Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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der ISt. Ingberter An zeig ex“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnersstag, 
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Nro. 48. — Samistag, den 20. April 18867. 
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Deutschland. 
München, 16. April. Das Infanterie-Leibregiment em— 
pfängt heute 2500 in Hinterlader umgewandelte Podewils-Ge— 
wehre und hat dieselben sofort in Gebrauch zu nehmen. Das 
hier garnisonirende Jäger-Bataillon exerzirt seine Rekruten schon 
seit mehreren Tagen mit solchen Gewehren. Die Handgriffe beim 
Laden sind auf vier reducirt, sie sind sehr einfach und die Aende— 
rung im Erxercier-Reglement demnach nur eine geringe. Die Ab— 
sicht auf dem Marsfe'de ein Militär-Krankenhaus zu bauen, ist 
aufgegeben worden. Vom Gemeindecollegium ist der Antrag des 
Magistrats, dem Aktien-Volkstheater ein Kapital von 10,000 fl 
zu leihen, einstimmig abgelehnt worden. Bei der gestrigen Ver— 
dosung der Staatsschuld wurden von den 392 procentigen und 
auf 400 arrosirten Mobilisirungs-Obligationen gezogen, von der 
nuf Namen lautenden Obligationen Nr. 95, von den Obligatio 
nen au porteur Nꝛ. „—44. 
München, 17. April. Aus BVerlin wird telegraphisch be— 
richtet: Graf Tauffkirchen ist gestern vom König empfangen wor⸗ 
den und reiste sofort nach Wien weiter. (Die Seidung des Gra 
fen soll sich auf die luxemburgische Angelegenheit beziehen. 
Landau, 18. April. Gegenüber mehrfachen namentlich 
pon badischen Correspondenten gebrachten allarmirenden Berichten 
uͤber bedeutende Rüstungen sowohl in dem Arsenale als an den 
Befestigungswerken von Straßburg, können wir aus verläßlicher 
Quelle versichern, daß erstere sich nur auf untergeordnete alljähr⸗ 
lich stattfindende Arbeiten beziehen, und von letzteren — mit Aus—⸗ 
nahme der Renovation eines kleinen Vorwalls vor dem Steinstra— 
zer Thore — sonst nirgends eine Spur wahrzunehmen ist, indem 
die Füllung fämmtlicher Gräben und Kessel lediglich durch bei— 
piellose Anschwellung und massenhaften Austritt der Ill und 
ämmtlicher Bäche des Unterelsaßes bedingt ward. Auch die Gar— 
nison der Festung ist in den letzten Wachen nicht vermehrt wor— 
den; dagegen sieht man fast mit allen Eisenbahnzügen beurlaubte 
Soldaten mit dem Bündel unter dem Arme in die Heimath wan— 
dern, und erscheint überhaupt die Stimmung dortselbst — trotz 
der kürzlich eingetroffenen Nachricht, daß von den aus Mexico 
zurückkehrenden und in St. Nazaire bereits gelandeten Truppen 
einige Fuhrwesen-Compagnien nach Straßburg verlegt werden 
ollen — keineswegs eine kriegerische oder ängstliche. (A. W.) 
Dienstes⸗ Nachri chten. 
Seine Majestät der König haben sich allergnädigst bewogen 
gjefunden, unterm 138 April l. Is, die erledigte protestantische 
—farrstelle in Heimkirchen Decanats Kaiserslautern, dem bisheri— 
gzen Pfarrer in Luthersbrunn, Decanats Pirmasens, Joh. Karl 
Schöfer zu verleihen. J 
Durch Regierungsbeschluß vom 17. April wurde der Schul⸗ 
oerweser Peter Maurer in Contwig zum Lehrer an der obern 
kathol. Schulstelle daselbst vom 1. Mai l. J. an ernannt. 
Generalmajor Graf Pappenheim wurde zum Commandanten 
der 3. Cavaleriebrigade, Generalmajor Frhr. v. Seckendorf zum 
Tommandanten von RNürnberg, Geralmajor Hebberling zum Com— 
mandanten von Passau, Oberst Dietl mit Beförderung zum Ge— 
deralmajor zum Commandanten von Ulm und Oberst Höggenstal⸗ 
ler zum Commandanten des Invalidenhauses ernannt; General⸗ 
capitän Frhr. v. Hohenhausen wurde zum General der Cavalerie 
befördert. 
Karlsruhe, 16. April. Die „Karlsr. Ztg.“ dementirt 
die Nachricht, Rastatt sei von preußischen Truppen bereits besetzt, 
und fügt dann hinzu: „Wir dürfen übrigens mittheilen, daf 
zuch die Nachricht, es werde zwischen süddeutschen Staaten und 
Preußen über die Besetzung der füddeutschen Festungen durch 
dreußische Truppen verhandelt, auf, einem Irrthum beruht. Die 
allgemeine politische Lage und die militärischen Verhältnisse von 
Süddeutschland euthalten glücklicher Weise keinerlei Grund, sei es 
zu Kriegsrüstungen solcher Art, sei es zu Demonstrationen gegen 
das Ausland.“ (Wir erlauben uns nur zu bemerken, daß wir be 
dauern würden, wenn die Frage der Besakung der' üüddeuticher 
Festungen nicht offiziell erwvogen würde. Daß Verhandlungen da— 
rüber nicht an die große Glocke gehängt werden, finden wir üb— 
rigens ganz natürlich. In kriegsdrohenden Zeiten muß man 
sich in Betreff von militärischen Vorkehrungen zu bescheiden 
wissen.) 
Frankfurt, 15. April. Der Geh. Ober-Postrath Stephan 
ist gestern hier eingetroffen behufs Regulirung der Uebernahme 
des ehemals Thurn und Tarxisschen Postwesens. 
Berlin 15. April. Dem Reichstagsabgeordneten Morritz Wig- 
gers ist, wie die „Volks-Ztg.“ berichtet, eine von etwa hundert in New— 
Hork ansässigen Deutschen unterschriebene Adresse vom 30. März zuge— 
jangen, in welcher ihm, Namens der zahlreichen Deutschen in 
Amerika, zu seiner Wahl in Berlin als Abgeordneter zum nord— 
deutschen Parlament Glück gewünscht wird. Es heißt in derselben 
unter Andern: 
Heute steht Deutschland wieder wie vor 18 Jahren am Vor— 
abende einer bedeutungsvollen Epoche, wie damals ist es die 
hohe Aufgabe der Männer des Volkes, über den Gräbern gefal⸗ 
lener Bruͤder die Errungenschaften eines ruhmreichen Friedens 
zum Besten des Bürgerthums, der Gesammtheit der Nation zu 
wenden. .. Berlin, würdig, die Hauptstadt eines freien einigen 
Deutschlands zu heißen, groß und aufopferungsbereit im Kriege, 
ist größer und patriotischer noch im Frieden; das demokratische 
Berlin, Ehre und Dank seinen mannhaften und selbstbewußten 
Bürgern, hat seine erhabene Pflicht erkannt und erfüllt, indem 
es erprobte Volksmänner als Vertreter in das norddeutsche Par— 
lament wählte. .. Aller Augen sind mit Spannaung auf die Ent⸗ 
wickelung der Dinge in Deutschland gerichtet und namentlich nimmt 
der Deutsche diesseits des Oceans den regsten Antheil an dem 
Verlaufe der Begebenheiten im alten theuren Vaterlande. .. 
Möge es gelingen, die Nation aus ihrer theilweisen Zersplitter— 
rung herauszureißen, und einen auf dem Fundament echter Frei⸗ 
heit und wirklicher, nicht bloß soldatischer Einheit errichteten Neu— 
bau auszuführen. Von diesem Wunsche beseelt, wünschen die 
Anterzeichneten Ihnen Glück zu ihrer Erwählung, indem wir zu— 
gleich unser unerschütterliches Vertrauen aussprechen, daß Sie 
Ihrem Mandate, den Erwartungen Ihrer hochherzigen Woͤhler 
und den ernsten Forderungen des intelligenten deutschen Volkes 
vosle Rechnung tragend, mit dem alten unbeugsamen Muthe für 
dessen Rechte und Freiheit einstehen und mit aller Kraft Ihres 
Geistes und Ihrer Beredsamkeit dahin mitwirken, daß die auf 
Freiheit gestützte Einheit Dentschlands errungen, dasselbe auf Jahr— 
hunderte groß und mächtig nach Außen gemacht und im Innern 
zu Glück und Wohlfahrt geführt werde! Zugleich bitten wir Sie, 
bei Ihren Wählern der Dolmetscher unserer brüderlichen Gefühle 
und Gesinnungen zu sein, und dieselben unserer tiefen Hochach— 
tung zu versichern. 
Berlin, 17. April. Die „Norddeutsche Allg. Zig.“ 
schreibt als verläßlich: Alle Zeitungsbehauptungen über diploma— 
tische Erklärungen Preußens und Frankreichs betreffs Luxemburgs 
sind unbegründet. In letzter Zeit haben überhaupt keine diplo— 
matischen Erörterungen über die Luxemburger Frage stattgefunden; 
diese Angelegenheit befindet sich im völligen Stillstand. 
Berlin, 17. April. (NRach der Köln. Ztg.) Reichstag. 
Eröffnung der Sitzung 10 Uhr 20 Min. Vormittags. Bismarck: 
Nach Ueberreichung der Beschlüsse der gestrigen Sitzung des Reichs— 
tags durch den Präsidenten waren die Vertreter der Bundesregie— 
rungen gestern versammelt. Es wurde beschlossen, der Verfassung 
zuzustimmen. In Folge dessen und kraft meiner Vollmacht er— 
kläre ich die Verfassung des Rorddeutschen Bundes durch den 
Reichsstag und die Regierungen für angenommen. (Beifall.) Der 
Graf verliest hierauf die königliche Volschaft, wornach der Reichs⸗ 
tag heute um 12 Uhr im Weißen Saale durch den Königge— 
schloßen werden soll. Schluß der Sitzung 11 Uhr 45 Min. 
Berlin, 17. April. Reichstagschluß. Der König verlaß 
persönlich die Thronrede folgenden Inhalts: Ich sehe Sie mit 
rufrichtiger Genuathuung wiederum um mich versammelt. Di—