Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ang erker Anzeiger. 
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der „Sh —— g berrer An zeige cmit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimalz Dienstag, Do nuersstag 
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Nro. 73. h Freitag den 21. Jui 3* 1867. 
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München. Das Handelsministerium hat, unter Hinweis 
nuf den Jahresbericht der Handelslammer von Unterfranken umnd 
Aschaffenburg, sich an das Cultusministerium mit dem Wunsche 
gewendet, leßteres möge sich direct mit Rom wegen Verminderung 
resp. Abschaffung der kirchlichen Feiertage ins Benehmen setzen.« 
Das Handelsministerium beantragt, daß in Zukunft nur mehr 
als Feiertage zu begehen seient die Sonntage. der Christtag, der 
Stephanustag, Neujahr,der zweite Ostertag. Christe Himmelfahrt, 
Frohnleichnam. Maria Himmelfahrt, Allerheiligen; alle übrigen 
Festiage sind abzuschaffen, die Diöcesau⸗Patrone auf die Sountage 
zu verlegen und können pro choro gefeiert werdenn 
Die Münchener „Reuesten Rachrichten,“ sind don dem Ge— 
meindegesetzentwurf des Abgeordneten Edel nicht in jeder Hinsicht 
erbaut. Sie schreiden: „Die Art und Weise. wie sich der Ab⸗ 
geordnete Dr. Edel als Referent über den Gemeindegesetzentwurf 
nit dem allerdings schwierigen Thema der Gemeindesteuern abfin⸗ 
det, dürfte mit den volkswirthschaftlichen Zeitanschauungen sehr 
venig im Einklang stehen.“) Für Einführumg und Regulirung von 
Verbrauchssteuern auf gemeine Lebensbedürfnisse soll den Gemein— 
den nach dem Wunsche des Referenten die größtmögliche Freiheit 
eingeräumt werden, sofern solche nur sich nicht auf die zum au⸗ 
zergemeindlichen Abfatz und Handel bestimmte Produktion erstrecken. 
Selbst diese letztere Veschränkung soll auf die Ausfuhr von Fleisch 
und Brod nicht ausgedehnt, für diese vielmehr jede Rückvergütung 
von vornherein ausgeschlossen werden. Also freieste Einführung 
der soust so verpönten Verzehrsteuern, eine wahre Vorliebe für 
Bertheuerung der nothwendigsten Lebensbedürfnisse, ein förmliches 
Poussiren des Octroi's wogegen: gerade jetzt in aller Welt aufs 
Lebhafteste agitirt wird. Aufschlagszölle, Verkehrsschranken, Schlag⸗ 
haume von Dorf zu Dorf, so zu sagen Bicinal⸗Zollschranken, auf⸗ 
erichtet in demselben Angenblick, wo Verkehrsfreiheit die allge⸗ 
neine Losung geworden ist? das äußerste Maaß der Freiheit ge⸗ 
rude in den Punkten, in melchen die Gemeindefreiheit mit der 
Freiheit des Gesammtverkehrs unverträglich ist. Und dabei scheint 
der Referent auch eine ganz besondere Schwärmerei für Bierbe— 
stteuerung und Biervertheuerung in sich zu tragen! Er glaubt sich 
gegen alle fernere Beschränkungen des Matze oder Bieraufschlages 
ausdrücklich verwahren zu müssen, weil es „aus vollswirthschaft⸗ 
lichen () Gruünden zu wünschen sei, daß die Bierconsumtion nicht 
in das Uebermäßige gesteigert werde.“ Der Referent steht nicht 
an, seine Ansicht dahin auszusprechen, „daß die Verzehrung die— 
es Produkts bereits beiden unteren Classen des Volkes eine Ausdehnung 
erreicht habe, die weder in sittlicher, noch in wirthschaftlicher (9 
Beziehung wünschenswerth ist, sowie sie auch im Auslande einen 
anerschöpflichen Stoff zur Verhöhnung des. bayerischen Volkslebens 
hilde“. Welch' wohlwollende Sorge für das arme niedere Volk! 
So recht im wohlmeinenden Simne der weiland Luxusgesetze, Kleiderorde 
nungen u. dgl. m., damit doch ja nicht zuviel producirt werde! 
Wir können hier das Thema nicht wohl weiter verfolgen, es sollte 
nur Einzelnes zur Probe aus dem sonst überaus gediegenen Ela— 
borat herausgerissen werden, um zu zeigen, daß „der Sonnen⸗ 
strahl der Freiheit“ nicht überall das in Rede stehende Referat 
durchleuchtet und nicht Alles, was Freiheit heißt, auch Freiheit ist.“ 
München, 16. Juni. Der bayerische Gesandte am russi⸗ 
schen Hof, Graf v. Tauffkirchen, ist, kaum von einer Sendung 
nach Stuttgart zuruckgekehrt, abermals in besonderer Mission, und 
war diesmal nach Berlin, vorgestern Abend abgereist. 
München, 17. Juni. Die Baher. 3. dementirt in der 
chr eigenthümlichen Weise die Notiz, nach welcher Fürst Hohen⸗ 
lohe vor seiner Abreise nach Berlin nicht in der Lage gewesen 
wäre, die erforderlichen Vollmachten vom Konig zu erhalten. Sie 
jagt nämlich: „Nachdem über die Berathungsgegenstäude der Ber⸗ 
liner Confetenz eine vorherige Feststellung nicht stattgefunden hatte 
V WFin Buid in irgend ein vollswirthschaftliches Kompendium oder in die 
Protoiolle der volkswirihschaftlichen Congresse hätte den Hrn. Referenten beleh⸗ 
ren können, wie über die Verwerflichkeit der indirecten Steuern überhaupt 
dolle Einssimmigkeit in kompetenten Kreisen herrscht. 
— 
kounte auch selbstverständlich eine erschöpfende Instruction von dem 
Minister nicht erbeten werden, und deshelh war derselbe erst nach 
Beendigung der Conferenz in der Lage, das Resultat dem Mini— 
terrathe vorzutragen und die definitive Enischeiduug Sr. Maj. 
inzuholen. 
München, 17. Juni. Die Augsburger Abendztg. enthält 
nachstehenden Attikel: Von vielen Zeitungen wird die Zögerung 
Baherns in Betreff der Reconstruction des Zollvereins dahin aus— 
gelegt, als ob die bayerische Staatsregierung gewillt sei, den Zolls 
herein gänzlich aufzugeben. Das ist aber vollständig unbegrün— 
det. Soviel ich über den Gang der Verhandlungen erfahren 
tonnte, war dieser in großen Zügen folgender: Die süddeutschen 
Minister waren eingeladen worden, nach Berlin zu kommen und 
dort mit Bismarck über die Reconstruction des Zollvereins Bera⸗ 
thung zu pflegen. Leider waren pon Seite Preußens keine be— 
timmten Anträge gestellt, über die man in den Ministerberathun⸗ 
jen der süddeutschen Staaten vorher hätte Beschluß fassen können. 
hei uns wurden im Ministerrath die Instructionen ausgearbeitet, 
wvelche dem Fürsten Hohenlohe zur Basis seiner Zugeständnisse in 
Berlin gelten sollten und die dem König vorgelegt und von ihm 
auch sofort unterzeichnet wurden. In Verlin stellte sich aber he— 
raus, daß die Forderungen Bismarcks über das Maß der Zuge— 
tändnisse hinausgingen, welche Hohenlohe aus München mitge— 
hracht hatte. Deshalb kounte er dort keine bindende Antwort geben 
und nahm die Anträge Preußens ad referendum heim nach 
München. Durch die Unterlassungssünde Preußens wurden nun 
aachträgliche Verhandlungen nothwendig, die zur Zeit noch im 
hange sind, aber keineswegs den Anschein haben, als führten sie 
u einer Sprengung des Zollvereins durch Bahern. Im Gegen⸗ 
heile ist es höchst wahrscheinlich, daß schon in nächster Zeit eine 
zefriedigende Losung der Angelegenheit erzielt werde. — Fürst 
dohenlohe ist nach Schillingsfürst abgereist. 
Speyer, 19. Juni. Am 26. d. M. werden sich die 
Mitglieder des Consistoriums mit den von letzterem erwählten 10 
Vertrauensmännern zu einer Berathung über die zur Feier des 
Mjährigen Bestandes der Union in der Pfalz erforderlichen Vor⸗ 
zereiiungen in Kaiserslautern vereinigen. Als Vertrauensmänner 
ind erwählt: Prodecan Ney von Mutterstadt. Decan Wanzel von 
Zell, Decaͤnatsverweser Krieger von Zweibrücken, Pfarrer Hofer 
n Edenkoben, Pfarrer Risch in Kusel, Bürgermeister Diehl von 
Pirmasens Staatisprocuratur Dupré in Frankenthal, Hüttenwerk⸗ 
esitzer Frhr. v. Gienanth in Hochstein, Gubsbesitzer Otto Hilgard 
in St. Johann nund Kaufmann und Landrathsmitglied Philipp 
Rothhaas in Kandle. 
Karlksruhe, 18. Juni. Der Tabak spielt seit der Mi— 
usterzusammenkunft in Berlin die Hauptrolle. und schon regt sich 
ie Agitation gegen etwaige Steuer in der bad. Pfalz, geschürt 
nis Leibeskräften von allen Oppositionsparteien. Für Baden ist 
zie Frage allerdings sehr ernst; hier handelt es sich um Millionen 
ind um einen Arbeitszweig für Tausende. Alle Stimmen sind 
ibrigens darin einig, daß Tabak das erwünscheste Object der 
Besteuerung bilde. Auch unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß 
man die Lösung erleichtern kann, wenn man die Steuer nicht zu 
hoch bemißt und auf den Verbrauch legt, zugleich auch die Ueber⸗ 
Jaugssteuer fallen läßt letzteres ist für Baden der Hauptpuntt. 
Karlhsruhe, 17. Juni. Der Großherzog hat am 11. d. 
M. die Ratifikationsurkunde zum Berliner Vertrag vom 4. d. M. 
mterzeichnet⸗ 
Wiesbaden, 14. Juni. Die auch von uns gebrachte 
Notiz, daß die Unterhandlungen in der Domänenfrage ins Stocken 
gerathen seien, soll nicht begründet sein; es sei nur durch die Ab⸗ 
vesenheit des Königs und des Grafen Bismarck eine kurze Unter⸗ 
brechung eingetreten. B 
Berlin, 15. Juni. Die „Rat.«Lib. authographische Corre— 
pon.“ schreibt: „Einheit und Freiheit! Darin sind alle libe— 
ralen Fractionen einig, daß mit der Einheit Deutschlands auch 
dessen Freiheit zu erstreben ist, denn beide bedingen einandet, und