Full text: St. Ingberter Anzeiger

* Frankreich. 
Paris. Der Abvenir national“spricht sich über die Abtretung 
des russischen Amerika's an die Vereinigten Staaten, ein Ereigniß, 
dessen Gewicht Niemanden entgehen kann, in folgender Weise aus; 
„Die geringfügige, Summe, welche in Tausch für das ungeheure 
Gebiet gegreben worden ist, läßt die ganze politische Bedeutung 
dieser Transaction um so mehr hervortreten. Schon seit lange 
durfte man nicht mehr an dem Bestehen eines sehr herzlichen Ein— 
verständnisses zwischen Rußland und den Vereinigten Staaten zwei— 
eln. Jetzt wissen wir, daß es nicht mehr allein ein herzüches 
Finverständniß ist, mit dem wir es zu thun haben, sondern ein 
virklicher Pact, kraft dessen diese beiden Staaten einem bestimmten 
Ziele entgegengehen. Kein Buͤndniß ist für eine europäische Re— 
gierung wünschenswerther, als dasjenige der amerikanischen Repu— 
blik. Lange waren wir diese Verbündeten, und wenn heutzutage 
die sehr alten Gefühle, die uns an die große Nation banden, ge⸗ 
ichwächt sind, so haben wir uns das selost zuzuschreiben. — 
Paris, 6. April. Der „Monde“ scheint allmählich von 
einem Gedanken, daß Preußen Luxemburg aufgeben werde, zu 
cückzukommen, und nun fällt er mit neuer Wuth über Deutsch— 
land her. In seinem Grimm läßt er sich zu den, lächerlichsten 
Aussprüchen verleiten, wie daß die Kaiserkrone stets bei den fran— 
öösischen Königen geblieben wäre, daß es nie ein Deutschland 
zegeben hätte, daß dieses ein vager Begriff wäre, die Franzosen 
wären eben so gute, Germanen wie die sogenannten Deuischen, 
und andere Ausbrüche wahren Wahnsinnes mehr. Der franzosi— 
chen Unwissenheit kommt doch nur die französische Keckheit gleich. 
Heute ist die Situation noch viel gespannter als gestern. Man 
pricht allgemein davon, daß in Preußen das einzige Hinderniß 
legen die Verwirklichung der Luxe nburger Frage zu suchen sei— 
Zo spitzt sich die Situation immer mehr zu einer directen 
Hegnerschaft zwischen Preußen und Frankreich zu.. Alle officiösen 
Zeitungen sprechen dies heute offen aus. Die „France“, die Presse“ 
finden das Vorgehen Preußens unverantwortlich und machen fich 
besonders darüber lustig, daß sich der preußische Premier auf ein⸗ 
mal von parlamentarischen Bedenken bestimmeü. lasse, nachdem er 
ünf Jahre lang den preußischen Lammern zum Trotz und entge⸗ 
gengehandelt hat. Keines der französischen Blätter bedenlkt, daß 
der König von Holland nicht sein Land dem deutschen Bunde hat 
beitreten lassen, sondern daß ihm ein deutsches Land übergeben ist 
daß die deutsche Eigenschaft des Landes viel älter und besser be⸗ 
grundet ist, als die Herrschaft der oranischen Kramerfürsten. Das 
Beste aber ist, daß die französischen Offiziösen sich geberden, als 
ob die gereizte Stimmung zwischen Fraukreich und Deutschland 
von letzterem ausgegangen sei, wührend es doch notorisch ist, daß 
die Deutschen nie daran dachten, frauzösisches Territorium zu ver⸗ 
letzen, als die franz. Klerikalen und sogenannien Liberalen schon zu An⸗ 
griffen auf Deutschland in äußerster Wuth aufmunterten. Die 
Boöͤrse zeigte sich von den drohenden Aspekten äußerst e.schreckt, 
und machte heute eine außerordentlich große Baisse durch. Die 
offentliche Meinung ist im höchsten Grade beunruhigt und fürchtet 
den Krieg sehr. Die Gerüchte, welche die Baisse der Böorse veranlaß⸗ 
sen, waren folgende: in Rußland gehen starke Truppenbewegungen 
vor sich; Frankreich wird Preußen bestimmt auffordern Luxem— 
burg zu räumen. Der Moniteur wird dieser Tage eine kriege⸗ 
cische Note oder selbst ein Manifest enthalten; Bewaffnungen find 
angeordnet; Baisse herrscht auf der Berliner Börse; der Marschall 
NaceMahon ist durch den Telegraphen nach Paris berufen. Diese 
Herüchte sind gewiß sehr übertrieben, aber sie zeigen den erregten 
Zustand der Gemüther und die Erwartungen, die man von der 
Zukunft hegt. 
Paris, 7. April. Ein offizieller Anschlag an der Börse 
erklärt die Nachricht, welcher zufolge ein Ultimalum an Preußen 
gesendet wäre, für unbegründet. — Die Patrie dementirt noch 
—2 verlangt aber. daß Preußen Luxemburg zurück- 
gebe (). 
Belgien. J 
Brüfsel, 6. April. Unsere Börse ist in einer panischen 
Furcht. Die Baisse aller Fonds überstürzt sich förmlich. Von 
einem Stillstehen ist gar keine Rede, namentlich fallen die Metalli— 
zjues wie zu Zeiten des vorjährigen Krieges. Man fragt ver⸗ 
zebens, auf welche Nachricht hin. 3 75. 
Englan d. 
— London, 3. April. Der Pall Mall Gajette schreibt ein 
Lorrespondent, im welchen sie großes Zutrauen setzt: „Der Vor— 
schlag, Luxemburg an Frankreich zu verkaufen, ging nicht 
»on den Tulerieen aus, sondern wurde persönlich von dem 
ktönige der Niederlande gemacht. Dies ist ein wichtiger Umstand 
denn er zeigt, daß die ganze Sache nicht, wie vielfach vorausge— 
jetzt wird, irgendwelchen. feindseligen Absichten des Kaisers Napo⸗ 
ieon gegen Deutschland entsprang, sondern einfach ein Geldscha⸗ 
her ist, der die Privatschatulle des Svaniers berdichernnollte. Kö. 
nig Welhelm III. stedt schog Jange in finanziellen Nöthen und 
liegt seit Jahren mit seinen Ministern in Fehde, weil fie seinen 
bermäßigen Ansprüchenan die Staatskasse nicht genügen wollen. 
Mit Eifer ergriff er Ddaher die Gelegenheit, elen profitlichen Han— 
el mit dem Kaiser du machen, und Preußetgzerkannte bald den 
Brund der Hartnäckigkeit, imit welcher der Nönig sich weigerle 
das unzweifelhafte Recht Preußens auf die militärische Besetzung 
her Festung Luxemhurg anzuerkennene . 
uli Türkei. α 
Konstantänopel, 6. April. Anstatt in Thessalien über— 
iimmt Omer Pascha das Obercommando auf der Insal Condia. 
Der hiesige russische Gesandte General Ingnatieffeeist zu dem 
sange eines außerordentlichen Botschafters erhoben worden 
Amerikg. 
New-⸗York. 16. März. Der Nothstand im Süden nimmt 
mmer größere Dimensionen an, besonders unter der Classender 
armen Weißen. Diese sjnd beinähe, dem Hungertode nahe üund 
—B ——— Garten⸗ 
ämereien, um vor Allem- ihr, Land, Pestellen und einige 
ebensmitteln darauf erzielen zu koͤnnen. Es ist schon viel durqhh 
reiwillige Gaben seitens des, Volkes im Norden geschehen, abet 
»ies reicht nicht aus. — Der anhaltende Regen hat dadurch 
aß er Flüsse und Bäche zum, Austreten veraulaßte, ungeheuern 
Schaden in fast allen Staaten der Union angerichtet, bejonders 
ind Ohio und Ost⸗Tenessee schwer heimgesucht worden. 
Die ersten Frühjahrswahlen, in Amerika zeigen bereits eine 
Kealtion der öffentlichen Meinung gegen die Radikalen. Die Con⸗— 
zreßpartei hat zwar in NeweHampshire, das imnmier von Republi⸗ 
anern vertreten war, gesiegt, aber mit einer weit geringeren Ma— 
orität als früher. In Connectikut, wo am 1. d. M. die Wah— 
en stattfinden. zweifelte man nicht an dem Sieg der Demokraten; 
die Wahl Barnums, des hekanuten Gauklers, im vorigen Monat 
jat alle ordentlichen. Leute gegen die Radikalen aufgeregt; auch 
der New-York Herald, gewohnt, seine Fahne nach, dein Wind zu 
drehen, ist wieder ins Lager der Demokraten übergegangen und 
hringt heftige Artikel gegen die Wahl Barnunis, des Humbug; 
r erzählt, daß Barnum eine Bude in der Hauptstadt aufgeschla⸗ 
jen und Denen freien Eintritt gegeben, die ihm ihre Stimnme 
ꝛersprachen. —R——— — 
— WCewegYyork,. 4. April. Nachrichten aus Mexiko melden, 
ʒaß Quaretaro von den Liberalen umringt sei und die Erstür— 
nung begonnen habe. 
Wermisschte ö 
7 Es ist bis jetzt vorgelommen, daß Richter sechs? und noch 
nehrere Jahre als Unterfuchungsrichter aufgestellt waren., Da ein 
llzulanges Bekleiden des fraglichen Dienstes Uebelstände nach sich 
ührt,“ wurde vom Justizministerium“ die: Dauer der Bekleidung 
)es Untersuchungsrichteramtes auf. 8. Jahre festgesetzt. 
F Zweibrücken, 4. Aptil. Heute hat das kgl. Appel⸗ 
ationsgericht dahier ein Urtheil erlassen, wodurch ausgesprochen 
st: daß kein Strafgesetz gegen die zur Kriegsreservereinberufenen. 
Widerspenstigen bestehe, demnach gegen solche auchkeine Strnie 
usgesprochen werden könne. Ein gewisser Friedrich Simon von 
S„chweigen bei Weißenburg war am 1. März abhin wom Zucht⸗ 
olizeigerichte zu Landau aus dem angegebenen Grund freigespro⸗ 
hen worden; die kgh Staatsbehörde halte appellirt, das Urtheil 
on Landau wurde aber vom kgl.“ Appellativnsgerichte bestätigt. 
In beiden Instanzen war von der Vertheidung zur; Beseitigung. 
eder Strafbarkeit, auch die Amnestie, welcheim Friedensschlusse 
wischen Bayern und Preußen vom vorigen Jahre ausgesprochen 
st, angernfen, in Landau als erstes Vertheidigungsmittel, hier aber nur 
n zweiter Linie. Das Zuchtpolizeigericht hatie diese Amnestie als 
den betreffenden Straffall nicht begreifend erklärt; das kal. Ap⸗ 
zellationsgericht erklärte die Untersuchung dieser Frage für über— 
lüssig, weil ja überhaupt kelne strafbare Handlung vorliege. 
Ohne Zweifel wird diese:: Sache noch an den Kassationshof 
ommen. 6weibr. Wochenbl.)n“, 
F München- Der höhere Bedarf an Viktualien, namentlich 
in Fleisch, in Paris macht sich auch bei uns durch Steigerung 
der Preise fühlbar; gutes Schlachtvieh wird in Bahern. allenthal⸗ 
den von Pariser Agenten zu ungewöhnlich hohen Preisen aufge⸗ 
auft, Lieferungsverträge für die ganze Dauer der Ausstellung 
verden in beträchtlichem Umfange abgeschlossen. 
München. Im hiesigen Polizei⸗ und Stadtgerichtsge⸗ 
ängnisse wurden neulich große Wolldecken auf vriginelle Art ge⸗e 
tohlen; ein Paar eingesperrte, Damen“ hatten sich daraus Unter 
löcke gefertigt und bei ihrer Entlassung sich mit denselben entfernt. 
fMannheim, 5. April. Die Blumenaussftellung des hie⸗ 
gen Gartenbauvbereins Flora, die der Maimesse vorangehend und