Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wiedervergeltung ist es, der unsere Schritte leitet, sondern das Dänemark. 
Bestreben durch unser Schaffen die Ungunst und Feindschaft in Kopenhagen, 20. Mai. Am 26. kommt der Koön 
Achtung und Zuneigung zu verwandeln. (Die Rede wurde öfs von Griechenland hierher, der inzwischen mit der ältesten Vane 
ters durch Beifallssturm unterbrochen.) des Großfürsten Constantin Nikolajewitsch in, Petersburg derlen 
Holland. vorden ist. J 
Haag, 21. Mai. Der König als Großherzog von Lu— 
huzs eeniichnee gestern den Londoner Vertrag vom 11. 
Mai d. J. 
Schwurgerichtsfitzungen. 
II. Quartal 1867. 
Zweibrücken, 21. Mai. Philipp Geyer, 87Jahre alt, 
ediger Taglöhner zu Fischbach im Kanton Kaiserslautern wohn⸗ 
jaft, ist der Nothzucht angeklagt. Die k. Staatsbehörde ist durch 
derrn k. J.. Staatsprocurator Hanauer, die Vertheidigung durch 
derrn Rechtskandidaten Petri vertreten. Am 21.. Mai v. Ie 
eigte die 66 Jahre alte Margaretha G., Witiwe K. von Si. 
Ingbert an, daß sie vom Angeklagten im Walde bei St. Ingbert 
enothzüchtigt worden sei. Zeugen der That waren nicht zugegen und 
neruht die Anklage zumeist auf der Aussage dieser Frau, welche 
edoch nach den Ausführungen der-k. Siaatsbehörde durch den 
irztlichen Befund, die Flucht des Geyer ins Preußische und die 
Inerklärbarkeit einer unrichtigen Anzeige unterstützt wird. Die 
Bertheidigung berief sich darauf, daß der angeb lich mißbrauchten 
ein schlechter Ruf über Sittlichkeit und Glaubhaftigkeit zur Seite 
tehe, daß nach ihrer eigenen Erzählung die Einwülligung hervor 
euchte, und daß es ihr bei ihrer Anzeige nur um Erlangung des 
hr von Geyer versprochenen, aber nicht gegebenen Geldes zu ihun 
Jjewesen sei. Die bei verschlossenen Thüren geführte Verhandlung 
entzieht sich näherer öffentlicher Besprechung. Geyer, welcher nach 
iner in Preußen erstandenen sechsmonatlichen Gefängnißstrafe we 
gen Diebstahls nach diesseits abgeliefert wurde, steht in schlechtem 
Rufe und wurde schon wegen unsittlicher Handlungen. bestraft. 
Auf das Nichtschuldig der Geschworenen wurde Geyer sofort in 
Freiheit gesetzt. ν — 
Zweibrücken, 22. Mai. Franz Lanzloth, 23 Jahre 
us alt, lediger Taglöhner von Obermohr, ist der vorsätz⸗ 
lichen ohne überlegten Entschluß verübten Korperberleß⸗ 
3, ung mit nachgefolgtem bleibendem Nachtheile angeklagt. 
Die k. Staatsbehörde jst durch den k. Il. Staatsprocurator 
Herrn Munzinger, die Vertheidigung durch- Herrn Rechtscandi⸗ 
daten Rosenberger vertreten. Die bekannte unselige Eifersucht der 
Bauernbursche gegen auswärtige Bewerber der Mädchen ihres 
Dorfes gab, wie leider schon so oft, auch hier den. Anlaß zu dem 
raglichen Verbrechen. Der Angeklagte nämlich und sein Kamerad 
Wiegand hatten mit zwei Mädchen von— Spesbach eine Bekannt⸗ 
schaft, weshalb sie sich am 13. Januar abhin, einem Sonntage, 
in dieses Dorf begaben. Nachdem sie in der Wirthschafte von 
Pletsch allda einige Glas Bier getrunken, begaben sie sich in Ge— 
ellschaft der beiden Mädchen auf,den Heimweg gegen Obermohr. 
Ihnen nach: folgte ein ganzer Zug Spesbacher Bursche von denen 
mehrere mit Stöcken sich versehen hatten. Nach urzer Begl ei⸗ 
ung kehrten die beiden Mädchen gegen Spesbach zuruͤck undre— 
deten den Spesbacher Burschen bei der Begegnung noch zudoch 
die Obermohrer in Ruhe zu lassen, da sie ja nichts mit ihnen 
wollten. Doch sofort begannen die Spesbacher mit Steinen nach 
ranzloth und Wiegand zu werfen und ihnen schärfer nachzueilen 
Den andern voraus eilte querfeldein Daniel Stuppi aus Hüt 
chenhausen, in Arbeit zu Spesbach, und traf bald auf Wiegand 
den er an Arm und Schulter packte, worauf dieser mit den Wor⸗ 
en: „Stuppi, bist Du's,“ auch ihm griff, ohne daß jedoch ein 
Raufen stattgehabt hätter Im nämlichen Augenblich zog Lanzloth 
ꝛin blind geladenes Terzerol aus der Wammstasche, schoß ab und 
Stuppi eilte ins linke Auge von⸗ dem, Pfropfen getroffen, nach 
Obermohr zurück. Daselbst wurde ihm von einer Wittwe Schmidt 
der Pfropfen aus dem Auge, entfernt und zur Linderung der 
Entzündung und Hitze in der Augengegend —: aum glaublich, 
aber wahr — ungeloschter Kalk mit Baumwolle bedeckt uͤber das 
Auge (oder die Stirne, wie Zeugin; Schmidt sagte) aufgelegt. 
Stuppi begab sich dann nach, Hütschenhausen, wo er dann der 
großen Schmerzen wegen diesen Verband abriß und sich andern 
Tages ärztlich behandeln ließ. Er war etwa 14 Tage krank und 
nat die Sehkraft des linken Auges auf immer verloren. Das 
Butachten des k. Bezirksarztes in Landstuhl bezeichnet diesen Ver— 
lust als einzige und nothwendige Folge des erhallenen Schusses, 
an deren Herbeiführung das Auflegen des Kalkes auf die Umge— 
hung des Auges, ohne daß ins Ange selbst Kalt gekommen wäre 
keinen Theil gehabt habe. Lanzloth. und Wiegand hatten die 
blind geladenen Pistolen nach ihrer Angabe deshalb mitgenommen, 
um sich etwaiger Angriffe durch Wölfe zu erwehren, wahrschein⸗ 
licher aber um die Obermohrer Burschen durch Schreckschüsse von 
iich abzuhalten. Während Stuppi und einige andere Zeugen be⸗ 
Jaupten, daß Lanzloth gezielt habe, will dieser blos, einen Schuß 
in die Luft gethan haben, um die Obermohrer zu schrecken der 
aber wider sein Wissen und Wollen nunglücklicher Weise den Stupp 
Frankreich. — 
Paris, 21. Mai. Die internationale Conferenz be⸗ 
hufs Herbeiführung einer Münzeinheit wird hier demnächst zu— 
ammentreten und man hofft auf einen günstigen Erfolg derselben. 
Wäre sehr zu wünschen.) Preußen macht zwar noch Schwierig⸗ 
keiten, indeß man glaubt, daß dieselben werden überwunden wer— 
den können, wenn Frankreich nur die doppelte (Gold- und Sil— 
ber⸗) Währung aufgiebt. Die Münzeinheiten für beide Länder 
vürden dann Fünf- und Fünfundzwanzig-Frankstücke in Gold 
verden. Oesterreich soll sehr geneigt sein, sich dem französischen 
Münzsystem anzuschließen; doch legt man auf dasselbe wenig Ge— 
vicht, weil es ja meistens nur Papiergeld fabricirt. — Frankreich 
scheint jetzt gänzlich die Rolle Rußlands im Oriente übernommen 
u haben, so ängstlich zeigt es sich in Betreff der Interessen der 
orientalischen Christen. Der französische Gesandte bei der hohen 
Pforte hat dieselben nocheinmal aufgefordert, das Blutvergießen auf 
Creta einzustellen; aber seine Vorstellungen sind mit der Bemerkung zu— 
rückgewiesen worden, daß die Pforte stark genug sei, um die Auf— 
tände in ihrem Gebiete niederzuschlagen. Die französische Regie— 
rung hat nunmehr die übrigen Großmächte gebeten, sich mit ihr 
zu einem Collectivschritt in Konstantinopel zu vereinigen! 
Paris, 22. Mai. Die Reise des Sultans Abdul Aziz 
nach Frankreich hat auch den politischen Zweck, die Pläne Ruß— 
lands zu durchkreuzen, welche durch den Umstand, daß der Fürst 
Gortschakoff den Czaren hierher begleitet, deutlich genug bezeichnet 
sind. »uch der Sultan wird von seinem Minister des Aeußeren 
Fuad Pascha, begleitet sein. — Sofort nach der allseitigen Rati— 
fication des Londoner Vertrages wird der Marquis Moustier 
sämmtliche Documente, welche sich auf die gesammten Verhand⸗ 
ungen beziehen, zusammenstellen und dem gesetzgebenden Koͤrper 
yorlegen. — Der König von Preußen hat auf die Bitten der 
franzoͤsifchet Regierung hin (7) seine Reise hierher verschoben. 
Dbwohl der Czar am 12. Juni wieder abreist, wird der König 
erst am 15. oder 16. Juni hier anlangen. — Leiderbestätigi 
sich meine gestrige Nachricht über den Abschluß des Vertrages 
zwischen Rothschild und der italienischen Regierung betreffs der 
talienischen Kirchengüter nicht; Vielmehr steht der Äbruch der be⸗— 
treffenden Verhandlungen bevor. Eine Unterredung zwischen Hrn. 
d. Rothschild und dem päpstlichen Nuntius Chigi soll dieses Re— 
sultat gehabt haben. Dagegen spricht man in Börsenkreisen von 
neuen Verhandlungen,“ die uit dem Hause Erlanger begonnen 
— uw czh eer 
.. Italien... den 
Slorenz, 18. Mai. Die Herren Rothschild und Fremy 
haben ernste Schwierigkeiten erhoben gegen das ihnen zur Unter⸗ 
zeschnung nach Paris gesandte Projekt wegen Veräußerung. der 
Kirchengüter. Ratazzi hat eine, sehr Feste Aufforderung an die 
Herren geschickt und wenn dieser keine Folge geleistet wird, will 
er alle Unterhandlungen als abgebrochen betrachten. Man' sagt, 
Herr Landau habe im Namen Rothschilds zugleich die Regie des 
Tabaks für dieses Haus beansprucht, doch weise die Regierung 
diese Zumuthung zurück- da ein genueser Haus bessere Bedingun⸗ 
geu bietet. Die Bureaur, welche heute die Discussion des Gesetz⸗ 
borschlags begonnen haben, erklären, abwarten zu wollen, bis der 
Vertrag mit den Banquiers ihnen mitgetheilt ist, ehe sie einen 
Veschluß fassen. , F 
— Die Vermählung des Prinzen Amadeus wird in der 
Hofkapelle von Turin durch den neu ernannten Erzbischof dieser 
Stadt, Msgr. Ricardo di Natro, vollzogen werden Es sollen 
bei dieser Veranlassung große Volksfeste, Feuerwerk, Regatten x. 
stattfinden. es See er ge 
Florenz, 18. Mai. »Die „Avanguardia“ veröffentlicht den 
nachstehenden Biief: F— 
Florenz, den 17. Maie 
An 'die italienischen Liberalen! Da mir das Wohl der Rö— 
mer am Herzen liegt, so habe ich die von mir vertrauensvoll er— 
nannte und in Florenz residirende Central Emigration ermäch— 
tigt, Mandate zur Unterstützung der Römer auszugeben. Ich 
einpfehle also allen Patrioten an, welche die Pflicht, der Leidenden 
nicht; zu vergessen und die: Würde des Vaterlandes begreifen, der 
Werbreitung dieser Mandate ihre eifrige Mitwirkung zu Theil 
werden zu lassen. Den italienischen Journalen würde ich für 
Veröffentlichung dieser Erklärung dankbar sein 
G. Garibaldi.