Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ht. Ingberler Anzeiger. 
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Dieustag, den 14370. 
Deutschland. 
Mi n chen, 30. April.“ Der 4. Ausschuß der Kammet der 
lbgeordneten chat beschlossen, daß auf ze von mehreren Seiten 
rantragten Abänderurgen einzel ner Urtikel des Wehrverssungs⸗ 
isehes nicht eingegangen, sondern eine durch zreifende Revision des 
ujen Gesetzes vorgenommen werde. 2 
Müncheu, 2. Mai. Hoffmann's Correspondenz meldet, 
ber König den Fuspector des Schullehrerseminars in Speyer, 
Priester Hrn. Konrad Reither zum Bischof der⸗ Diöcese Speyer 
nannt hat. 
Wie die Neuest. Nach.“.aus München mittheilen gibt man 
d in milfärischen Kreisen der Hoffnung hin, daß durch das neue 
Zhlgesetz endlich die Schranken fallen werden. welche dem Militär, 
edech saͤn Blut für das Vaterland einsetzen muß, verbieten, an 
n polit schen Leben desselben thätigen Antheil zu nehmen. Auch 
git geben uns der Hoffnung hin, obgleich weder die Fassung des 
hesehentwurfes, noch die Begründung desselben, alle Zweifel über 
Keansirumg dieser Hoffnung zu beseitigen vermögen. Auch das 
ur Zeit noch geltende Wahlgesetz schließt die Militä.personen keines 
digs von det Wahl aus, wie schon daraus hervorgeht, daß die 
hestimmung über den Urlaub derselben im neuen Entwurfe mt 
inet geringen Abweichung wörtlich dem bestehenden Gesetze ent⸗ 
men wurde. Was aber das Gesetz im Militär gestattete, hat 
nm Folge einer sophistischen Auslegung des Gesetzes eine Verordnung 
im wieder geraubt. Wir wünschen daher das staatsbörgerliche 
decht der freien Wahl dem Militaär so gesichert, daß keine Ver— 
irdnung es wieder illusorisch machen kann und hoffen daher, daß 
Kammer der Abgteordneten- dieses Recht durch besondere Be⸗ 
simmungen Ichützen werden — 
Die Nachricht von dem in einiger Zeit bevorstehenden Besuche 
gWönigs von Bayern in Berlin hat in politischen Kreisen nicht 
eringes Aufsehen gemacht. Der Eindruck des Hohenlohe'schen 
ückiitz, welchen der König Ludwig nicht gewünscht hatte, würde 
denfalls dadurch verwischt werden. Was die unausgesetzte Ver⸗ 
herung der hessischen Offiziösen aller Orten angeht, daß der 
hesuch des Großherzogs von Darmsiadt gar keine politische Be⸗ 
ing habe, so vergessen diese weisen Herren, daß es Dinge gibt, 
je oft thatsächliche Tragweite erlangen, auch wenn die augenblick 
iche officiöse Parole dazu nicht stimmen-will. Das Schicksal des 
hioßherzogihuis dürfte schließlich nicht durch Herrn v. Dalwigk 
ind seine Agenten entschieden werden. Wenn man versichert, daß 
je Nainlinte nicht über Nacht verschwinden wird, so ist das eine 
cben fo richtige, als überflüssige Bemerkung. Dagegen aber, daß 
himsen Jahresfrist die Dinge in-Deutschland eine andere Gestalt 
mnehmen dürften, wird Herr v. Dalwigk durch seine Offieciösen 
velleicht doch nicht hinlänglich geschützt sein. 
Frankreich. 
Paris, 29. Agril. In einer gestern im Saale des Fo— 
— Hr. Lermina eine 
Inklage⸗Lkse gegen den Kaiser vor. Die Rede ist ein sehr kurio 
6 Atlenstück: . „In Erwägung, heißt, es darin, datz Karl Lud 
wig Bonaparte, genanm Napoleon III., in der Nacht vom 2. 
dejember 1851 willkürlich eine große Anzahl von Bürgern ver⸗ 
sten und in den Kerker werfen ließ, daßz er am 2., 3. und 4. 
dicember 1851 in Paris und während des ganzen Monats De 
eimber in den Departements Bürger, die sich entweder in der Noth⸗ 
whr befanden oder dem Kampfe ganz fern geblieben waren, durch 
dente in seinem Solde umbringen ließ, daß er durch Leute in 
inem. Solde Verwüstung, Mord und Plünderung über ganz 
frankreich verbreitete, daß er inden Jahren 1852, 1857, 1863 und 
869 durch Thätlichkeiten und Drohungen die Bürger verhinderte, 
ue bürgerlichen Rechte frei auszuüben, daß er selbst oder durch 
uente in seinem“' Solde die Abstimmungen fälschte, daß er seit 
1851 unzähliche Attentate auf die persönltche Freiheit oder die 
ͤrgerlichen. Rechte beging, daß er, indem er sein Conterfei auf 
ie Münzen von Frankreich setzte, dieselben fälschte und verstüm— 
melte (Stürmiser Beifall), daß er feit neunzehn Jahren das öffent⸗ 
iche Vermögen für sich oder für Leute in seinem Sold e verwen⸗ 
)eie, daß er aus persönlichen und nicht begründeten Ju teressen die 
ranzosischer Armeen gegen nicht feindliche Länder aussandte, ver⸗ 
irtheilt das französische Volk im Nameun der ewigen Gerechtigkeit 
ind des öffentlichen Gewissens Karl Ludwig Napoleon Bonaparte, 
enannt- Napoleon IlI. zu lebenslänglicher Zwangsarbeit. Dieses 
Irtheil ist über das ganze Landesgebiet zu verbreiten und der 
testätigung des französischen Volkes zi unlerwerfen.“· 
Das „Pays“ will wissen, daß Hr. Lermina verhaftet worden ist. 
Paris, I Mai. Junseinem nicht offiziellen Theile ent- 
zält die.,Amtéͤzeitung“ Folgendes: — —— 
Vor »einiger Zeit kam die Polizei einer Verschwörung auf. die 
Spur, dexen Zweck ein Attentat, gegen das Leben des Kaisers. 
Gestern Morgen um neun Uhr verhafieten die politischen 
Agenten der Polizeipräfektur in der Rue des Moulins ein Indi— 
»idium Namens Baurie, das kürzlich aus England eingetroffen 
var. Der Verhaftete war Inhaber einer Gelosumme,, eines ge⸗ 
adenen Rebolbers —undeines aus. London dalirten Schreibens, 
»as von einem der Männer herrührt, die bei der Februarver— 
chwörung sich am meisten compromittirt hatten. 
Dieses Schriftstück sowie die Geständnisse Baurie's jassen kei⸗ 
nen Zweifel über die Ursache seines Hierherkommens sowie seinen 
ẽntschluß zu, das beabsschtigte Attentat unverzüglich auszuführen. 
Im Laufe des Abends wurden im Belleville Viertel noch meh— 
ere andere Individuen zur Haft gebracht. Bei einem derselb en 
iahm' man eine Kiste voll. Bomben, ein gewisses Quantum 
Bombenpulvee, (poudre explosible) sowie ein Recept zum Prä- 
hariren diefes Pulvers in Beschlag. 
Diese Verschwörung scheint mit dem Komplott in Zusam⸗ 
neahang zu stehen, bezüglich dessen die gerichtliche Untersuchung 
hrem Ende nahte. Gleich gestern ergriff die Justiz Maßregeln 
zur Einleitung der Untersuchung. 
Die Hauptbegründer der „Internationase“ (Pariser Secktion) 
einer unerlaubten Berbindung, die ihren Sitz im Auslande hat, 
neldet die „Amtszeitung,“ befinden ssch in den Händen der Justiz 
Bermisschtes. 
Kaiferslkantern, 26. April. »Dem Central-Comite 
der 3. pfälzischen Industrie Ausstelluug wurde durch Entschließung 
des k. Staatsministeriums des Innern vom 13. April d. J. die 
Bewilligung zur Veranstaltung einer Verloosung von Ausstellungs- 
zegenständen unter der Bedingung ertheilt, daß der vorgelegte Ver— 
oosungsplan genau eingehalten wird. 
Kaiserslautern, 30. April. Bei dem Bau des neuen 
Bahnhofgebäudes in Hochspeyer hat sich gestern Nachmittag ein 
hedauernswerther Unfall zugetragen. Als die Maurer nach dem 
Bau eines Gewölbes die Bögen herausschlugen, stürzte das Gewölbe 
zusammen und zwar leider auf die dabei beschäftigten Arbeiter. 
cFin Arbeiter war sofort todt, einer wurde so schwer am Kopfe 
zerletzt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. mebrere andere 
rugen leichte Verletzungen davon. 
F Eisenach, 22. Anpril. Der Ausschuß des Protestanten⸗ 
yereins beschloß, den nächsten Protestantentag Ende September oder 
Anfang October in Darmstadt abzuhalten. Tagesordnung: 1. bie 
deutschen Aufgaben gegenüber der römischen Kanzel und dem 
Jesuiten⸗Orden, Referent Pluulschli; 2. die protestantischen Aufgaben 
Jegenüber dem Papstthum in den evangelischen Landeskirchen, Re— 
serent Baumgarten.‘ Ein von Baumgarten entworfener Aufruf an 
die Protfestanten Deutschlauds wird durch die Presse verbreitet. 
f Aus Duisburg wird berichtet: Als am Charfreitage die 
Nachbarn eines im Hochfeld wohnenden Fabrikarbeitern, durch das 
inhaltende Wimmern eines Kindes veranlaßt, in dessen Wohnung 
ich begaben, fanden sie den 11jährigen Stiefsohn des Fabrikar⸗ 
eiters mit einer um den Hals befestigten eisernen Kette an einen 
Thürpfosten festgeschmiedet, neben sich ein Gefäß mit Wasser. Der