Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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123. ESamstag, den 13. August 1870. 
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Deutschland. 43 
Pirmasens, 8. August. Heute Nachmittag v Uht traf 
die höchst erfreuliche officielle Nachricht hier ein: „Auf der Festung 
gitsch weht die deutsche Fahne weit in das Land hinein! Gestern 
Abend hat sich die Besazung derselber ergeben, worans die deutschen 
Truppen in dasselbe eingezogen sind. Glockengeldute und großer 
begeisterter Jubel! Die Häuser unseren Stadt brangen im Fahnen⸗ 
snanecc.. ,birm. Wohnbl.) 
Die mobilen Truppen haben nunmehr überall die sogen. 
Todtenmarke angelegt, das ist eine um den Hals zu tragende 
MRoarke von Blech, welche den Truppentheil und die Rummer des 
Nannes in der Matrikel angibt. Diese Maßregel ist erst nach 
1866 eingeführt worden und soll einer Wiederholung des Umstandes 
vorbeugen, daß damals über den Verbleid von 1028 Mann in 
ver preußischen Armee den Angehörigen keinerlei Nachricht gegeben 
verden kaunte. In der österreichischen Rordarmee errrichten die 
herschollenen sogar die Ziffer von 11,062 inkl. 78 Offizieten. 
Saarbtücken, 11. August. Das Haupt Quartier des 
dönigs ist heute von hier ins Ftanzösische, man glaubt, nach St 
Avold verlegt worden. 
Im Augenblick der Verlegung des Hanptquartiers auf fran⸗ 
oͤsischen Boden, ist daselbste eine Proklamation in französischer 
Ssptache veröffenilicht Tarden, die in der Uebersetzung ungefaͤhr 
uso lauteeee —— 
Wir Wilhelm, König von Preußen, thun den Bewohnern 
der von den deutschen Arnieen occupirten französischen Landesthei⸗ 
len kund und zu wissen·; — 
Nachdem der Kaiser Napoleon die deutsche Nation, welcht 
wünschte und ngoch wünscht, mit dem französischen Volle in Frir⸗ 
den zu leben, zu Land und zu Wasser ängegriffen hat, habe ich 
den Befehl über die deutschen Armeen übernommen, um den An⸗ 
griff zuruckzuweisern und habe ich mich durch die militärischen Er—⸗ 
ägniffe veranlaßt gesehen, die französische Gtenze zu überschreiten. 
Ich führe Krieg gegen die Soldaten und nicht gegen die franzö⸗ 
üschen Bürger. Diese werden folglich so lange die völlige Sicher— 
Jeit ihrer pᷣersonen und ihres Eigenthums genießen, als sie nicht 
lelbst durch keindselige Unternehmungen gegen die deutschen Trup⸗ 
mir das Recht entziehen, ihnen meine Protektion zu ver— 
eihen. 
Die die verschiedenen Corps befehligenden Generale werden 
durch besondere Anordnungen, welche dem Publikum zur Kenntniß 
gebracht werden, die Maßtegeln bestimmen, welche gegen Gemein⸗ 
den oder Personen in Anwendung konmmen, die sich gegen die Ge⸗ 
bräuche des Krieges in Widerspruch setzen würden. Auf dieselbe 
Weise werden sie Alles regeln, was sich auf die Requisition bezieht, 
welche für die Bedürfnisse der Truppen für nöthig erachtet werden, 
rbenso werden sie die Coursdifferenzen zwischen dem deutschen und 
französischen Gelde feststellen, um so die persönlichen Beziehungen 
wischen den Truppen nud den Einwohnern zu erleichtern. 
Wilhelm. 
Durch einen andern Anschlag werden alle occupirten Depar⸗ 
lements in Belagerungszustand erklärt und die Einwohner unter 
das Kriegsgesetz gestellt. 
Sdgarbrücken, 11. August Abends. (Officiell.) Die 
iranzoͤsische Armee setzt ihren Rüchjug gegen die Mosel auf allen 
Puntten fort, von den sämmtlichen preußischen Armeen folgt ihr 
die Kaballerie auf dem Fuße. Die Linie SaarunioneGroß⸗Tenquin⸗ 
Faulquemont⸗Fouling · Etangs ist von der Kavallerie bereits über⸗ 
schritten; große Vorräthe von Lebensmitteln, zwei Pontonscolonnen, 
mehrere Eisenbahntrains sind in unserere Hände gefallen; die kleine 
Feftung Lützelstein in den Vogesen ist vom Feinde geräumt unter 
Zurücklassung von Geschützen und Vorräthen. 
Mainz, 6. Aug. Unter bayerischer Eskorte kamen heute 
jrüh 4 Uhr i6 Officiere, darunter der Oberst und 374 Manu 
des 74. französischen Linien Regimenis. dabei ein Turlos, als 
Befangene hier an. Bei ihnen befanden sich 2 Bauern und 4 
Weiber, letztere gebunden. Sie sollen auf die dentschen Truppen 
bei dem Eindringen in Weißenburg geschossen, die Eine siedendes 
Del degossen haben.“ Die Gefangenen wurden in der Citadelle 
internirt und setzten heute Nachmittag 1 Uhr in zwei Colonnen 
hre Fahrt nach“ Ingolstadt Uber Frankfurt zc. fort. mit Ausnahme 
ʒet Weiber, die standrechtlicher Aburtheilung entgegen sehen. 
Frahbkfart aM., 8. August. Zur Inbetriebsetzung der 
rranz dsischen Eisenbahnen im Ruͤcken der deutschen Armee sind die 
entbehrlichen Beamten der hiesigen Staatseisenbahnen nach Weißen- 
burg dirigirt wordenn. ———— J 
e Barmen 7. Auguft. Gestern Abend würde augder 
tesellschaft Concor dia hierselbst dem König von Bayern folgender 
elegraphische Gruß übersandtttt F 
Ew. Majestät, dem entschlossenen, treuen Mitkämpfer gegin 
ranzoͤsischen Frevelmuth entsenden die Bürger der Stadt Barmen 
zuein der gemeinsamen Siege Dank, Ehrerbietung und 
Bruß! R 
Heule ist an den Ober⸗Bilrgermeister von Barmen vom 
Zchlosffe Berg aus folgende telegraphische Aumort hierauf ein⸗ 
zegangen: —— 
*Ich entsende den Bürgern Barmens für die begrüßende Kund⸗ 
zabe Ihres putriotischen Sinnes wärmsten Dank. Mein Hetz 
vird sieis für deutsches Recht und deutsche —X — 
. Lüdwig. 
Berlin, 3. August. Der Erkbnig von Hannover hat 
14,000 Chassepots getauft, die in einer franzdsischen Waffenstadt 
agern und die dei einer Tandung der Franzosen zwischen der We⸗ 
ser und Elbe zur Bewaffnung der Welfisch-Gesinnten verwendet 
verden sollen. — Der ehemalige Kronprinz von Hannover, der 
zʒekanntlich nach dem Tode des Herzogs Wilhelm don Braunschweig 
Ansprüche auf das Herzogthum gehabt, hatf den! Wunsch zu erken⸗ 
jen gegebeun, in den Dienst des braunschweigischen Husarentegi⸗ 
nents zu treten und mit dems elben den Feldzug gegen den Erb⸗ 
ind des deutschen Voterlandes mitzumaqhen.“ Diefem Wunsche ist 
jereitwilligst entsprochen worden . 3 
—VD———— Frauk reich. e x es 
Pavriß,nLA. Angust, Die; Santo publique“ berichtet: 
„Die epidemischen Krankheiten,. wie das Nervenlieber, der Durche 
jall, die Ruhr, die Cholerg, hjefern jede Woche eine Anzahl 
Sterbefälle in Paris. Vom 17. auf den 283. Jull hat das 
Rervenfieber 20, der Durchfall 69, die Ruhr 3 und die Cholera 
9 Opfer hingerafft. Die Blattern haben 215 Todesfälle 
erztlact Die Gesammitzahl der Stierblichteit erstreckte sich auf 
1169. 
Paris, 8. August. Aus Metz wird heute früh 7 Uhr 
officiell gemeldet, daß sich die Armee concentrirt, um auf die Vogesen 
zu marschiren und die Pässe zu vertheidigen. Die Nacht ist ruhig 
Ferlaufen. Ein Engagement hat nicht stattgefunden. 
Paris. 8. August. Das „Amt. Journal“ veröffentlicht 
in Decret, wodurch (entgegen der ursprünglichen Bestimmung) die 
zammer jchon auf morgen (Dienstag) einberufen wird. Ein 
inderes Deeret verfügt, alle kräftigen Bürger zwischen 30 und 40 
Jahren zur Nationalgarde einzuziehen, ebenso alle jungen Männer 
unter 30 Jahren, sosern sie nicht bereits zur Mobilgarde gehören, 
n diese einzureihen. Die Nationalgarde wird bei der Vertheidigung 
der Hauptstadt zur Verwendung kommen. Dem Journal de Soir“ 
ufolge berath der Ministerrath, ob ein Aufruf zur allgemeinen 
Bewaffnung erfolgen soll. 
Paris, 8. August, Die Liberis“ will wissen, daß die 
jeben Armee · Corps des Rheins in den Handen der Marschälle 
Mac⸗ Mahon, Bajzaine und Canrobert vereinigt werden solle. Diese 
Maßregel wäre ergriffen worden um die Einheit der Ansichten 
in Ausführung des Feldzugs⸗Plans zu contentriren und zu ver⸗ 
einfachen. 
Der „Libertor zufolge hatte der Ministerraih gestern an den 
aiser geschrieben um ihn dazu zu vermögen, den kaiferlichen Prinzen 
dun da ihm die Feueriaufe zu Theil geworden sei, wieder nach