Full text: St. Ingberter Anzeiger

Konstantinopel, 9. April. Dem Warschauer „Dziennik“ 
ufolge ist der aus dem letzten polnischen Aufstande bekannte Ge⸗— 
ecal Langiewicz in türkische Dienste und zum Islam übergetreten 
ind kämpfi jetzt in Candia gegen die chriechischen Christen. 
Rußiland. 
— Wegen eines Salzdiebstahles in Rußland (300,000 Ctr. 
ätzt der Präsident des Cameralhofs zu NischneieNowgorod, geh. 
Rath Werderwstki nebst einem Rath und dem Magazinverwalter 
ieses Hofs im Gefüͤngniß. Es soll ein ganzes Dutzend Kaufleute 
‚arunter ein Millionär in die Dieberei verwickelt sein. (In Ruß— 
and stiehlt eben Alles.) — Die deutsche St. Petersburger Ztg. 
gibt als Belege zur Sittengeschichte Rußlands ein grauenerregen⸗ 
es Referat über eine Reihe von Morden, Raubmorden, gewalt- 
amen Einbrüchen mit mehr oder minder bedeutenden Mißhand⸗ 
lungen der Hausbewohner innerhalb der letzten Wochen, wo es 
rur ausnahmsweise gelang, die Thäter zu ermitteln und zur Haft 
zu bringen. 
Petersburg, 16. April. Die Finazverwaltung Polens 
isst nun vollstündig dem russischen Finanzministerium unterge- 
ordnet. 
Amerika. 
Rew-York, 20. April. Laut Nachrichten aus Merico 
bom 13. d. hat Kaiser Maximilian sich bereit erklürt, bedingungs 
weise zu capituliren, doch Juarez verlangte unbedingte Uebergabe. 
Die Verkaufssumme für die russisch-amerikanischen Besißzungen 
heträgt 10 Millivnen. Den Einwohnern bleibt für drei Jahre die 
lebersiedelung nach Rußland freigestellt. 
Verm isschtes. — 
Zweibrücken, 23. April. Der gestern dahier abge— 
haltene Schützentag des pfälzischen Schützenbundes hat.:beschlossen: 
Angesichts der gefahrdrohenden politischen Lage kein 
Schützenfest abzuhalten; dagegen bleibtnes den einzelnen 
Lokalvereinen unbenommen, größere Schießen ohne öffent⸗ 
ichen Charakter abzuhalten; 
Das badische Landesschießen in Karlsruhe, sowie das 
bayerische Bundesschießen in Auasburg eventuell zu be— 
schicken; — 7 
Für größtmögliche Verbreitung der Schützenzeitung so⸗ 
wohl durch Vereine als auch durch Private zu sorgen; 
Die Rechnungsablage ergab einen' Ueberschußz von fl. 
90. — Der pfalz. Schützenbund zählt 420 Mitglieder. 
pLudwigshafen, 49. April. Im Mouat März 1867 
hat die pfälz. Luüͤdwigsbahn 210,109 fl. 44 kr. ertragen; gegen 
Jen gleichen Monat 1806 Mindereinnahme 17,855 fl. 48 kr. — 
Die pfälz. Maximiliansbahn ertrug im März 1867 59,900 fl. 
4 kr mehr gegen März 1866 355 fl. 18 kr. — Die Neustadt— 
Dürkheimer Bahn hatte eine Einnahme von 4.833 fl. 450kr., 
mehr gegen März 1866 85 fl. 7 kr. 
Vom Haardtgebirge, 13. April. Seit einer Reihe 
don Jahren waren nicht so viele große Weinversteigerungen aus— 
zeschrieben und sind dieselben im Allgemeinen so gut ausgefallen 
die in dem gegenwärtigen Frühjahre. Die erlösten Preise sind 
nuffallend hoch; so wurden z. B, hei der Königsbacher Versteige— 
cung vom 27. März für gemischte Oberländer, namentlich St. 
Martiner Weine von 1865 die merkwürdigen Preise von 3055 
zid fi. per 1000 Liter das Fuder bezahlt, während sonst in den 
zesten Jahrgängen höchstens 250 fl. das Fuder gegolten hatte. 
Die 1865er Weine haben einen Mittelpreis von 500 bis 600 fle 
n den besseren Sorten und Lagen, und in den geringeren Sor⸗ 
ten und Lagen einen Mittelpreis von 200 -300 fl.: das sind 
ußerordentliche Preise. Für die Auslesen fehlt natürlich jeder 
Maßstab. Sogar für die älteren Weine aus den vorzüglichen 
Jahrgüngen von 1859, 61, 62 sind schöne Preise bezahlt worden, 
io daß die Speculanten und Producenten mit ihren alten Waaren 
noch, wie man zu sagen pflegt, mit dem blauen Auge davon ge— 
ommen sind. Zwei Gründe sind es vorzugsweise, denen man 
die hohen Weinpreise zu verdanken hat, einmal dem großen Be— 
darfe älterer guter Weine, um damit die geringeren Weine, z. B. 
den 1864er und 1866er, zu schmelzen, oder wie man' bei uns 
am Gebirge sagt, solche Weine mit einander zu verheirathen. Auch 
hat sich das Äbsatzgebiet fuür die Pfälzer Weine bedeutend erwei— 
lert; denn eine Masse von Weinen geht nach den Vereinigten 
Staaten von Rordamerika ab. Viele Gutsbefitzer und Weinhänd— 
er haͤben daselbst förmliche große Weinagenturen, wo zum Theil 
vedeutende Geschäfte gemacht werden. (Fr. J. 
.München. Endlich find die Diebe, welche bekanntlich 
m Januar l. Is. bei einem Einbruche in die Wohnung des 
Henerallieutenants b., Heß einen Werthbetrag von vielen Tausend 
Hulden entwendeten, sämmtlich entdeckt und gefangen! Die hiesige 
Holizei hatte sofort nach der That ihr Augenmerk auf einen 
ewissen hier beheimatheten Johann Hauer gerichtet, welcher frü— 
jer als Schreiber, Listenführer u. dgl. in Wien, Paris und 
Frankfurt a M., in letzterer Siadt als Kanzlist bei der ehemaligen Bun⸗ 
vescentralkommission, zuletzt längere Zeit hier gelebt und bereits 
vegen eines im hiesigen Staatsbahnhofe verübten Einbruchdieb⸗ 
tahles eine mehrjährige Arbeitshausstrafe erlitten hatte, und fand 
en Verdacht voͤllig begründet, als es wenige Tage nach dem 
Diebstahle gelungen war, seine beiden Verbrechensgehilfen, den 
Zolzhändler und Taglöhner Franz Müller von Giefing und den 
Schustergesellen Johann Heinrich von. Althaidhof, Ger. Pegnitz, 
m Zusammenwirken mit auswärtigen Polizeibehörden zu ermit⸗ 
eln und sammt einem Theile der entwendeten Werthgegenstände 
u verhaften. Die Aufgreifung der Hauptperson des verbrecheri⸗ 
schen Trifolium, welche das Unternehmen geplant und sich sofort 
nach dessen Ausführung auf die Flucht begeben hatte, wollte un⸗ 
jeachtet der umfassendsten und unermüdlichsten Thätigkeit der Si⸗ 
herheitsbehörden, uamentlich unserer Detektivpolizei, lange nicht 
jelingen, obwohl sich als wahrscheinlich heraussiellte, daß ꝛc. Hauer 
den Kontinent nicht verlassen und muthmaßlich sich nach Oester⸗ 
reich gewendet hatte. Endlich benachrichtigte die Behoͤrde in Kla⸗ 
jenfurt auf teiegraphischem Wege die hiesige Polizei, daß sich 
daselbst in jüngster Zeit unter russischem Namen ein Fremder 
aufgehalten habe, welcher höchst wahrscheinlich mit ꝛc. Hauer iden⸗ 
isch und eben in Pehst verhaäftet worden sel. Ein sofort dahin 
abgesendeten hiesiger Polizeibeamter erkannte denn auch in dem 
Arrelirten den lange Gesuchten und befindet sich nun mit demsel⸗ 
en und dem bei ihm vorgefundenen Theile der Diebsbeute, wel⸗ 
he nach bisherigen Nachrichten in 5000 fl. baar, Präciosen, Or⸗ 
‚ensinfignien ꝛc. besteht, auf der Reise in die Vaterstadt. 
p Frankfuri, 18. April. Gestern fand hier die Trau⸗ 
ing der Fräulein Emma v. Rothschild, Tochter des Reichstags⸗ 
ibgeordneten Frhrn. M. Carl/ mit dem Frhrnu. Nathanael v. 
stothschild, Mitglied des englischen Parlamentes. Sohn des Frhrn. 
dionel in London, statt. Va fich die Familie in Folge des To— 
— 
de diese Vermählungsfeier nur z; im engsten Familienkreise be⸗ 
gangen. vee 5 Iprahr — 
Stuttg art, 17. April. Gestern ist Theodor Mögling, 
der bekannte Volilsmann und einer der unerschrockensten Helden 
des badischen Revolutionskrieges, in der Irrenanstalt zu Goͤppin⸗ 
gen gestorben. Eine siebenjährige Einzelhaft in Bruchsal hatte 
eine Kraft geknickt, sein holitischeb Denten und Streben nicht. 
MNehrere Schlaganfälle trafen ähm, und im dorigen Jahre ent⸗— 
vickelte sich eine unheilbate Gehirnkrankheit.. J— 
Sdarbrücken, 28. April. Der heute um 4 Uhr 42 
Minuten von Bingerbrück hier eintreffen sollende Schnellzug hat 
Zerspätung dadurch erlitten, weil im Laufe des Nachmittags im 
Fisenbahntunnel bei Wiebelskirchen ein Güterzug mit einer Loco⸗ 
notive zusammengestoßen ist. Wie wir hören, sollen bei. diesem 
Anfalle zwei Menschen verletzt und auch zwei Güterwagen zertrüm— 
mert worden sein. 
Am 15. d. M. Nachmittags ist auf der Ruhr-Sieg-Eis en⸗ 
hahn zwischen Letmathe und Altena ein beklagenswerther Unfalk 
dotgekommen, indem der Personenzug von Altena mit einer von 
der Station Letmathe nach Altena dirigirten Lokomotive zusam⸗ 
nenstieß.“ Der Zusammenstoß war so heftig, daß das Personal 
»es Zuges und der Maschine erhebliche Verletzungen erlitten hat. 
Fin Bremser wurde in seinem Bremshäuschen zerquetscht und blieb 
augenblicklich todt, die beiden Maschinisten und Heizer sind mehr 
der minder stark beschädigt; von den Reisenden hat einer mehrere 
Zahne verloren und zwei andere sollen leichte Contusionen erlitten 
haben⸗ 
Wenn die Luxemburger jeht von ihrem Landesvater ver⸗ 
auft werden, so ist daß schließlich nichtz anderes als ein Werk 
her strengen Wiedervergeltung, sie haben mit dem Verkauf-eines 
dandesvaters den Anstoß gegeben. Die „Krz.⸗Ztg.“ erzählt den 
erbärmlichen Vorfallwie folgt: Bor einem Menschenalter noch 
tand in der Hauptstadt Luxemburg, auf dem jetzigen Wilhelms— 
Zlatz die älteste Kirche des Landes. Bei ihrem Abbruch wurden 
zie religiösen Erinnerungen der nahe gelegenen Liebfrauentirche 
im Bpike „Klingelkirche“ genannt) überwiesen, die historischen 
Denkmäler jedoch meiftbietend füt ein Spottgeld verfteigert. Ein 
Idvokat erstand füt ungeführ 10 Frs. den Sarg und den Leich⸗ 
nam des Jahann des Blinden Grafen von Luxemburg, Königs 
don Böhmen, und stellte ihn, nachdem die Neugierde befriedigt, 
auf seinen Hausboden. Von hier wanderke des ritterlichen Köt 
nigs Leichnaͤm mit anderen Nachlaßsachen ins Preußische zu einem 
Fabrikbesitzer an der Saar, dort ein ähnliches Unterkommen fin— 
‚end. Jaͤhre nachher, als König Friedrich Wilhelm IV. von 
Breußen die Rheinprovinz bereisend, auch die Fabrik, eine schoͤne 
hemalige Abtei, besuchte, erzählt ihr Besitzer scherzend: „daß er