Full text: St. Ingberter Anzeiger

noch habe Abranyi ein solches Vorgehen nicht er⸗ 
wartet. 
Sofia, 21. Auß. Eine Militärkommis— 
sion, bestehend aus dem Artillerie Inspektor Tan⸗ 
dilow und mehreren Offizieren, reiste auf einige 
Tage, um Schießbersuchen mit neuen Haubitzen 
beizuwohnen, zunächst zu Gruson nach Magdeburg. 
Sodann wird die Kommission zum gleichen Zwecke 
hei Kruph in Essen eintreffen. 
Lokale und pfältzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 23. Aug. Die auf morgen 
Nachmittag ausgeschriebene Arbeiterversamm⸗ 
lnung im Cafe Becker hier, wird, wie der Herr 
Einberufer durch Anzeige mitteilt, nicht statt— 
finden. 
* St. Ingbert, 23. Aug. Zum Vollzuge 
des Reichsgesetzes vom 29. Juli 1890 die 
Gewerbegerichte betr. hat Se. Kgl. Hohei 
der Prinz ⸗Regent folgende Anordnung erlassen 
Die den Landeszentralbehörden gemäß 811 
Abs. 5, 86 Abs. 2, 877 Abs. 1und Abs. 2, 
Ziffer 4 und 5, 8 81 Abs. 2 des Reichsgesetzes 
uberlassenen Befugnisse werden von dem Staats⸗ 
minifterium des Innern ausgeübt. Die den 
höheren Verwal/ungsbehörden zugewiesenen Ge— 
schäfte (K1 Abs. 2 und 3, 8 15, 8 16, 8 19, 
F20, 8 74 des Reichsgesetzes) find von den 
Regierungen, Kammern des Innern wahrzu⸗ 
nehmen. Im Falle der Errichtung von Gewerbe⸗ 
gerichten nach 8F77 des Reichsgesetzes können für 
den Bereich dieser Gerichte die Befugnisse der 
hoͤheren Verwaltungsbehörden 'vom Staatsmini⸗ 
sterium des Innern dem Oberbergamte übertragen 
werden. Als weitere Komunalverbände im Sinne 
des Reichsgesetzes find die Distriktsgemeinden an⸗ 
zusehen. Die Vertretung des weiteren Komunal⸗ 
berbandes gehört zum Wirkungskreise des Distrilts⸗ 
raths. Die Befugnisse der Gemeindevertretungen 
und Ortsbehörden werden in den Gemeinden mit 
städtischer Verfassung von den Magistraten, in den 
Gemeinden mit Landgemeindeverfassung von den 
Gemeindeausschüssen, in der Pfalz don den Ge— 
meinderäthen wahrgenommen. In den Vandes⸗ 
theilen r. Rh. iß zum Erlaß der in 81 Abs. 2 
und 83 und 8 81 Abs. 2 des Reichsgesetzes vor⸗ 
gesehenen Ortisstatuten die Zustimmung der Ge⸗ 
meindebebollmächtigten, bezw. der Gemeindeber⸗ 
sammlung erforderlich. 
NAHeckendahlheim, 23. Aug. Ein 
sonderbares Geschichtchen, wie es 
wohl nicht oft vorkommen dürfte, ereignele fich vor 
einigen Tagen in unserem Ort. Ein junger 
Mann, Ackerer G. W. kam abends kurz nach 11 
Uhr nach Hause. Da bemerkte er im Hofe auf 
einem Wagen sitzend eine Gestalt, welche er nicht 
kannte. W. trat darauf zu, und bald entspann 
fich eine recht nette Unterhaltung; dieselbe 
war nur die Einleitung zur Rauferei. Mag nun 
die Dunkelheit oder eine ungeschickte Wendung des 
Gegners schuld sein, dem letzteren, Tagner N. F. 
biß W. blankweg ein Stück vom Ohre ab. Damit 
hatte sich wohl die Hitze gelegt. Das Ohrläppchen 
nahm der Tapfere mit nach Hause. Nachsten 
Tag machte er fich auf die Suche nach dem, 
welchem ein Ohrläppchen fehlte. Den fand er 
denn auch und übergab ihm das so „schmerzvoll“ 
bermißte (Ob's wieder angeheilt ist, theilt der Be⸗ 
richterstatter nicht mit. D. R.) 
— Zweibrücken, 22. Aug. Candge— 
richt.) Ein „offnungsdoller“ Junge. 
Die Opferkasse der protestantischen Kultusgemeinde 
bon Vinningen ist im Schulsaale daseldst in einem 
berschlossenen Kasten aufbewahrt. Den 18jahrigen 
Julius Faul von da scheint der Inhalt der Kasse 
gehindert zu haben, indem er den Schrank, in 
welchem sich dielelbe befand, gewaltsam öffnete, und 
die Kasse zu 6 verschiedenen Malen ausschüttelte, 
wobei es ihm gelang, dieselbe im Ganzen um 8 
Mtk. 40 Pfg. zu erleichtern; selbsiderstündlich will 
er den Schlüssel zum Schrank gefunden haben. 
Auch fand er den Weg erst nach Einschlagung einer 
Fensterscheibe in die Wohnung des Ackerers Friedrich 
Hauck von da. Bei seiner Durchsuchung der Tisch— 
schublade fand der Angeklagte zwei Fünfmarkstücke 
bor, welche er mitgehen hieß. 6 Handkase, 6 
Eier, Milch, Brod und Zucker im Werte von 76 
Pfa. wollte er auch nicht verschmähen und nahm 
fie ebenfalls zu sich. Der Bursche hat sich wegen 
des Verbrechens des Diebstahls und der Lebens⸗ 
mittelentwendung zu verantworten. Die heutige 
Berhandlung ergibt, daß dem Beschuldigten die zur 
Berübung der That nötige Erkenntnis gefehlt habe, 
veshalb er von Kosten und Strafe freigesprochen 
vird. Dagegen verfügt das Gericht, daß der Bursche 
n eine Bisserungsanstalt untergebracht wird; die 
zestimmung über die Dauer des Aufenthaltes dort— 
elbst wird der jeweiligen Verwaltungsbehörde 
überlassen. 
— Homburg, 21. Aug. Die hiefige 
—„chützengesellschaft, welche vor mehr als 
10 Jahren gegründet wurde und durch den in 
neuerer Zeit erfolgten Beitritt einige. Herren an 
MPitgliederzahl in erfreulicher Weise zugenommen 
zat, hält, wie schon kurz mitgeteilt, ihr diesjähriges 
Preisschießen am nächsten Sonntag, Montag 
und Dienstag ab. Die Einladungen an die aus—⸗ 
värtigen Vereine und Freunde des herrlichen Ver—⸗ 
mügen; find bereits er angen, und so wäre nur 
u wünschen, daß sich zahlreiche Gäste einfinden. 
das Schießhaus, in der Nähe der Stadt, inmitten 
hydner Waldungen gelegen, wurde dieses Jahr durch 
enderungen innen und außen in einen sehr guten 
Zustand versetzt, und da während des Preisschießens 
daselbst auch für gute Speisen und Getränke ge⸗ 
'oegt ist, so wird bei der bekannten Gemütlichkeit 
»er hiefigen Schützen wohl Niemand unbefriedigt 
zie Stätte verlassen, an der sich seit Wochen an 
Zonntag⸗Nachmittagen ein lehhaftes freudiges Treiben 
ntfaltet. 
— Kaiserslautern, 22. Aug. Das hiesige 
hdospital hat vor einiger Zeit mit einem größeren 
dostenaufwande im Hospitalgarten hier einen Des— 
infektronsapparat aufgestellt und denselben 
zur Benützung durch das Publikum freigegeben. 
Der Apparat ist aus Göttingen bezogen und nach 
inem dort unter Mitwirkung der medizinischen 
Fakultät aufgestellten Muster gebaut, die Anlage ist 
mit sämmtlichem wünschenswerthen Zubehör ausge⸗ 
dattet; es find insbesondere zwei verschließdare 
Transpot⸗Wagea vorhanden, von denen der eine 
zur Abholung der zu desinfizierenden Gegenstände 
an der Wohnung des Bestellers, der andere zum 
Rücktransport der desinfizierten Sachen zum 
Figentümer bestimmt ist. Die Desinfeknon an und 
ür fich erfolgt im Hospitale durch den Hospital⸗ 
jerwalter, bei welchem auch die bezüglichen An— 
neldungen zu erstatten fsind, die Beifuhr und Rück 
derbringung geschieht durch Hospitalbedienstete. Die 
Anlage und die Beschaffenheit des Apparates er⸗ 
nöglichen die Reinigung ganzer Betten mit Aus⸗ 
zahme der auf festen Gestellen befindlichen Spring⸗ 
edermatratzen, die Desinfektion aller Kleidungsstücke, 
Borhänge, Tippiche u. s. w. Nach sachverständigen 
Zutachten hat die Anlage sich bewäht und ist der 
rzielte Erfolg ein vollständig zufriedenstellender. 
die Kosten einer Desinfektion sind unbedeutende 
onnen aber auf Ansuchen noch herabgemindert und 
inter Uwmcänden sogar ganz erlassen werden. 
— Pirmasens, 22. Aug. Besitzzwechsel. 
Zerr Backer Michel verkaufte sein in der nördlichen 
Ringstraße neben Hartmann gelegenes Wohnhaus 
um 19500 Mack an Herrn Schuhmacher Fr— 
Stock. 
— Landau, 21. Aug. Bei der heutigen 
Bauplatzversteigerung erwarb Ingenieur 
Kieth von hier einen solchen in der Bismarckstraß 
»on 500 Quadratmeter Flaͤche mit 3280 Mark 
Den zweiten zur Versteigerung gekommenen im 
Westring gelegenen erwarb Rentner Ufer dahier; 
derselbe hat einen Flacheninholt von 1200 Qua⸗ 
zratmeter und kostet 13280 Mark. Den dritten, den 
kckplatz der Bismarck und Glacisstraße, ersteigerte 
nit 816 Quadratmeter Fläche Ingenieur Schulz 
yon hier um 4896 Mk. Gesamterlös aus allen 
hzrei Bauplätzen 21,400 Mtk. 
— Neustadt, 21. Aug. Recht bitter muß 
iin Mühlbursche seine Einfältigkeit bereuen, 
die er am letzten Montag in einer hiesigen Wirt⸗ 
schaft beging. Mit vollgespickter Börse und guten 
Humors betrat er dieselbe, um sich und andern 
ꝛine Freude zu machen. Es wurde gezecht, und 
»ald hatte unser Müller eine ganze Tafelrunde um 
fich versammelt, die alle auf Kosten der gespickten 
Boͤrse sich gutes thaten. Äber wie unter jeder Herde 
ein „Grindiger“ ist, so war auch dieses 3—fache 
leeblatt nicht frei von einem solchen. Einem ge— 
wissen Sauerbrunn von Haßloch stickte der ge⸗ 
pickte Beutel des Müllers in der Nase, und — 
Geschwindigkeit ist keine Hexerei — auf einmal 
gertiefte er sich in die Taschen des nicht mehr nüch⸗ 
sernen Wohlthäters und nahm dessen Börse an sich. 
der Hausknecht gedachter Wirtischaft, der die ganze 
Uanipulation mit ansah, sagte es dem Wirt und 
dieser schickte sofort zur Polizei; ehe dieselbe abe 
zur Stelle war, übte der Wirt eine kleine on 
justiz an dem Zechbruder, bei der ein —XX 
„Farrrnschwanz“ eine Hauptrolle spielte. di 
Polizei nahm dann den Mann in Empfang. Nu 
mit Hilfe von Zivilisten gelang es, den Undändigen 
ins Wachtlokal zu bringen, wo ihm die Voss⸗ 
des Müllers wieder abgenommen werden konn— 
und worin sich, nach der „Pf. Pr.“, noch 180 Mi 
befanden. 
— Neustadi, 22. Aug. Heute frilh um 
a8 Uhr wurden die hiesigen Bewohner durch di 
Sturmalocke erschreckt. Es brannte des Anwesen 
des Winzers Gruber in der Ziegelgasse. Auq 
zwei Nachbargedäude, den Herren Wagner um 
Schacke gehöͤrig, wurden vom Feuer zerstört. 
— Germersheim, 21. Aug. Eine Anzahl 
hiesiger Radfahrer wäre gestern Abend bei einer 
Ausfahrt fast das Opfer eines Bubenstreicht 
geworden. Kurz vor Rülzheim, waß der Weg mi 
ausgerifsenen Baumpfählen querüber von tuchloser 
Hand belegt worden, sodaß, falls die Laternen der 
Radfahrer nicht so gut funltionirt hätten, bei der 
herrschenden Dunkelheit ein Unglück mit schlimmen 
Folgen entstanden wäre. Hoffentlih wird die k, 
Bendarmerie in Rülzheim, der der Vorfall soforl 
angezeigt wurde, den Thäter ermitteln uud exem 
plarisch bestrafen. 
— Spehyer. Es ist bewiesen, daß der großt 
Brand zu Si. Leon in Baden durch Brand⸗ 
legung entstanden ist. Die Brandstifter haden Droh—⸗ 
driefe geschrieben und zum Theil an die Gemeinde⸗ 
lafeln angeheftet. Auch andere Orte sind gefährdet. 
Eine Speyerer Firma erhielt ein Schreiben in wel⸗ 
hem ihr angekündigt wurde, daß ihre Filiale in 
Altlußheim in Flammen aufgehen werde. Die 
Aufregung ist ungeheuer. Viele Geschäfte stocken, 
da zaulreiche Arbeiter kaum mehr wagen, ihr Hem 
zu verlassen. 
— Neuhofen, 21. Aug. Da bis jetzt auf 
die in Erledigung gekommene hiesige evang. Pfarc⸗ 
ste Ile kein Bewerber aufgetreten ist, sah sich das 
Presbyterium veranlaßt, beim Konsistorium um die 
U⸗pertragung dieser Stelse an den derzeitigen 
Pfarrverweser Herrn Kreiselmeyer dahier nach⸗ 
zusuchen. 
— Dam Kriegerverein in Neuburg, welcher 
den Sedantag durch Umzug mit Mußsit fqruch 
hegehen wollte, versagte der Gemeinderat die Er— 
aubnis hi zu. Dazu schreibt man dem „L. A.“: 
Ist ein solcher Bschluß nicht geradezu empoͤrend 
und muß einem echten Deuischen die Schamidte 
nicht ins Gesicht sseigen od solchen enghetzigen Be⸗ 
chlusses? Nicht nur daß fich der Gemeinderat den 
Feßlichkeiten gegenüber vollständig passiv verhält, 
sucht er Mannern, die draußen auf dem blutigen 
Felde der Ehre mitringen halfen für Deuischlande 
Ruhm und Ehre, jede festliche Kundgebung zu ver— 
weigern! Solche Vorkommnisse werfen ein schlechles 
zicht auf unsere Gemeinde. 
— Der Kriegerberein von Dürkheirn 
hat, um sein deträchtliches Vermögen sicher zu stelln 
äich in einen anerkannten Verein verwandelt, was 
anderen Vereinen mit Vermögen zur Nachahmung 
empfohlen werden kann. 
— Ludwigshafen, 21. Aug. Die Pfälz 
Fisenbahnen hatten im Juli eine G.sammt— 
innahme von 1,704 283 Mk was einer Mhr⸗ 
innahme von 105,203 Mt. enispricht. Dadurch ih 
die Gesammtmehreinnahme in den verflossenen 7 
Monaten dieses Jahres gegen jene des Vorjahres 
auf 672,175 Mark gestiegen. 
— Ludwigshafen. Ja ca. 3 Wochen wird 
die Straßen bahn LuewegshaienDannstadter 
Hoͤhe vollendet sein und werden bis dadin die ersten 
Zuge kursiren köͤnnen. Man st gegenwärtig eifrig 
nit dem Legen der Tramdah schienen in der Bis⸗ 
narckstraße deschäftigt und wird, sowie die Trame 
„ahn dieselbe befahren kanu, mit dem Legen der 
Straßenbahnschienen in der Ludwigsstraße begonnen 
verden. Es wird dann in dälde in unserer verkehrs⸗ 
reichen Stadt die Tramway durch die Bismaid 
und Woͤrthstraße ziehen, wahrend die Siraßendahn 
zie Haupiftraße, mit HalmteUe am Brüd. naufgang 
durchdampfen wird. 
— Beindersheim, 22. Aug. oeg 
Abend 1417 Uhr ereignete sich in unserer Gemat 
ang ein schreclichet Unqlücksfall. Die 55 den 
ate Witwe Johannes Ober hatte mit ihrem zun 
manne Kartoffeln noch Frankenthal gefahten; 
dem Heimwege beauftragte sie den Fuhrmann p 
herschiedenes nuf ihrem Ager Liegendes mitzunehmen.