Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
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— 155. * —D000 — Samstaq, den vober 21870. 
Deutschland.. 
München, 3. Oct. Die Zahl der Beitritiserklaärung zu 
Jer Münchener Adresse hat bis heute schon die Ziffer 175 erreicht. 
hiele Adressen aus den Landgemeinden weisen auch die Unterschrif 
— 
aben — die Muiglieder der Gemeindeverwaltung voran-—sammt: 
iche Gemeindebürger die Anschlußadresse unterzeichnet, In den 
egten Tagen laufen vom Lande massenhafte Briefe ein, welche 
e übereinssimmend den erfreulichsten Umschwung in der politischen 
hesinnung der Landbepölkerurg konssatiren; in allen diesen Brie— 
cn ist auch ausgesptochen, daß das Volk wünscht, es möge ihm 
zaldigst Gelegenheit gegeben werden, seinet Gesinnung durch eine 
NLeuwahl Ausdruck gehen zu können. Wenn es wahr ist, was un⸗ 
augst in einem bayerischen Blaͤtte gemeldet wurde, daß unsere Re 
zierung einen sogenaunten Stimmungsbericht von den äußern Be— 
drden abverlargt hat, so wird dieselbe durch Vorgänge, wie wir 
olche bei Gelegenheit dieser Veitritiserklärungen wahrnehmen, noch 
in tinem höheren Grade als früherhin die Neb rzeugung ge omner 
saben, daß es jetzt die höchste Zeit ist, „einzusteigen“, wie J. D 
ZStrauß so schön in seinem zweiten Briefe an den Franzosen Renan 
— 
dauen Süddeusschlands, es ist vicht mehr Zeit, „auf dem Perron 
hin und her zu trippeln“ und um „Bed, ngungei zu markten“, wenn 
ie Lecomotive schon Dampf entwickelt, um über die,Mainbrücke“ 
uu sausen. Wer noch so zurückgeblieben ist, daß er sich auf der 
hahn nicht zu fahren und einzusteigen traut, nun der möge in 
Zoites Namen mit einer alten Taxis'schen Postkutsche nach — Rom 
nein, jetzt nur noch mehr in dei Staditheil St. Leo's abfahren 
ind sich beeilen, — denn sonst findet er am Ende das Ziel seine 
Wunsche nicht einmal in diesem Theile Roms. (Augsb. Abdztg.) 
Speyher. Es sind bereits aus vielen Städten und Dör; 
ern der Pfalz Adressen wegen Anschluß Süddeutschlands an der 
Rordbund mit zahlreichen Unterfchriften bedeckt, nach München ab 
negangen ·· 
MDain z, 29. Sept. Es ist im Plane. noch Straßburo 
einen Extrazug auszurüsten, der neben reichen Liebesgaben nur 
Theilnehmer führen wird, die eine bestimmte Summe (20 Franca, 
alz Steuer für die heimgesuchte Schwesterstadt erlegt haben. Man 
will mit vollem Herzen und vollen Händen kommen. —— 
Eine“ Correspondenz des „Frf. J.“ aus Kassfel, 2. Oct. 
vill wissen, daß in den ketzten Tugen wichtige Verhandlungen von 
ind mit dem Gefangenen zu Wilhelmshöhe gepflogen werden, deren 
Schwerpunkt wahrscheinlich in England ruhe und sich nicht blos 
auf eine Familten⸗Correspondenz zwischen ihm, seiner Gemablin u 
einem Sohne beziehe. Der Herzog von Hamilton fei zu Wilhelms⸗ 
höhe gewesen, habe mehrmals läugere Unterredungen mit Nagoleon 
gehabt und sei wirder nach England zurückgekehhrt. 
Verlkin. 1. Okt. Ueber die Lage von Mie ß sind aus 
uverlässiger Quelle Mittheilungen hier eingegangen, welche Be⸗ 
achtung verdienen. Es ergiebt daraus, daß die gesammte Armee 
Bazain's nicht in Metz, sondern vor Metz verweilt, wahrend in 
der Stadt Mobilgarden stehen; ferner wird bestätigt, daß der 
htangel an Lebensmitteln schon so erheblich um sich gegriffen, daß 
Salz gar nicht mehr vorhanden und seit 14 Tagen nur Pferde 
leisch derabreicht wird. An Brod, Keis und Gemüse sind Vorräthe 
och da. Was den Gesundheitszustand anbetrifft, so sind epidemische 
dräntheiten nicht zum Ausbruch gekommen, jedoch befinden sich 
20,000 erkrankte und verwundete Soldaten in Metz. — Da neuer— 
ingg mehrfach die Wahrnehmung gemacht worden, daß gefangent 
französische Offiziere beim Eisenbahrtransport von dem großen 
Verirauen, das man ihnen geschenkt, Mißbrauch gemacht und sich 
intfernt haben, so ist höhern Orts die Einführung einer weit 
däreten Benufsichtigung beschlossen worden. 
Berlun, 4. Ott.“ Die Dispositionen zur Beschießung von 
haris siud jetzt vollständig getroffen; im Zusammenhauge damit 
ieht die Verlegung des Hauptquartirs von Ferrieres weiter vach 
em Westen. — Auf franzoösischen Boden befinden sich Jetzt 
300,600 deutsche Streiter, darunter 200,000 dentsche Landwehr- 
nänner.“ Die süddeutschen Staaten haben zu diesen Heeren in 
Zumma 140,000 Mann gestellt. 
Betrlin, 3. Oct. Der „Stoatsanzi“ meldet?' Vas bisher 
m Hagenau befindliche Generalgonbernement des Etlsasses wird 
nunmehr seinen Sitzz nach Straßburg verlegen. 
Betkin, 5. Oct. Die ,Provinzial⸗Corresp.“ gibt eine 
debersicht der Kriegsereignisse, in wescher es heißt: Den durch die 
kinnahme Straßburgs frei gewordenen Truppen ußd der viertes 
bei Freiburg zusammengezogenen Reservedirision fällt die Aufgabe 
n, das obere Elsatß mit Mühlhausen und Colmar zu besetzen und 
Belfort, Schlettstadt und Neubreisach einzuschließen oder: zu nehmen. 
dach dermuthlich nicht lange dauernder Erfüllung dieserAufgabe 
verden die Truppen ins Innere Feruntreichs vordringen? können. 
Bei dem bisherigen Vordringen nach der Loire, nach Westen und 
fOflen ist kein Auzeichen für das Vorhandensein neuer: größerer 
Streitkräfte Frunkreichs hervorgetreten. Daß die beabsichtigte Neu⸗ 
bildung zweier französischer Armeen gelingen könne, wird immer 
inwahrscheinliche. 
Aus Freiburg: 1. Okt., schreibt man der , Karlst. Ztg.“: 
deute früh große Bewegung. Dem Schlagen einer Brücke über 
den Rhein widerfetzten sich die Franzosen; diesseits Vertust 7 
Mann; zur Unterstützung unserer deutschen Truppen rückte heute 
unerwartet die ganze Freiburger Besatzung aus und dürften heute 
noch starke Abtheilungen über den Rhein setzen. Auf die Bahn⸗— 
züge aus dem Oberland soll heute aus dem Elsaß geschossen worden 
ein. — Aus Müllheim i. Br., 2. Oklober, schreibt man dem 
„Frkf. J.“ Gestern Rachmittag hat die Téte der 4. ostpreuß. Re⸗ 
ervediv sion bei Neuenburg den Rhein überschritten, ohne — einige 
Schusse von abziehenden Franctireurs abgerechnet — auf ernstlichen 
Widerstand zu stoßen. Die vollnändige Ueberführunge auf fran⸗ 
‚ösischen Boden wird heute gegen Abend bewerkstelligt sein. — 
Straßburg, 83. Olt, Seit heute Vormittag ist die Schiff⸗ 
brücke dei Kehl vollendet. Für die Benutzung derselben wird ein 
lleines Brückengeld erhoben. — Bad ische Truppe'n sind in 
das Gebirg eingerückt, um die Thallandschaften von Franctireurs 
zu jäusern. Es ist dies eine kombinirte Brigade untex General 
v. Degenfeld, bestehend aus dem Leib Grenadierregiment und ver— 
chiedenen Theilen anderer Regimenter, sowies den entfprechenden 
Abtheilungen Kavalerie und Artillerie. Hierauf reduzirt sich die 
bon mehreren Blättern gebrachte Nachricht vom schon erfolzten Ab⸗ 
marsch der ganzen bad. Division. Nichtig dürfte es jedoch sein, 
daß vieser Abmarsch in kürzester Frist bevorsteht. — Die Zahl 
»er während der Belagerung gefallenen und verwundeten Franzosen 
wird mit auf 1800 angegeben. Einwohner wurden, wie man 
mir versichert, im Ganzen 200 gedödtet und 1700 verwundet; 
hiebei seien die ziemuich zahlreichen, aus der Stadt gebürtigen Sole 
daten mit eingerechnet, nicht gerechnet sei dagegen die gleichfalls seht 
dedeutende Jahl solcher Leute, die ganz fremd in die Spitäler 
Jebracht worden seien. Diese Zahl scheint allerdings sehr hoch; 
venn man aber die Schilderung von Geistlichen übet die: Art der 
Beräbnisse und den Zustand in den Spitälern hört, so kommt 
ie einem keineswegs als eine zu weit gehende vyor. w 
Aus Hagenau, 29. Sept., wird dem „Fr. J.“ geschrieben: 
„Ich erfahre hier von ziemlich kompetenter Seite, d. h. aus dem 
Nunde ei es Oifiziers, daß der russischetürtische Krieg beschlossene 
Sache ei, und dDaß der Generel Steinmtitz das Obercommando in 
Posen und Wesspreußen erhalten habe, um jede polnische Erhebung 
ofort niederzuschlagen. Der Offizier bezweifelte, daß die Fehler 
des Generals, die Ihr; Kortespondent schon in der Schlacht bei 
Spicheren zu rügen' Gelegencheit hatte, Veranlassung der Commando⸗ 
Enrhebung gewesen. seien; man habe nach einem Grund gesucht, 
um das Ansland nicht a gwöhnisch zu machen und zu diesem Zweck 
Nichts gethan, der volksthümlichen Muthmußung von feiner Ent⸗ 
hebung entgegenzutreten. Was von dieser Ansicht wahr ist, wird 
wahrscheinlich schon die nüchste Zubunft lehren. Ich verde sicher 
aicht verjeblen, mich mözlichst geuan darüber zu informiren.“