Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des koͤnigl. Amiẽegerichts St. Ingbert. 
— — —— 
sdnngsgebuhr sar die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum 5 de nseralen aus der Pfalz 10 4, bel außerpfalzischen und jolchen auf welche die Exvedition 
Austunst exrtheilt, 1b. ⸗. Neklamen 80 Vel Amaliger Ginrnadung wird nur dreimalige berechnete. 
Dienstag, 13. Mai 1890. 2. Jahrg 
—A 
Deutsches Reich. 
Berlin, 12. Mai. Reichstag. Nach 
anahme der Ergänzung zur Zeugen⸗ und Ge⸗ 
ührenordnung in dritter Lesung erfolgt die 
rathung des Nachtragsetats. Zu der For⸗ 
umng jur Maßregeln zur Unterdrudung des 
labenhandels und zum Schutze deutscher Inte⸗ 
sen in Ostafrila (Ai/ Millionen) ergriff Staats⸗ 
esat Frhr. v. Marschall das Wort. Der 
zat sei mit Hilfe des zurückgekehrten Majors 
ehert aufgestelt worden. Marschall gibt an der 
hand des juͤngsten Weißbuches einen Rüdblick und 
ne Charatteristik der Lage dahin, daß der Nor⸗ 
en vdllig beruhigt sei, im Suden die Beruhigung 
Iitschteiie. Der Handel habe sich im letzten Jahre 
mil Million gehoben. Die Eroberung von Kilwa 
j ein Schritt vorwärts. Die „Times“ habe die⸗ 
lbe als eine „Wohlthat für die Zivilisation“ be⸗ 
aichnet. Große Hoffnung erweckt die Gewinnung 
min Paschas; keinerlei Eingriffe in die englische 
ateressen sphäre werde beabfichtigt, nur ein zu ˖ 
mmenhängender Abschluß des deutschen Gebiets 
nd die Anlage von Stationen für die Sicherheit 
eß Verkehrs und die Unterdrüchung des fluch⸗ 
ordigen Skllavenhandels. Die Regierung sei ent⸗ 
dlossen, in der Kolonialpolitik Hand in Hand 
uit England zu gehen. Staatssekretär v. Mar⸗ 
hall betonte mit Genugthuung auch das Ent⸗ 
rgenlommen der englischen Regierung. Dr. Bam⸗ 
erger sagt, er und seine Partei widerstrebten 
icht grundsätzlich jeder Kolonialpolitik, jedoch der 
otliegenden. Trotz der Darstellung des Staats⸗ 
tretaͤrs bezüglich der ethischen Zwede handle es 
d nur um ein Handelsemporium, man sei von 
ur bescheidenen, ganz anderen Voraussetzungen 
n Anfange der Kolonialpolitik ausgegangen. Das 
nirum sei mit verantwortlich. Jetzt handle es 
q nicht mehr um Schutzkolonieen, sondern um 
tronkolonieen. Die Anforderungen an das Reich 
ürden steigen, die Opfer in keinem Verhältniß 
u dem in Ostafrika Erreichbaren stehen. Denke 
jan doch an Eisenbdahnen für deutsches Geldl Es 
andle fich um einen romantischen Zug. Er warne 
or dem Versuche, sich in solche Unternehmungen 
inzulaffen, man könne aus Afrika ruhig heraus⸗ 
chen, die deutsche Ehre sei dort nicht engagirt. 
ie deutschen Waffen seien dort fiegreich gewesen. 
keichstangier v. Caprivi betont, eine Kolonial⸗ 
olitik sei nur möglich und durchführbar, wenn 
e Nation dahinterft he. Von Anfang an sei er 
ein degeisterter Anhänger der Kolonialpolitik ge⸗ 
xsen. Wie die Dinde jett liegen, boͤnne man 
icht zurüd, ohne Verlust an Ehre und Geld. Die 
lanahme, daß mit seinem Amisantrist ein Wchsel 
er Anschauuugen und des Systems eingetreten, 
iise et zurüdweisen. Er glaude nicht, daß unter 
en Freunden Bambergers Männer vorhanden, 
« bereit seien, die Rolle Hanidal Fischers zu 
dernehmen An der Westküste Afrikas balarzirten 
e Einnahmen und Ausgaben; das lasse auch 
ir Ostaftila hoff /n. Zu einer Kolonialpolitik sei 
n gekommen, weil man“eiten guten Boden für 
— Induntie gehofft, weil man den Sklavenhan- 
“ eseitigen Und das Christenthum habe verbrei⸗ 
d wollen. Der Idealismus der Nanon hade der 
omawoluit nicht gefehlt. Bamberger spreche 
e romantischen Zuge, aber daß der 
ag hier sitze, sei anch einem romantischen 
— zu verdanken. Man werde sich auf gewagte 
demungen nicht einlassen und die mitwirken⸗ 
esellschaften möglichst leistungsfähig machen, 
däter vielleicht auch eine tüchtige Kolonialtruppe 
haffen. Das Reich werde fremde Rechte überall 
espektiren und deutsche Rechte schützen. Der be— 
echtigte Aufschwung des Nationaigefühls solle 
richt verletzt werden. Graf Stolberg-Wernigerode 
neint, der Reichstag habe Veranlafsung, dem 
eutschen Landsmann Emin den wärmsten Dank 
u sagen, daß er in deutsche Dienste getreten. 
ttedner wünscht, daß die Wißmannsche Truppe 
ine Reichstruppe werde und daß die Kolonieen 
inanziell möglichst auf eigene Fuße gestellt wer⸗ 
en. Er beantragt Kommijfionsberathung. Bei⸗ 
all rechts) v. Vollmar Eoz) erklärt sich als 
hegner der ganzen Kolonialpolitik. Man solle das 
Zeid lieber zur Besserstellung der Arbeiter und 
er unteren Beamten benutzen. GBeifall bei den 
Zozioldemotraten.) v. Kardorff GReichspartei) 
sält an der Ueberzeugung fest, daß das Reich mit 
der Kolonialpolitik den richtigen Weg einge— 
chlagen. Windthorst hofft, bald aus Major 
rieberts Munde Auslassungen über die Lage zu 
dren. Der Standpunkt des Reichskanzlers betreffs 
Fortsetzung der Kolonialpolitik sei unanfechtbar. 
ẽkẽr hoffe in der Kommission noch nähere Auskunft 
iber die finanziellen Verhältnifse der deutsch-ost- 
ufrikanischen Gesellschaft zu erhalten. Er werde 
ie hier geforderien Mittel bewilligen, hauptsäch- 
sich um die Sklaverei zu bekämpfen und das 
Thristenthum auszubreiten. Das sei für ihn die 
dauptsache. Redner zollt der Tüchtigkeit und der 
zusgezeichneten Thätigkeit Wißmanns und der 
Difiziere und Leute die wärmste Anerlennung. 
Beifall.) Fortsetjung morgen 1 Uhr. Außer- 
dem erßñe Aund der Milifa—2nelle. 
den Besuchern des FJapf⸗Konzert es im Hotel 
Stutzmann. Das Zapf'sche Kunstler⸗Quartett ist 
a hier bekannt und hat seinen bisherigen rühm— 
ichen Erfolgen gestern einen neuen hinzugesellt. 
xs dürften überhaupt wenige Männerquartette 
xistiren, welche fich dem genannten an die Seite 
lellen fonnen. Dessen Spezialität sind die Volks⸗ 
ieder. Den reichen Schatz, den unser deutsches 
Bolt an solchen hegt, zu heben und zum Allge⸗ 
neingut zu machen, isfl die Aufgabe, welche 
derr Zapf mit unausgesetztem Streben verfolgt. 
In weichem Maße dies der Zapf'schen Gesellschaft 
Jelang, koͤnnte die gewiß große Anzahl derjenigen 
zezeugen, denen die herrlichen Lieder derselben 
chöonfie Stunden bereiteten. Man hoͤre nur die 
drei Roslein“ und man wird fich nicht dem Ein⸗ 
zruck entziehen LBnnen, welchen diese in künst⸗ 
erischer Vollendung dargebrachte Offenbarung der 
zolksseele ausübt. Auch im Einzelgesang leisten die 
—X 
derles, was der im geftrigen Konzert für das 
enor⸗Solo „Meine Seeligkeit“ gespendete reiche 
zeifall bewies. Uebrigens wurden säͤmtliche NRummern 
nit lautem Applaus seitens der Zuhoͤrer aufge⸗ 
sommen; nur war es zu bedauern, daß die letz- 
eren sich nicht in größerer Anzahl eingestellt hatten. 
Hewiß haben alle Besucher des Konzeris fich voll 
Fefriedigt gefühlt und werden ans zustimmen, 
venn wir derrn Zapf und seinen KunhfGenoffen 
„Auf baldiges Wiederlommen“ zurufen. 
*Sit. Ingbert, 18. Maĩ. Unter Fuͤhrung 
hrer Herren Lehrer unternahmen heute früh die 
Schuler der diefigen Lateinschule ihren diesjährigen 
Maiausflug nach dem Winter⸗ und Spicherer⸗ 
Berg bei Saarbrücken. 
Si. Ingbert, 18. Mai. Heute traf das 
Untersuchungsgericht aus Zweibrücen da⸗ 
Fier ein, behufs Erhebungen wegen eines Sittlich⸗ 
eits⸗Verbrechens, defsen fich ein verheiruteter Schmelz⸗ 
irbeiter aus Oberwürzbach in angetrunkenem Zustand 
in der Nahe von Sengscheid an einer jungen Frau 
chuldig gemacht hat. Derselbe ist bereits verhaftet 
and in das Untersuchungsgefängnis nach Zwei⸗ 
hrücken ein geliefert. 
Eine Neuerung bei Bersenden 
kleiner Betrage soll in Ausficht genommen 
verden. Die Manipulation ist eine für das 
hublitum wie fur die Postverwaltung gleich bequeme. 
Han nimmt eine frankirte Geldanweisungskarte, 
pelche sich in Formai und Farbe von der gewöhn⸗ 
ichen Korespondenzkarte leicht unterscheiden muß e 
und natürlich auch etwas mehr als diese kostein 
würde, jedenfalls wohl weniger als 10 Pfg., und 
slebt den zu versendenden Betrag auf der Rucseite 
der Karie auf den hierzu bestimmten Raum in un⸗ 
gebrauchten Briefmarken auf. Der Abschnitt der 
Zatle dient fur schriftliche Mitteilungen, wie bei 
Zeldanweisungen. Die Karte legi— man in den 
achstbesten Posttasten, die Marken werden dann 
ibgestempelt und die Karte an den Bestimmungs⸗ 
rt an den Adressaten mit der gewöhnlichen Kor ⸗ 
sespondenz zugestellt. Der Betrag ist nach eigen⸗ 
Jändiger Ünlerschtift und nach Abtrennung des 
doupons beim Postamte zu erheben. Man wird 
Beträge unter 2 Mark einfach und sicher per Karte 
derschicken koͤnnen. 
*Im Posiderkehr zwischen Bayern einer⸗ 
eits, dann dem Reichspostgebisete und 
Wuüerttemberg andererseits sind nunmehr Post- 
nachnahmen im Betrage bis zu 400 Mk. einschließ⸗ 
lich bei Briefen und Packeten zuläffig. Für Nach⸗ 
Ausland. 
Paris, 12. Mai. Der Temps“ meldet, daß 
rrankreich den General Hyppolite als Präafiden - 
en der Republik Haissi anerklennen wird. — Die 
»ammer hat mit 410 gegen 1060 Stimmen be⸗ 
chlossen, in die Beratung der einzelnen Artikel des 
Heseheniwurfes über die Berafung von 
Arbeitgebern, welche gegen die Bildung von 
Arbeiterausschüssen Widerstand leisten, einzutreten. 
Nom, 123. Mai. Kammer. Der Schaz⸗ 
ninister teilt mit, daß durch die Ersparnifse von 
26 Millionen und die Einnahmen aus den heutigen 
ind den kunftigen Vorlagen das Difizit von 835 
Millionen ausgeglichen würde und kündigt, eine 
Borlage des Arbeitsministers an, welche die Emis- 
ionen von Obligationen zu Bahnbauten auf 65 
Millionen jährlich beschränkt und fügte hinzu, daß 
zamit das, Gleichgewicht hergestellt und zugleich der 
Ziaatskredit destärkt werde. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. In abert, 18. Mai. Der Ausstand 
inter der Grubenbelegschaft dauert fort, 
ndem von der 700 Mann zählenden Belegschaft 
nuch heute zur Frühschicht nur 40 Mann ange—⸗ 
ahren sind. Die hiefige Gendarmerie ist gestern 
soch von 3 auf 10 Mann verstärkt worden, von 
zenen einige in der Rischdach dei dem Einfahr⸗ 
Stollen stationirt sind. Doch ist hier alles ruhig 
⸗St. Ingbert, 13. Mai. Bei der gestern 
jattgehabten erßen Feuerwehrübung, welche 
auptsächlich der Besichtigung und Prüfung der 
Jusrüstungsgegenstände und Loöschgeräte galt, wurde 
lles in bester Ordnung agefunden. 
*St. Ingbert, 13. Mai. Ein köstlicher, 
sier nur zu seltener Genuß bot sich gestern Abend