träftiger Beschlüsse; aber die Entschlossenheit schließt nicht die Vor—
sicht aus und das Verdienst in der Politik ist das, den passenden
Augenblick zu treffen. — Man muß abwarten, bis die Ereignisse
sich entwickeln, bis die Bevolkerung ihre Wünsche kund giebt und
zis die Ohnmacht der päpstlichen Regierung nicht mehr bestritten
verden kann. Es ist aller Grund vorhanden zu glauben, daß
vir nicht lange mehr zu warten haben, und daß die Regierung,
venn die Interessen des Landes es erheischen, beweisen wird, daß
ez ihr weder an Entschlossenheit noch an Energie fehlt. I
Die „Gazzetta Pimontese“ läßt sich aus Rom melden, daß
nie Truppen in den Kasernen konsignirt sind. Alle Wachtposten
ind verdoppelt. Die Situation der päpstlichen Truppen war
xInde September folgende: Rom 8265, Viterbo 477, Roncigliore
141, Civita Vecchia 557, Frosinone 256, Velletri 172, Comarce
209, Tivoli 165, Lessano 94, Terracina 70, Civita⸗Castellana
30, Taliono 80.
Florenz, 8, Oct, Der;, Diritto“ veröffentlicht nachstehen⸗
zes Manifesi der parlamentarischen Linken (Crispi ꝛc.) an die
Italiener: „Unsere Brüder vergießen ihr Blut in dem heiligen
Ramen von Italien und Rom. Dieses Blut legt allen Italienern
unbestreitbare Pflichten auf. Indem sie das nationale Bewußtsein
in diesem Sinne deuten und der Aufforderung des Generals Ga⸗
ribaldi nachkommen, zeigen die Unterzeichneten an, daß sie sich als
Fentralunterstützungsausschuß constituirt haben. Es lebe Italien!
Es lebe Rom'“ — Der „Italie“ zufolge soslsen in der Stadt
som etwa 8000 Mann concentrirt sein. Es ist die Rede von
einer Note, die Cardinal Antonelli an die Vertreter des römischen
Hofes bei den katholischen Mächten erlassen haben soll; zugleich
habe der Papst Pius ein eigenhändiges Schreiben an den Kaiser
der Franzosen erlassen. — Die Freischgaren sollen jetzt von
Menotti Garibaldi “(einem· jungen Menschen von 22 Jahren),
Facchi Nicotera und anderen Führern früherer Erpeditionen befeh⸗
jgt sein. Nach einem neapolitanischen Blatte wäre ein Theil mit
— preußischen Zündnadelgewehren bewaffnete.
In Turin hat eine Zeitungsredaction eine Subscription
eröffnet, um Jedem, der unter die Freischaaren gehen will, 100
Franken zu geben.
Florenz, 9. Oct. Der „Corriere Italiana“ erführt, daß
zwei französische Prälaten mit einer geheimen Mission der franzö⸗
sischen Regierung in Rom angekommen und bereits mehrmals von
dem Papff und dem Kardinal Antonelli empfangen worden seien.
Dem „Corriere Italiano“ wird aus Rom geschrieben, daß
der Koönig von Neapel alle seine Habseligkeiten in die Festung
don Civilavecchia bringen lass— 43
Florenz, 11. — „Wie die „Riforma“ meldet, hat die
Regierung mehrere Garibaldianer verhaften lassen. — Die Ja—
auar-Coupons werden im Nopember bezahlt werden. — In Fror
änone ist ein Aufstand ausgebrochen. Die päpstlichen Truppen ma⸗
chiren gegen Campagnano. z
Die „Liberte“ will wissen, Joseph Mazzini sei durch Florenz
zekommen und befinde sich bereits in Rom selbst, Die Liberte
heruft sich bei dieser Nachricht auf italienische Blaͤtter. Beltätig⸗
ung ist aber abzuwarten.
Verwischtes, WV
Ludwigshafen, 10 Oct. Der nächste Vergnügungs-
zug nach Paris via Forbach findet Donnerstag den 17. October
tatt und nehmen die Stationen der pfälzischen Eisenbahnen An—
neldungen zur Theilnahme bis zum 13. d. Mts. Abends in der
zewöhnlichen Weise entgegen.
7 Saͤmmtliche Vorschußvereine der Pfalz haben jetzt ihren
Beitritt zu dem jn Speyer beschlossenen Pfälzischen Genossenschafts⸗
derband erklärt, welcher somit constituirt ist. Vorort ist, für die—
ies Jahr Dürkheim, Verbandsdirector Herr Landge ichtsassessor Pe—
tersen daselbst. 22
Ein Taglöhner von Rockenhausen wurde am 9. October
von dem Bezirksgericht in Mainz wegen Schmähung Sr. Maj.
des Königs von Preußen (im Brauhaus zur Stadt Mains verüht
zu 1 Monat Gefängniß verurtheilt.
7 In der Gemarkung Gundersheim wurden im August und
September 70,000 Mäuse und 1400 Hamster gefangen und ein—
zeliefert und aus der Gemeindekasse dafür 415 fl. 42 fr. bezahlt.
Die badische Abgeordnetenkammer hat ein Gesetz über Be—
steuerung der Hunde mit je 6 fl. angenommen.
Baden, 5. Oct. Heute morgen wurde Gefangenwart!
Batschari dahier in einer Zelle des Amtsgefängnisses von 4
darin einsitzenden Franzosen Behufs der Bewerkstelligung ihrer ge—
neinsamen Flucht in der Weise überfallen, daß sie ihn beim Oeff—
nen der Zelle in dieselbe hineinzogen und ihm daselbst den Kopf
mit einem Leintuch umwickelten, damit er nicht um Hülfe rufen
onne. Einer der Gefangenen versuchte es auch, dem Gefangen—
yärter den Mund förmlich zu stovfen, was jedoch Leßterer dadurch
nereitelte, daß er dem Betwffenden einen Finger geradezu durchbiß,
vobei jedoch der Gefangenwärter zwei Zähne verlor. Durch die
ntstandene Rauferei haite sich die Zellenthüre zugeschlagen und die
herhafteten blieben nebst dem Gefangenwärter so lange gefangen,
is es auf den Hülferuf des Letzteren dessen Ehefrau gelang,
dicherheitsmannschaft herbeizurufen, welchen sodann der Gefangen⸗
ärter, die Schlüssel, die er im Sacke bei sich trug, durch das
Fenster zuwarf. Einer dieser Gefangenen war deßhalb Insasse
es Amtsgefängnisses geworden, weil er am letzten Sonntag im
—„pielsaale des Conversationshauses statt mit Goldrollen, mit ge⸗
iegelten Rollen von Kupferkreuzern sein Glück versucht hatte und
abei nach mehrmaligem Gewinn ertappt worden war. Da jedoch
er Beschädigte, Hr. Benazet, wie bisher regelmäßig, so auch in
ziesem Falle, keinen Antrag auf gerichtliche Bestrafung gestellt
jatte, so sollte gerade an fraglichem Morgen der Gefangenwart
em betreffenden Gauner seine Freilassung verklünden, als Ersterer
in der angegebenen Weise überfallen wurde.
F In den Gärten der Villa Monrepos bei Geisenheim
olühen gegenwärtig über Hundert Bäume, viele andere tragen be—
reits die zweite Frucht; manche sind sogar sehr reichlich zum Zwei⸗
enmale mit Fruͤchten versehen. Aber weit merkwürdiger ist die
erscheinung, welche sich in demselben Garten an einem dreijährigen
Birnbaum zeigte. Aus dem Kelch einer jeden der auf diesem
zäumchen gewachsenen drei Birnen ist ein Zweig mit Blättern
ind einer zweiten Birne hervorgegangen.
F Koln, 9. Oct. Se. Maj. der König Karl XV. von
Schweden traf gestern Abend hierselbst ein, übernachtete in Köln
und begab sich heute früh nach Essen, um das dortige Etablisse-
nent des Herrn Krupp zu besichtigen. Der König reist im stren⸗
ten Incognito und ist nur von einem Adjutanten hegleitet.
Nach den Festsetzungen der Einschätzungscommissionen beher⸗
vergt Berlin etwa zwanzig Millionäre, darunter das Bankhaus
Schickler mit 17, Hedmann vor dem Schlesischen Thore mit 10,
dommissionsrath Johaun Hoff mit 5, Borsig mit 8 Millionen u. s. w.
7 Aus Leipzig wird der „Morg.-Post“ geschrieben, Da—
»ison sei wahnsinnig geworden; Spuren von Geistesstörung
Trübsinn) seien schon seit seiner Rückkehr aus Amerika bemerkt
vorden; sein krankhafter Gemüths-Zustand habe sich aber endlich
um Wahnsinn gesteigert, und seine fixe Idee bestehe darin, daß
r, der an Glücksgütern gesegnete Künstler, sich für einen Bettler
salte, der kaum das trockene Brod hat, und sich jeden Augenblick
vom hereinbrechenden Elend bedroht siehtt.
7 Vom 177 bis 19. Oct. findet die Jubiläumsfeier des Wart⸗
urgfestes von 1817 statt. Riemann, der Hauptgründer der Bur—
henschaft und der Festredner vor 50 Jahren, ist — nach dem
„Fr. J.“ auch für das Jubiläum als solcher gewonnen.
7 Dr. Adolph Wiesner (I848 Vertreter Prags im
zeutschen Parlament, der äußersten Linken angehörig und seiner
Besinnung stets treu geblieben) ist am 28. Sept. in Rewyork ge⸗—
storben.
F Die diesjährige Baumwollernte der nordamerikani⸗
chen Union wird zwischen 1,700,000 und 1,969,300 Ballen be—
echnet.
Wissenschaftlicher Selbstmord. Wiener Blätter erzählen:
In der vorigen Woche starb in Folge Selbstmordes der 23jährige
HButsbesitzerssohn Adolph Neugert auf dem Gute seines Vaters
nächst Stockergu. Derselbe studirte voriges Jaht an der Wiener
Iniversität Pedizin, mußte aber andauernder Kränklichkeit halber
»as Studium aufgeben und nahm seinen Aufenthalt guf dem
Bute seines Vaters. Sein Leiden, Lungentuberkulose, nahm aber
mmer mehr einen bedentlicheren Charakter an, in Folge dessen
»as Gemüth desselben mit jedem Tage mehr verdüstert wurde; er
erkannte, daß das Uebel unheilbar sei, und da er sich, wie er öff
ers üußerte, vor dem „elenden Sterben“ im Bette fürchtete, so
'aßte er endlich den Entschluß, seinem Leben' durch Selbstmord
in Ende zu machen. Am Mittwoch den 18. September, Abends
zrachte er sich Steinkohlen in sein Zimmer, schloß Thüre und
Fenster, verstopfte die Ritzen und setzte die Kohlen in Brand.
Als man am anderen Tage seine Abwesenheit bemerkte, drang
nan in das Zimmer ein und fand den unglücklichen jungen Mann
als Leiche am Sopha liegen. Auf dem Tische lag ein Blatt Pa⸗
pier, worauf folgende Zeilen standen: „Mein letztes Lebewohl
in Dich, mein Vater, und an meine Freunde,“ und etwas tiefes:
„Wahrnehmungen während meines Todeskampfes: 10 Uhr: Jetzt
zrißt ein dichter, übelriechender Dampf die Augen, ich bekomme
Kopfweh; — 5 Minuten später: die Augen- sowie die Kopf—
chmerzen heftig, das Licht brennt' düster; — 10 Uhr 15 Minu—
en: Ich habe eine Empfindung von Getragensein, Kneipen spüre
ch immer. — Kopfschmerz hat geendet, hinaus, leicht, oh meine
Zrust, ich sehe kaum — es ist nicht leicht“ — hiermit enden seine
Aufzeichnungen. *