Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Nenzeiger. 
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M 75. 
Deutschland. 
Munchen. Der 85. Ausschuß der Abgeordnetenkammer hat 
um Referenten für die Beschwerde mehrerer pfälzischer katholischer 
decane über eine Einführung von Communaischulen in der Pfalz 
normirende Ministerialentschließung vom 27. Härz 1869 den Ab— 
rordneten Hauck gewählt. — Der Antrag des Abg. Kolb Würz- 
hurg auf Annahme eines Gesetzes über den garantirten Zinsfuß 
jür neu zu emittirende pfälzische Eisenbahn-Papiere ist dem Gien 
Ausschuß zugewiesen worden. 
München, 11. Mai. Se. Maj. der König haben gestern 
nehrere Petsonen in Audienz empfiaugen und hierauf. längere Zeit 
nit dem Staatsminister des k. Hauses und des Aeußern Grafen 
Brah, dem Kriegsminister Frhrn. v. Pranckh und mit dem Siaais. 
ninister der Justiz und des Kultus von Luß gearbeitet. 
München, 11. Mai. Das k. Hoflager ist heute von hier 
nach Schloß Berg verlegt worden und beabsichtigt Se. Maj. der 
dnig den größ'en Theil des Sommers daselbst zu residiren. 
München, 11. Mai. Das neue Armee · ( Werder)· Geweht 
jat durch Verbessernug der Patrone eine Vervollkommnung erreicht, 
zie sie bei der Einfachheit und Solidität dieses Systemes keine 
andere Kriegswaffe hat. Anstatt der früheren kupsernen Patronen⸗ 
hülse wurde nämlich die verbesserte Bordau'sche Hülse von Messing 
ungenommen; diese Patrone besteht nur aus weniger Theilen als 
ie frühere, ist sehr haltbar, zeigt nach Abfeuern keine Deformation 
ndern nur manchmal eine ganz geringe Ausdehnung, so daß sie 
lers benutzt werden kann, wodurch dann der Schuß auch billiger 
nn stehen kommt; von den schußfertig laborirten Patronen gehen ca. 
15,9 auf ein Pfund bayerisch oder 142 auf ein Zollpfund, eine Pa⸗ 
tone wiegt demnach 2,01 Loth bayerisch oder 35,21 Gramm. 
das Gewehr erlaubt eine starke Pulverladung (43 Gramm) und 
jet das Geschoß daher eine sehr flache Flugbahn und für einen 
hinlerlader große Trefffähigkeit. 
München, 11. Mai. Minister v. Schlör hat vorgestern 
hie Leilung des Handelsministeriums. welches während seines Auf⸗ 
enthaltes beim Zollparlamente in Berlin Hr. v. Braun dirigirte. 
vieder übernommen. 
Berlin, 10. Mai. Es ist eine Vorlage an den Bundes 
ath und den Reichsrath behufs Bewilligung von 12 Mill. Fres. 
ur die Gotthardbahn in nahe Aussicht genommen. (Köln. Ztg.) 
Wien, 9. Mai. Graf Beust ist zum Kanzler des militäri⸗ 
hen höchsteu Ordens, des Maria Theresia⸗ Ordens, ernannt worden, 
velche hohe Stelle s. Z. auch Melternich bekleidele. 
Wien, 10. Mai. Briefe aus Bosnien melden unerfreuliche 
dinge. Die türtischen Vehörden dafelbsi behaupten, die Spuren 
iner großen slavischen Verschörung gegen die mohammedanische 
beroͤllernng aufgefuͤnden zu haben. Rs sind zahlreiche Verhaf— 
ungen vorgenommen worden, u. a. die eines Archimandriten zu 
lostar unter der Beschuldigung, drei mit Waffen und Pulver 
aladene Schiffe eingeschmuggelt zu haben. Es soll aus diesem Anlaß 
ine so große Erbitlerung uͤnter der mohammedanischen Bevölkerung 
kgen die Christen herrschen, daß man den Ausbruch blutiger Conflikte 
un Zeit des Biramfesies befürchtet. 
„4Prag, 11. Mai. Hier verlautet, Graf Grüne jun., der in 
ne stationirte Oberstlieutenant, werde Landesvertheidigungsmini— 
twwerden. 
Studien über permanente Befestigung, über Angriff und Ver 
heidigung von Festungen und über den unterirdischen Krieg im 
zroßen Maßstabe durchgeführt werden. Die Genietruppeu werden 
ꝛin regelmäßiges Fort von ziemlicher Ausdehnung errichten, das 
eine hinlüngliche Zahl von Vertheidigern aufn⸗ehmen kann. Parallelen 
Annäherungen, Belagerungsbaterien, dann Fougassen und Minen 
ollen zur Auführung kommen, was nicht blos als Siudie für 
Artillerie und Genietruppen, sondern auch dazu dienen soll, die 
inderen Waffengattungen mit den verschiedenen Vorgängen beim 
Angriffe und bei der Vertheidigung fesier Plätze vertrauter zu 
nachen. 
Paris, 11. Mai. Der „Patrie“ zufolge wären gestern 
Abend 296 Aufrührer verhafte worden. — Wie dasselbe Blati 
neldet, hätten heute Morgen zwischen 5 und 7 Uhr sich abermals 
Zufammenrottungen auf dem Chateau d'Eau⸗Platze gebildet, welche 
iber gegen 7 Uhr von zwei Compagnien des in der dortigen 
Taserne liegenden 7. Jägerbataillons mil leichter Müuhe auseinan⸗ 
zesprengt wurden. 
Man ist für heute Abend neuer Ruhessörungen gewärtig, 
iber es heißt daß die Behörden errstlich einschreiten werden. 
Gestern Abend brach auch im Roquette Gefängniß eine Revolte 
nus. Die Unruhen lamen in den Werkstätten zum Ausbruch; ein 
Uufseher wurde getödtet, zwei andere so gefährlich verwundet, daß 
die Aerzte an ihrem Aufkommen zweifein. — Es waren —X 
zur Zwangsarbeit Veruriheilte, welche an den Unordnungen Theil 
nahmen. 
Patkis, 12. Mai. Gestern Abend war die Tempelvorstadt 
und Belseville militärisch besetzt, doch kamen keinerlei Ruhestorungen 
dor. Der Kaiser hat an den Marschall Canrobert einen Vrief ge⸗ 
cichtet, in welchem er sagt: „Gegenüber den lächerlichen und über⸗ 
triebenen Gerüchten über die Abstimmung der Armee von Paris, 
ersuche ich Sie. den Generalen, Offizieren und Soldaten zn er⸗ 
klären. daß mein Vertrauen auf sie niemals erschüttert worden ist.“ 
Der Kaiser beglückwünscht sodann noch den General Lebrun und 
die Truppen zu ihrer bei der Unterdrückung der Unruhen bdewiesenen 
Festigkeit. 
Paris, 13. Mai. Gestern Abend fanden keine Unruhen 
katt und wurden nur zwei Verhaftungen vorgenommen. Die 
„Gerichtsztg.“ giebt die Zahl der seit Montag Verhafteten auf 
558 an. 
Schwurgerichtssitzung. 
ILI. Quartal 1870. 
Zweibrücken, 9. Mai. In der heutigen Sitzung des 
Schwurgerichts wurde Philipp Kurz. Barbier von Altripp, des 
Diebstahls im Verbrechensgrade (er hatte in einem Garlten zu 
rrankenthal Wäsche, die zum Trocknen aufgehängt war, gestohlen) 
iberführt und in eine Zuchthausstrafe von 9 Jahren verurtheilt. 
— 10. Mai. Verhandlung gegen Anna Maria Schmidt, 
33 Jahre alt, Wittwe von Daniel Graf, Ackersfrau auf dem 
Drehenthalerhofe, Gemeinde Otterberg, wegen Kindsmords. (Als 
Bertreter der kal. Staatsbehörde fungirt der II. Staatsprokurator 
Herr Munzinger; die Vertheidigung führte Herr Rechtskandidat 
Jacob.) Die Angeklagte, deren Mann vor drei Jahren gçestorben 
st, tam, wie selbst eingesteht, in der Nacht vom 5. auf den 6. 
Februar, einer der kältesten Nächte dieses Jahres, mit einem Kinde 
Paris, 10. Mai. Das Lager von Chalons wird heuer veiblichen Geschlechts in ihrem Schlafzimmer nieder. Sie ließ das 
m 1. Juni bis 31. August und zwar blos in einer Serie be⸗ dind eine geraume Zeit auf dem Boden liegen, legte es dann auf 
uen. General Frossard, Gouverneur des kaiserlichen Prinzen, sas Bett, und suchie es durch Zusammendrücken des Halses zu 
ind den Oberbefehl führen. Drei Jufanterie Divisionen, 1 Di— rsticken. Nach ihrer Angabe soll das Kind, nachdem sie zu drücken 
Cavalerie sind wie in früheren Jahren, neostdem aber mihr ufgehört hatte, noch „ein Vater unser lang“ geschricen haben; 
ietruppen als bdisher in das Lager bestimmt. Der diesjährige aachdem datum dasselbe gestorben war, verscharrte sie es Anfangs in 
dberlommandam, General Frossard, ist der bervorragendste Genie⸗ der Küche und dann —R 
al Frankreichs, er leitele bi der Belagerung von Sebastopol hr bezeichneten Plate gefunden wurde. Vor ihrer —X 
nar ffsarbeiten qegen den Malakoff. Unter seiner Leitung hatte die Angeklagte vor Jedermann die Schwangeischuft geleugne 
en nun unabhängig von den gewöhnlichen Mandobern praktische und, auch gar keine Vorbereitungen zum Empfang des Kindeg ge