Full text: St. Ingberter Anzeiger

suhlt es als seine Pflicht für die Autonomie und 
Anabhangigkeit aller Völker einzutreten. Seine Hal- 
ung gegenüber den Balkanländern entspricht voll⸗ 
ommen diesem Grundsatze. So konnte Italien leider 
den der Pforte unterworfenen christlichen Voͤlker⸗ 
schaften gegenüber nicht unempfindlich bleiben und 
nierdenierie daher steis zur Wiederherstellung des 
zuten Einvernehmens immer unter Berüchsichtigung der 
Integritat der Türkei und des obersten Zieles, der 
ẽcẽrhaltung des Friedens.“ Die Regierung beab ⸗ 
ichtige nicht, die gegenwärtigen Besitzungen in 
Afrika auszudehnen. Betreffs des volllommenen 
Finvernehmens mit England, das Italien auch 
fernerhin aufrecht zu erhalten wünsche, sei nichts 
u besorgen. Wenn der Friede in den letzten 
Fahren nicht gestört worden, so sei dies ein Werk 
)er verbundeten Machte gewesen. Italien werbe 
zie Wahl des Prinzen Ferdinand äls lohäl nicht 
merkennen koͤnnen, doch könne Bulgarien über 
sein Schidssal beruhigt sein, wenn es weise regiert 
ind gerecht verwalier werde. Crispi glaubt nicht, 
daß wegen der kretensischen Frage ein Krieg aus- 
zrechen konnie; in allen die Balkanhalbinsel be⸗ 
reffenden Fragen sei das Einvernehmen zwischen 
Desterreich Ungarn, Eng!and und Jialien ein voll⸗ 
dandiges, namenilich iönne das Verhalten Oester⸗ 
reich⸗ Ungarns kein loyaleres und weiseres sein. 
Nom, 13. Mai. Kammer: Crispi erklärte, 
zr habe Grund anzunehmen, daß sich deninachst 
rine Handel sgesellschaft für die ostafri- 
—X 
hilden werde. Die Berathung des Budgeis des 
Ministeriums des Aeußern wurde beendigt, morgen 
folgt die geheime Abstimmung über das Budget. 
Rom, 18. Mai. Aus sonst gut unterrichteler 
Quelle verlautet, der Papsi habe an etwa 100 
Bischöfe in derschiedenen Landern die Anfrage ge- 
richtet, ob sie die Prollamierung des Dogmas von 
der weltlichen Herrschaft des Papstes für 
opporiun halten. Zwei Drittel der Bischöfe sollen 
sich dafür erklärt haben; nur die italienischen da⸗ 
gegen. Die Jesuiten, namentlich Kardinal Mazello, 
drängen angeblich den Papst zur Proklamierung 
des Dogmas. .. . . .. 
Bunukarest, 18. Mai. Der S e gat hat heute 
das von der Kammer angenommene Pensionsgesetz 
für Zivilbeamte einstimmig genehmigt. — Die 
Deputirtenkammer vertagt die Verhandlung 
betreffs der Interpellation über die auswärtige 
Politik bis zur Herbstsessing. 
Soßia, 13. Mai. Es gill hier als offenes 
Feheimnis, daß das Lon'don e r Kabinet auf eine 
Anfrage der bulgarischen Regierung den Rat ge- 
zeben hat, von allen Dolumenten, welche als Be⸗ 
veismaterial im Prozesse Panitza vorhanden 
ind, also auch von den auf die Teilnahme 
russischer Agenten bezüglichen, rücksichtslos Gebrauch 
zu machen. 
Lokale und pfäl iche Nachrichten. 
* St. Ingert, 16. Mai. Der Streik 
der Grubenarbeiter dahier istbeendet. 
Wie schon gestern theilweise durch Extrablatt mit⸗ 
zeteili, haben die Mitglieder des Rechtsschutzvereins 
Jestern Nachmittag einstimmig beschlossen, heute die 
Arbeit wieder aufzunehmen. Die Redner Hooß 
und Kayser machten ihren Kameraden die Mit⸗ 
eilung, es sei den Knappschaftältesten seitens des 
herrn Bergamtmanns, Bergrat Hoͤchstetter verfichert 
dorden, daß die Sache der Bergleute geprüft 
und geregelt werde. Auf die Frage, ob sie 
zereit sesen, heute anzufahrenanlworteten 
die anwesenden Bergleute mit: Jawohl. Mit 
dem einmütigen Beschluß der Versammelten, 
die Arbeit wieder aufzunehmen, war eigentlich die 
Tagesordnung erledigt, und folgien noch einzelne 
Anfragen und Mitieilungen aus der Mitte der 
Unwesenden. Es ist hervorzuheben, daß einige 
Redner den Bergleuten wiederholt ein ruhiges Be⸗ 
nehmen empfahlen; man muß zu Ehren derselben 
agen, daß sie diese Ermahnungen befolgten, wie 
auch ihr ganzes Verhalten während der letzten Tage 
aur sehr zu loben i. — Heute Morgen ist also 
die ganze Belegschaft wieder angefahren. Vor der 
Verlesung hielt Herr Oberbergrat Kramer an die 
Bergleute eine Ansprache, woria er darauf verwies, 
daß sie ihre Wunsche durch die Knappschaftsältesten 
vorbringen sollten; nur dann würden sie geprüft. Er, 
Herr Oberbergrat sei als Kommissar hier und er⸗ 
mächtigt zur Erklärung. daß bei nochmaligem Streik 
die Grube geschlossen werde. Er habe die hiesigen 
Bergleute als hrade und tüchtige Arbeiter kennen 
jelernt und freue sich, daß sie seiner Aufforderung, 
Jeute anzufahren, nachgekommen seien. 
*Si. Ingbert, 16. Mai. Der gestrige 
choͤne Tag wurde vielfach zu Ausflügen benutzt. 
Der Turnberein hatte sich als Ziel seines Ausfluges 
steuweiler gewählt. In unserer Stadt verkehrten 
iemlich viele Fremde. 
— Der Jahresbericht des Pfälzischen 
dehrerSterbekassenvereins für 1888 
zis 89 spricht sich im allgemeinen recht befriedigt 
rus über den Zugang so vieler Kollegen im abge⸗ 
taufenen Vereinsjahre und die Verwaltung richtet 
harin die dringende Bitte an sämtliche Mitglieder, 
die jungen Kollegen zur Beteiligung an dem wohl⸗ 
hatigen Werke aufzufordern, zum Segen für diese 
elbsi, dem pfalzischen Lehrerstande aber zur Ehre, 
auf vaß fich die Mitgliederzahl auf 1200 mehren 
nöge, üm die Zukunft des Vereins zu fichern. 
Im 1. Quarial 1800 gelangten bei der 
zayerischen Baugewerksberufsgenossen⸗ 
schaft insgesamt 490 Unfälle zur Anzeige, davon 
reffen auf die Pfalz 860 (90 mehr als 13 Wochen, 
27 unter 13 WochenJ)d. 
5 Schnappach, 15. Mai. Heute Nach ⸗ 
nittag 4 Uhr fand im Saale des Wirthes Jak. 
dirih dehier eine Versammlung der Arbeiter 
der Herrn Gebr. Röchling aus Saarbrücken statt, 
hehufs Gruündung eines Rechtsschutzvereins. Der⸗ 
elbe kam zustande, und zwar find über 80 Mit⸗ 
lieder gleich beigetreten. Lobenswerth ist der 
rkrnst und die Ruhe, welche die versammelten Ar⸗ 
eiter bei der Verhandlung der Sache an den Tag 
egten. Eine Neigung zum Streike war bei den⸗ 
elben nicht wahrzunehmen. Andere Arbeiter als 
olche, die bei Gebr. Roͤchling in Arbeit stehen, 
jatten keinen Zutritt. 
— Kaiserstautern. Die Ordnungsar⸗ 
jeiten bei de Ortskrankenkasse und Ge— 
neindekrankenversicherung werden voraussichtlich, nach 
»en „Stadtanz.“, noch eine Woche in Anspruch 
rehmen. Es sind über 400 Geschäftsleute, welche 
zach Ausweis der „Bücher“ noch Beiträge schulden, 
orgeladen, um entweder die Ausstände anzuerkennen 
der zu erklären, wie es sich damit verhält. J 
— In der Friedensstraße, dem s. g. Neu- 
noͤlschbach, zu CKaiserslautern, versuchte am 
Montag Abend in einem Anfalle von Geiftesstör⸗ 
ing ein Tagner seinem Leben durch Erhängen ein 
xnde zu machen. Es gelang jedoch, denselben an 
Ausführung der That zu verhindern. Er wurde 
ns Krankenhaus verbracht. 
— An die Turnvereine ist nunmehr die Ein⸗ 
adung zum 4 Kreisturnfeste des 10. Kreises 
der deutschen Turnerschaff am 2., 8. und 4. Au⸗ 
zust zu Kaiserslautern etgangen. Der 10. Turn- 
freis umfaßt Baden, Unter⸗Elseß, sowie die Pfalz 
ind zählt insgesammt 196 Vereine mit 7252 
aktiven Turnern, von denen fich jedenfalls eine 
zroße Zahl an dem Turnfeste in Kaiserslautern be⸗ 
heiligen wird. 
— Das den Erdben des verstordenen Kauf ⸗ 
nannes Joh. Joseph Schafer gehörige, in der 
Markistraße zuKaiserslaumelhrin gelegene Wohn 
saus mit Zubehör, wurde in der am Montag statt⸗ 
jehabten Versteigerung Herrn Christ; Wilh. Thomas 
im den Preis von 90,000 Mk. zugeschlagen. 
— Sonntag nach Pfingsten findet in Kai⸗ 
LErslautern Verbandstag der pfälzischen Ge⸗ 
verbevereine statt. Den Hauptpunkt der 
Zeratungen wird, wie man hoͤrt, das Patentgesetz 
ilden. ... . 
— pPirmasens, 18. Mai. Auf den Stadt ⸗ 
jause fand gestern unter Anwesenheit des Herrn 
Iderpostrathes Seidel aus München eine Sitzung 
tatt, um bezüglich des neuzuerrichtenden Vo si g e⸗ 
zaudes zu deraten. Nachdem fich durch den immer 
nehr steigenden Verkehr ergeben hat, daß der Platz 
ur den Neubau nicht ausreichend ist, wurde von 
herrn Bauamtmann Stempel aus Kaiserslautern 
in neuer Bauplan vorgelegt und diesem die Zu⸗ 
timmung ertheilt. Nach demselben soll die sog. 
Joststraße noch zu dem Bau verwendet und weiteres 
zand angekauft werden, das bereits zut Verfügung 
deht. Die nach dem früheren Plan sich ergebenden 
Treppenstufen sollen infolge einer kleinen Erhohung 
der Straße wegfallen. Eine Säulenhalle wird die 
Aufgabe der Packete erleichtern und fuür die schnellere 
Berladung derselben wird in der Weise Sorge 
gjetragen werden, daß der Bahnpostwagen auf einem 
zesonderen Geleise direkt in das Postgebäude geführt 
ind dort abgefertigt werden kann. Das Gebäude 
vird ein monumentaler Vrachthau und der schönste 
der Pfalz werden. Sobald die Plane don 
Diniterium genehmigt find, soll der Vau in g 
riff genommen und bis zum Herbsi 1801* 
ohdau vollendet sein. — Des großen —** 
ehrs wegen soll von jetzt ab ein Lokal in —* 
jer Post gemiethet und daselbst ein zweiter an 
chalter errichtet werden. — 
— pirmasens, 14. Mai. Der un 
zerichtet, daß der Streik in der —RFE 
der Herren Ferd, Schäfer Soöhne hier dadurch sein 
krledigung fand, daß die Mehrzahl der in 
14 von 20) die Arbeit heute früh wieder — 
nommen haden, während die übrigen Streikendens 
Folge ihrer fortdauernden Halsstarrigkeit ihre 
ziltige Entlassung finden mußten. Den Arbeten 
ist die zehnftündige Arbeitszeit bei dem seithere 
dohnsatz zugestanden, die übrigen Forderum 
vurden abgelehnt. — 
— Pirmasens, 15. Mai. (Gr'o ßfeuer 
hestern Morgen 4 Uhr ist ein Teil der giop, 
Maschinen⸗ und Pappdeckel ˖ Fabri? des Herrn dim 
Mansmann (früher Mansmann, Wohl u. aond) 
zänzlich niedergebrannt. Das Feuer ist auf 
etzt unaufgeklärte Weise enistanden und hat einn 
domplex von ungefähr 80 — 100 Meier Ling 
erstoͤtrt. Alle Vorräte an Leder und Pappotd 
ind verbrannt und die zahlreichen Maschinen sid 
ille unbrauchbar geworden. Die Feuerwehr konm 
zur das angebaute Maschinen⸗Fahrikgebäude rehen 
jei dem einmal vom Feuer erfaßten Gedäude wy 
zies nicht möglich. Der Schaden wird sich woh 
iber 100 000 Mt. belaufen. Herr Mansmann he 
jersichert. (Bw. 3) 
— Bei der am Sonntag, 20. Aptil, zu Kath 
uhe statigehabten Sektions⸗Versammlung der Sch 
ion IV der deutschen Buch drucker⸗Berufb 
zenossensschaft wurde anstelle des verstorbenen 
herr Kranzbühler⸗Zweibrücken zum orden 
ichen Vertrauensmann für den Bezirk Pfalz du 
n der Versammlung anwesende Herr W. Neumam 
girmasens gewaͤhlt. 
— Land au, 14. Mai. Auch unsere Slah 
jat nun einen Streik zu verzeichnen, bei welchen 
s sich jedoch weder um die Erzielung höherer Lhn 
noch um eine Verkürzung der Arbeitszeit handel 
Aus einem jüngst veröffentlichten Artikel war a— 
ichtlich, daß ein großer Theil der den hiesige 
Viehmarkt besuchenden Händler beschlostm 
jatte, den Markt nicht mehr zu besuchen, weil si 
laubten, gegen die Behandlungsweise des du 
Markt überwachenden Thierarztes auf diese We 
„rotestiren zu mufssen. Diese Drohung gelang 
jestern zur Ausführung; die Haͤndler blieben di 
Markte fern und die Folge davon war, daß nur 
39 Stuͤck Großvieh beigetrieben wurden, den 
velchen noch ein Theil nach Neustadt transbocit 
vurde. * 
— Arzheim. Das ikgl. Staatsministerium 
yes Innern im Einverstaͤndniß des Kultusministeriun 
zat das Gesuch der Gemeinden Gollheim, Clausen 
Arzheim und Biffingen behufs Kirchenneubau 
zurch Beihilfe einer Geldlotterie mit bodr 
Entschließung genehmigt. 
— Fredenfelid, 18. Mai. Unter du 
Borsitze desnk. Bezirksamtmannes Herrn Ott au 
Hermersheim fand gestern, nach dem ‚VL. A.“, bi 
Wahl eines Bürgermeisters anstelle des do 
cbien Burgermeisters Helck slait.Als solche 
purde der bisherige Adjunkt Johann Ludwig Bour 
ind zum Adjunkten ˖ der Schreinermeister Mice 
dellmann gewählt. 
—Speyer, 14. Mai, Herr XRVI 
Besitzer der renomierten Weinhandlung hier, Biu 
des im vorigen Jahre verstorbenen Kommerzienta 
rihr. Sid, wurde heute Vormittag gegen 9 Ub 
som Schlage getroffen und blieb sofort todi. 
— iaika mmer, 18. Mai. Vorhehen 
stacht wurde einem hiesigen Metzger aus dese 
Schiachihaus ein größeres Quanninn Fleish 
ohlen. Am näachsten Morgen war jedoch die 
holigei dem Atlensater bereits auf der Sput en 
rminelte ihn in dee Person eines hier beschuht 
en Fabrikarbeiters aus Diedesfeld. Nachdem 
edeutet worden, daß bei den theueren —J 
)er Metßger um dielen Preis das Fleisheun 
ergeben koͤnne, wurde das in der Wohnung 
Ddiebes theilweise vorgefundene gestohlene 9 
infach muͤgenommen. Den übrigen Theil e 
der Dieb dei seiner in Maikammet wenn 
—A ze 
ur bevorstehenden Kirchweibe hereits in Essig⸗ 
egt hatte.