Full text: St. Ingberter Anzeiger

Die Mede. hebt. dis freundschaftlichen Beziehungen des Kd— 
nigs zu den ugchtigen Nachbarfürsten hervor, wodurch ein dauern⸗ 
der Frieden verbürgt sei. Das Streben ver Regierung seit daß 
die Bedeutuug des neuen Staatswesens sich dornehmlich in der 
Sicherung des Friedens bewähren müsse. — 
Frankreich. 
Paxis, 19. Juni. Mit den letzten Dampfbooten aus Ame · 
rita sind über 100 bayerische und andere südstaatliche Sol⸗ 
haten, von denen viele im letzien Feldzuge verwundet wurden, in 
Habre angekommen. Dieselben waren herübergekommen, weil sie 
glaubten, daß der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland aus⸗ 
btechen werde. Sie hatten die Absicht wieder jn ihre respectiven 
Armeen einzutreten. — Es ist die Rede vom Abschlusse einer ruß 
ischen Anleihe in Paris. V 
Pari 3 20. Juni. Beinahe könnte man sich wieder in 
die Zeit kurz vor dem Auftauchen der Luxembutger Frage zurück- 
herseht glauben. Es herrscht hier wieder dieselbe Gegnerschaft — nicht 
Feindschaft — dasselbe Schmälen und Grämen gegen Preußen, wie 
hor drei Monaten. Die Journale, offiziöse wie unabhängige, 
beklagen die Unterwerfung Bayerns unter den neuen Zollverein, 
die sie üͤbtigens als ein Werk des Zwanges betrachten. Mit be— 
fümmerter Miene sehen sie die völlige Zusammenfassung Deutsch— 
lands unter preußischer Führung aus diesem Zollverein hervor⸗ 
gdehen. Der Unterschied gegen damals ist nur, daß das große 
Hublikum sich nicht so lebhaft an diesem neuen joutnalistischen Feld⸗ 
zuge gegen Deuitschland betheiligt; es ist zu froh, der erst vor 
Hurzem drohenden Gefahr des Ktrieges mit diesem Lande entgan⸗ 
gen zu sein, als daß es jetzt von Neuem auf dieselbe lossteuern 
dollte, und dann sieht es auch diese Dinge für unabänderlich an. 
Aber krotzdem will man doch“ Prrußen und dessenr Bestrebungen 
in Deutschland keineswegs wohl, nud deshalb ist Oesterreich vot 
Allem Gegenstand allseitiger Sympathien. Mam gefällt“ fich da⸗ 
rin, auch in offiziösen Kreisen die Verwaltung des Herrn vr Beust 
als das Muster eines besonnenen Liberalismus und als: den ein— 
zigen Hott der Freiheit aufzustellen. Artikel in manchen Pariser 
imd Departementalzeiumgen machen schon auf. die demnächstige 
Ankunft des Kaisers Frauz Joseph und seines Ministers aufmerk 
samn und fordern das Publieum zu lobhafter Bethatigung der Zu⸗ 
neigung für diese beiden Gäste auf. Aus den wenig freundschaft⸗ 
lichen Beziehungen, welche besonders unsere offiziofe Weltaugen⸗ 
hlicklich zu Preußen unterhält, erklärt sich auch das Dementi, wel⸗ 
ches gestern die France,': heute der“ Etendard der hevorstehenden 
Reise des Kaisers nach Berlin geben. Napoleon hat in der That 
dem Konig Wilhelm versprochen, ihm nach dem Schluß der Aus— 
stellung einen Gegenbesuch in Berlin abzustatten, indeß er wird, 
wenn die Lage sich nicht verbessert seine Absicht ändern yum 
nicht Durch seine ÄAnwefenheit in Berlin die Handlungsweise Preu⸗— 
zens gleichsam gutzuheißenn Trotzdem aber ist an eine ernstliche 
Verwickelung keineswegs zu denken. Ein Beweis hierfür ist, daß 
in der Thal zwei Altersklassen der französischen Armee, diejenigen 
der Jahre 1867 und 1868, in ihre Heimath werden zurückgesandt 
werden.Diese Maßregel wird allerdings nur einen provisorischen 
Fharakter an sich tragen. — Gestern Abend liefen hier. dunkele 
Heruchte über den Exkaiser Marimilian um. Man sprach von 
Ie thatfüchlichen Hinrichtung und fügte selbst hinzu. daß das 
Zriegsgericht ihm die traurige Ehre verweigert hat als Soldat zu 
sterben und ihn zur Strafe der gewöhnlichen Verbrechen (d. h. 
zum Strang) verurtheilt hat. — Der Graf v. d. Goltz hat sich 
bei Roicher über die Haltung der Situation beschwert, und es ist' 
ihm darauf eine theilweise Genugthuung zu Theil geworden, in⸗ 
dem heute früh der Constitutionnel eine kurze Note veröffentlichte, 
in welcher der Situation jeder Zusammenhang mit der Regierung 
abgesprochen wird. — Man haält den Besuch der Kaiserin von 
Rußland und der Königin von Preußen im Anfang des Herbstes 
für gewiß. — Alle diesenigen, welche „Vive la Pologne“ gerusen 
haben, sind nunmehr befreit worden, mit Ausnahme eines Cor⸗ 
ectors des Temps, der schon einmal wegen politischer Vergehen; 
derurtheilt gewesen war. — Herr Rattazzi wird in den nächsten 
Tagen hier erwartet. — Der Sultan wird morgen von Konstan⸗ 
tinobel abreisen, Fuad Pascha wird ihn nun doch begleiten. 
Paris, 23. Juni. Dem Etendard wird telegraphirt, daß 
Hr. Seward in Wien die Verurtheilung des Exkaisers Moximi— 
uͤenn zur Verbannung und die bereits erfolgte Abreise dessel⸗ 
ben nach Europa gemeldet habe. Ferner: daß Oesterreich in einer 
der Pforte am 16. Juni überreichten Rote des Hrn. 'bv. Veust 
der Coͤlleckivnote Frankreichs, Preußens, Rußlands und Italiens 
in Vetreff der candiotischen Angelegenheit beigetreten sei. 
F England. 00 
— . London, 20. Juni. Der Herzog von Edinburgh (Prinz 
Alfred,) der Seemann der koniglichen Familie, hat Euroa auf 
lange Zeit — etwa ein Jahr — Lebewohl gesagt. In voriger 
Woche fuhr er auf seiner Fregatte Galatea von Gibraltar ab 
unächst noch Madeirä aum spaäter nach Rio de Janeiro, nad 
Südafrika und Australien zu segeln — denn unter Segel wird 
die Reise gemacht F und schließlich an Katß Horn vorbei nach 
England Aruczutehren. 
Italien. 
Slorenz, 23. Juni. Ferraris ist von der Commission 
iber die geistlichen Güter zum Berichterstatier gewählt worden 
die Commission wird vorschlagen, die Regierung zur Ausgabe 
jon Obligationen zu ermächtigen, die in bestimmter Frist aus dem 
Ertrage der geistlichen Güter amortisirt werden sollen.. Diese Fi— 
naͤnzopetation soll jedoch verschoben werden, bis abgestimmt ist 
iber die neuen Auflagen, —welche einen Zuwachs der Einnahmen 
um 80 Mill. sichen. 
uittit merikaru—, 
New⸗-York, 2LAm Juni. General Santa Anna 
von den: Juaristen. gefangenr genommen worden. 
. Vermischtes. 
7 In München, wo Gambrinus lange Zeit unümschränkt 
regierte, sind zahlreiche Sodawasser⸗Buden errichtet worden, in 
»enen sogar die Arbeiter, wenn sie Abends von, den Baugerüster 
teigen, aͤnen herzhaften Schluck nehmen. Die Augsburgerin knüpft 
an dieses Zeichen und, Wunder eine culturgeschichtliche Betrachtung 
und Hoffnung. 1) Die Betrachtung, daß das Bier in München 
und Bayern) an Güte immer mehr abnimmt, auswürts detegen na⸗ 
mentlich auch im Weinland Württemberg, immer befser wird 
3) Die Hoffnung, daß mit der Güte des Biers auch der Dunfi 
ibnehmen und manches süddeutsche Ingenium den. Rorddeutschen 
eigen werde, wie es: seithex nur im Schlummer gehüllt gewesen 
ei. Sie setzt hinzu, Wasser thut's freilich nicht auch die Volks 
chulen. und die Gelehrtenschulen müssen ein bischen nachhelfen. 
Mancher wackere Mann und Beamte sei sicherer auf der Kneipe 
als in seiner Studirstube zu treffen. u. s. w. 
7Schon wieder ist ein Unglücksfall durch Verbrennung zu 
egistriren. Aus Bleiburg meldet der „Wanderer“ unterm 17.d. 
Gestern Abend war das Bleiburger Schloß der Schauplatz eines 
raurigen Ereignisses. „Dier Frau Gräfin Gabriele v. Thurn 
vollte die Lampe auf ihrein Schreiblische mit einem Streichhölz⸗ 
hen anzünden; da faͤllt das Phosphorkoͤpfchen desselben unbemerkt 
auf ihr Kleid, dasfelbe fangt Feuer und im Nu stand die arme 
Frau lichterloh in hellen Flammen.Trotz der angewendeten 
doschversuche, bei denen sich ihr Gemahl, Graf Georg Thurn— die 
dande bis an die Handknöchel selbst schwer verletzte, brannten 
das HKleid, die Unterröcke ꝛc. bis ans Mieder zusammen, und er—⸗ 
lüt die bek agenswerte Dame die schmerzlichsten Brandwunden 
Dbwohl schwer verletzt, fand sich am 17. d. Morgens die Erä— 
iin noch bei vollem Bewußtsein. — 
7Arnsberg, 18. Juni. Wie dieser Tage in Glogau 
ind Bromberg, so hat auch hier am 15. d. eine Hinrichtung 
tattgefunden, nämlich die des berüchtigten Fabrikarbeiters Bern⸗ 
hard Prior aus Langscheid, welcher 1865 seine beiden Stiefkin— 
zer im Alter von 6 und 8 Jahren ermordet und bereits Anstal⸗ 
en gemacht hatte, seine Ehefrau zu beseitigen. Zwei Mal war 
Prior, während seiner Haft ausgebrochen. 
—7 Berhin. Durch Erlaß des Handelsministeriums sind 
die königlichen Eisenbahndirectionen angewiesen worden, bei sämmt⸗ 
lichen Courier⸗, Schnelle und Eilzügen auch dritter Classe-Coupés 
füc Nichtraucher einzurichten und nach 6 Wochen über die erfolgte 
Ausführung zu berichten. Auf der Ostbahn wo diese Einrichtung 
chon besteht, hat sie sich vortrefflich bewährt, da die betreffenden 
Toupéss immer von Damen besetzt werden. 
7 Berlim. Während der König Wilhelm in Paris war, 
wurden nahezu 500 Gesuche um Verleihung preußisccher Or— 
den auf der preußischen Gesandschaft eingereicht; die Leute wa— 
ren theils Franzosen, theils Fremde, welche die Gelegenheit be— 
rutzen wollten. Auch an 200 Gesuche um eine Audienz wurden 
in den Grafen Bismardgerichtet; er hat aber kaum zehn dieser 
Besuchsteller zu sprechen Lust gehabt. 
— F Eine Schützenkönigin Das „Bündner Tagebl.“ 
chreibt: Am Provinzialschießen in Genua, welches vom 19. bis 
29. Mai dauerte, hat eine Graubündnerin dem Schweizernamen 
ẽͤhre gemacht, Maria Müller, ein Mädchen von erst 13 Jahren. 
Sie hat eine goldene Medaille und mehrere Prämien herausge— 
chossen und figurirt unter den ersten Helden des Festes. Einzig 
ihr Bruder Georg, Buchsenschmied am Festplatze, ist im Verzeich⸗ 
uniß der Gewinner so oft oder noch öfter aufgeführt als sie. Ihr 
Bruder wäre, wie gersichert wird, überall der Erste gewesen, wenn 
s ihm hätte conveniren können, als Fremder den Haß des Schü⸗ 
zenpublikums auf sich zu laden.