Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Zenzeiger. 
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Nro. 124. 6. Donnerstag, den 17. Oetober 1867. 
Deutschland. J 
München, 18. Oct. Die wenn auch nicht völlig unerwar⸗ 
tete, so doch nicht mehr zu bezweifelnde Nachricht von der Auf— 
jösung des Verloöͤbnisses S. M. des Königs durchflog vorgestern 
mit Blitzeseile die Stadt und bildet in allen Kreisen den Gegen— 
stand lebhafter Besprechung. Hatte ja doch das ganze Land den 
cegsten Antheil an dem erwarteten Ereignisse genommen, mit Span⸗ 
nung dem Tage entgegengesehen, an dem der Bund die gesetzliche 
Weihe erhalten sollte. Es ist nicht anders gekommen, und — 
vie die Dinge nun einmal verlässigen Mittheilungen nach stam 
den — es ist besser daß es so gekommen! Es war nämlich, wie 
man hört, im Laufe des bräutlichen Verhältnisses mehr und mehr 
eine Verschiedenheit der Anschauungen, der Sinnesart der hohen 
Verlobten zu Tage getreten, welche nach beiderseitiger Ueberzeu⸗ 
zung den Abschluß der Verbindung nicht weiter wünschenswerth 
erscheinen, ein glückliches eheliches Verhältniß nicht erwarten ließ. 
So betrübend in mancher Hinsicht die Thatsache der Trennung 
erscheinen mag, so erklärlich ist dieselbe unter den obschwebenden 
Umftänden geworden, so nothwendig war sie, wenn nicht vom 
Throne aus das Bild ehelicher Disharmonie geboten, kurz gesagt, 
aus zwei unlieben Eventualitäten die schlimmere gewählt werden 
oslte. Wie wir von gut unterrichteter Seite vernehmen, werden 
die acht Braupaare die ihnen im Falle der Vermählung S. M. 
des Königs in Aussicht gestellte Aussteuer auch nach dem jetzigen 
Rückgange des Verlöbnisses gleichwohl erhalten. 
Muͤnchen, 18. Oct. Der Finanzausschuß der Abgeord⸗ 
aetenkammer hat gestern bei Besprechung der Vertheilung der auf 
das Büd iet bezüglichen Arbeiten den Beschluß gefaßt, die bean— 
ragte Erhöhung der Beamtengehalte im Zusammenhang mit der 
Frage zu behandeln, wie die Geschäfte in allen Zweigen der 
Staatsverwaltung einschlüssig des Kriegsministerims 
zu vereinfachen, resp. eine Verminderung des Personalstan— 
des zu erzielen sei. Das Kammerpräsidium wurde ersucht, von der 
Staatsregierung Aufklärumg darüber zu erbitten, wie sie es in 
dieser Hinsicht zu halten gedenke. — Die vorgestern erwühnte An— 
zabe der Augsb. Pztg.“, der zufolge der Abg. Kolb sich gegen 
die Genehmigung des Zollvereinsvertrages ausgesprochen habe 
vird als unrichtig bezeichnet. Eine Veranlassung zu einem Aus— 
pruch Für oder Wider habe noch gar nicht vorgelegen. 
München, 14. Oct. Am 9. d. hat in Berlin der Aus-— 
ausch der Ratificationen des unterm 8. Angust d. Is. abgeschlos⸗ 
enen Schlußrecesses zum Vollzug des preußisch-bayerischen 
Friedensvertrages vom 22. August v. J. ee — Der 
osterreichische Gesandte am hiesigen Hofe, Graf Trautmannsdorf, 
sst nach längerer Abwesenheit von München wieder hierher zurück 
gekehrt. — Der hiesige Erzbischof ist heute zu der Fuldaer Bi— 
schofsversammlung abgereisfßt. 
Munchen, 14. Oct. Das Referat des Abg. Feustel en 
Berichterstatters des 2. und 3. Ausschusses über die Vorlagen in 
Betreff des Zoll- und Handelsvertrages, der Uebereinkunft wegen 
Erhebung einer Abgabe von Salz und der Wahlen boahyerischer 
Abgeordneten für das deutsche Zollparlament, ist bereits vollen 
det. Derselbe beantragt, wie vorauszusehen war, unbedingte An— 
naahme der sämmtlichen genannten Vorlagen. 
München, 14. Oct. Wie man jetzt erfährt, ist die Dis— 
riplinar⸗ Untersuchung gegen mehrere Cavalerie-Officiere (ein Ge— 
aeralmajor, ein Rittmeister, vier Oberlieutenants und zwei Unter⸗ 
lieutenants) welche wegen der Panik bei Gersfeld in der Nacht 
dom 4. auf den 5. Juli v. I., in Untersuchung und vom Dienste 
suspendirt waren, schon vor einigen Wochen beendet worden. Die 
trafrechtliche Untersuchung wurde schon zu Anfang dieses Jahres 
ꝛingestellt, da in dem Verhalten der betreffenden Officiere kein 
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AIuch in disciplinärer Beziehung ergab sich nichts, was mit der 
nilitärischen Ehere unvereinbar wäre, wenn auch der Vorwurf 
des Mangels ruhiger Ueberlegung und besonnener Haltung nicht 
janz unbegründet, jedoch theils durch die Commandoführung, theils 
durch falsche Gerüchte und Unkenntniß der Gegend, zu entschuldigen 
sein dürfie. Der betreffende General und ein Rittmeister wurden 
venn auch schon früher pensionirt, aber unbegreiflicher Weise der 
erstere, welchen das größere Verschulden trifft, mit der vollen, 
her letztere dagegen mit Zweidrittel der Normalpenfion. 
darin liegt gegenüber letzterem ein offenbares Unrecht, das nach— 
räglich wieder gut gemacht merden sollte. Die übrigen sechs 
Ifficiere wurden versettt. 
München, 15. Oct.“ Der coinbinirte 2. und 8. Ausschuß 
der Abgeordnetenkammelt hat die Regierungsborlagen über den 
neuen Zollvertrag, die Salzsteuer und die Wahlen für das Zolls 
Jarlament einstimmig angenommen. 
Nürnberg, 10. Oct. Während man in allen Tonarten 
etheuerte, die ganze Bevölkerung des diesseitigen Bayerns wolle 
n der Socialgesetzgebung durchaus nicht so weit gehen wie die 
ffälz. Gesetzgebung, man verwerfe vielmehr die dortigen „franzö— 
ischen Einrichtungen“ und halte unbedingt fest an den angeblich 
irdeutschen der Beschränkung, haben der Arbeiterbildungsve rein 
n Nürnberg und der Arbeiterverein in Fürth eine gemeinsame 
xingabe an die Abgeordnetenkammer gerichtet, worin sie in ein⸗ 
acher schlichter, aber trotzdem treffend motivirter Weise gerade 
ene pfälz. Einrichtungen auch für das diesseitige Bayern fordern. 
Wie ich vernehme, hat der Abgeordnete Kolb zugesagt, sich die 
fingabe als Antrag anzueignen. Die Abfassung ist jedoch, wie 
ch bestimmt angeben kann, ausschließlich aus jenen Arbeiterkreisen 
jervorgegangen, in denen man eben auch versteht, was einem 
rommi. Nach ziemlich' umfassender Erbrterung der Haupifragen 
auten die Schlußanträge dahin: Die Kammer wolle in den So⸗ 
ialgesetzen nachbemerklte Anderungen vornehmen: 7 
„Ii) Beim Verehelichungsgesetz die Civilehe einführen und 
von der Bestimmung, daß der sich Verehelichende 3 Jahre dor⸗ 
jer keine oͤffentliche Armenunterstüßzung bezogen haben dürfe, Um— 
jang nehmen. 
„2) Die größere Erschwerung zur Erlangung des Orts- als 
»es Staatsbürgerrechts und das Verlangen einer Probezeit für 
)en Nichtheimathberechtigten zu dessen Ansässigmachung, beziehungs- 
veise Heirath, auffeben. 
„3) Von der Erhebung einer Heimathrechts⸗ und Bürger—⸗ 
echtsgebühr Umgang nehmen und nur ein Gemeinderechtsgeld 
für die Nutzungen) unter der Voraussetzung zu verlangen, daß 
5 dem in einer Gemeinde sich Ansässigmachenden freigestellt sei, 
ob er von den Nutzungen durch Zahlung einer entsprechenden Ge⸗ 
hühr Theil nehmen wolle oder nicht. I 
.4) Beim Gewerbsgesetze keine unnöthigen Ausnahmebestim⸗ 
nungen, namertlich für Wirthe und Apotheker, aufstellen, und 
auch jede Concessionsentziehung, sei es auf richterlichem oder Ver— 
valtungswege, nicht zu gestatten.“ 
Dienstesnachrichten. 
Seine Majestät der König haben Sich bewogen gefunden, 
den Landrichter Karl Zieglwalner in Lauterrecken in Folge admini⸗ 
trativer Erwägung auf Grund des 8 19 der LX. Beilage zur 
Berfassungsurkunde in den Ruhestand zu versetzen. 
Zufolge Regierungsbeschluß vom 12. Oclober 1837 wurde 
der Schuldienstexspectant Johann Carl Heng von Gerbach zum 
Verweser an der protest. deutschen untern Schule zu Frankenstein 
»om 1. November l. J. an ernannt. 
Mittelst Entschließung der General⸗-Direction der kgl. Ver—⸗ 
Lehrsanstalten vom 8. Oct. wurde der k. Postassistent Grill vom 
16. 1. Mts. an, von Kaiserslautern nach Ludwigshafen und an 
essen Stelle der Postassistent Jakob Dichtl von Regensburg nach 
daiserslautern versetzt. 
Berlin. 10. Oct. Wie man hier die moralischen, Erobe—⸗ 
rungen versteht, das beweist die Einführung der preußischen 
dreisverfassung in den einverleibten Ländern. Diese Verfassung 
herdankt der Manteuffel'schen reactionären „Landrathskammer“ 
Ir Dasein und setzt einen Kreistag ein, in welchem auf einen