Full text: St. Ingberter Anzeiger

Schwurgerichtsfitzungen. 
37 . Duarial 1863. 
Zweibrücken, 23. Mai. Verhandlung gegen Anna Ma 
ria Battung, 47 Jahre alt, ledige Dienftmagd von 
Henssberg, wegen dreier krimineller Diebstähle. 
Seit ihrem vierzehnten Lebensjahre hat die Angeklagte im 
Ganzen 23 Jahre 7 Monate und 8 Wochen in Strafhaft ver— 
hracht, wovon 21 Jahre 6 Monate auf 10 Bestrafungen wegen 
Diebsiahls kommen. Seit Februar 1866, zu welcher Zeit sie 
ihre letzie Strafe abgebüßt hatte, trieb sie fich größtentheils be— 
schäftigungslos in der Pfalz herum. Am 7. Januar abhin war 
sie in Edesheim, schlich sich des Abends um 7. Uhr in den obern 
Stock des Wirthshauses zum Adler allda und nahm dort aus 
einem offenen Zimmer 2 halbwergene Leintücher vom Bett, einen 
wollenen Teppich vom Tisch und einem braunen Ueberzieher vom 
Nagel weg, welche Gegenstände sie des andern Tags zu Landau als 
Maria Weiß von Godramstein im Pfandhause versetzte. Am 11. 
Januar war die Angeklagte in Edenkoben, wo fie des Abends 
nach 8 Uhr aus einem Gastzimmer im obern Stock des Gasthau⸗ Dermisschtes. 
seß zum Schaf 2 Couverten und 2 Leintücher wegnahm, die sie — Es cursiren folgende falsche Münzen: Falsches bayer. 
Tags darauf gleichfalls im Pfandhaus zu Landau versetzte. Den Zweiguldenstück aus Zinn; falscher bayer. Vereinsthaler 1860, 
fandschein vertante sie an den Trobler Lob Schlüsseibium von dus Zinn, jalscher s. g. Laubthaler, 1767, aus Glocenspeise, 
da Am 18. vesselben Mongis war die Vattung in Contwig alscher österr. Kronenthaler, 1784, aus Glockenspeisez falscher 
ho sie des Abende gegen, 6 Uhr aus einer unverschloffenen Ober . g. Brabanterthalet aus einer Mischung von Zinn, Blei und 
siube des ihr von früher bekannten Wohnhauses von Wirth Frie- Zink; falscher Sechser aus Blech. J 
buch Basters 2Vedteitzügen, 2Kissenzugen und 2 Leintücher 7 Kaiserskäutern, 20 Mai. In der heute dahier statt— 
entwendele. Von da begab sie sich noch am nämlichen Abend gefundenen Generalversammlung der Actionäre der Baumwollspin⸗ 
nach Zweibrücken, wo sie ungefähr um 8 Uhr von der Magd des nerei Kaiserslautern (Kampertsmühle) wurden von dem Reinge— 
Oekonomen Bradfisch in dessen Schoppen, in welchem Wäsche auf⸗ vinn a 79,373 fl. 283 kr. vertheilt: 1) 20 Proc. Dividende 
gehängt war, gesehen und von Lehlerem der Polizei übergeben 86,749 fl..2) 7 Proc. Tantieme an den Direchor 3271 fl. 48 kr. 
durde. Von der fraglichen Wäsche waren zwar einige Stücke 3) an die Krankenkasse 500 fl., 4) Abschreibungen a) Mobilien⸗ 
weggetommen, aber nicht dei der Angeklagten vorgefunden. Da- vnto 18,861 fl. 85 tx., b) Immobilienconto 10,000 fl. Ferner 
gegen hatte dieselbe einen Sack und in demselben die dem Basters wurde beschlossen, an die Inhaber von ije 8 alten Actien eine 
eniwendeten Gegenftände bei sich. Sie gefland diesen Diebsiahl, neue à 800 fl. auszugeben. * 
wie auch später die beiden anderen Diebstähle in Edesheim fKais,erslautern, 25. Mai. Der landwirthschaftliche 
und Edenkoben. Bei dem Geständnisse der Angeklagten, welche Bezirksverein Kaiserslautern gedenkt dahier am 7. Juli ein allge⸗ 
burch Herrn Rechtscandidaten Lo her vertheidigt wurde, waren neines landwirthschaftlichez Kränzchen abzuhalten. Bei Gelegen⸗ 
die Verhandlungen kurz so daß bereits um 10 Uhr der Schul- xit dieses Kränzchens wird eine Ausstellung landwirthschaftlicher 
digausspruch der Geschworenen, sowie die Verurtheilung der An⸗ beräthe und Maschinen stattfinden, welche- in den Räumen der 
geklagten zu einer Zuchthausstrafe von 10 Jahren erfolgte. Landwirthschaftsschule pom 7. bis 14. Juli geöffnet ist, und mit 
Zweibrücken, den 24. Mai. Verhandlung gegen Bar— welcher eine Loiterie von laudwirthschaftlichen Gegenstaͤnden mit 
bara Eugel, 19 Jahre alt, Tochter des Tagners An— Loosen zu 30 Kreuzer verbunden' ist. Die Auswahl der Gewiun⸗ 
dreas Eagt in Birhenhorde des Kindsmords angellage ste. hat nur aus den qusgestollten Gegenständen gu geschehen, und 
und vertheidigt durch Herrn Rechtscandidaten Boding. a ren 83 A De ee 3 8 
Die Angeklagle leugnete fortwährend ihre Schwangerschaft de gue zann gemeine Brynchüatkeit de Pappirun 
und hatte auch zum Empfang des Kindes nicht die geringste Vor Aß der —— Verehuns ist gun angemeine 
bereitung getroffen. Nachdem nun in Birkenhördt das Gerücht ven Prryrestung guler vew hrter landwirthschaftiicher Gerathe 
berbreitet worden war, die Angeklagte sei niedergekommen, unter und Majchinen beizutragen. und es steht wohl zu erwarten daß 
—— * von Seite der inlelligenten landwirthschaftlichen Bevölkerung der 
suchte ber k. Bezirksarzt dieselbe am 26. März abhin, und fand, tz di uͤn 5 
daß sie einige Tage vorher geboren habe. Die Angeklagte gestand Pfalz diesem gemeinnützigen Unternehmen des hiesigen Bezirksver— 
nun, am 20. März abhin des Abends um“ 237 Uhr in der us eine lebhafte Betheiligung zugewendet W 
Scheuer des Pfarrhauses hinter der Chaise, als sie die anderthalb f. Zweibrücken, 23. Mai. In der Nacht vom 15 auf 
Fuß hohe Schwelle der Thuͤre aus dem nebenan befindlichen Laub— den 16. Mai deserlirten aus der Zweibrücker Garnison drei Sol⸗ 
sialle überschreiten wollte, von der Geburt überrascht worden zu neten, worunter ein Tambour Namens Rupert, auf dessen 
sein. Das Kind sei gefallen und auf den Boden gefahren. Sie Trommel man den Vers fand: 
sei ohnmächtig geworden, und als sie nach einer halben Stunde Mein lieber, guter Koͤnig, 
wieder zu sich gekommen, habe das Kind todt neben ihr gelegen. Ein Groschen ist zu wenig. 
Bei der Geburt sei Niemand zugegen gewesen, und sie habe dem Die Trommel liegt im Ec, 
Kinde nichts zu Leide gethan; die Leiche habe sie am Bache ge⸗ Der „Rupert“ der ist wg. (A. Wb.) 
waschen, in ihr elterliches Haus getragen, dort bekleidet, in eine Aus den Vogesen, 28. Mai Der pfalz. Lehrer⸗ 
Sdachiel gelegt und ihrem Bruder Aadreas zur Beerdigung auf dexre in hat sich nunmehr definitiv constituirt, und es sind dem⸗ 
dem Kirchhofe übergeben. Wenn das Kind Verletzungen an sich selben aus 25 Gantonen bereits 875 Mitglieder beigetreten. Die 
gelragen habe, so konne sie nicht anders denken, als daß Jemand erste Generalversammlung dieses Vereins wird am 25. September 
das Kind nach dem Weggange hres Bruders vom Kirchhofe ger d. J- eu. Laiserslautern abgehalten werden Zu welcher der stün⸗ 
no nanen und angeschlagen habe, um fie ins Unglüc zu' bringen dige Ausschuß das Prograum bereits festgestellt und veröffentlicht 
Rach dem bezirkatzilichen Gutachten war 1. das Kind der Un- hat. — Die Gesammtzahl der Volkaschulen im Konigreich 
idgien lebenssahlg ha daghelde nach der Geburt gelebt, beträgt derzeit 7120 in der Pfalz 1510. 7. Zer Etadtmagi 
uͤnd 3. ist dasselbe in Foige der ihm nach der Geburt zugefüg⸗ irat zu München hat für diejenigen Lehrer der Haupistadt, welche 
ten Kopfberletzungen gesiorben. Der Schädel des Kindes war die allgemeine Lehrerversammlung zu Hildesheim am 11. 12. und 
sershineltert. und diese Knochenverletzungen waren der Art be- 13. Juni l. J. besuchen wollen, einen Reisezuschuß von 300 fl. 
chaffen, daß sie nur dem lebenden Kinde und zwar mit großer aus städtischen Mitteln bewilligt, gewiß ein erfreuliches Beispiel. 
Gewall zugefuͤgt worden sein konnten. Ferner fauden sich an der das auch in unserer Pfalz der Nachahmung verdient. 
borderen Halsseite Eindrücke von Fingernägeln und hlutunterlau— f In München hat sich am 21. d. ein junges Mädchen S. 
fenen Quetschungen vor. Das ärztliche Gutachten geht ferner C., die Tochter eines dort wohnenden Handelsagenten aus der 
dahin, daß die constatirten drei Knochenbrüche nicht durch bloßes Rheinpfalz, mittelst Arsenik vergiftet, weil ihr Geliebter ihr einen 
Auffallen des Kindes auf einen harten Gegenstand entstanden sein Absagedbrief geschrieben. 
tönnen, zumal die fragliche Scheuertenne mit allem Geniste von F Die beiden Chinesinnen, die auf der Weltausstellung in 
Heu ganz überdeckt war. Auch sei es möglich, daß die Angeklagte einem Theeladen figuriren, erregen allgemeine Aufmerksamlkeit. Die 
ohne fremde Hilfe geboren, sowie daß sie die Reinigung und Be⸗ eine ist 15, die andere 17 Jahre alt, und man hoͤrt sie nicht 
kleidung der Kindsieiche allein besorgt habe. Die Vertheidigung sprechen noch singen; dafür rauchen sie. Sie tragen blauseidene 
führte aus, daß man vor Allem den Moment von der Geburt Roben mit einem Drachenbilde auf der Brusst und einer Sonne 
his zur Begrabung der Kindsleiche ins Auge fassen müsse. Diel auf dem Rücken; ihre Füße sind wirklich wunderklein