St. Ingberler Anzeiger.
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Nro. 50. Donnerstag, den 28. April
16867.
Deutschland.
München, 20. April. Es ist ein Vertrag über den An—
chluß Bayerns an den Norddeutschen Bund abgeschlossen worden
ind zur Ratificirung hier eingetroffen. Heute hat in Folge dessen
in Ministerrath der mehrere Stunden währte stattgefunden. Im
Allgemeinen sollen die Bedingungen nicht ungünstig sein. In den
nächsten Tagen wird der Vertrag veröffentlicht werden. Oester⸗
ceich hat zugestimmt, aber Bedingungen gestellt. Graf Tauffkir—
jat die hierauf bezüglichen Verhandlungen geleitet.
Mänchen, 28. April. Regierungsdirector Pfeufer zu
Augsburg wurde zum Regierungs-Präsidenten der Pfalz er—
nannt.
München, 23. April. Die „Bayer. Ztg.“ bemerkt: Die
„endung des Hrn. v. Tauffkirchen war durch die drohenden po—
itischen Constellationen veraulaßt und entziehi sich der öffentlichen
Besprechung. Der Eintritt Bayerns in den Norddeutschen Bund
var nicht der Gegenstand der Besprechungen zwischen den Herren
». Tauffkirchen, v. Bismarck und v. Beust, daher ist auch ein
Bertrag darüber nicht abgeschlossen. Unterhandlungen über eine
indere Art des Anschlusses an das übrige Deutschland sind noch
nicht eröffnet.
Dienstes-Nachrichten.
Vom 16. d. Mts. an wurde der kgl. Postassistent Philipp
Urneth von Landau nach München versetzt und an dessen Stelle
jer Accesist Adolph Oehl zum Assistenten in Landau ernannt.
VomRhein, 21. April. Oesterreich, Preußen, Württem⸗
jetg und Baden sind zur Beschickung einer Conferenz zur Revision
er seit 1852 bestehenden Postvertraͤge mit der Schweiz bereit.
Aus Baden, 20. April. Die Friedensbesatzung von Ra⸗
tatt bestand früher aus 6000 Mann; jetzt liegen nur 2000
Hann in der Festung. Die Regierung will nun mittelst Vermin—
erung der Garnisonen anderer Städte die von Rastatt wenig⸗
tens annähernd wieder auf den angenommenen Friedensstand
ringen. Hier kann aber nur eine Vereinbarung mit Preußen
jelfen, die hoffentlich bald zum Abschluß kommt.
Main;, 21. April. Nächster Tage wird General Moltke
ahier erwartet.
Darmstadt, 21. April. Während ein hiesiges Blatt von!
iner Ministerkrisis spricht, die im Anzuge sei, weil der Großher—
og sich weigere, die mit Preußen abgeschlossene Militärconvention
u unterzeichnen, hören wir von sonst wohlunterrichteter Seite,
»aß die Unter:eichnung bereits vorgestern erfolgt sei. Um die
essische Divission nach und nach ganz auf den Stand einer preu⸗—
nischen Truppenabtheilung dieser Bezeichnung zu bringen, soll in
inem Nachtrag zu dieser Convention ein Zeitraum von eiwa 2
Jahren vorgesehen seit. — Der Kronprinz von Preußen wird
n den nächsten Tagen zum Besuch seines Schwagers (des Prin⸗
en Ludwig) dahier erwartet.
Stuttgart, 17. April. Dem „Schwäb. M.“ wird aus
udwigsburg geschrieben: Was ist denn mit uns in Württemberg?
Nan hat ein Schutz⸗ und Trutzbündniß mit Preußen geschlossen,
ind thut nichts für dasselbe. Die beste Zeit läßt man verstrei⸗
hen, ohne einen Entschluß zu fassen, geschweige das Nothwendige
tuszuführen. Alle anderen Reformen kann man bei der jetzigen
lage der Dinge getrost ruhen lassen, aber die Militärreform, und
usbesondere die Bewaffnung * Infanterie mit Hinterladungs—
jewehren, sowie die Einübungbieser Waffe ist so dringend, daß
mur wegen ihrer die Stände einberusen werden sollten, und das
o bald als möglich. Sieben kostbare Monate sind verstrichen,
eit das Schutz und Trutzbündniß mit Preußen abgeschlossen, und
och stehen wir auf dem alten Standpunkte, währeud alles rund
im uns her sich bereits in den neuen Schießwaffen einübt und
eberhaft schnell die Feinde Deutschlands sich rüsten. Bedenklich
hüttelt Jedermann den Kopf, und das Verirauen beginnt gewal⸗
ig zu wanken. Man möchte Lebenszeichen sehen, und zwar solche,
nelche unzweideutig bekunden, daß man entschlossen ist, fuͤr Deutsche
ands Recht und Ehre Alles einzuseken. und nicht zu warten, bis
man geschützt wird, sondern selbst auuh zum Schutze das Mög—
lichste beizutragen.
Stuttgart, 19. April. In Biberach wird am 28. April
ine Versammlung der deutschen Partei in Oberschwaben statt⸗
inden, in welcher die Stellung des Südens zum Nordbund und
ie Genehmigung des Augustvertrages durch die Kammern zur
S„Sprache kommen wird.
—Braunschweig, 18. April. Die Lan desversammlung
jat den vorgestern erwähnten Antrag von Aronheim (die Erhal—
ung Luxemburgs für eine Ehrens und Existenzfrage für Deutsch-
and zu erklären) einstimmig angenommen.
Dresden, 20. April. Den Recruten, deren Einübung
erst in einigen Monaten vor sich gehen sollte, ist der Befehl zum
ofortigen Einrücken zugegangen.
Berlin, 22. April. Morgen trifft der König der Bel—
zier von Paris hier ein, um der Vermählung einer hohenzollern'
ichen Prinzessin mit dem Grafen von Flandern bei zuwohnen. Er
wird bis zum 27. April bleiben.
Berlin, 28. April. Die Nordd. Allg. Zig. 'hebt hervor,
daß Preußen nur die Ansichten der Vertragsmächte über eine Ab⸗
retung Luxemburgs zu hören gewünscht, aber nicht deren Vermit—
elung nachgesucht habe. Das preußische Besatzungsrecht in der
Festung Luxemburg konnte dabei nicht in Frage kommen; die
Berüchte, daß Preußen dasselbe aufgeben wolle, seien unbe—
zründet.
Wien, 16. April. Die Schuldhaft soll endlich auch in
Desterreich aufgehoben werden. Sie überlebte ihre Verwandte, die
Folter, um mehr als 85 Jahre. (Der gesetzgebende Körper
Frankreichs hat neulich ebenfalls die Aufbhebung der Schuldhaft
ʒeschlossen.)
Wien, 19. April. Die „Presse“ hört, die Mission des
orgestern hier eingetroffenen bayerischen Ministerialraths. Tauff-
irchen bezwecke, die Haltung der Süddeutschen Staaten als Brücke
ür ein Zusammenfinden Oesterreichs und Preußens zu benutzen.
Das Wiener Cabinet, dessen Haltung in erster Linie durch ein
vohlmeinendes Vermittellungsstreben bestimmt wird, würde, wenn
es zum Kriege käme, in die Schranken der parteilosesten Neutra—
lität sich einschließen und darin möglichst anhaltend zu verbleiben
uchen. I
Wien, 21. April. Ein kaiserliches Patent beruft den Reichs-
ath auf den 20. Mai. — Die Leitung des Handelsministeriums
ist dem Herrn v. Beke provisorisch übertragen.
Wien, 23. April. Indem die Abendpost auf von der heu⸗
igen N. Fr. Pr. besprochenen Anerbietungen Preußens in der
ruxemburger Frage Bezug nimmt sagt dieselbe: Würde man fran—
‚ösischerseits hiervon Notiz nehmen, so müßte man in Paris zu
der Vermuthung kommen, daß man nicht sehr hoch zu bieten habe,
im das erste Angebot zu übertreffen. Soviel glauben wir jetzt
chon aussprechen zu können, daß, wenn beide Theile sich bezüglich
chrer Offerten in so bescheidenen Grenzen hielten, man über die
ernere Neutralität Oesterreichs vollkommen beruhigt sein könnte.
Pesth, 16. April. Für alle bis zum 17. März begange—
ien Preßvergehen ist eine Amnestie ertheilt, die sich nota bene
rur über Ungarn erstreckt, bei dem man sich Liebkind machen muß.
Die deutsche Reichshälfte hat sich solcher Amnestien nicht zu er—
treuen.
Prag, 15. April. Die Tschechen mit einem Theil des
Adels haben nach stürmischen, man kann sagen knabenhaften Sce—
ien den Landtag mit der Erklärung verlassen, nicht in den Reichs—
rath zu wählen. Daß die Deutschen im Besitz der Mehrheit wa—
ꝛen, hat die Tschechen mit einer Wuth erfüllt, welche sie allen
Unstand vergessen und alle Haltung verlieren ließ. Mit ihren
Zrätensionen, für Böhmen eine ähnliche Stellung zu erhalten wie
Ungarn, machen sie sich jedoch höchstens lächerlich.
Fraukreich.
Paris, 19. Ayril. Die Officiösen geben sich alle erdenkliche