vaters), 
Filidi (Tag des Sohnes), Fratridi (Tag des 
Bruders), Domidi (Tag des Hauses), Matridi 
Tag der Mutter). Die neuen Namen der Monate 
lauten: Moses, Homer, Aristoteles, Archimedes, 
Taesar, Apostel Paulus, Karl der Große, Dante, 
Buttenberg, Shakespeare, Descartes und Friedrich 
er Große. (9) 
Familiennachrichten. 
Gestorben: In Roxheim Anton Vetter, 70 
J. a.; in Landau Anton Delobelle.; ebendafelhst 
Jakob Kern. 
Telegraphischer Schiffsbericht 
der „Red Star Linie“ Antwerpen“. 
Der Postdampfer „Westernland“ der „Red 
Stat Linie,“ in Antwerpen, ist laut Telegramm 
am 10. Januar wohlbehalten in Rew-Mork an— 
Jekommen. 
Neueste Nachrichten. 
Suttgart, 13. Jan. Wie die „F. Z.“ 
wissen will, ist der Dichte Karl Gerodt Van 
der Grippe mit nachgefolgier Lungenentzündung 
ichwer erkrankt. 
München, 18. Jan. Zum Vizeprä⸗— 
sidenten der Kammer der Abgeordneten wird 
Dr. Buhl gewählt werden. (Diese dem „Frf. J.“ 
von sonft gut unterrichteter Seite zugehende Draht⸗ 
nachricht steht im Widerspruch mit anderen Meld⸗ 
ingen.) 
Berlin, 13. Jan. Die „Nordd. Allg Ztg.“ 
rklart die Mitteilung, der Kaiser habe am Neu— 
jahrstage den Korpskommandeur anbefohlen, sich 
tets bereit zu halten, um an die Grenze marschieren 
zu können, als unwahrr. Der Raiser habe 
überhaupt keine Anrede an die Kommandeure ge⸗ 
allen. 
London, 13. Jan. Der portugie- 
eicheenalische Streit ist thatsächlich be— 
* 
endigt. Da der vortugiesische Minister des 
Aeußern. Barros Gomes, in seiner Antwott auf 
die Note Lord Salisbury's vom 5. d. M. die in 
derselben gestellten Forderungen nicht rückhalt- 
'os angenommen hatte, so überreichte der englische 
Besandte in Lissabon, Petre, am Samstag früh 
ein Ultimatum, in welchem er die Abreise der 
Besandtschaft mit der Dampfyacht „Enchantreß“ 
uinkündigte, falls nicht binnen 24 Stunden Portu⸗ 
jal verspreche, alle Zivilisten und Militäre aus 
)»em streitigen Gebiete zurückzuziehen und die 
zritische Oberherrschaft in Maschonaland, Mata— 
ililand, im Schiregebiet vom Zusammenfluß des 
stuo an und in Nyassaland anzuerkennen. Bar⸗ 
ros Gomes meldete am Nachmittag Petre, daß 
das Ministerium diese Bedingungen annehme. Am 
Abend liefen Meldungen über Bewegungen bri—⸗ 
ischer Schiffe vor Goa, der Delagoabah und den 
apberdischen Inseln ein. Der Staatsrat unter 
d s Königs Vorsitz ratifizierte den Beschluß des 
Zabinets und Petre erhielt am Sonniag Portu—⸗ 
zals formelle Unterwerfung, j⸗doch unter Prorest, 
weil es von einer Großmacht dazu gezwungen 
werde. Die englische Presse ist wenig stolz auf 
diesen Erfolg. Der „Standard“ 5 beklagt 
die Entfremdung eines alten Alliierten. Große 
Aufregung herrscht in Lissabon. Die republi— 
kanische Presse verlangt den Rücktritt des 
Ministers Barros Gomes und greift die Mo— 
narchie an. Das britische Konsulat wurde trotz 
Polizeischutzes von einer Volksmenge angegriffen, 
Fenster wurden zerschlagen und das Wapp⸗nschild 
jertrümmert. (Fr. 3.) 
Paris, 13. Jan. Die Wandelgaͤnge 
der Kammer waren heute, trotzdem schon 
morgen die neue Tagung beginnt, wenig belebt. 
Viele Deputirte waren durch die Grippe, an der 
ie selbst oder ihre Angehörigen leiden, in der 
Provinz zurückgehalten und schon jetzt liegen dreißig 
Arlaubsgesuche vor. — Der Ausfall der g strigen 
Rachwahlen hat im ganzen einen günstigen Ein⸗ 
»ruckh gemacht. Mau ist heute der Ansicht, daß 
die Verständigung zwischen der Regierung und der 
dammermehrheit keinen besonderen Schwierigkeiten 
jegegnen wird. Die Interpellation des Deputirten 
Berville Réache über das Gerücht von einer Be⸗ 
Jegnung des Präsidenten Carnot mit dem deutschen 
daiser wird abfällig beurtheilt. Man bemerkt 
zuhig, daß damit ein Vorbild gegeben werde, das 
die Regierung zwingen würde, auf alle thörichten 
Berüchte, die über Absichten des Staatsoberhauptes 
erbreitet würden, einzugehen. In diesen Kreisen 
hofft man deshalb, daß ein Ministerrat veranlaßt 
verde, um die Anfrage Gerville Réͤuche abzulehnen. 
Für die Redaktion verantwortlich F. X Demetz. 
Schwarze Seidenstoffe von 95 Vige. 
bis 18.66 per Meter — glatt, gesireifl 
und gemustert (ca. 180 verschied. Qual.) 
— versendet roben⸗ und stückweise, porto⸗ 
und zollftei das Fabrik-⸗Depot G. Henne- 
berg (K. u. K. Hoflief.) Zürich. Muster um⸗ 
rwehend. Brief⸗e kosten 20 RMf— NMario 
Karneval Kostüme und Ballroben von er— 
lesenem Geschmack bringt das edben erscheinende 
deft-der „Wiener Mode.“ Diese ganz besonders 
zelungene Nammer des Wiener Mode⸗ und Fami— 
ienblattes gibt uns wieder einmal Anlaß, unsere 
Leserinnen auf diese tüchtige Zeitschrift aufmerk⸗ 
am zu machen. „Wiener Mode“ wird mit Recht 
»benan genannt unter allen alten und neuen 
Frauenzeitungen; das ist ein gediegenes Organ, 
»as den Familien, wie kein anderes, mit schmuck⸗ 
itzenden Vorlagen, mit quten Frauenarbeiten zur 
Zand geht. In den hübschen Heften der „Wiener 
Mode“ ist keine Seite mit jenen müßigen Mode— 
Phantastereien ausgefüllt, die beim Durchblättern 
ihnlicher Publikationen so rasch überschlagen und 
ben so schnell vergessen werden. Hier ist Alles 
»hne Ausnahme fur die praktische Verwerthung 
herechnet; kein Kleid, das nicht in der Ausführ⸗ 
ung gerade so angegossen und den Körper model— 
irend sitze wie die weltbekannten Wiener Mo— 
delle; keine Handarbeit, die nicht einen modernen 
Zimmerschmuck, einen stylvollen Gebrauchsgegen⸗ 
tand repräsentire. „Wiener Mode“, die üder⸗ 
dies ihren Abonnentinnen gratis Schnitte nach 
Maß liefert — ein anschätzdarer Behelf fut 
schneidernde Frauen — liegt in j der Buchhand⸗ 
ung auf; unsere Leserinnen möjen das Blatt 
»insehen und sich selbst ein Urtheil bilden.