Full text: St. Ingberter Anzeiger

f In Neustadt a. H., wo der Scharlach ausgebrochen ist, 
wurde, um Anstecungen zu vermeiden, die Wiedereröffnaug der 
Volksschule ausgesetßtz. — 
FNeustadi, 17. Nov. Heute Morgendist in er Cor 
rell'schen Mühle im Neustadter Thal, ganz nahe bei der Stadt 
Fener ausgebrochen und das Innere derselben total ausgebrannt. 
pSpeyer, 14. Nov. Am 1. November d. J., kamen zwe 
legant gekleidete Herren zu Hrn. Banquier Haid dahier?“welche 
sich als Englander vorstellten und demselben einen Wechsel zu 50 
Pfund Sterling — von der Union-Bank of London auf einen 
dampson Laionel Lucas ausgestellt und von diesem blanco indossirt 
— gegen die Summe von 393 fl. 45 kr. verkauften. — Nun hat 
sich herausgestellt, daß der Wechfel gefälscht war; äber die beiden 
herren, welche gewandt und fein im Benehmen auftraten, dabe' 
Jeläufig englisch und französisch und nur gebrochen deutsch sprachen, 
sind spurlos verschwunden. J — 
fSpehyer, 16. Nov. Die beiden Gauner⸗ welche ain 
1. Nov. hier Hen. Banquier Haid durch einen falschen Chek der 
Union Bank of England um 600 fl. geprellt, haben am Tage 
zarauf in Darmstadt in einem dortigen Bankhause den? gleichen 
Gaunerstreich ebenfalls mit Erfolg, ausgeführt. 
f Es sind bereits mehreren bayerischen Theilnehmern an der 
hariser Ausstellung auch von bayerischer Seite Ordensauszeich⸗ 
nungen verliehen worden. Außer dem bereits früher *genannten 
Hrn. Jordan aus Deidesheim erhielt noch den? Michaeksorden Fa⸗ 
srildirector Dr. Wilkens in Kaiserslautern ; ferner“ dier goldene 
Medaille des Civilverdienstordens der bayerischen Krone: Schuh⸗ 
fabrikant Kaiser in Pirmasens. sν 
. Aus Anlaß der Pariser Ausstellung chat auch der! Directo 
der Kammgarnspinnerei in Kaiserslautern, Hr. Schön den Michaels— 
orden erhalten. 22 
f Von Friedrich Hecker werden demnächst in Mannheim 
„Gepfefferte Briefe“ erscheinen. Er geht in denselbenn von dem 
edanken aus: Zuerst muß in Deutschland die Kleinstaaterei un— 
lergehen; ist sie erst weg, so, müssen wir zur Freiheit kommen. 
pPoIn Niederesch äch bei Villingen ist am 11. Nov. 
ein Theil der dortigen Pulverfabrik in die Luft geflogen; zwei 
Personen kamen dabei ums Leben. 
4 An dem Geburtshause des Componisten Hohann Seoastian 
Bach in Eisenach wird eine Votiptafel angebracht. 
. Am 9. Nop. erschien inStutt gartkdie erste Wochen⸗ 
Numunret der“ dort unter Redaction Gustad Struve's erscheinenden 
„Politischen Flugblätter.“ — 
Berlin“ Diel'preußische Panzerfregatte, Friedrich Karl“ 
joll nach der Natisnalztg. nicht ganz verloren sein, wie die Köln. 
Ztg. gemeldet hatte, aber bedeulende Wiederherstellungskosten er⸗ 
fordern. J 
Der Vorstand des jüngst entschlafenen Nationalvereins ha⸗ 
oon den noch übrigen Vereinsgeldern 800 fl. für das Steindenk⸗ 
mal in Nassau, 200 fl. für das Rückertdenkmal in Neuses zur 
Verfügung gestellt. — F 
Eine gute Motivirung. Ein Berliner Conditor, 
der kurzlich um eine Concession zur Eroffnung seines Geschäfts 
ringekommen ist, soll sein Gesuch durch die Bemerkung zu begrün⸗ 
den gesucht haben, es sei kein einziges Geschäft dieser Art in der 
Straße, obwohl sich in dieser zwei höhere Toͤchterschulen und das 
tdnigliche Cadettenhaus in unmittelbarer Nähe befinden. “ . 
pFerdinand von Sgill war einf von seinem Bater, 
dem General⸗Major von Schill, zu einem Ball geladen, den der 
russische Gesandte veranstaltet hatte. Nach Beendigung der Tafel 
begab fich die junge Welt, darunter auch der 21jährige Schill in den 
Tanzsaal, während die älteren Gäste sich um den Spieltisch ver⸗ 
sammelten. Mitten im Spiel erhielt der Generalmajor eine Mel— 
dung in Folge deren er genöthigt war, die Gesellschaft zu verlas⸗ 
sen.“ Er begab sich zu seinem Sohn, welcher eben der Tochter 
ines Gesandten, dem schönsten Mädchen auf dem Ball, eine feu⸗ 
rige Erklaͤrung machte,. ,Ferdinand“, sagte er zu ihm, ohne viel 
Raͤcksicht auf die Dame zu nehmen, „ich muß mich auf kurze Zeit 
fortbegeben; Du wirst sogleich meinen Platz an dem Spieltisch 
tinnehmen.“ — Der junge Officier suchte Cinwendungen zu ma— 
chhen; der General aber nahm ihn beim Arm und schob ihn ohne 
Weiteres in das Spielzimmer. Auf der Straße überbrachte ein 
Adjutant dem General die Meldung, daß die Angelegenheit hereits 
geordnet sei, und so kehrte derselbe bald in das Gesandischafts— 
Hotel zurück. Hier fand er seinen Sohn nicht im Spielzimmer, 
soͤndern in einer Ede des Tanzsaales, sich lebhaft mit seiner Dame 
unterhalteud. — „Hab' ich Dir nicht hefohlen, meinen Platz am 
Spieltisch einzun hinen ?“ fief der General wüthend. — „Ja, und 
ich bin Deinem Befehle auch nachgekommen,“ erwiderte ruhig der 
junge Officier. — „Und doch treffe ich Dich hier?“ — „Das 
Spiel ist beendet. — Der Genexal dlidte seinen Sohn verdutz 
and fragend an. — „Als Du mit befahlst, für Dich zu spielen, 
hatie ich eben eine Dame zum nächsten Tanz engagiri. Um also 
zie Sache kurz zu machen, rief ich schon beim zweiten Abzug: 
Va banque! und . .“ — „Und?“ wiederholte gespannt, der 
Veneral Masor ,Und sprengie die Bank,“ erwiederte Jener 
kurz. Das Geld habe ich einstweillen dem Herrn v. R. übergeben. 
Doch jetzt erlaube...“ Die Musik begann zum Tanz aufzufor⸗ 
dern. — Teufelsjunge!“ murmelte der Alte vor sich hin. „Aber 
meine Stelle lass ich ihn nie wieder einnehmen!“ Ernstere Tänze 
und ein gewagteres Spiel trieben bald darauf Ferdinand! von 
Schill, den muthigen Freischaarenführer gegen Rapolesn, vor stol 
bergs Mauern und in den kühnen Zug von 1809. —i 
. . 7 In Salzburg wurde ein Schillermonument errichtet, 
(das Aste in Oesterreich); die Kosten der 10 Fuß hohen Erzstatue 
nebst eben so hohem Piedestal wurden allein von Baurath Carl 
Schwarz getragen. 
7 p. Auf der Hamburger Post wurden in der Racht von 
Sonntag auf Montag 51 nach Hamburg adressirte Briefe von 
einem weggejagten Hilfsarbeiter mittelst Einbruch entwendet; der⸗ 
jelbe versichert, die Briefe sammt darin befindlichen Wechseln ver⸗ 
hrannt und nur das Papiergeld im Betrage von 57 Thlr. an sich 
genommen zu haben. 
In Petermanns „Geographischen Mittheilungen? findet 
sich folgeude statistische Notiz über den Klerus und seine Güter in 
Desterreich. Der Klerus in Oesterreich umfaßt 585,370 Petsonen, 
darunter 1 Patriarchen, 4 Primaten, UI Erzbischose 838 Bischofe 
24 Weihbischöfe, 12863 Pfarrer, 539 geistliche Professoren. Fer⸗ 
ner bestehen 720Männertlöster mit 89 Aebten, 45 Provinzialen, 
3754 Priestern, 645 Klerikern, 240 Nohizen und 1917 Laien⸗ 
hrüdern. Die Zahl der Frauenklöster beträgt 298 mit 6198-Ron- 
nen. Das gesammte Kirchenvermögen“ beträgt 185,672, 9614 fl. 
mit 19,639,7 13 fl. jährlicher Einkünfte. * 
GBergleichende Statistät sz In Erglanmn d 
fommtI Mörder auf 675,000, in Holland. auf 163,000, in 
Breußen, respective Norddeutschland auf 100,000,. in Desterreich 
uf 77 000, in Spanien auf 4000 und im Kirchenstaate auf 760 
Finwohner. J ⏑ . 
FEine Wette. Fünf junge Männer, —- erzählt der Pu— 
blicist — aus den „noblern Sltänden“ gingen: eine Wette ein, 
7 Tagé lang micht zu schlafen, unter der Bedingung, daß, fie 
alle udr möglichen Reizmittel auwenden dürften, um den Schlaf 
— 
itacht wurde getanzt und starker Kaffee eingenommen. Am Tage 
vurde gerilten, gejchossen, gefochten und alle halbe Stunden Kaffee 
zenommen. So war die Tages- und Nachtordnung. Von den 
Fünfen gewann einer die Welte; er hat jedoch um 25 Pfund an 
Hewicht derloren. Zwei sind eingeschlafen nach 130stündigem 
Wachen; »einer liegt krank an einer Brustentzüdung, der fünfte 
chlief inn Thiergarten auf dem Pferde ein, stürzte und brach ei⸗ 
nen Arm. 
— Ein Hr. Varoli in Cremona hat eine Kugelspritze erfun⸗ 
den, welche 6000 Schüsse in 15 bis 20 Minuten abzugeben ver⸗ 
mag, und nur zwei Mann zur Bedienung erfordert. ((J)J 
LEandwirthfchaftũches. 
Schälen der Setzreben. Naville in Genf hat, wie 
Dünkelberg im Nassauischen Wochenblatt für Landwirthschaft mit⸗ 
heilt, nachdem ihm über das Schälen der Setzreben günstige Re— 
—E an⸗ 
gestellt. Während die geschälten Blindreben austrieben und sich 
in den ersten 14 Tagen entfalteten, blieben die nicht geschälten 
sehr lange ohne Zeichen einer Vegetation und eine große Zahl 
der letzteren ging zu Grunde. Zu Ende des Sommers war der 
sunge Weinberg so schön, daß Sachkenner es nicht glauben konn⸗ 
sen, daß er erst seit weniger Monaten gesetzt sei. Im zweiten 
Jahre mußte der Weinberg schon gepfählt werden, da das Holz 
zu stark geworden war, um sich selbst überlassen werden zu kön⸗ 
sien; und hätte man eine Menge Trauben pflücden können, wenun 
nan nicht geglaubt hätte ausbrechen zu müssen, um eine vorzeitige 
Erschöpfuͤng der Stocke zu vermeiden. Das dritte Jahr versprach 
dei günstigem Wetter eine schöne Ernte, deren Gewinnung ohne 
Befahr füt die Kräftigung der Stöcke staltfinden würde. Da ge⸗ 
wöhnlich junge Weinberge erst mit dem vierten oder fünften Jahre 
eine geringe Ernte gebeu, so würden also durch das Schälen des 
Blindholzes 122 Jahre gewonnen werden. Jeuer Versuch war 
anter günstigen Bodenperhältnissen vorgenommen worden. Aber 
nuch unter uüngünstigeren Verhältnissen sahe Naville befriedigende 
Erfolge, wenn auch die erste Entwiglung geringer war. — X 
fügen dem an, daß auch Herr E. Freed in Worms mit Jeschül⸗ 
en Setzreben sehr günstige Erfolge erzielt hat. Die Reben ha— 
hen sich nicht allein frühzeitiger und kräftiger entwickelt als die un⸗ 
zeschälten, sondern haben auch frühzeitiger Ertrag geliefert. Ebenso 
zunstige Berichte sind uns von verschiedenen anderen Seiten 
gegangen.