Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ot. Ingberler Anzeiger. 
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—396 Ae 27 — —— —————— * 
M98. Dienstag, den 28. Juui ι 1870. 
Deutschlannnnnn. 
Mänchen. , Von der Stimmung, welche die Dolb'schen 
linputsfionspersucheaht —E unter den Offizieren erzeugt 
ban, legͤteine Koörtespondenß der „Allgemeinen Militärzeitg.“ 
Is München Zeugniß ab.“ Darin lesen wir“ Das von dem 
sobgeordneten Kolbverfaßte und von dem Finanzausschuß im 
besent lichen acceptirte Referat über das Militärbudget hat in der 
Inee begreiflicher Weise die: höchste Aufregung hervorgerufen. 
Jeder Oifizier, melchert Kch auch⸗ nur: entsernt mit Kriegsgeschichte 
Id Lriegswissenschaft beschäftigt. an welchem die welterschütternden 
Freignisse der Gegenwart; micht gauz; spurlos vorübergehen, fragt 
it Kecht: Wie ist es moöglich, daß ein Laie, welchem jedes tiesere 
Sludium, des Krieges, jede Kenntniß der Bedingungen der Schlag 
aigkeit eines Heexes unserer Zeit, jeder Einblick in die langfame. 
nühe und arbeitsvolle Thätigkeit zut Erzielung dieser Schlagfertigkeit 
nangelt. wescher sich für jedes Billigkeitsgefühl gegen eine Arm ee 
esaͤlirt, die sich bisher mit Ehre behauptet hat uud gewohnt ist, 
icht. allrin um Kriege, sondern auch im Frieden stets Opfer zu 
ringen, — wie ist es möglich, daß ein solcher Laie lediglich aus 
smentanen Ersparungsrücsichten eine Umwälzung in dieseni Heere 
anfragen kann, welche einer Auflösung gleich kame und unser 
halerland bei einer eurbpäischen Konflagration wehrlos dem Sieger 
n die Hände liefern müßter 
Der. Enmwnc wder: neuen bayerischen Studienordnung enthält 
ie wichtige Bestimmung, daß eine konsejsionelle Trennung der 
zuler beim Geschichtsumerrichle Nicht stattfindet. Der Unterricht 
nder: Geschichte mird entweder Von dem Klaßlehrer, wenn derselbe 
ie erforderliche Befähigung nachgewiesen hat, oder von einem andern 
nafür geprüften Lehrer der Anstalt ertheilt. Was den Religions- 
nierricht betrifft. so soll derselbe nach den approbirten und einge— 
ührten Religienslehrbüchern ertheilt werden, und über die Be⸗ 
ignisse der kirchlichen Behörden in Beziehung auf den Religions- 
nerricht sollen die einschlagigen geseßlichen Bestimmungen maß 
ebend seien. Theologen, welche sich zum Lehramte habilitiren 
bollen, haben ihre Befähigung für dasselbe durch Erstehung der 
worgeschriebenen Prüfung zu erweisen. 
München, 24. Juni. Die vom Wagner' jchen telegraphischen 
dorrespondenzBureau verbreitete Nachricht, es habe das Entlassungs⸗ 
esuch unsercs Kriegsministers die Genehmigung Sr. Maj. des 
zoͤnigs nicht erhalten, erscheint als unbegründei, denn es wird 
nir bestimmt versichert, daß der Minister ein Entlassuugsgesuch gar 
ächt eingereicht hahe, ja selbst die Absicht habe, zurückzutreten, bevor 
hm nicht die Gelegenheit gtgeben war, sein Budget in beiden 
ammern werlrelen zu anng Das „Gerücht“ will übrigens von 
em Rücktrittiagesuche nach einiger uderer Minister wissen, aber 
ich dieses Gerüchz erscheiut, und zwar aus gleichem Grunde als 
nindestens verfrüht. 
J Det Redacteur““ ves in Mainz erscheinenden “Israelite“, 
de. Lehmann, erläßt cinen Aufruf an die Handelskammern Eu— 
opas, „in denen' nicht wenige seiner Glaubensgenossen eine her⸗ 
vorragende Stellung einnehmen“, um sie aufzufordern, dem Staate 
dumänien, der fseine Kullurmission im Mißhandeln. der Juden 
xethätige; die Mittel der »Ezistenz dadurch zu entziehen, daß jn 
zufunst keiner rumänischen Anfeihe Eingang an der Börse des 
ivilisirten Europa gewährt werde, bis Gaͤrantien dafür geschaffen 
cien, daß die jüngsten Gräuelszenen der Donaufürstentbümer sich 
ücht wiederholen können. — 
Berlhisn, 23. Inni. Der Kölnischen Zeitung zufolge wäre 
xt Erzdischof von Köln, Paul Melchers, definitiv in das Lager 
xer Infallib listen übergegangen . 
J. 
Sit 
tangen an unseren pfälz. Bahnen, wonach auch in den Wagen II. 
Tlasse besondere Abtheilungen für Frauen und Nichtraucher bestimmt 
inp/ soll dem Vernehmen Nach · wieder in Wegfagll kommen. Warum 
diese: Wohtthat, die beie ihret Einsührung“ einem fühlbaren' Be— 
ürfniß entsprach, dem weniger: bemißtelten Publikum wieder ent⸗ 
ogen werden soll, ist uns unbekannt; soviel aber wissen wir aus 
Erfahrung, daß besagte Einrichtung für Hals- und Brustkranke, 
vährend der Fahrt die größte Annehwlichkeit biettt. 
— Man trifft nicht jederzeit Mitreisende, die aus Humanitäts- 
Rücksichten ihrer · Rauch⸗Leidenschaft — wenn auch nur für kurze 
Zeit — entsagen.Hat man für den wohlhabendern Theil der 
Reisenden, die stets J. und HI. Clafsse benützen können, diese An⸗ 
nehmlichkeit geschaffen, so sollte man dieseldebilliger Weise auch 
für den andern Theil belassen,“ zumal dadurch nach keiner Seite 
hin die Interessen der Bahn geschädigt werden.“ 
. Der Stadtratch in Kaufersbauter n hat dem Bürgen⸗ 
meister Hohle die im Budget vorgeschenen 1000 fl. als Repräsen⸗ 
ationsgehalt bewilligt. 7 J J— F 
7. Trier, 21. Juni. Das Dorf. Monzelfeld. bei Berntastel 
st fast ganz niedergebrannt?* 121 Familien“mit 428 Personen 
ind obdachlos und ihrer Habe beraubt, die theils nur gering 
heils gar nicht versichert sind. 
7 Worzns, 22. Juni. Auf dem gestern unker dem Vorsizze 
des Herrn Fritz Ernst von“hier abgehaltenen Schützentag des 5. 
mittelrheinischen Bundesschießens waren 15 Vereine durch 32 Ab— 
geordnete vertreten. Mainz wurde als nächstjähriger Festort be— 
dimmt und festgesetzt, das künftighin für Stand wie Feld je nur 
eine Festfcheibe aufgestellt werde. Die Feststellung der Schießordnung 
wird künftighin durch eine Commission von sieben Mitgliedern er— 
folgen von denen der jeweilige Festort drei, der verhergehende 
Zchützentag vier erwählt. Als solche wurden fürs nächste Jahr 
Fabricius von Frankfurt, Krell von Wicsbaden, de Bary von 
Offenbach und Madler von Worms erwählt.“ Ein Antrog gauf 
Zahlung eines jährlichen Beitrags von 35 kr. wurde äbgelehnt. 
Auf dem Wormser Sschüßzeen fest e wurde felgender 
amose, Toast ausgebracht. Meine Herren! Erlauben Sie auch 
nir einen Toast auszubrigen und zwar den ersten und besten 
deutschen Schützenkönig, den wir kennen. Wenn Sie jedoch glauben, 
daß ich den Herzog Ernst damit meine, so nd sie gewaltig auf 
dem Holzwege. Der, den ich meine, war Dr. Martiu Luther. 
(Hier brach eiu unbeschreiblichrr Tumult aus. Von allen Seiten 
chrie man; „Herunter Esel! Kameelh! ꝛc.“), Doch der ehrenfeste 
Redner rief mit Sfentorstimme: „Maul halten! Ausreden lassen. 
Ich will es ihnen mit ein Paar Worten beweisen ünd Sie werden 
nir Recht geben. Wer hat so gut, wie unser deutscher Luther das 
Schwarz getroffen. (Stürmischer Beifall). 6pf. V.8. 
Der Prinz Heinrich zu Waldeck verlobte sich mit 
einer Tochter des Grafen Erbach Erbach. — 
F In voriger Woche trat ein ältlicher Herr mit zwei blühenden 
naben in eines der fashionablesten Locale des Berljner Thiergartens, 
ließ sich mit dem den höheren Klassen eigenthümlichen Selbstgefühl 
die Speisekarte reichen und vertilgte mit seinen tapferen Hilfstruppen 
das Beste und Feinste, was dieselbe hot, natürlich ohne dabei eine 
Flaschehortreffüchen- Rothweines zu vergessen. Der, Wirth war 
jatuͤrlich eutzuͤckt über den riesigen Appetit des Hleeblaties.“ Als 
alle drei endlich doch die Waffen strechen mußten, rief der alte Herr 
nit herablassendem Wohlwollen: „Kellner! Haben Sie Kuchen 3* 
— „Bedaure, nein!“ — „Na, Kinder,“ fuhr der Herr fort, 
„dann wartet mal; ich werde Euch selbst welchen von drühen 
holen!“ Das Gesicht der Knaben erglänzte vor Freude, soweit 
fes ihnen eben das übermäßige Sattsein erlaubte. Der Herr ging 
und blieb sehr lange. Endlich fragte der Wirth die Kinder; 
„Aber wo bteibt denn Euer Papa?“ — „Unser Papa?“ er— 
viederte der: ältere Knabe erstaunt, „det is ja jar nich unser 
Papa!“ Der hat uns man blos uff de Straße jefragt, ob wir 
mal rechk ordentlich uns satt essen wollen, und det baben wir pu 
J 2143. Vee r m i sach tes. 4* Ie 
7 Nach iner Vetfüͤgunetgl. Regierung soll eine vo rssch uß 
peise Erhebung vou Brandkassenkurran jbeiträgen. pro 1870 im 
hetrage von 6ekr. von 100 fl. Versicherungskapital stattfinden. 
iFürs Frdnen uünd Nichtraucher.) Die Einricht⸗