Full text: St. Ingberter Anzeiger

ger aber beschreibt sein Erstaunen, als man ihm 
ich der Ziehung minheilte, daß er nicht allein 
N betr, Wagen,. sondern auch das dazu geborige 
Jespann, Geschirr, Peitsche u. s. w. gewonnen 
—* Seelenvernügt nahm er seinen Gewinn in 
Finpfang und fuhr nach Darmstadt ab. 
Eine lustige Mansbvergeschichte 
vird von Nedarursprung gemeldet: „Die einquar⸗ 
jerten Soldaten waren meistens artige und liebens⸗ 
rurdige Leute, welche sich die Zuneigung der Quar⸗ 
jergeber und mehr noch der Geberinnen in kurzer 
Jeit zu erwerben wußten. Deshalb fand fich eine 
rhehalfte bewogen, ihrem 110er, als er in der 
quͤhe des Villinger Ausfichtsturmes die Gefechts⸗ 
hung mitmachte, einen gut geschmalzenen Pfannen⸗ 
uchen zu backen und ihrem Mann, dem Christe, 
en Auftrag zu geben, diesen Kuchen ihrem braven 
Zoldaten zu bringen. Der Christe, der deren Auf⸗ 
ragen immer gerne nachkommt, padt den Kuchen 
imer seine Blouse und eilt dem Manöverfeld zu. 
da dieses aber eine ziemlich große Ausdehnung 
sat, kann er den rechten Mann nicht finden, be⸗ 
ommt zuletzt selbst Hunger, setzt sich nieder und be⸗ 
eht den Frevel, den Kuchen anzugreifen. Nur 
e Bisle“ denkt er zuerst; der Appetit kommt aber 
ekanntlich erst recht mit dem Essen, und der Christe 
immt Stück für Stück in Bearbeitung zwischen 
eine Kianladen. „Autsch,“ ruft er auf einmal, 
enn er hat auf etwas Hartes gebissen und „Potz 
zjombenelement, do isch jo bigott a Thaler drinne, 
var'' Annemei!“ Nachdem es das „Ganze Halt“ 
eblasen hatte, steckte der Christe den Thaler als 
zeweisgegenstand in die Tasche und begab sich auf 
en Heimweg, wobei er eine äußerst kräftige Rede 
infludiert haben soll, ob der sich kein Staatsan⸗ 
valt zu schämen brauchte. Und die Annemei Nur 
nicht bang für die, fie wird schon eine Ausrede bei 
er Hand gehabt haben.“ 
Die Erfindung des Velozipedes. 
ein Freund der „M. N. N.“ theilt denselben mit, 
aß sich in der ältesten gedruckten Chronik der Stadt 
Remmingen von Dr. Christoph Schorer, welche 
is 1660 reicht, beim Jahre 1447 folgende Nach- 
icht findet: „(1447) Am Montag nach dem 
dewen Jahrestag, gieng ein rechter Wagen zu dem 
dalchsthor herein biß an den Marckt vnd wider 
inauß ohne Roß und Ochsen, vnd war verdeckt, 
och saß der Meister der jhn gemacht hat darinnen, 
ind regirte jjyn.“ — Von anderer sachverständiger 
Zeite wird darauf aufmerksam gemacht, daß die 
irfindung Drexlers nicht das Vorbild des Frhrnu— 
. Drais gewesen sein kann, diesem also der Ruhm, 
as jetzt so weit verbreitete Sport- und Verkehrs⸗ 
nittel erfunden zu haben, ungeschmälert verbleibt. 
der Fahrversuch Drexlers beruht auf ganz anderen 
Zrinzipien. Schon die Bezeichnung „Pirutsch“ ist 
nuffällig; außerdem sagt der Bericht, „dieses Pirutsch 
nat zwei Räder, welche der Fahrende nach und 
jach mit den Füßen zu treten hat.“ Also er trat 
ie Räder und nicht wie v. Drais den Boden. 
lus dem Umstande, daß er beide Rader trat, ist 
u schließen, daß dieselben auf einer Achse neben⸗ 
mander angeordnet waren — jedenfalls mit dem 
zchwerpunkt unter der Achse oder dem Radmittel. 
es heißt weiters, daß zum Steuern „wieder eine 
ndere Maschine angebracht“ war, was gleichfalls 
arauf hinweist, daß die zwei Räder nicht hinter 
inander gestellt waren. Auch der für die damalige 
zeit hohe Preis von 20 Dukaten für einen solchen 
vagen deutet darauf hin, daß man es mit einem 
omplizirten Behikel mit viel mechanischer Beithat 
u thun hatte. Ein eleganter v. Drais'scher Lauf⸗ 
vagen konnte höchstens auf vier bis fünf Dukaten 
u stehen kommen. 
Oppeln, IL. Okt. Regierungspräsident 
zisfter wurde in Sachen der Schweinseeinfuhr 
um Reichzkanzler nach Berlin berufen. 
frReichskommissar von Wißmann 
iber die ebangelische Mission inOsftafrika. 
zastor Dr. von Bodelschwingh und Disielkamp 
atten kurzlich eine Unterredung mit Major dv. Wiß⸗ 
gann. Die genannten Hecren suchten die große 
irfahrung des Reichskommissars für einige praklisch 
aichtige Angelegenheiten zu benützen. Zuerst 
)urde gepruft, an welchem Ort der Küste das 
drankenhaus erbaut werden solle. Sansibar komm 
eit es unter englischem Prolektorrat steht nicht mehr 
n Betracht. Der Reichslommissar rieth das kleine 
dtankenhaus von Sansibar einfach nach Dar-es- 
„algam zu verlegen. Nur möge man nicht zu nahe 
mn das Hieer bauen. Freundüch sagie der Reichs⸗ 
ommissar zu. daß der Arzt der Schutztruppe in 
dar⸗es ˖Salaam für das Krankenhaus der Mission 
orgen dürfe. Originell war der Gedanke, daß ein 
hwimmendes Sanatorium für die Rekonvaleszen- 
en ein guter Ausweg sei. Ferner rieth Wißmann 
sei der Missionsthätigkeit weiter ins Innere zu 
jehen. Die Küstenbewohner, die Wafaramu, seien 
ehr stumpf und verkommen. Die Stämme der 
Wanyamwefi seien intelligent und arbeitssam. 
Als Lehrmeister für die Schwarzen seien am 
zesten: Tischler und Schlosser, dazu Gärtner. Der 
etzte Punkt betraf die Cinrichtung von Gottes⸗ 
nensten für evangelische Soldaten der Schutztruppe. 
„Oas ist sehr leicht,“ sagte Wißmann. „In Dar⸗ 
s⸗Salaam sind etwa 60 Deuische, in Bagamoyo 
verden es zum April 100.“ Da hält Ihr Pastor 
im Vormittag in Dar⸗es⸗Salaam Gottesdienst; ich 
asse ihn auf einem Dampfer nach Bagamoyo fahren, 
zauert drei Stunden; dort ist am Nachmittag 
Bottesdienst. Das wünsche ich sehr. Und wenn die 
rkisenbahn zwischen Dar⸗es Salaam und Bagamoyo 
ährt, ist's noch einfacher. Währe ich eher in 
Zerlin gewesen, hätte ich schon zum Bau dieser 
gahn gedrängt.“ 
FLondon, 1. Okt. Depeschen aus Glas⸗ 
zow zufolge ist nur wenig Hoffaung vorhanden, 
daß eine Regelung in den Meinungsver— 
schiedenheiten zwischen den Besitzern der 
zisenwerke in Schettland und den Arbeitern der 
hochöfen stattfindet. Gutem Vernehmen nach sollen 
‚ast alle Hochöfen Schomnlands bis Sonnabend 
usgelöscht werden. 
F Ein internationaler Kongreß, der 
ich mit dem Siudium des Schutzes verwahr⸗ 
hoster Kinder und verwandter Fragen beschäf⸗ 
tigen wird, tritt auf Veranlassung des Königs von 
Belgien am 9. Oktober in Antwerpen zu— 
ammen. Die belgische Regierung hat dazu die 
ruswärtigen Staaten und eine Anzahl auslandischer 
Belehrten eingeladen, die sich mit dieser Materie 
jesonders befassen: in Deutschland sind u. A. ein⸗ 
geladen worden Professor v. Liszt (Halle), Mini⸗ 
dexialraith Fuchs (Karlsruhe), Ministerialrath 
Jagemann (Karlsruhe), Rechtsanwalt Dr. Fuld 
Mainz), Landgerichtsdirektor Dr. Foehring (Ham⸗ 
»urg). Der Kongreß arbeitet in drei Abtheilungen, 
in der ersten wird der Schutz der Kinder, ihre 
Interbringung in Familien, die Entziehung der 
äterlichen Gewalt behandelt werden, die zweite 
übtheilung erörtert den Schutz für entlassene 
Sträflinge, die Errichtung von einstweiligen Asylen 
uür sie und die Beseitigung beziehungsweise Reform 
der Stellung unter Polizeiaufsicht; in der dritten 
jeschäftigt man sich mit den Vorbeugungsmaßregeln 
jegen Bettel und Landstreicherei und den Bezieh—⸗ 
ingen, welche zu diesem Behufe zwischen den 
-„chutzvereinen und Wohlthätigkeitsanstalten errichtet 
verden können. Sämmitliche genannten Fragen 
ind von hohem Interesse für die meisten der euro— 
»äischen Staaten und für manche derselben ist eine 
ibereinstimmende Behandlung und Regelung über⸗ 
ius erwünscht. Es wäre sehr zu wuünschen, daß 
penigstens die größeren Staaten Deutschlands den 
dongreß beschickten. 
FSt. Gallen, 1. Okt. Nach lange dauern⸗ 
den Prezeßverhandlungen hat der österreichische Fiskus 
den Hinterlassenen des beim Zusammenstoß des 
hayerischen Dampfschiffes „Stadt Lindau“ 
und des österreichischen Dampfers „Habsburg“ 
8. Oktober 1887) verunglückien Kaufmann Wild 
von St. Gallen sowie den Kindern der bei dersel- 
hen Katastrophe ertrunkenen Frau Noll aus 
carlsberg (Rheinpfalz) und anderen in ihrem 
kigenthum Beschudigten Vergleichsvorschläge bis zu 
30 und 70 pCt. der eingeklagten Forderungen ge⸗ 
nacht. 
F Auf einer gründlich verregneten Rheinreise 
iommt dieser Tage, wie das „N. Wiener Tagbl.“ 
zrzählt, ein junger durstiger Oesterreicher nach Koöln 
ind beginnt dort mit seinem Gastwirih das in 
diesem Jahr übliche Gesprach über das schlechte 
Wetter. „Was soll“, jammerte er, bei dieser Nässe 
und Kälte heuer mit dem Wein werden?“ — 
„Ach“, erwiedert der biedre Kölner, mit dem Wein 
jätts um Ende noch keine Not; Wein kann 
manimmer machen, aber Kartoffeln!“ 
Volks GeLandwirtschaftliches. 
— Pirmasens, 2. Okt. Die Generalver⸗ 
ammluug des hiesigen Vorschußvereins, welche am 
Dienstag Abend in der Bartel'schen Wirthschaft 
tattfand, nahm einen glatten Verlauf. Aus dem 
rstatteten Rechenschaftshericht für das erste Halb⸗ 
ahr 1890 ergab sich wieder ein erfreuliches Wachsthum 
der Geschäftsthätigkeit. Die Rechnung bilanziert mit 
1, 078, 100 Mt. 28 Pfg. Der Mitgliederstand 
var am 30. Juni l. Jahres 570. Die Stamm⸗ 
inteile erhoͤhten sich von 76, 286 Mt. 98 Pfg. 
am 30. Juni 1889 auf 81, 356 Mt. 45 Pfg. 
Die Reserven stiegen in der gleichen Zeit von 
t1. 127 Mt. 81 Pfg. auf 50, 291Mt. 21 Pig. 
Die Depositen betrugen Eade Juni l. J. 830,774 
Ml. 20 Pfqg. gegen 718,140 Mk. 51 Pfg. 
m gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Der Gewinn⸗ 
und Verlusttonto zeigt im Berichtasemester einen 
Ertrag von 10, 618 Mk. 66 Pfg. gegen 10, 449 Mtk. 
50 Pfg. im Vorjahre. Der Umsazz beziffert sich auf 
2, 752, 871 Mk. 43 Pfg. gegen 2, 580, 866 Mt. 
80 Pfg. im ersten Halbjahre 1889. (A.) 
Zweibrücken, 2. Okt. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
tualienmarkt.) Weizen M— 0 Pf. sorn — M — Pf., 
Berste zweireihige O M. — Pf, vierreihige O M. — Pf. 
— Spelt M. — Pf, Spelzlern — M— Pf., Dinkel 
— M. — Pf, Mischfrucht O M. — Pf., Hafer 0 M. 
— Pf. Erbsen d M — Pf, Wicken 0O M— Ph, 
deu 2 M80 Pf, Stroh J. Qual. 2 M. 80 Pf. II. Qual. 
2 M. 50 Pf., Kartoffeln 1 M. 80 Pf., Weißbrod 1/3 Kilo 
56 Pf., Kornbrod 8 Kilo 70 Pf. Gemischtbrod 3 Kils 
34 Pf., paar Weck 100 Gr. s6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
60 Pf. II Qual. 56 Pf. Kalbfleisch 60 Pf. Hammel⸗ 
leisch 60 Pf. Schweinefleisch 60 Pf., Wein 1 Liter 80 Pf, 
Bier 1 Liter 24 Pf. Butter )/2 Kilogr. 1 Mt. 00 pf. 
Homburg, 2. Okt. Marktbericht. Weizen pro 
Zetr. Mk. — — Korn Mtk. 7,95, Hafer Mk. 7,10, Kar⸗ 
offeln Mk. 2,00, Butter pro Pfund Mtk. 1,05, Ge— 
nischtbrod 6 Pfd. 82 Pfg., do. 4 Pfd. 54 Pfg.,, do. 2 
Pfd 27 Pfg., Kornbrod 6 Pfd. 72 Pifg., Rindfleisch IJ 
ZQual. 00 Pfg. II. Qual. 60 Pfg., Kalbfleisch 60 Pfg., 
⸗dammelfleisch 00, Schweinefleisch 66 Pfg. 
Dienstes nachrichten. 
Pfälzischer Eisenbahndienst. Er— 
iannt wurden: zum 1. Kontrolvorstand der 2. 
dontrolvorstand J. Geißendörfer und zum 
2. Kontrolvorstand Rebisor Jos. Rossché* in Lud—⸗ 
vigshafen, Verwaltungsasststent Ed. Fink von 
hermersheim zum 2. Bahnhofverwalter in Lud- 
vigshafen und Einnehmer Fr. Bruch von Hom— 
„urg zum Stationsverwalter in Maximiliansau, 
ämmtlich vom 1. Okt. l. Is. ab. 
Familiennachrichten. 
Gestorben: In Wolfstein Anna Karolina 
Witt, 22 J. a.; in Kaiserslautern Mathilde Werle 
jeb. Eicher; ebendaselbst Georg Jakob Kittler, 
Drechsler, 34 J. a.; in Speyer Pfarrwitwe Therese 
Brandstetiner, 78 J. a.; in Frankenthal Friedrich 
Zoch. 71 J. a. 
Telegraphischer Schiffs bericht 
der „Red Star Linie“ Antwerpen. 
Der Postdampfer „Waesdand“ der „Red 
Star Linie,“ in Antweipen, ist laut Telegramm 
am 2. Oktober wohlbehalten in New⸗York 
indekommen. 
Neueste Nachrichten. 
Würzburg, 3. Okt. Reichstagsabgeordneter 
Dr. August Stöhr (GZentrum) ist heute Nacht 
infolge eines Schlaganfalls gestorben. (3. 3.) 
München, 2. Ott. Das Gemeindekollegium 
ernannte einstimmig Moltke zum Ehrenbürger 
MNünchens. — Professor Konrad Hoffmann 
st der „Fr. Z.“ zufolage im 71. Lebensiahre ge— 
gestorben. 
Helgoland, 2. Okt. Seit Nacht herrscht 
hier schwerer Sturm, die See geht sehr 
hoch. Der dänische Schooner „Neptunus“ ist auf 
der Sanddüne bei Helgoland gestrandet, die Manr— 
chaft wurde gereitet. Der Dampfer „Freia“? und 
der Postdampfer „Cuxbafen“ ankern auf der hie— 
igen Rbede. 
Fur die Redaktion nerantwortlich: F. X. Demetz. 
(Eine interessante Pariser Zeitung.) Paris 
wird demnächst eine neue Modezeitung erhälten, 
velche viele unserer Leserinnen deshalb interessiren 
wird, weil sie in derselben eine alte Bekannte finden. 
Es ist dies nämlich nichts Anderes als eine ge— 
treue Wiedergabe der „Wiener Mode“, welche 
dom 1. Dezember an im Verlage einer großen 
Pariser Firma in französischer Uebersetzung erscheint. 
Wir beglüuckwünschen die „Wiener Mode“ zu diesem 
schönen Erfolge; der deutschen, ungarischen, böh⸗ 
mischen, polnischen und englischen reiht sich nun⸗ 
nehr die franzosische Ausgabe an, so daß die 
Wiener Mode“ in der That den Wiener Geschmadk 
ast der ganzen gebildelen Welt verkündet