Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Vermischtes. 
. Grünstadt, 9. Mai. Nachstehende Mittheilung erregt 
zewiß bei vielen Ihrer Leser Interesse, da die hiebei angeführten 
rinzelheiten nicht Jedermann bekannt sein dürften. Einem Fa— 
nilienvater, F. H., aus unserer näheren Umgebung wurde vor 
nehreren Wochen das fiebente Söhnchen geboren. Der Vater 
vandte sich an Se. Maj. den König, um ihn als Taufpathen 
uu erbitten. Ungefähr 14 Tage darauf, nachdem auf amilichem 
Bege Erkundigungen über Stand und Verhältnisse der Familie 
ꝛingezogen worden waren, traf die Anordnung ein, daß der Kö— 
aig als Taufpathe in das Tauf⸗ und Kirchenbuch eingeschrieben 
verde, nebst näheren Bestimmungen, wie die Kindtaufe abgehalten 
und das als Geschenk mitfolgende Geld verwendet werden sollte; 
und zwar so, daß die Thaler für die bei der Taufe betheiligten 
hersonen, die Guldenstücke für das Kind bestimmt sind. Ferner 
war in dem Schreiben mitgetheilt, daß der Knabe nach Erreichung 
eines gewissen Alters in die Kriegsschule aufgenommen werden 
fönnte. Der 73jährige Großbater des Knaben vertrat bei der 
Taufe die Stelle des Königs. Nordpf. Wochenhl. 
F München, 9. Mai. Der Oberhofmeister Sr. Majestät 
des Königs, Herr Graf von Castell, begibt sich nächsten Samstag 
nach Paris, um für die Hoshaltung unserer künftigen Koönigin 
die Moblirung der Appartements und verschiedene Einkäufe zu 
hewerlstelligen; es handelt sich indessen hiebei nur um Gegen— 
stande, die im Inlande nicht zu haben oder von unsern Gewerbs⸗ 
leuten nicht gefertigt werden können. (Pf. Z1ig.) (7) 
f Das Münchener Bier feiert auf der Pariser Aus⸗ 
stellung einen Sieg, wie viele kaum erwartet haben: der Mün— 
chener Spatenbrauer G. Sedlmeier erhielt den ersten und der 
bekannte Wiener Brauer Dreher den zweiten Preis. 
F Mainz, 8. Mai. Ich habe Ihnen von einem neuen 
Opfer der Spielhöllen zu berichten. In einer Gemeinde des Ried's 
lebte ein Gutsbesitzer, ein angehender Dreißiger, in den glücklichsten 
üußeren Verhältnissen. Ein nicht mit Hypotheken belastetes größe— 
res Bauerngut, ein reizendes Weib, das einzige Kind sehr vermö 
zender Eltern, die Achtung und Liebe der Bewohner des Ortes, 
Alles schien sich zu vereinigen, um das Leben des jungen Mannes 
zu einem glücklichen zu machen. Nur eine Leidenschafl beherrschte 
ihn und ihr sollte er zum Opfer fallen: Das Spiel. Vie 
grünen Tische in Wiesbaden und Homburg derschlangen bedeuten⸗ 
de Summen, die bei Geldverleihern aufgenommen wurden. Einer 
derselben, aus Darmstadt, hatte für seine Forderung, die sich auf 
mehrere tausend Gulden belief, gerichtliche Pfändung erwirkt und 
ollte dieselbe heute vorgenommen werden. Vergeblich drang der 
Gutsbesitzer in seinen Schwiegervater, ihm aus der Verlegenheit 
zu helfen. Eben sollte die Pfändung vorgenommen werden; da 
ertönte ein Schuß und fand man im oberen Stock des Hauses 
den Gutsbesitzer mit zerschmettertem Schädel als blutige Leiche. 
Seine Zahlungsverbindlichkeiten waren im Verhältniß zu seinem 
Grundbesitz und der in Aussicht stehenden Erbschaft geradezu ver— 
schwindend; aber daß er, einer der angesehendsten und wohlhabend— 
ten Einwohner des Ortes, gepfändet werden sollte, erirug sein 
Stolz nicht. An seinem frühen Grabe weinen eine hochbetagte 
Mutter, die kaum erst vom Krankenlager erstanden und, sein ihn so 
ansäglich liebendes Weib mit 2 Kindern. 
F Berlhin. Im Viltoriatheater wurde kürzlich die Zau— 
⸗»erposse „Uriella“ von Hopf aufgeführt. Im zweiten Act fand 
besonders ein Couplet Beifall, dessen Wortlaut foigender ist: 
„Ich spräch' wenn ich der Herrgott wär' 
Zu Bismarck heut am Tag: 
Mir wird's Regieren äußerst schwer, 
Komm, hilf ein bischen nach! 
Bei dir ist, wie bei mir, Parol': 
„„Nur fest! und g'rade durch!““ 
Mit dieser Losung kommst du wohl 
Auch über Luxemburg.“ 
Der König, welcher in vergangener Woche der Darstellung 
m Victoriatheater beiwohnte, soll nach dem Anschluß lachend zu 
Director Cerf gesagt haben: „vor drei Jahren hätte das Publi— 
um diesen Vers ausgepfiffen.“ 
F Der alte Vinde hat im norddeutschen Reichstage nicht 
weniger als 60mal gesprochen; nach ihm am meisten Graf Bis— 
narck, nämlich 48mal, Lasker 40mal, Schwerin 31mal, Braun, 
der Bär von Wiesbaden, 21mal. 
7 Magss ein Omen sein! Als neulich Preußen und Fran⸗ 
josen in der Pariser Ausstellung hinter einander geriethen und 
die Preußen der Ueberzahl weichen mußten, kamen ihnen die Oest⸗ 
reicher, namentlich die Wiener, mit ihren Fäusten zu Hülfe. „Das 
zibt's nit, riefen sie, daß Deutsche von Franzosen geschlagen 
werden. 
rLondon, 3. Mai. In Liverpol ist die Nachricht einge 
cossfen von einem Zusammenstoße auf offener See zwischen dem 
Dampfer „Scotia“ der Cunard-Linie und dem Schiffe „Berkshire“ 
von Boston. Wie es scheint, hatte man in der Nacht vom 11. 
auf den 12. v. M. auf der Scotia ein fremdes Schiff in einer 
hedenklichen Annäherung bemerkt und die nöthigen Maßregeln ge⸗ 
roffen, um dem Zusammenstoße zu entgehen. Wahrscheinlich aber 
zemerkte man auf dem andern Fahrzeuge die drohende Gefahr erst 
n der nächsten Nähe des Postdampfers und in der Aufregung 
ind Verwirrung des Augenblicks lenkte man das Schiff durch das 
Steuer erst recht in den Untergang hinein. Die ersten Augen⸗ 
zlicke nach dem Zusammenstoße sollen gräßlich gewesen sein; das 
Takelwerk beider Schiffe hatte sich in einander verwickelt und die 
Berkshire zerschellte vollständig, während zugleich die Scotia durch 
Beschädigungen am Radkasten hart mitgenommen wurde. Glückli— 
herweise ging bei dem Unglücke kein Menschenleben verloren. Die 
Mannschaft des sinkenden Schiffes rettete sich noch zur rechten Zeit 
an Bord der Scotia. Es war buchstäblich das nackte Leben 
vas sie retteten, nur die Frau des Capitäns haite trotz der all⸗ 
jemeinen Verwirrung Geistesgegenwart genug, ihre Koffer mit 
stleidungsstücken in Sicherheit zu bringen. 
x Die deutschen Weinkiefer haben vor einigen Tagen ein 
Pröbchen gehalten im Pariser Ausstellungspalast, wobei 160 Fla⸗ 
chen Rheinwein auf dem Platze blieben, einer großen Anzahl 
Flaschen geringerer Sorten nicht zu gedenken. Den Wein hatte 
ie hessische Abtheilung gelieferi. 
Landwirthschaftliches. 
Das Obenauflegen der Kartoffeln. Mittelst 
dieser Methode der Kartoffelpflanzuug hat Graf Pinto, so berichtet 
das landwirthschaftliche Intelligenzblatt günstige Erfolge erzielt. 
Anderweitige Versuche dagegen sind, wie schon mitgetheili, zu Un— 
zunsten des neuen Verfahrens ausgefallen. Neuerdings berichtet 
der Landwirth über drei fernere Versuche, angestellt durch die 
herren W. Junke und Leisewitz, Proskau und F. Schulz in Jena, 
dieselben haben ebenfalls ungünstige Resultate ergeben. Dagegen 
ringt die „landwirthschaflliche Dorfzeitung“ folgenden Bericht 
iber einen durch Herrn Stellter, Gr. Mischen, gemachten, zu 
Bunsten des neuen Berfahrens ausgefallenen Versuch: 
In Gr. Mischen lieferten 6 Q.⸗R. Acker, welche in Kämme 
jepflügt, am 27. pril mit Kartoffeln bestellt und leicht zugeeggt 
vurde, während 4 Wocheu später als die Kartoffeln anfingen aufzu— 
sehen, der Acker glatt geegt und die jungen Pflanzen zweimal behäu— 
elt worden waren, 233 Pfd. Kartoffeln, also pro Morgen 6990 
Pfund. — 
Nebenan waren ebenfalls 6 Q.⸗R. aufgedrillt, die Kartoffeln 
an demselben Tage gelegt, unbedeckt 4 Wochen liegen gelassen und 
— als obige 6 Q.eRK. glatt geeggt wurden — dann erst zu⸗ 
zeschleppt und gleich glatt geeggt worden. Das Kraut kam 
»ald dem der nebenstehenden Kartoffeln nach, starb übrigens auch 
zu gleicher Zeit mit jenen Kraut ab. Diese 6 Q.⸗R. lieferten 
307 Pfund also pro Morgen 9210 Pfund, demnach 2220 Pfund 
mehr als die obenaufgelegten Kartoffeln. Die erst später zuge⸗ 
»ggten Kartoffeln wurden nicht behäufelt, sondern, wie die Vor— 
chrift des Grafen Pinto lautet, nur mit der Furchenegge gerei⸗— 
naigt. Das Verfahren hat den Nachtheil, daß erstens das Unkraut 
nicht so leicht zerstört wird wie beim behäufeln, zweitens werden 
leicht Kartoffeln ausgerissen, und endlich wachsen ziemlich viele 
Kartoffeln aus der Erde heraus und werden in Folge dessen grün 
und schlechtschmeckend. 
Hiernach erscheint wenigstens das feststehend, daß die An—⸗ 
vendung des neuen Verfahrens unter gewissen Verhältnissen vor—⸗ 
heilhaft ist; dieselben zu ermitteln, das wird die Aufgabe fernerer 
VLersuche sein. — Eine Rücksicht gebietet sich dabei von selbst, die 
auf die Frühjahrsnachtfröste. 
Kochsalz als Düngemittel. Den zahlreichen Versuchen 
mit günstigem Resultate, welche über die Wirkung der Kalisalze 
zur Veröffentlichung gekommen find, fügen wir den folgenden an. 
Im vorigen Herbste über die geeignetste Düngung einer nicht 
ewässerbaren auch nicht der Ueberschwemmung ausgesetzten Wiese 
zefragt gaben wir den Rath, einen Versuch mit Straßfurter Ka— 
isalz zu machen. Diesem wurde entsprochen und schon Anfangs 
November die Düngung ausgeführt und zwar kamen auf 2883 
Zuadrat-Ruthen⸗8 Ctr. dieses Salzes besserer Oualität. Die 
dosten betrugen 6 Thlr. 4 Sgr. 7. Klftr. in der Mitte blieben 
absichtlich ungedüngt, um die Wirkung des Kalisalzes vergleichend 
erkennen zu können. Vorgestern hatte ich Gelegenheit, die betref⸗ 
fende Wiese zu besichtigen und ich war im hohen Grade über⸗ 
xascht zu beobachten, daß das Gras auf dem gedüngten Theil 
zanz üppig steht und jetzt schon 4 Zoll hoch dicht geschlossen steht, 
vährend auf dem nichlgedüngten Plotze, der in der Bodenquali— 
ät nicht den geringsten Unterschied bietet, das Gras kaum zum 
Ansatze gekommen ist. Es ist nicht zu bezweifeln, daß sich die 
düngekosten reichlich lohnen werden.