Full text: St. Ingberter Anzeiger

mnere Lage in Frankreich wird kritisch. Wohlhabende Familien 
verlassen das Land. v 82 
Amerika. 
New-York, 18. Juli. Zwei französische und ein preu— 
hzisches Kriegsschiffe liegen in der unteren Bai- und das Publi—⸗ 
cum hofft, daß es zwischen denselben zum Conflict kommen werde. 
Der „Baltimore Wecker“ bringt folgende Nachricht, die in 
dessen mit Vorsicht aufzunehmeu sein dürfie: „Der Präsident thut 
jein Möglichsies, damit die Vezeinigten Staaten, gegenüber, dem 
europäischen Riesenkampfe trotz der Pflichtversäummß des Con⸗ 
gresses, eine würdige Haltung einzunehmen vermögen. Die Com⸗ 
mandanten sämmtlicher Navy Yards haben Befehl erhalten, alle 
daselbst befindlichen Kriegsschiffe seetüchtzig und zur Abfahrt fertig 
zu machen. Auch sollen ungesäumt mindestens 6000 weitere See⸗ 
leute angeworben werden. Zwar versäumte es der Congreß trotz 
der eindringlichen Mahnung des Präsidenten die nuͤthige Bewilli- 
aung zu diesem Zwecke zu machen. Aber der Prasident nimmt die 
Verantwortung auf sich und wird dann vom Congreß Idemnitä 
und Nachbewilligung in Form einer Deficitbill verlangen — 
— Uuser Fiel. 
Nabpleon III. ist, daran zweiselt wohl Niemande mehr, ein 
stümperhafter Copist jenes genialen Schlachtenmeisters, Napoleon J. 
zenannt. Da er aber poliische Reminiscenzen so sehr liebt, so 
mögen in Nachstehendem auch einige mitgetheitlt werden Die 
Belgier waren vor Napoleon .“ zu Franzosen gemacht worden. 
Der preußische General von Bülow, welcher das dritte preußische 
Armeecorps commandirte, erließ bei seinem Einrücken in Belgien 
im Februar 1814 eine Proklamation, in welcher er den Belgiern 
zeigt, wohin sie ein blindes Unterwerfen unter den eisernen Scepter 
des gewaltigen Tyhrannen geführt hat und ihnen zuruft: Ein 
Corse ist nicht dazu angethan, über Frankreich zu herrschen.“ Und 
in seiner Proklamation an die Franzosen sagt der Kronprinz von 
Schweden: „Eure Regierung trachtete bestaͤndig darnach, Alles 
herabzuwürdigen, um sich ˖ das Recht zu geben, Alles zu verachten 
Es ist Zeit, datßz es mit diesem System sich ändere. Alle Männer. 
die Einsicht hegen, wünschen die Erholtung⸗ Frankreichs, sie ver 
sangen nur, daß es nicht mehr die Geißel der Etde sei.“ Und in 
ziner fpäteren Proclamation sagt derfelbe Kronprinz: „Seht, 
Franzosen, was ihr jetzt seid; nicht ein einziges befreundetes Volk 
——— Gegenden, die Tausenden zu 
Grabstätten wurden. Wer ist der Urheber so vieler Uebel? Ein 
Mann, kein Franzose von Geburt, der Herr und die Geißel eure? 
Schidsals. Fraukreich Ruhe und Europa den Frieden versprechend 
hat er die Verträge eben jo schnell wieder zerrissen, als er sie ge⸗ 
schlossen. Die götiliche Gerechtigkeit hat die letzten Anstrengungen 
einer dahinsterbenden Thranneß vereitelt 5. dier Alliirten verlangen 
Frieden und Anerkennung der Unabhängigkeit der Nalionen 
sie verlangen ihn von dem Senate Frankreichs oder von dem 
Heere und dem Vost. Soll. das ganze Volk umkommen, da nichts 
den Unbartiherzigen bisher bessern konnte 7. Nothigt ihn, den 
verlangten Frieden zu schließen. Krieg dem Corsen!“ — Als 
die verbündeten Kaiser und Konige in Paris einzogen, erklärten 
—A über einen Frieden verhandeln 
wolllen. Diese Erllärung, von Frankreich und von Europa mit 
Beifall aufgenommen, führte die Abdankung Napoleons und die 
dekannte Conbention vom 11. April 1814 herbei. — Rapoleon J. 
entfloh von der Insel Elba und am 18. März 1815 erklärten die 
Mächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet hatten, auf dem 
Congreß zu Wien Napoleon Bonaparte für pogelfrei, für einen 
Feind der Ruhe der Welt. Die Abdankung Napoleons vom 
II. April 1814 ist fast wortlich in dem Vertrage pon demselbn 
Tage avenmen r 53728 —VVV 
„Der Kaiser Napoleon verzichtet sür fich und seine Rach— 
lommen, wie auch für jedes der Mitglieder seiner Familie, auf 
jedes Recht der Souveränität und des Herrschens, ebenso über 
das französische Kaisereich und das Königreich Italien, wie über 
jedes andere Land er.. —9* 
Wir erwarten, daß diesmal Deuischland allein den Frieden 
mit den Franzosen abschließen, und daß der Koͤng von Preußen 
bdei seinem Einzug in Paris an der Spitze der deutschen Nation 
allein erklären wird, mit Napoleon II. keinen Frieden schließen zu 
wollen; wir erwarlen aber auch, daß den Framosen dargethen 
wverden wird, wie sie wohl srei sind, eine Regierungsform zu 
vahlen, die ihnen beliebt, daß aber diese Form nicht unberiräglich 
ein darf mit der Sicherheit Deutschlands und der Ruhe Europas. 
Frankreich muß aufhöten, der Herd von Unordnungen und Um— 
välzungen für die anderen Staaten zu sein. Das, muß unser Ziel 
werden, und wenn wir es allein nicht erreichen können, so muß dies 
das Ziel Europas sein und bleiben, wie is das Ziel —E 
den Jahren 1818 -15 war. * n 
—Vermischtes. 
Aus der Pfalz, 9. August. Vorgestern kamen IIT Mann 
mit drei Wagen in solcher Eile durch Haßloch, daß sie Verdad 
erregten. Sie wurden hierauf durch die Gendarmen von Haßlo 
Mutterstadt. und“ Frankenthal verfolgt und bei Worms erreie 
Bei ihrer Unersuchung fandsiche einee Menge Uniformstüg 
Portemonnaies und eine Summe von 15,00 fl. Sie gaben in 
für Marketender des 80. preußischen Infanterie-Regiments au 
velche · mach Haufe wollten, um neue Einkäufe zu machen. Da cbe 
degründeter Verdacht besteht, daß die bei ihnen gefundenen Gegen 
stände von gefallenen Soldaten herrühren, und daß sie dieseihen 
auf dem Schlachtfelde getaubt haben, wurden die 11 Verdachtige 
verhafte. 
Ein alter Militär, theilt der „N. Pr. Zig.“ folgende di— 
tetische Verhaltungsmaßregeln für Soldaten auf dem Marsche mi 
„Bei großer Hitze empfiehlt es sich, daß die Soldaten —X 
Strohhalm/ oder ein Stückchen trockenes Holz (nicht Tabakh) in da 
Mund nehmen und daran kauen; das hältdie Speicheldrüse 
zleichsam im Fluß und wirkt dem entgegen, daß die Nehle p 
zurstig wird. Des Morgens ist es nicht rathsam,gleich eim 
Schnapps zu frinken. Die Erfrischung ist nur einee nmomenlan 
und erzeugt bald umgekehrt Abspannung. Kann der Mannn nicht 
Warmes erhalten, so esse er erst etwas und genieße, wenn aut 
dies nicht geht, erst dann einen Schnapps, wenu er etwa en 
Stunde marschirt oder“sich körperlich bewegt hat. Im Nebrigt 
sind starker schwarzer Kaffee (ohne Zucker), oder guter, mit Waßst 
derdünnter Essig, die empfehlenswerthesten. Mittel, um den Du 
zu stillen; im Quartier oder Bivouak erfrischt warmer schwarze 
Zaffee oder Bouillon am besten. Kommt der Soldat erhitt me 
dem Quartier. id bedecke er den Kopf mit der Mütze, Lüfie de 
Rock ein wenig und marte, Wwenn er sein!: Hemdwechsein muh 
wenigstens eine halbe Stunde, auch darf derselbe, wenn: er nich 
gehörig abgekühlt ist, die Stiefeln nicht ausziehen und das Hem 
wechseln. Ein Waschen der Hände, Füße nud des Gesichts, bebo 
die vollständige Abkühlungs des Blutes erfolgt ist, kann die übelste 
Folgen haben und ist stets zu vermeiden. Dagegen kaun ein üb 
reiben des Gesichts und Kopfes mit einem trockenen Tuche sofor 
geschehen. Ein tägliches Einreiben vomn Knie bis zum Kudche 
mit Brannwein stärlt. Frisches Obst mit Most sind möglichst zu 
permeiden. da beides leicht Durchfall erregt. Um sich vor Unge 
zieser zu schützen, ist es rathsam, ein kleines Pülverchen Moschu 
bei sich zu tragen oder besser einzunähen. — — 
Julius v. Wikedewerzählt in seinen „NKriegsbildern“ i 
—RV einberufener Reser 
ꝛisten aus Pommern pom 2. Garde-Regiment, fast durchweg wahr 
ünengestalten, der schon voinn Stettiner Bahnhos in geschlossenen 
Irdnung in die Caserne marschirte, sang das alte Lied der pou 
mer'schen Landweht von 1818353...— 
—, Patriot, — 
en Schlagt ihn todt heme 
Mit der Krücke 4 
Ins Genicke, ι. 
—,—, Den Kujon 
ν . Napoleon !“ α.. — 
WBie voft hatte ich in meinen Knabenjahren dieses Lied von unserer 
Knechten und Tagelöhnern, die fast alle 1813 gegen die Franzo 
en milgefochten hatten; singen gehört und dann aufmerlsame. 
Ohres den Eczählungen ührer Kriegsthaten, die fie in der einfa⸗ 
hen. marligen Weise,“ welche unser norddeutsches Landvolk an der 
Ostsee so sehr charakterisirt und die Fritz Reuter jo nmeisterhaf 
wiederzugeben versteht, vortrugen, gelauscht. Ja, der; alte grimmig 
Franzosenhaß: den wir oben iu Norddeutschland Noch-von A dot 
bis 1814 her immer gegen die Franzosen hegten und der miun 
allmählig sich zu verwischen begann,⸗ ist durch die jetzige, wahrhas 
frebelbafte Krirgserllärung plöhlich wieder in seiner dollen Stärke 
erwachten darau zweifle: Niemand mehr. „Auf Kujon (ein sehr 
vberbreitetes Schimpfwoctin Nonddeutschland) reimt sich am Bester 
Rapoleon“, hört man- jezl häufig wieder un 
* 41 m. 71 7 J d h 1 9 — 
X ehe e We ckthehe det Tet e e u arez 
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edaltion, Druck und Rerlag von F. . De met 
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