Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
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der St. Fagberter sererig'er (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗ Donnerrstags- und Sonntags⸗ 
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1388.. 1870. 
Deutschlann. 
München, 10. Oct. Es ist unwahrscheinlich geworden 
aß der Landtag früher einberufen wird, ehe die Staatsͤregierung 
im Stande ist, die Verträge vorzulegen, welche sie behufs einer 
inigung mit dem norddeutschen Bund abzuschließen beabsichtigt. 
da aber die Verhandlungen über die Modalitäten eines solchen 
bertrags mit Preußen noch nicht begonnen haben, dürfte es immer 
ioch einigen Wochen währen, bis die Einberufung des Landtags 
xfolgt. Denn erst. gestern brachte der Telegraph die Nachricht, daß 
derr von Delbrück in's Hauptquartier abgereist sei, um über die 
Anschauungen und Absichten der baherischen Staatsregierung, so 
weit sie in den jüngsten Besprechungen mit ihm laut geworden 
varen, Bericht zu erstatten. — 
München, 10. Oct. Die Zihl der Anschlußadressen hat 
die Ziffer 861 erreicht; die Unterschriften von katholischen Geist⸗ 
iichen sind sehr zahlreich und liefern den erfreulichen Beweis, da ß 
in Theil dieses Clerus besser gesinnt ist, als nach dem Gebahren 
der klerilalen Presse erwariet werden durfte. 
Mündqhen, 10. Oct,“ Nach einer Mittheilung des Cul⸗ 
usministeriums haben sich unter den Wehrpflichtigen aus der Al— 
ersllasse 1848 bei der Gesammtzahl von 44, 140 geprüften Conf - 
cribirten 1235 Mann oder 8710 Procent gefunden, welche keine 
zenügende Schulbildung genossen haben. Dieses Resultat vertheilt 
ich auf die einzelnen Provinzen wie folgt: Qberpfalz 15/10, 
kheinpfalz 158/10, Niederbayern 9810, Unterfranken 6Gésro0, Ober 
ranken 5*10, Oberbahern 42/10,. Mitlelfranken 8810,Schwaben 
3910 Procent. Es isi sehr schmeichelhaft für die Pfalz am Rhein, 
ur die Oberpfalz vor sich, alle anderen Provinzen aber hinter 
ich zu wissen (Pf. &. — Wb 
Bexrlinn, 10. Oct. (Offiziell.) Versa'illes, 9. Oct. Eine 
ieladron des 16. Husaren ⸗Regiments ist in der Nacht vom 7. gum 
J. Oct. durch Verrätherei der Bewohner von Ablis überfallen worden 
der Ort wurde zur Strafe niedergebrannt. — Von der Loire vorge⸗ 
jangene größere feindliche Abiheilungen wurden am 9. Ott. von 
sreußischen und bayerischen Truppen füdlich von Etampes gesprengt. 
die geflohenen Bewohner der noͤrdlich von Paris gelegenen Ort⸗ 
chaften kehren in ihre Dörfer zurüuce.. J — 
Berlin, 10. Oct. Die preußische Regierung hat mehreren 
dabineten eine Denkjchrift mitgetheilt, in welcher die Ueberzeugung 
wsgesprochen wird, daß die Hauptstadt Frankreichs über kurz oder 
ang fallen muß. Wird der Zeitpunkt so lange hinausgeschoben. 
iis drohender Mangel der Lebensmittel zur Kapitulation pwingt, 
d müssen jchredenerregende Consequenzen entstehen. Der deutschen 
lrmeeführung ist es in diesem Folle unmöglich, eine Bevölkerung 
von 2 Millionen nur einen einzigen Tag mit Lebensmitteln zu 
xrsehen. Die Umgegend dvon Paris bietet alsdann, da deren Be— 
unde für die diesseitigen Truppen verbraucht werden,auf viel⸗ 
dagemärfche ebenso Wenig Hilfsmittel. Es ist daher den Bewoh · 
ern nicht zu gestatten, Paris auf Landwegen zu verlassen. Die 
mausbleibliche Folge hiervon ist, daß Hunderttausende dem Hun⸗ 
ertode verfallen. Der deutschen Armeeführung bleibe nichts übrig, 
eden Kampf durchzuführen. Wollen die französischen Machtha⸗ 
ret es zu einem Extrem kommen lassen. dann find sie füt die 
jolgen verantwortlich. —AV 
Berlhin, 10 Okt. (Schwäb. Merk.) Eine ponapartistifche 
dekauration, die niemals ernftlich beabsichtigt war, ist von allen 
deiten aufgegeben. — Die italienische Regierung mißbilligt Gari⸗ 
aldis Auftrelen in Frankreih. I 
Der „Pr. Staats⸗Anz.“ schreibt: „Die Zahl der in Deuisch⸗ 
und zur Zeit befindlichen franzoͤsischen unverwundete Kriegsge⸗ 
ingenen beläuft sich nunmehr durch den Zuwachs nach dem Folle 
et Festungen Laon, Toul und Straßburg auf 3577 Offiziere 
und 123,700 Mann. — 
Hamburg, 9. Olt. Bei Cuxhaben werden die Feuerschiffe 
vieder ausgelegt und die Leuchtfeuer angezündet. — Für Straß⸗ 
cg sind 10,000 Thlr. von Seite des Staates bewelligt, 6000 
blr. durch Privatsammlung aufgebracht. 
Hamburg, 12. Oct. Der Hamb. Corresp.“ meldet aus 
Altona 11. Oct: Die französische Floile ist 18 Meilen von Hel⸗ 
Joland gesehen worden. Die Mintärbehdrden find benachrichtigt 
vorden, sich vor Ueberraschung zu sichern und die Entfernung der 
iußeren Seezeichen vorzubereiten. 
Aus Straßburg/ J. Oct. Wird der N. Fr. Pr. ge⸗ 
chrieben: „Wenn man die Straßburger versöhnen will, so gibt 
s ein Mittel, welches unfehlbar ist. Man schleise die Festungs⸗ 
verle und lege statt deren weiter nach den Vogesen zu ein befestig⸗ 
tes Lager an. Straßburg würde schnell aufathmen; in zehn bis 
fünfzehn Jahren hätte es den Rhein erreicht, und seine Franzosen 
vürden in der Zeit ganz leidliche Deutsche geworden sein. Es ist 
das eire Frage, welche die deuische Presse sofort ins Auge fassen 
'ollte, um sie eingehend und mit aller Energie zu erörtern.‘ Ueber⸗ 
instimmend hiermit wird in den— Correspondenzen verschiedener 
Blätter berichtet, der einstimmige Wunsch aller Parteien in Straß⸗ 
»urg sei die Schleifung der Festungswerie, die der Stadt so viel 
Anheil gebracht und ohnehin Schuld waren, daß die Hauptstadt 
des Elsasses von Mühlhausen und anderen kleineren Slädlen in 
der gewerblichen Entwicklung überholt wurde. 
Frankreich. 
Verßailles, 11. Oct. Gestern stieß der General von d. 
Tann bei Artenay auf ein französisches Corps. Das letztere ber⸗ 
or 8 Geschütze und hatte bei Abgang dieser Depesche bereits über 
000 Mann Gefangene verloren. Die auf Orleans fliehenden 
Frapzosen werden durch unsere Cavalerie verfolgt. (Andere Blät⸗ 
er erhielten ein offiziellelles Telegramm, folgenden Wortlauis: 
Ein gemischtes Corps aus Truppen des Kronprinzen unter Ge⸗ 
neral v. d. Tann schlug am 10. Oct. einen Theil der Loirearmee 
bei Orleans. Es wurden 1000 Gefangene gemacht und 8 Ge— 
chütze erobert. Der Feind in regelloser Flucht begriffen. 
Tours, 9. Oct. (Amtlich.) Aus Orleans, 10. d., meldet 
der Commandirende des 15. Armeekorps: Artenay, woselbst die 
Brigade Longerue und einige Jägerkompagnieen sich befanden, 
wurde am 9. d. Morgens vom Feinde bejetzi. General Reyan 
eilte mit 53 Regimentern, 4 Bataillonen und einer Achtpfünde r⸗ 
Batterie herbei. Der Kampf dauerte dis halb 8 Uhr Nachmittags. 
Unsere Truppen wurden in ein Gehölz zurückgeworfen, welches sie 
setzt noch besetzt halten und jedenfalls halten werden. J 
Tours, 11. Oct. (Regierungsnachrichten.) Aus Chartres 
won 10. wird gemeldet: Der Feind griff Nachmittags das Dorf 
Therisy an, wobei ein Theil desselben abbrannte. Die Weiler 
Messanger, Chavaille und' Bressau brennen. In der Ebene von 
Beaux nähern sich feindliche Truppen den Ortschaften Vodes ünd 
Thartres. F — 
Aus allen Theilen Frankreichs laufen fortwährend Klagen 
iber die von den Truppen an den Tag gelegte Insubordination 
in. In Grenoble mußte General Mouͤnet dasselbe Schicksal wie 
Beneral Ambert in Paris und General Mazure in Lyon erfahren: 
x wurde von seinen eigenen Leuten eingesperrt. Eine Anzahl 
Bürger, welche glaubte, daß seine Autorität ihren Plänen hindernd 
mn den Weg treten würde, machte eine Kundgebung vor der Pra⸗ 
feltur und brach schließlich in das Gebäude ein“ Der General 
ließ die Truppen ausrücken, aber die Bürger bemächtigten sich des 
Präfelten und veranlaßten ihn durch Drohungen, dem General zu 
efehlen, seine Truppen zurückzuziehen. Sie marschirten dann in 
Masse nach seinem Hotel, nöthigten ihn, seinen Abschied zu nehmen, 
ind zwangen den Präfekten, seine Verhaftung anzuordnen; der alte 
Beneral mußte wie ein gewoͤhnlicher Muissethäter die Nacht im 
Befangnisse zubringen. 
Belgien. 
Brüfsel, 11. Oct. Dem aus Paris angelangten „Jour⸗ 
zal des Debats“ zufolge übergaben füuf Balaillone Nationalgarde 
ewaffnet und unter der Führung Flourens, der Regierung ein ra⸗ 
ilales Programm. 
F'aee⸗nai. 10. Ott. Durch ein soeben erschienenes ?