Der Angeklagte gesteht die ihm zur Last gelegten
Vergehen ein und bittet unter heftigen Thraͤnen das
Bericht, um eine milde Strafe. Er habe den festen
Vorsatz und den besten Willen gehabt, alle von
ihm gefälschten Wechsel wieder einzuloͤsen, was ihm
aber infolge des schlechten Geschaftsganges nicht
möglich gewesen sei. Das Gericht verhängte über
den Angetlagten in Anbetracht des gemeinschädlichen
Charakters der Vergehen und des einheitlichen Vor⸗
gehens des Angeklagten, sich rechtswidrig Vermögens⸗
vortheile zu verschaffen, einerseits und der bisherigen
Unbescholtenheit andererseits eine Gefängnisstrafe
von 2 Jahren und legte ihm die Koften des Ver-
fahrens zur Last.
— Speyer, 29. Mai. Das kgl. Rentamt
berlangt laut Zuschtift an den Stadtrat 1)
Erbschaftssteuer im Betrag von 4800 Mk. aus dem
imn Betrag von 60,000 Mtk. zu Gunsten des
Waisenhauses angenommenen Gesammivermächtnis
des Herrn L. Heydenteich. 2) eine Besitzberänder⸗
ungsgebühr aus dem zu 50,000 Mk. angenommenen
Werth der Gebäulichkeiten mit 300 Mk. In dem
rentamtlichen Beschluß ist die Steuerpflicht damit
hbegründet, daß nach Art. 3 Ziffer 4 des Erdschafts⸗
steuergesetzes blos solche Zuwendungen von den
Steuern befreit seien, weiche ausschliißlich einem
milden, frommen, gemeinnützen Zweck oder Unter⸗
richtszweden gewidmet seien. Nachdem nun dieses
nicht zutreffe, könne eine Steuerbefreiung nicht zuge-
danden werden. Der Stadtrat beschließt nun, die
angeforderte Besitzveränderungsgebühr von 500 Mtk.
zu bezahlen. Dagegen müsse die Bezahlung des
geforderten Erschastssteuerbetrages von 4800 Mt.
abgelehnt werden, nachdem nach den Bestimmungen
des Testaments das Schenkungsobjekt zu einem
offentlichen, also für die Allgemeinheit bestimmten
Zwecke, Verwendung findet. Es soll an die koöͤnig⸗
uͤche Regierung, Kammer der Finanzen, die Bitte
gestellt werden, daß der Beschluß des kgl. Rentamts
außer Wirksamkeit gesetzt wird.
— Ludwigshafen, 29. Mai. Auch der
Vierte der an dem gestern gemeldeten Raub be—
teiligten Strolche wurde heute Mittag in Mann⸗
heim verhaftet. Der Vorfall erscheint immer
schlimmer. Wie der beraubte Imhof erzaͤhlt, haben
die Strolche denselben von der Rheinbrücke einen
Weg abseits, dem Rhein entlang geführt und dort
ihren Gönner geplündert. Das Geld, welches Imhof
in der Tasche hatte, stammte von einer väterlichen
Erbschaft, die er in Darmstadt erhoben hatte. Einer
der Beteiligien heißt Kuhn, und ist aus Hachen⸗
bach (Pfalz) gebürtig. Die Namen der Uebrigen
—I
Strolche ist die „schwache Seite“? des Ueberfallenen
doch auch teilweise mit daran Schuld.
— Ludwigshafen, 80. Mai. Gestern
Abend traten eine größere Anzahl katholische Bürger
zusammen um die Bildung einer altkatholischen
Bemeinde vorzunehmen. Das Ergebniß der
Verhandlungen war so zufriedenstellend, daß sogleich
ein definitiver Vorstand der Gemeinde gewäblt
werden konnte.
— Ludwigshafen. Der Beschluß des
Stadtraths, der freireligiösen Gemeinde
hier zur Abhaltung ihres Religionsunterrichtes ein
Schullokal zu überlassen, hat nicht die Genehmig⸗
ung der vorgesetzten kal. Bebörde erhalten. (Pf. K.)
Vermischtes.
f Im Bahnhofe Erlangen ereignete sich ein
gräßlicher Unglücksfall. Ein verheirateter,
38 Jahre alter Metalldrucker Namens Joh. Kraft,
wohnhaft in Fürth, wollte trotz Abmahnung Seitens
der Gendarmerie das Geleise in dem Momente
überschreiten, als gerade der Nürnberger Postzug
mit dem Bamberger Extrazug kreuzte, er wurde
von der Maschine des Nürnberger Zuges erfaßt
und vor den Augen seiner Frau zermalmt. Der
Unglückliche war sofort todt, da die Raͤder mitten
Uber den Leib gegangen waren. Die bedauerns-
werthe Wittwe, die herzzerreißende Klagetöne aus⸗
ftieß, wurde von drei Männern vom Platze geführt.
Es ist Niemanden, außer dem Verunglückten selbst
eine Schuld an dem Unglück beizumessen.
Munchen 30. Mai. Der Notar Wagen⸗
bauer zu Cbersberg wurde vom Land⸗
gerichte Muünchen wegen zweier Vergehen im
Umte zu 1 Monat und 3 Tagen Gefängnis
derurteilt.
Stadtisches.
Gestern Nachmittag fand eine Sizzung hiesigen
5tadirates statt, deren Tagesordnung wieder
sehr umfangreich war. Zum ersten stand zur Be—
ratung und Beschlußfassung die schon oft verhan⸗
zelte Frage der Erweiterung des Lateinschulgebäu—⸗
des, welche die Regieruug wegen der in dem Ge—
»aude herrschenden sanitären Mißstände verlangt.
Nach Verlesung eines Gutachtens des kgl. Süb⸗
rektors Herrn Barnickel, aus dem herbvorgeht, daß
durch Errichtung eines 3. Stockwerkes den Miß-
dänden abgeholfen und dann das Gebäude selbst
jsür die doppelte der gegenwärtigen Schülerzahl
msreichende Räumlichkeiten bieten würde, beschließt
der Stadtrat, den Herrn Bauschaffner mit Auf⸗
stellung eines Kostenvoranschlags fur einen dritten
Stock des Lateinschulgebäudes zu beauftragen. Auch
wird die früher ausgeworfene Summe für Ein-—
richtung des Realkurses von 960 Mark auf 1400
Mark erhöht. — Neue Schulbänke für die Volks-
chulklasse des Herrn Lehrer Krämer sollen ange⸗
chafft, und deren Lieferung den betr. hiefigen
Meiftern durch Submifsion angeboten werden. —
Die Uebernahme der Wirthschaft von Ludw. Koch
in Schnappach durch Philipp Koch daselbst, wie
der Diener'schen Wirthschaft hier durch Bier⸗
bdrauer Schirber in Mittelbexbach werden gestattet.
— Die Beiträge der Distriktsstraßenwärter der
Gemeinden St. Ingbert und Hassel werden auf
die Stadtkasse übernommen, dagegen das Gesuch
der ftädtischen Schutzleute um Bezahlung ihrer
Beiträge zur Sterbekasse bayerischer Polizeimann⸗
chaften durch die Stadt abgelehnt. — Der Stadt⸗
tat beschließt, beim ssädtischen Hospital einen
Brunnen bohren zu lassen, damit das Hospital
inen eigenen Laufbrunnen zum ausschließlichen
Bebrauch habe. Die Bohrarbeiten erhält Zimmer—
neister Peter Uhl hier übertragen. — Zu einem
Schuttablagerungsplatz bietet der Fabrikrat auf
Unfrage die oberhalb der Bleif'schen Wirthschaft
zelegene, 313 Morgen große Fläche um 6000
Nark an. Wegen des hohen Preises wird von
zer Erwerbung abgesehen, und soll bei den Herren
Hehr. Krämer Anfrage geschehen um käufliche
leberlafsung eines Wiesenlandes bei der Ober⸗
nühle. — Die Ausgabe für ein Kruzifix auf dem
ieuen Friedhof wird gegen früheren Beschluß er⸗
jöht und zwar mit 800 Mk. festgesetzt, da das
Zruzifix aus widerstandsfähigem weißen Kalkstein
rrichiet werden soll. — Bezuͤglich größerer Posten
on Pflasterarbeiten in Schnappach (besonders beim
ortigen Schulhaus) sowie der Neupflasterung der
ilten Bahnhofftraße hier erfolgt Vertagung. —
Der Stadtrat beschließt ein Gesuch einzureichen,
ahingehend, der Distrikt möge die Elversberger⸗
traße als Distrikisstraße übernehmen, bezw. bis
ur festen Uebernahme einen eb. Zuschuß zu den
Interhaltungskosten gewähren. — Zu der vorge⸗
chlagenen Einrichtung einer neuen Mansarde im
og. Schwestern⸗Schulhaus auf der Meß tritt die
Henehmigung ein. — Der Herr Burgermeister
nacht dankend die Mittheilung, daß Herr Rentner
Johann Friedrich zu wiederholten Mal dem
Armenfonds die Summe von 50 Mark schenk⸗
veise überwiesen hat. — Der Turnverein St.
Ingbert bittet um einen Zuschuß von 180 Mk.
zu den Kosten des dahier abzuhaltenden Gauturn
sestes; der Stadtrat enispricht nicht nur diesem
Besuch, sondern auch einem weiteren, indem er
einen größeren Platz in kurzer Entfernung vom
Bahnhof, bei dem Köhl'schen Hause als Festplatz
zur Benützung stellt. — Bezuglich des Gesuches
des Herrn Gütererpeditor Böhm um unentgeltliche
Bürgeraufnahme ergibt fich, nach Anhörung von
derschieden ausgefallenen Entscheidungen über zwei
in Ludwigshafen vorgekommene ähnliche Fälle,
der Beschluß, Herrn Böhm nur gegen Entrichtung
des Einzugsgeldes das Bürgerrecht zu erteilen. —
Fine längere Besprechung veranlaßte eine sehr
vichtige Wasserfrage. Da leider hier in letzter Zeit
mehrere Typhuserkrankungen vorkamen, wurde der
Brunnen am alten Schulhause, von dem die Er—⸗
rankten ihren Trinkwasserbedarf holten, auf ärzt⸗
iches Verlangen abgeschlossen und Proben des
Wassers an die hiesigen Apotheken sowie an die
hemische Versuchsstation in Speyer zu Unter⸗
uchungen gegeben, welche letztere aber keine ge⸗
undheitsschüdlichen Beimischungen nachweisen konn⸗
en. Zur Sicherheit sollen nun Proben des abge⸗
tandenen Wassers aus dem bisher abgeschlossenen
Brunnen zu nochmaliger Prüfung entnommen
verden. Bei dieser Gelegenheit kommt Herr Stadt
at Wagner auf die Vorteile einer Wasserleitung
zu sprechen. Die Stadt möge sich die Anlegung
iner solchen nicht aus der Hand nehmen lassen.
Borauszusetzen sei, daß das Unternehmen fich seld
bezahlt mache, damit der Steuerzettel sich niht
erhöhe. Herr Wagner beantragt deshalb, es —*
einige Herren durch Umfrage von Haus zu dug
Erhebungen pflegen, wie diele Hausbefitzer cben
uell an der Wasserleitung theilnehmen würde,
erner mögen Vermessungen vorgenommen werden
ur Entscheidung der Frage, woher am besten da
Wasser zur Leitung zu nehmen sei. Letziere Arhel
vurden gewiß hiesige Fachleute unentgeltlich he
orgen. Beide Anträge gelangen zu Beschluß. Zur
Vornahme der Erhebungen erklären fich bereit di
herren Bürgermeister Heinrich, Wagner, Idh
Fiack. Laur, Hofmann und Stief, und hofft man
aß sich diesen noch weitere Herren aus der Vin
erschaft anschließen. — Schließlich stimmte du
Stadtrat noch dem Antrag des Herrn Laur zu
ahingehend, daß an dem Viadukt an der neun
gahnhofstraße eine öffentliche Bedürfnißanstalt 6.
ichtet werde. — In der fruher beregten Secht
ʒetr. eiaen Bebauungsplan einiger Teile dig
Bannes teilte das kgl. Katasterbureau mit, daß q
ur Zeit das für Vermessungsarbeiten nötige Per
onal nicht zur Verfügung bhabe.
decg.Jer Schiffsbericht
der „Red Star Linie“ Antwerpen.
Der Postdampfer „Noordland“ der „Ra
Star Linie,“ in Antwerpen, ist laut Telegramr
im 29. Mai wohlbehalten in New⸗NYork ar
sekommen
Preoeantischer Gottesdienst.
Sountag Trinitatis, 1 Juni. Vormittagé
210 Uhr — Lied 250. Text
Röm. 11, 338-386.
echmettage um 2 Uhr austatt des Jahres—
estes des Diakonissenvereins, das bis auf
etzrys verschoben werden muß: Christenlehr⸗
— —
Neueste Nachrichten.
Brüssel, 80. Mai. Das offiziöse, Journal
de Bruxeles“ dementirt kategorisch das Gerüch
yon einem Einschreiten des Königs Leopold
jegen das den Anarchisten gewährte Asplrecht.
steuerdings herrscht in den Kohlenbezirken Belgiens
eine lebhafte anarchistische Agitation.
London, 30. Mai. Die Nachricht, daß Dr.
Zeters in Uganda eingetroffen, veranlaßt die
Times“ in einem Leitartikel die englischer
Ansprüche in Afrika zusammenzufassen. Si
zerlangt dadei die nördliche, westliche und sudlich
Amgebung des Viktoriasees bis zum Nordende des
Tanganytasees und den Grenzen des Kongostactes
intlang, deanstandet ferner die Ausdehnung Deutjsqh
lands über die Stevenson⸗Straße bis zu den Grerzen
des Kongostaates, weil dadurch ein Riegel gegen
die Verbindung der Niederlassungen am Schire mil
der Seengegend und den noördlichen Besiztzungen
vorgeschoben würde.
ur d Redaktion perenimwortrich: F. X. Demeh.
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hurch Anwendung der — M. 1 — in den Apothelen er
hältüchen ächten Apotheker Richard —
Schweigerpillen mit dem weihen Kreuz in rothem Fe
m raicheflen. sichersten und zuträalichsten beseitiat.
Bekanntmachung.
Vom 1. Juni 1890 an sind bei de
tgl. Steinkohlengrube St. Ingbert die kohlen
preise im laufenden Verkauf pro 100 Kilo
zramm festgesetzt
fur Förderkohle der J. Qualität auf 160 Vlo
. U. „„I8ss
. III. ,„104
zi. Ingbert, den 29. Mai 1890.
Kal. Bergam—