Full text: St. Ingberter Anzeiger

Berlin, 10. April. Die Nordd.Allg. Ztgalhebt hervor, 
die Festung Lurxemburg habe die nationale Verpflichtung auf sich, 
dem Deuͤtschen Bunde zum Schutze zu dienen, sowig den internd 
tionalen Zweck, die belgische Neutralität zu garantiren. Die Auf⸗ 
lösung' des Deutschen Bundes habe diese Stellung icht geändert. 
Preußen würde, wenn es die Besetzung Luxemburgs einseitig, d. 
h. ohne Zustimmung der londoner Conferenzmächte, aufgäbe, seine 
nationalen und internationalen Verpflichtungen verletzen. Diesen 
Erwägungen scheine auch die Rede Moustiers folgen zu wollen 
Daß eine Absicht, Luxemburg in den Norddeutschen Vund aufzu⸗ 
nehmen, nicht besteht, habe bereits Graf Bismarck im Reichstag⸗ 
erkläft. 
Baarlin, 10. April. Ueber die Zustände jn Polen schreibt 
ein Correspondent der A. Z.: „Das Land ist bereits ganz russisch, 
ohne daß man es bis jetzt für nöthig gehalten hat, den Namen 
Polen auszustreichen. Im ganzen Lande herrscht die Ruhe eines 
sirchhofes, und suß der katholische Clerus hat seine Agitationen 
eingestellt, nachdem fünf oder sechs junge Geistliche eine unfreiwil—⸗ 
lige Reise gegen Osten angetreten haben, von der sie nicht zurück; 
gekehrt sind. Von höheren Beamten polnischer Nationalität ist 
ntichts mehr vorhanden, und alle unteren Beamten sprechen bereitt 
für gewöhnlich russisch. Blos polnische Schriftstücke, ohne beige⸗ 
fügte russische Uebersetzung finden weder bei der Justiz noch bei 
der Verwaltung Beachtung, und man hat sich daher bereits darar 
gewoͤhnt, alle Eingaben nur rujssisch abzufassen. In allen Unter 
richtss Anstalten den höheren, wie den niederen, wird dem russischer 
Sprachunterrichte ebensoviele Zeit gewidmet, als dem polnischen 
und allerorten entstehen kleine griechische Kirchen. So sind die 
Gränzen zwischen Ruͤßland und Polen bereits vollständig verwischt 
wenn auch daß Land guf der Karte von Europa noch Parade 
macht.“ .. . 
Berblbin, 11. Aprik. Die Bevollmächtigten der norddeut 
schen Bundesregierungen haben gestern, Mittwoch Abend 7 Ahr, 
ihre Berathungen über die Beschlüsse des Reichstages begonnen 
und 32 Stunden lang fortgesetzt. Heute Nachmittag“ 8 Uhr 
fand die zweite Conferenz staft. Die Berathungen werden im 
ZStaatsministerialgebäude uͤnd nicht im Gebiiude des Herrenhaäuse 
abgehglten. .. — 
Berlhin, 12, Aprit Der Vorstand des deuischen Ratio 
nalvereins tritt am 14, April (Sonntag) hier zusammen. 
Berlin, 15. April. (Reichstagh. Graf Bismarch erklärte 
die Bundes-Regierungen acceptiren die allermeisten Verfassungs— 
Amendements, falls das Haus nachgiebig sei in den Amendemente 
betreffend die Diätenfrage und Heereseinrichtungen, welche die Re 
gierungen nicht annehmen. Die Bundes-Commissärxe werden fid 
im Laufe der Debatten nähet aussprechen.. 5— 
Gegenüber den Ausführiumgen Reichenspergers, nach welchen 
Preußen keinen Grund habe, den Abänderungen betreffs der Diä— 
ten und Heereseinrichtungen ein kategorisches Rein eingegen zu setzen 
bemerkt Bismarck? Wenn es dem Redner gelingt, seine Ansichten 
zur Geltung zu bringen, würde ich nicht glauben, das Verfafsungs 
werk durchfuͤhren zu können und würde den König. um mein⸗ 
Entlasung dinen 533 5 
Wien, 1x. April. Daß das Minisierium für die westücht 
Reichshälfte noch vor Eröffnung des Reichsrathes verstärkt werden 
wird, ist gewiß; die, Personalfragen sind aber.noch nicht entschie— 
den.“ Als fichet gilt, daß Herbst in das Cabinet tritt. — Graf 
Cibrario ist nach Florenz berufen worden, da er hjer auf Schwie 
rigkeiten gestoßen ist, die sich auf einzelne Bestimmungen des Frie— 
densvertrages beziehen sollen; die von italienischer Seite bis jetzt 
noch nicht erfüllt worden sindene 48 7... 
Wien 12. AprisAufsehen macht die Nachricht einer hie 
sigen militärischen? Jeitung, daß die Hinderlader nach dem System 
Wängel, welche bereits angenommen wurden“ und schon massen⸗ 
haft in Arbeit sind, nun für unbrauchbar erklärt worden seien.“ 
Prag, 13.- April. Die „Bohemia““ meldet als zuver⸗ 
lassig: Professor Herbst habe das ihm angebotene Portefeuille für 
jezt abgelehnt. » J 9J 
Ag ram, 12. April. Der croatische Landtag ist für den 
J. Mai einberufen. — Hofrath v. Cseh hat, heute als königlich 
angarischet Commissar von Fiume und dem Littorale Besitz er— 
griffen, Die Thatsachemacht hier“ einen“ niederschlagenden 
Eindruchkh . 5 D 
Frankreich. 2 
Paris, L1. April. Der Monde fürchtet fürn den: Fall 
—D 
neutral bleiben, Rußland sich aber, vor Englaud durch Ameriko 
geschützt mit Preußen verbünden würde. Dagegen ist es Factum 
daß die hiesige österreichische Gesandtschaft fich sehr, günstig für 
Frankreich ausspricht, ja Fürst Metternich soll schon: Andeutungen 
eines Bündnisses zwischen Frankreich uund Oesterreich fallen lassen, 
doch man weiß, daß der Fürst ein Brausekobpf und dabei ein 
tarker Gegner g Preußens ist. Daß Kaiser Rapolcen zwischen 
Spanien und Engand interveniren will, wird hier gleichfalls als 
ein für Frankreich günstiges Symtom aufgefaßtz deme es ein 
Zeichen des guten Einvernebmens zwischen —5399 und Eng 
and sel Der International enthaͤlt heute eknen sehr vfrledlichen 
Artikel. Er sagt, de Streit schwebe⸗Aur zwischen Preußen und 
»em holländischen König, dessen Souveränität von dem ersteren 
heeinträchtigt würde; Frankreichs Ehre, ja Interesse sei gar nicht 
bei der Angelegenheit betheiligt. -Es, würde dieser Ausspruch des 
ffiziösen Journals noch inehr, Wichtigkeit had wenn dasselbe 
nicht zu offenbar filr das englische Publikum bestimint wäre. Die 
*rancẽ widerlegt mehrere beunruhigende Gerüchte die hier umlie— 
en, wie; Der General Graf v. Palikao habe e Feghiter 
Tagesbefehl erlassen, die Reserpen seien eingezogen — —— 
ito besser, daß das nicht wahr ist ! —Man erzählt hier Wunder 
dinge von einer kleinen neuerfundenen Kanoue, die von zwei Mann gezo— 
gen und gehandhabt werden kann. Dieses kleine Mordinstrument joll die 
—— 
Kanone ist jetzt versuchsweise bei der Batden eingeführt worden. 
Wir sehen den Nutzen diefes Herniaphroditen giwijchen Handwaffe 
umd schwerem Geschütze nicht recht ein nu 5 
Pariz 12. Aprit Man liest ig der Fraiice, Die Groß 
nachte iaufchen in diescht Au deublche. Detheilun gen uber die 
Fragen aus, welche hnein bezitglich des Großhetzogchums Lurem⸗ 
burg ünterbreitet aͤnd Went boit gut, untertichtet sind, sohatten 
diese Mittheilungen n ein Zwecke eine Combination 
zu finden, welche geeignet sein die gerechten Empfindlichtesten Frant 
reichs zu heruhigen uͤnd Fureha vor eee d Krie⸗ 
gez zu bewahr enn. J 
et — 31 
Dv dibecte lüht Ich hute Zerlin melden. bat itz jeht di 
Nachricht. Herr Beusdett 9 den Eonig vhli Preußen fiüigelen 
— 5 
ßari 3.12. Aprileen Diel Opinton mationale“ veroffen 
sicht die Petition dex Luxemburger Einwohner an den König pon 
Zolland.: Dieselbe lautet Sra Maje WithelmIII.. Konjg et 
Riederlande, Furst pom Oranien⸗ Nassaujn Großherzog von Luxeme 
hurg u. sa w. Sire! Gestasten: Sig mehreren Ihrer treuen Un- 
terthanen Einwohnern, der Stadt; Luxemburg, iu diesem Augen- 
blicke tiefer Besorgniß ihrt Stimme an Ihren Thron gelangen, 
zu iassen. Luxemburg hat, glücklich und; freigrnmter dem Scepter 
Ihres glorreichen Haufes: Prosperirtures: wird ein; ewiges und, ers 
enntliches Aundenken, daran: bewahren.n Heute sind die Geschicke 
Ihrer Majestät und unserem · Lande /zuwider die Jage nserer 
Inabhängigkeit scheinen gezähltez Nach den ernsten Exeignissen des 
retzten Jahres, die den früheren deutschen Bund gerstoͤrt haben, 
tönnen wir in dienAufrechthaltung unserer, natiogalen Existenz, 
kein· Vertrauen mehr haben.Die Festung Luremburg wird ent— 
weder zu Norddeutschland oder zu Frankreich gehdren. Was auch 
komme, das Land wird unbermeidlich cden Geschicen der Nation 
rolgen, die Herrin der Hauptstadt istzen Wennf unter diesen Um⸗ 
dänden nein Schein von Selbstständigkeit uns vorbehaltensein 
koͤnnte, so koͤnnte doch diese Salbststandigkeit nur ephemer, und 
ungewiß sein; eine solche Situationm würde nur, den Kampfdes 
Landes verlängern oönnen. Einerseits wünscht Frankreich die An— 
— DD—— 
hum vor seinem Anschluß an den morddeutschen Bund, vor, seis 
iem Aufgehen in Deutschland zurüch. Wir bewundern, Deutsch⸗ 
and, aber unsere Sympathien, unsere Sitten, unsere Ueberlieferungen, 
mserlebhaftes Gefuͤhl für Gleichheit, unjere hundertjahrigen Freiheiten 
iehen uns nicht zu ihm, wohl aber zzu Frantkreich hin.Dort 
koͤnnen wir Alle ein neues Vaterland/ wieder finden,uns eine 
neue Zukunftschaffen.r Unden Diesen. Gefühle, dieseHoffnungen, 
theilt das ganze Land,tnnn Wenn der Krieg zum Ausbruch kammen 
ollte, so würden wir, welchestn auchein. Ausgang, wäre, die er⸗ 
ten Opfer dapon sain; schon zittern, wir sür unsern Herd, une 
ere Familien,“ unser Schichsale Ew. Majestäte wird in Ihrer 
ochherzigen⸗ Güte unsert Unruhe: begreifen, And; unsere Klage eitts 
chuldigen. Wenn Sie, wie wir, fürchten, daß, unsere: Unab— 
zängigkeit, so theuer sie uns gauch seinl möge, uns nicht, gargntirt 
werden könne, so können Sie Sire, ohng Ihrer väterlichen, Mije 
ion zu schaden und ohne die Inleressen uxemburgs preiszugeben 
dem Wunsche Frankreichs beitreten.z Die unzweideutige Viebe zu 
unserem theueren Land, die Sorge für, seine Zukunft geben uns 
diese, Sprache ein. Was auch lommen zmöge, niemals wird die 
Anhänglichteit an die glorreiche und edle Familie der Oraniex 
in unsern Herzen ersterbeu. Eq lebe Könjg WilhelmIII.!“ IAfFol⸗ 
zen die Unterschriftennir 
Par isi: 18. Aprit. IDie LArbeiterbewegungen machen einen 
immer unheimlicheren Eiidruck, Mehrere Deputirte sind entschlossen 
die Regierung über die Anwendung umd die Folgen des Gesetzes 
vom 25. Mai 1866 zu: interbellirenenuca Die: Truppeunbewegnugen 
ind Vorbereitungen zud Mobilmaching nümd in sFrankreich im