Full text: St. Ingberter Anzeiger

jüngst durch die Regierungen ausgesprochenen Hoffnungen sind 
durch Sie erfüllt worden. Sie haben im patriotischen Sinne 
Ihre große Aufgabe erfaßt, und mit freie Selbstbeherrschung die 
gemeinsamen Ziele im Auge behalten. Es ist darum gelungen, 
das Verfassungswerk auf sicherem Grunde aufzurichten, dessen wei⸗— 
tere Entwickelung wir zuversichtlich der Zukunft überlassen dürfen. 
Die Bundesgewalt ist mit Befugnissen ausgestattet, welche für 
die Bundeswohlfahrt und Bundesmacht unentbehrlich und auch 
ausreichend sind. Den Einzelstaaten blieb unter Verbürgung ihrer 
Zukunft durch die Bundesgesammtheit die freie Bewegung auf 
allen Gebieten die Mannigfaltigkeit ihrer Entwicklung und Selbst 
ständigkeit, und soweit es zuverlässig und ersprießlich, ist der 
Vollsvertretung die Mitwirkung an der Verwirklichung der großen 
Nationalaufgabe gesichert, welche dem Geiste der bestehenden Lan— 
desverfassungen und den Bedürfnissen der Regierungen entspricht. 
Um die Regierungsthätigkeit vom Einverständnisse des deutschen 
Volkes getragen zu sehen, haben Alle, die an dem Zustandekom⸗ 
men des Nationalwerks mitgewirkt, Regierungen sowie Volksver 
tretungen, freiwillige Opfer ihrer Ansichten und Wünsche gebracht 
in der Ueberzeugung, daß sie diese Opfer für Deutschland brin 
gen und unsere Einigung sie werth sind. Im allseitigen Entge— 
genkommen, durch Ausgleichung und Ueberwindung der Gegensätze 
liegt gleichzeitig die Bürgschaft, daß eine fruchtbare Bundes-Ent— 
wickelung gewonnen ist. Der Abschluß des Bundes rückt auch die 
Hoffnungen, welche uns mit unseren süddeutschen Brüdern gemein— 
sam sind, der Erfüllung näher. Die Zeit ist herbeigekommen 
wo das deutsche Vaterland durch seine Gesammtkraft seinen Frie 
den und sein Recht werde zu vertreten im Stande sein. Das 
durch den nationalen Reichstag zu erhebendem Ausdruck gelangte 
—AI 
Widerhall. Nicht minder aber sind die deutschen Regierungen und 
das deutsche Volk darüber einig, daß die wiedergewonnene Nati— 
onalmacht vor allem ihre Bedeutung in der Sicherstellung der 
Segnungen des Friedens zu bewähren hat. Das große Werk, 
woran mitzuwirken die Vorsehung uns gewürdigt, geht seiner 
Vollendung entgegen. Die Volksvertretungen der einzelnen Staa— 
ten werden Dem, wos sie gemeinschaftlich mit den Regierungen 
zeschaffen, ihre Anerkennung nicht versagen; der Geist, welcher die 
Aufgabe gelingen ließ, wird auch ihre Berathungen leiten. Der 
erste Reichstag des Nordbundes darf mit dem erhebenden Bewußt⸗ 
sein scheiden, daß der Dank des Vaterlandes ihn begleitet und 
daß das aufgerichtete Werk unter Gottes Beistand sich segensreich 
entwickeln werde für uns und die künftigen Geschlechter.“ Got! 
segne unser theures Vatersland.“ 
Aus Wien, 15. April wird der Allg. Ztg. von zwei Sei— 
ten geschrieben, daß Freiherr v. Beust sich entschlossen habe, den 
beiden Mächten, welche um Luxemburg in Conflict zu geraihen 
drohen seine guten Dienste zur Verfügung zu stellen, und daß er 
darauf rechne, die übrigen neutralen Mächte werden seine Bemü— 
hungen unterstützen. 
.„Wien, 16. April. Der Verfassungsrevifionsentwurf if 
zur Vorlage an den nächstens zusammentretenden Reichstag fertig 
und bereits einigen Parteiführern vertraulich vorgelegt worden 
Auf den 12. Mai wird, wie es nun heißt. der Reichstag einbe— 
rufen werden. 
Frankreich. 
Paris, 16. April. Der Monde meint, Preußen verlange 
den Krieg, um die bisher nur lose verknüpften Kleinstaaten eng 
an sich zu fesseln; sollte es selbst Luremburg verlieren, würde es 
doch durch den gemeinschaftlichen Krieg gewinnen. Der Wiener 
Correspondent sendet dem Monde alarmirende Nachrichten von 
den ungeheueren Kriegsrüstungen im preußischen Rheinlande. Man 
ist in Wien allerdings gut situirt, um die Vorgünge am Rhein 
beobachten zu können. — An die Anwesenheit des Herzogs von 
Gramont hier knüpftman noch immer Gerüchte von einem beabsichtig- 
ten engen Bündnisse zwischen Frankreich und Oesterreich; d'eselben 
eutbehren aber aller Begründung da Oesterreich entschlossen ist 
neutral zu bleiben. Uebrigens ist geftern auch der russische Staats⸗ 
kanzler, Fürst Gortschakoff, von Marseille kommend, hier einge— 
troffen. Es soll mich wundern, ob die französischen Zeitungs- 
schreiber nicht auch noch Rußland ein Bündniß mit Frankreick 
abschließen lassen. — Im Publikum nimmt die Kriegsfurcht oder 
je nach den Verhältnissen der Einzelnen die Kriegslust immer zu 
und die ungünstigen Folgen dieser Befürchtungen für die Ausstel— 
lung machen sich schon sehr bemerklich. Von allen Seiten laufen 
Nachrichten über ungeheuere Rüstungen ein, obgleich die Regierung 
das Geheimniß möglichst zu wahren sucht. In einigen Monaten 
wird man vollständig fertig sein. In diesen Tagen verabschiedet 
sich ein nahmhafter General in den Tuilerieen vom Kaiser und 
richtete schließlich die Bitte an ihn, daß man ihm ein acktives 
Kommando übertrage. Der Kaiser erwiderte. vorläufig sei es 
dazu noch zu früh, aber in ein paav Monaten werde Jein Wunsch 
vielleicht in Erfüllung gehen. à — * J 
Par kis, 160 April. VDas Blatt Girardin's, La Libertss, Lewähnte 
neulich einer Aeußerung des russischen Vicekanzlers Fürsten Gortscha— 
koff, welche meeinem Briefe desselben an einen Pariser Freund 
enthalten sein soll. Napoleon,“ schrieb der russische Staats— 
kanzler, „hält sich nur noch im Gleichgewicht durch die Ohrfeigen, 
welche ihm Bismarck bald von Rechts, bald von links 1ifuhr“ 
Diese Aeußerung soll in den Tuilerieen große Erbitterung. por— 
gerufen haben. 
Paris, 17. April. Wie der „Univers“ berichtet, sei der 
Naiser letzten Samstag beim Rennen in Longchamps dem preu— 
zischen Gesandten Grafen von der Goltz sehr kalt begegnernde 
Graf habe sich dem Kaiser genähert, welcher ihn sehr berbindlich 
gegrüßt, aber kein Wort an ihn gerichtet habe. Darauf sei der 
Gesandte auch von Seite fast aller Personen, welche in näherer 
oder fernerer Beziehung zu Regierung stehen, einem ziemlich kalten 
Empfang begegnet; ähnlich sei es bei einem Diner des Senats— 
—— 
v. d. Goltz unterhalten habe. — Die „France“ bringt einen Ar— 
tikel, überschrieben: Paris und Berlin, in welchem sie nachzu— 
weisen sucht, daß der Krieg oder Frieden jetzt nur von Preußen 
abhängt, und welcher mit folgenden Worten schließt: „Frankreich 
ist geneigt, der Aufrechthaltung des Friedens alle Opfer zu brin— 
gen, die mit seiner Nationalehre vereinbar sind. Wenn die heute 
versuchte friedliche Bestrebung nicht zum Ziele führt, so kann die 
Berantwortlichkeit dafür es nicht treffen 
Paris, 18. April. Für die Artillerie werden alle Vor— 
bereithungen zur Mobilmachung getroffen und umfassende Pferde— 
ankäufe vorgenommen. Der jüngste dahrgarg der Reserve (40,000 
Mann) ist statt auf den 1. Januar 1868 nunmehr auf den 
1. Mai 1867 einberufen. Metz ist in voller Armirung be— 
griffen. 
Italien. 
Florenz, 16. April. Die Abgeordnetenkammer hat sich 
his zum 24. April vertagt. Der Senat hat mit 71 gegen 3 
Stimmen den Friedensvertag mit Oesterr ich genehmigt. 
Amerikeaa. 
Am 1. April ereignete sich wieder ein Negertumult in Char⸗ 
leston (Südcarolina), weil die Schwarzen darauf bestanden, die 
Omnibusse mitbenutzen zu dürfen. Die Polizei widersetzte sich 
ihrem Verlangen und holte sie gewaltsam aus den besagten Fuhr— 
verken hervor. Einzelne wurden eingesperrt, und als später eine 
Schaar farbiger sie zu befreien suchte, schritt das Militär ein und 
verhaftete die Rädelsführer. — Die Indianer haben sich des Ter— 
ritoriums Dacotab bemächtigt und eine in demselben stationirte 
Barnison amerikanischer Truppen unter Oberst Rankin niederge⸗ 
nacht. F 
Der „Shipping-List“ zufolge nimmt der Verlust von Geld⸗— 
briefen, welche durch die Post befördert werden, auf beunruhigende 
Weise zu. Das genannte Blatt ermahnt dringend seine Correspon⸗ 
denten, Geld in Briefen durch die Post nicht mehr anders zu schi— 
ken. als in Form von Wechseln auf Ordre oder von Vostordres. 
Wermischte s. 
F Ludwigshafen, 16. April. Vor mehreren Wochen 
verschwand der frühere Lotterie-Collector Heller von hier, welcher 
feit einigen Jahren in Mannheim lebte. Der 8ljährige Greis 
jatte sich eines Nachmittags auf einen Spaziergang begeben und 
war nicht mehr zurückgekehrt. Seine Familie hatte auf sein Aus— 
finden einen Preis von 1000 fl. gesetzt. Heute nun wurde die 
Leiche des Vermißten im Stadtgraben, an der Schleuße gegen den 
Neckar aufgefunden. Er war offenbar durch Zufall verunglückt. 
FeNenustadt, 16. April. Bei der gestern auf der Haardt 
abgehaltenen Weinversteigerung des Herrn J. Fr. Weegmüller 
fanden die älteren Weine willige Abnehmer; gut gebaut hatten 
ie selbst von der Unsicherheit der politischen Zustände wenig 
zu leiden; dagegen wurden sämmtliche 1866er nicht abgegeben, 
da die Gebote zu sehr unter dem Preisansatz blieben. Es galt 
aber: 1864er Gemischter 220 fl., 18539er 375 fl., 1862er 335 
-355- 420 fl., dilio Traminer 460 fl., 1865er Gemischter 
365 — 415- 480 fl., Auslese 495 fl.. Riesling und Traminer 
370 fl. — 
Maikammer, 17. April, Der „Kalmitberg“ ist be— 
tanntlich der zweithöchste Punkt der Pfalz. Es hat sich nun dah— 
her ein Comite gebildet, welches beabsichtigt auf diesen schönen, 
hohen Punkt einen bequemen und steigbaren Thurm zu bauen, 
der weithin in den Pfälzergauen nund darüber hinaus eine Zier— 
de sein soll und von dessen Höhe man nach allen Richtungen die 
entfernteste Aussicht genießt. Bereits sind in der Gemeinde Mai— 
sammer einige hundert Gulden freiwillig zusammen gebracht; diese 
Zumm—⸗ reicht aher für den Ban, sowie er proiektirt ist nicht hin:;