Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Jugbert. 
—— αι erscheint taglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. * mal wochentlich min Unterhaltungs⸗VBlau und Mittwochs und eamstagt mit 
gustrirten Beilagen. Blait kostet dierieljährlich 1 4 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Posn bezogen 14 75 -, einschließlid 40 4 Zustellungsgebuhr. Die 
acangsgebübr siar die espaltene Garniondzeile oder deren aum delragt bei Inseralien aus der Pfalz 10 B— bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Grpedition 
uskunft ertheilt, 1b , Neklamen 80 —. vei 4maliger Finruckung wird nur dreimalige berechnet. 
— — —— 
6122. Mittwoch, 28. Mai 189g0. 23. Jahrg. 
Deutiches Reichh. 
Berlin, 26. Mat. Am Montag den, 16. 
d Dienstag, den 17. Juni wird eine Hauptver⸗ 
mung der deutschen Kolonial⸗Gesell- 
daft in Koln startfinden. 
Berlin, 26. Mai. Eine Kommission zur Be⸗ 
aiung des Entwurfes eines neuen Militär⸗ 
rafge setzes tritt, den ‚Münch. N. N.“ zufolge, 
mrächst hier zusammen. In derselben, welche aus 
Pheten Offizieren und Militäc⸗Justizbeamten saͤmt⸗ 
uet deutschn Armeekorps best⸗ht, wird Bayern 
zuch die Herren Berg, Generalmajor und Kom— 
dandeur der 8 Infanterie ⸗Brigode und Grimm, 
—XEXX 
—IXX 
Berlin, 26. Mai. Die „Berliner Boͤrsen⸗ 
eitung“, deren politische Informalionen allerdings 
Nufig von Börseninter ssen beeinflußt werden, will 
afahten haben, daß Kaiser Wilhelm bei der be⸗ 
ourstehenden Reise nach Rußland nicht nur von 
Japribi begleitet wird, sondern auch beabfichtigt, 
dole drei Woche beim Zar als Gast zu bleiben. 
don anderer Seite liegt dafür noch keine Besftätig⸗ 
ng vor, ebenso nicht für die Pariser Mel⸗ 
dung, daß Kaiser Wilhelm den französischen Präfi⸗ 
densien Carnot beim bevorstehenden Besuche von 
helfort durch den Statthalter Hohenlohe offiziell 
eqrühen läßt. 
Berlin, 27. Mai. Unter der großen Zahl 
on Zuftimmungs Telegrammen, welche Graf 
Noltle anläßlich seiner jüngsten Reichstagsrede er⸗ 
hulten, befand sich auch ein solches von Erzherzog 
Ubrecht von Orsterreich aus Wien den 15. Mai. 
Deselbe sagt: „Empfangen Ew. Exzellenz dem 
duzdruck zustimmender Bewunderung zur gestrigen 
dede. Gott erhalte Sie noch recht lange Ihrem 
Nonarchen und Ihrem Vateriande.“ 
Berlin, 27. Mai. Der „Reichsanzeiger“ 
wldet: Die leichte Verenkung des rechten Fußes, 
velche der Kaiser am Sonntag Nachmitiag gelegent⸗ 
dder Ausfahrt sich zuzog, veranlaßt denselben, 
d auf Wunsch der Aerzie einige Tage Schonung 
uhzuerlegen. — Wie der ‚Roeichsanzeiger“ gleich 
ils meldet, empfing der Kaiser gestern und heuie 
ingere Vorträge, darunter den des Reichskanzlers, 
und arbeitete mit dem Chef des Cibillkabinets 
dheimrat v. Lucanus, und den Verirelern des 
lilnärkabineis. 
Vaßzzwang. Die vom Reichskanzler ver⸗ 
Iochenen Milderungen in der Handhabung des 
Vswanges in Elsaß Lothringen werden, wie das 
i. Journ.“* dött teine Anwendung auf die 
alen Leute finden, welche mit oder ohne Entlafs⸗ 
uuntunde vor Eintritt in das militärpflchtige 
ausgewandert find; denselben wird nur ganz 
nnaweise und auf ganz kurze Zeit die Er⸗ 
uhniß zur Rücklehr in das Kand erideilt werden. 
Ausland. 
London, 26. diei. Wie aus Washington 
mningetroffene Depeschen msden, hat die miri— 
wish Regierung die amerikanische bereits von 
n Anschlägen auf Nieder-Kalifornien in Kennt⸗ 
— psetzt. Letztere sandte darauf dem amerikanischen 
nsvaber zu San Diego Verstärkungstruppen 
ae. Jastruttionen zu, wonach jede bewaffnete 
Noton nach Nieder Kalifornien zu hemmen und 
ireffnen sei. Das amerikanische Kreuz rscheff 
utton erhielt den Befehl, die betr ffenden 
n zu lüberwachen und bei den, von dem Be⸗ 
haber zu San Diego zu ergreifenden Maß— 
regeln mitzuwirken. Außerdem sind von den ameri⸗ 
anischen Staatsbeamten in Kalifornien Vor« 
ehrungen getroffen worden, um etwaige Theil⸗ 
aehmer an der Verschwörung zu verhaften und 
uu richten. 
Paris, 27. Mai. Carnot ist am Minag in 
gelfort angekommen und begeistert begrüßt 
vorden. Der „Temps“ will wissen, daß mehr als 
10 000 Elsässer nach Belfort geeilt seien, um dem 
Prasidenten Frankreichs zuzujubeln. Teils hätten 
je Passe von ihren Bürgermeistern erhalten. teils 
eien sie ohne Passe durch die Schweiz gereist. Die 
daltung der Bevölkerung sei begeistert, doch durch⸗ 
qus maßvoll. In dem Saale. wo Carnot, von 
Négrier und drei anderen Generälen umgeben, die 
Begrüßungen entgegennahm, war die vielfach zer 
choss ne Fahne angebracht, wlche 1837071 auf 
dem Rathaus während der Belagerung wehte. Der 
Bürgermeister von Belfort sprach zuerst und erklärte 
den Besuch des Hauptes der Repubrik für einen 
wvohlberdienten Dank für die Haltung Belforts im 
Jahre 1870. Das beweise die zerschossene Fahne, 
zie zugleich daran erinnere, daß Belfort den letzten 
dandnenschuß abgab und seine Thore erst aus 
öheren Befehl, die Wut im Herzen, geöffnet habe. 
Der Bürgermeister schloß mit den Worten: „Diese 
johen und traurigen Erinnerungen können dem 
rnkel des großen Carnot nicht mißfallen, der soeben 
die Macht Frankreichs neubefestigt hat. Wenn Sie 
die Stadt durchwandern, werden Sie die vaterlands⸗ 
liebende Beroͤlkerung würdigen können, die 1870 
hr Blut vergoß und bereit ist, es wieder zu ver⸗ 
spritzen.“ Carnot erwiderte: „Ich danke Ihnen für 
Ihre beredten Worte. Mit wahrem Interesse habe 
ich die alte Festung durchschritten. Wie könnte man 
auch Belfort ohne patriotische Erregung betreten? 
Ich werde nichts sagen von seiner glorreichen Ver⸗ 
jangenheit, ich freue mich, in Ihrer Person die 
Stadt Belfort zu schmücken.“ Carnot heftete sodann 
»em Bürgermeister das Kreuz der Ehrenlenion auf 
die Brust. Darauf zogen Abordnungen der der 
chiedenen Körperschaften vorüber, darunter keine 
xisässer. Der älteste katholiiche Geistliche stellte dem 
Prasidenten Carnot den Pfarrer der Eisafser Ge⸗ 
neinde vor, welchem der Praͤsident die Hand teichte. 
Die protestantischen und jüdischen Geistlichen hielten 
Ansprachen. Der Rektor der höheren Unterrichtsan⸗ 
alt sagte: „Wenn tiefer Schmerz wortlos ist und 
die Vaterlandsliebe der Franzosen es auch sein muß, 
so genügt es, zu sagen, daß die Jugend unserer 
Stadt treu die Erinnerung an Thiers bewahrt, 
der Belfort für Frankreich rettete. Sie wicd, wenn 
es nöͤtig ist, durch ihr Ungestüͤm den Wert recht⸗ 
fertigen, welchen Thiers Belfort für die Verteidigung 
Frankreichs beimaß.“ Carnot erwiderte, er stelle 
mit Stolz fest, wie tief die schlummernde Vater⸗ 
andsliebe sei. 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
—“* Sit. Ingbert, 28. Mai. Das An⸗ 
vesen des Heirn Michgel Schneider in 
Z„chnappach, bestehend in Wohnhaus, Saalbau, 
Zierhalle, Kegelbahn, Hofraum und Garten, wurde 
)ei der gestrigen Versteigerung dem kgl. bayer. 
Bergärot für die Summe von 54000. - Mk. zu⸗ 
eschlagen. 
—* Die Aenderung des Portotarifs 
sür Drucksachen witt laut amtlicher Bekannt 
nachung des „Reichsanzeigers“ schon mit dem 1. 
Jum in Krafi. Demnach beträgt das Porto für 
Drucssachen auf alle Entfernungen: bis 30 Gramm 
einschließlich 32 Pfg., über 50 Gramm bis 100 
Btamm einschließlich 5 Pfg., über 100 Gramm 
bdis 250 Gramm einschließlich 10 Pfg., über 250 
bis 500 6 ramm einschließlich 20 Pfg., über 500 
Gramm bis 1 Kilogramm einschlißlich 80 Pfg. 
— Zur Kinderpflege im Sommer 
chreibt der ausgezeichnete New Yorker Kinderarzt 
Professor Jakobi: „Haltet Thür und Fenster offen, 
vaschet Eure Kinder mit kalten Wasser wenigstens 
wei Mal des Tages und oͤfter bei heißem Wetter. 
Wenn Kinder erbrechen und abführen, gebt ihnen 
1—26 Siunden lang nichts zu essen oder zu trinken, 
aber möglichst viel frische Luft. Nachher gebt 
ihnen ein paar Tropfen Cognac in einem Theeloffel 
bvoll Wosser, alle 10 Minuten, aber nicht mehr, 
his der Doktor kommt. So lange Erbrichen und 
Durchfall andauern, gebt dem Kinde keme Milch, 
keine Beruhigungsmittel, kein Zuckerwasser.“ 
— Der Verwaltungsgerichtshof hat 
folgenden Enischeid publiziert: & 18 Abs. 2 des 
Reichsgesetzes üuber die Erwerbung und den Verlust 
der Bundes⸗ und Staatsanhörigkeit vom 1. Juni 
1870 hat auch für die einzelnen Familienglieder, 
auf welche sich die Entlassungsurkunde erstreckt, 
Geltung. In Bayern behalten daher Kinder, weiche 
aicht innerhalb sechs Monaten nach Aushändigung 
der Entlafsungsurkunde das Bundesgebiet verlassen 
haben, mil der dayerischen Staatsangehörigkeit ihre 
bisherige Heimat bei. 
— Höheined, 27. Mai. Der Gemeinde⸗ 
rath hat in seiner hrutigen Sitzung den interimist⸗ 
ischen Schulverweser Konradd Goldberg aub 
Munchen auf die erledigte⸗Verweserstelle dahier ein 
ftimmig gewählt. 
— Aus Bann, 26. Mai, schreibt man der 
„Pf. Vetg.“: Ein schwerers Gewitter mit Don- 
ner und Hagelschlag zog vergangene Nacht über 
unsere G'meinde und Gemarkung. Zwischen 2 
und 83 Uhr schlug der Blitz in die vor 5 Jahren 
neuerbaute katholische Kirche in den Thurm ein 
und zündete. Oowohl die Hülfe der Bürger und 
Feuerwehr rasch zur Stelle war, brannte etwa die 
Halfte des Thurmes nieder. 
— Kaiserslautern, 27. Mai. Der vor 
einigen Tagen durch einen Messerstich durch den 
Rüden in die Lunge schwerverletzte, verheirathete 
Schlosser Burkard ist heute früh *a 7 Uhr in 
seiner Wohnung in der Rußstraße an den Fol⸗ 
gen der Verwundung grestorben. Wer von den 
deiden Voltz, von denen einer in Haft befiadlich, 
den verhängnißvollen Stich geführt hat, ist noch 
nicht fesigeftellt. (Pf. Vzig.) 
— Frau Lisette Schmitt, Witiwe des verleb- 
len Guisdesitzer Lud wig Kurz von Hütschene 
hausen hat dem Wunsche ihres Chemannes ge- 
näß der protestantischen Kirchengemeinde von 
Huischenhausen eine Schentung von 5000 Mk. 
Jur Grundung eines Fopds für einen Kirchenneus 
bau zugewandt. 
— Neustadt, 27. Mai. Einem allgemeinen 
Bedürfnisse in jetziget Jahreszeit entsprechend ist das 
so bequem gelegene Brausebad in der Stadmmühle 
wieder g offaet. Das Réservoir wird täglich mit 
reinem Wassen aus der Wasserleitung gefüllt und 
t zum Vorwärmen der Sonne ausgesetzt. Ein 
einzeines Bad ohne Wäsche kostet zehn Pfennig. 
Das Abonnement für den ganzen Sommer beträgt 
dier Mark, zahlbar bei Loͤsung der Karte. Er— 
wachsene können zu jeder Tageszeit baden, Kinder 
nur bis Abends 5 Uhr. Die eingehenden Gelder