Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der Marineminister hat die Mel dung erhalten, daß das zur 
deimführumg pon Truppen· na h Vera⸗Cruz fich begebende Trans⸗ 
yortschiff „la Gironde“ am 8. Febrẽ an der Portlandspitze der 
Südküste von Jamaika gescheitert, ist. Die. Mannschaft wurde ge⸗ 
tettet und ist jeztamit der Bergung des ziemlich vollständig er⸗ 
daltenen Schiffsmaterials beschäftigt. — 
Paris, 4. März. Der Avenir national erhält durch sei⸗ 
nen Telegraphen folgende Nachrichten: Das französische Trans⸗ 
vortschiff „Le Rhone“ soll heute mit der belgisch-mexikanischen Le— 
gion in Antwerpen angekymmen. — Prinz Humbert von Italien 
trift am 13. April in Paris ein und begiebt sich alsdann nach 
Wien, wo seine Verlobung mit einer österreichischen Erzherzogin 
gefeiert werden soll. — Aus Wien meldet man eine allgemeine 
Erhebung der Bevölkerung in allen türkischen Provinzen als nahe 
bevorstehend. 
Paris, 4. März. Die „France“ sucht iu einem längeren 
Artikel unter der Ueberschrift: „Die Handelspolitik des Kaiser⸗ 
reichs“ zu beweisen welche Triumphe in dieser Beziehung das 
jegenwärtige Frankreich durch seine Handelsverträge errungen ha— 
be. Der Artikel soll wohl auch dazu dienen, um Girardins Be— 
hauptung, daß Frankreich gegen alle Länder Europas, ausgenom⸗ 
men Spanieu, zurück sei, Lügen zu strafen. Die Garde-Division 
Bourbati wird schon am 156. März mit Chassepot-Gewehren ver⸗ 
ehen werden. — Diefeiernden Arbeiter hatten gestern in der 
Rue Oberkamp eine Verfammlung, der über 4000 Personen bei⸗ 
wohnten. Die Ordnung wurde keinen Augenblick gestört. 
Die „ArbeiteinstellungsKrankheit“ nimmt in Frankreich immer 
zrößere Dimensionen an; jetzt laufen auch aus den Provinzen 
Nachrichten über Arbeitseinstellung en ein, so haben z. B. in Rou⸗ 
en die Dachdecker ihre Arbeiten fistirt, in Toulon die Möbelschrei⸗ 
ner ꝛc. — Man hofft baldigst auf eine Verständigung zwischen den Ar⸗ 
beitern und den Arbeitgebern. Letziere werden wohl höhere Löh—⸗ 
ne zahlen müssen. . 
Belgien. 
Brüssel, 3. März. Die Kammern haben sich bis zum 12. 
d. M. vertagt. Man hofft, daß die Maßregeln gegen die Vieh⸗ 
euche ihren Zweck erreicht haben; in Hasselt und Umgegend sind 
bisher keine Fälle mehr dorgeklommen, ebenso in der Campine. 
Der Gieneral-Inspector der Thierarzneischulen in Frankreich, Herr 
Bouley, ist in Hasselt angekommen, um im Auftrage der Regie⸗ 
zung genauere Studien vorzunehmen. Er wird von dort sich nach 
Holland und den preußischen Gegenden, wo die Seuche aufgetre— 
len ist, begeben. — Die Studenten der freien Univerfität Brüssel 
wollen wieder einen internationalen Studenten⸗Congreß abhalien 
uimd zwar vom 14. bis 17. April. Diesmal sollen die politischen 
Fragen und die socialen Doctrinen, welde bei dem Congresse in 
Lüttich so viel unnützen Lärm machten, bei Seite gelassen werden; 
man will sich wesentlich auf die Angelegenheiten des höheren Un— 
terrichts beschränken. 
Gravenhage, (Golland) 1. März. Die Gerüchte in 
Betreff der preußischen Zumuthungen haben nachgerade in den 
letzten Tagen dergestalt die öffentliche Meinung im ganzen Lande 
aufgeregt, daß der Minister des Auswärtigen, Graf don der Zuh⸗ 
len de Myevelt, sich heute veranlaßt sah, in der Discussion des 
Budgets das Wort zu ergreifen. Preußen hat keineswegs, wie 
man behauptet (erklärte er), irgendwelche Ansprüche wegen der 
Festungen Mastricht und Venloo erhoben. Alles, was darüber 
gesprochen wird, gehört ins Reich der Erfindung. Trotzdem aber 
— schließt der Minister zu sichtlicher Ueberraschung der zweiten 
ammer — ist Vorsicht erforderlich, und dürfen wir vor keinem 
Opfer zurückweichen, um unsere Unabhänigkeit zu sichern. Dieser 
letztere Theil der Ministerrede wird diesen Abend überall commen⸗ 
tirt. Erst jetzt ist man überzeugt, daß die Regierung mehr weiß, 
als sie zu sagen für gut befindet, und dücrfte die Freiwilligen- 
bewegung im ganzen Lande sich ernstlich organisiren. Herr T. 
B. von Limburg Stirum hat gestern bereits im hiesigen „Dagblad 
ꝛinen Aufruf erlassen zur Selbstbewaffnung der hollaͤndischen wehr⸗ 
»aren Jünglinge und zur Bildung eines Nationalfonds. wozu er 
zleich 3000 Gulden unterschrieb. Der Aufruf hat zündend in 
allen Gemüthern gewirkt und dürfte in den Städten wie auf dem 
platten Lande Anklang finden. Der Holländer, so kalt er auch 
dem Fremden erscheint, gleicht dem heißblütigen Südländer. so⸗ 
bald es sich um das Wohl und das Wehe seines Vaterlandes 
handelt. Die große herrliche Bergangenheit unserer Geschichte, 
ist auch unsere Machtsonne fast untergegangen, vergoldet noch mit 
ihren Strahlen die Gegenwart und läßt uns muthig etwaigen 
Gefahren entgegensehen. 
Italien. 
zjlorenz, 3. Mär.. Dem Nuovo-Diritto zufolge beläuft 
oie Summe, welche zwischen Oesterreich und Jialien für das 
19 
n Venetien zurückgelassene Material festgesetzt worden ist, auf 12 
Mill.r In dieser Summe figuriren nicht mit die 1600 Kanonen 
velche die vsterreichische Regierung ins Innere des Kaiserreichs hai 
zringen lassen. ßc. F 
Der Movimento“ meldet aus Venedig, daß am Abend des 
27. Febr. verschiedene Zusammenrottungen vor dem Palaste des 
Zatriachen sich bildeten und schrieen: „Hängt Fahnen und Tep— 
ziche heraus? Tod den Priestern! Nieder mit den Patriachen!“ 
— Die Ordnung wurde erst dann hergestellt, als General Pe— 
xroli die Nationalgarde vor den Fenstern des bedrohten Palastes 
nufstellen ließ. — 
J Donaufürstenthümer. 
Bubkarest, 8. März. Die Kammer votirte 806, 000 Hia. 
der für die Beschickung der Weltausstellung, 180,000 Piaster 
ür interne öffentliche Nützlichkeitsbauten. 
Türkei. 
Konstantinopel, I. März. (Ueber Paris). Ein Ariikel des 
„Levant Herald“ erregt große Sensation. Das Journal consta⸗ 
irt die weite Verbreitung der jungtürkischen? Partei unter den 
Moslemin und Christen und schließt, indem es sagt, daß diese 
Zartei unter ihrem Chef Mustapha Fazyl Pascha berufen sei einen 
ingeheueren Einfluß auf die Geschicke unde Angelegenheiten des 
dandes auszuüben. 8 
Musiland. 
Petereburg, 8. März. Bei einem gestern Stalt gehab— 
en Banket brachte Großfürst Nikolaus einen Toast auf die tapfe⸗ 
ren griechischen Freiwilligen aus, „welche gegenwärtig so viel 
eiden, so heroisch kämpfen und sterben, und deren Bruͤder wäh— 
end des Krimkrieges die einzigen Verbündeten Rußlands gewesen 
ind.“ — Durch kaiserlichen Ukas ist nunmehr die Aufhebung der 
deibeigenschaft auch auf die Bauern in Mingrelien ausgedehnt 
worden. 
Petersburg, 5. März. Das Journal de St. Peters 
»ourg veröffentlicht eine Reihe Depeschen, welche Fürst Gortscha— 
kow in Angelegenheiten der orientalischen Frage, zumeist an Ba— 
ron Brunnow in London, gerichtet hat. Die Depesche vom 20. 
August v. J. schlägt vor, daß die Westmächte sich mit Rüßland 
ns Einvernehmen setzen, um ein friedliches Arrangement auf Kre⸗ 
a herbeizuführen. die Depesche vom 12. Sept. constatirt Rußlands 
lneigennützigkeit, und betont die Nothwendigkeit daß die berech⸗ 
igten Forderungen der Christen auf Creta befriedigt werden. 
die Depesche vom 27 Oct. constatirt, daß Rußlands Bemü— 
zungen zu Gunsten Serbiens Lerfolglos geblieben seien. Die 
depesche vom 23. Nov. hebt hervor, Rußland betrachte als die 
zünstigste Lösung, daß der Wohlstand der Ehristen gefördert 
ind ihnen Selbstregierung (Autonomie) unter der Herrschaft des 
Sultans zugestanden werde. Das Journal de St. Peitersbourg 
fügt hinzu, daß die seit jenen Depeschen eingetretenen Ereignisse 
nicht Rußlands Principien, sondern nur deren Anwendung modi⸗ 
ficirt und neue Verhandlungen herbeigeführt hätten. 
Von der polnischen Grenze, 2. März. Amnestirte 
Kolen sind bis jetzt im Ganzen 120 aus Sibirien zurrcgekehrt. 
Bor drei Tagen wurden dagegen zwei beträchtliche Transporte 
Berurtheilter auf der Warschau-Wilnaer-⸗Bahn nach Rußland ab⸗ 
Jeführt. 
—T Amerika. 
Wie der Times-⸗ Correspondent aus Philadelphia meldet, 
nußte die Anklage gegen den Prälidenten schon wegen der entschie⸗ 
denen Opposition des Handelsstaudes des ganzen Landes aufge- 
zeben werden. Die öffentliche Meinung sei dem Congreß nun so 
eindlich, daß die Frühja rswahlen ganz für die conservative Par⸗ 
lei ausfallen werden. Der Congreß selbst hat auch in den letz⸗ 
ten Tagen alle extravaganten Anträge an Comites, daß heißi, 
sie von der Tagesordnung ohne weitere Discussion entfernt. 
New⸗York, 2. März. Der Präsident hat gegen die Re— 
rzonstructionsbill sein Veto eingelegt. — Der Congreß hat die 
Ausgabe einer Anleihe von 50 Millionen Dollars in 3 pCt. 
Fertification angenommen. Aus Mexiko wird berichtet, daß der 
daiser Meximilian am 19. Februar sich mit 6000 Mann in 
Herfolgung der unter dem Befehl Caravajal's stehenden Streit⸗ 
räfte nordwärts gezogen und dieselben größtentheils vernichtet hat. 
Vermischtes. 
.Mäünchen, 3. März. Mit dem heutigen Schnellzug reisten 
Ministerialrath Braun und Obermünzmeister d. Haindl nach Pa⸗ 
ris ab, um dort die Aufstellung der Gegenstände der bayerischen 
Aussteller zu leiten und die nöthigen Vorkehrungen für eine wür— 
dige Repräsentation der ei heimischen Industrie und Kunstwerke 
zu treffen. Voraussichlich werden die beiden Herren erst gegen 
Mitte des nächsten Monats zurückkehren, da ihre Thätigkeit sehr