zulachen: ‚Na, sehen Sie, wir haben's ja immer gesagt, die
rühern Siege der Preußen waren ja nur durch die Verrätherei
der franzosischen Generale erkauft; aber jetzt, wo die Soldaten der
Republik kämpfen, werden die Preußen immer geschlagen werden!“
Was werden erst die Leute sagen, wenn sie den jüngsten Sieg des
Herzogs von Metlenburg über die Loirearmee erfahren werden?
orläufig wird es eine lange Zeit dauern, ehe sie daran glauben
werden.
Mentzz, 19. Nov. Für die Reinigung und Unterhaltung der
Straßen unserer Stadt hat der Gemeinderath 25000 Fres., für
den Kirchhofsdienst 4000 außerordentlich bewilligt. — Am 11. u.
12. d. Mls. wurden hier 40 Civilpersonen beerdigt.
BVersailles, 23. Nop. Am 223. hat die Beschießung von
Thionville begonnen. Am 23. setzte der Großherzog von Meklen⸗
hurg seinen Vormarfch weiter fort. Vor Paris sind die Verhält
nisse unverändert.
v. Podbielsky.
Luremburg, 22. NRod. Das „Echo? sagt: Franctireurs
haben viele Uanen in der Gegend von La⸗Chapelle getödtet. Seit
zJestern wird Thionville bombardirt; man zählt 18 Schüsse in der
Minute. Dasselbe Blatt meldet, daß 1000 Preußen auf belgisches
Gebiet gedrängt wurden.
Luremburg, 23. Novs. Gestern Abend konnte man von
den hiesigen Wällen und hochgelegenen Häusern aus ganz deutlich
die Beschießung Thionvilles sehen; die Brandraketen und der da⸗
durch in Thionville hervorgerufene Brand erleuchteten den Ho—
rizont.
Wien, 21. Novb. Aus Versailles meldet man: Bismarch
hätte gesagt, Graf Beust solle sich um Oesterreichs, nicht um Deutsch⸗
iands Neugestaltung bekümmern. (el. Dep. d. Bresl. Ztg.)
Von Wien findet sich in der „Mainztg.“ die nachstehende
jnterefsante Schilderung: Während in den letzten Monaten in den
deutsch⸗ osterreichischen Provinzen ein tiefgehender Umschwung in der
Stimmung der niederen Bevölkerung in deutschem Sinne sich voll
zjogen hat, nimmt die Hauptstadt Wien wie früher eine aparte
Slellung ein. In Wien ist zwar sowie in den deutschen Provin⸗
zen die gesammte Intelligenz gut deutsch gesinnt. Der großen Mafse
der seht gemischten Hauptstädtischen Bevölkerung kann aber ein
Gleiches leider nicht nachgerühmt werden. Da sind zuerst die fremden
Elemente der Czechen, Polen, Slovenen ꝛc. in der Arbeiterbevölker⸗
ung und der Garnison, dann das altwienerische Spießbürgerthum,
das weniger Sympathie für Frankreich aber desto mehr Antipathie
gegen Preußen und Gleichgültigkeit gegen Deutschland ausweist;
da sind ferner die activen und pensionirenden höheren Beamten und
Offiziere gemischter Nationalität, eine politisch blasirte oder klerikale
Aristokratie, eine bigotte Priesterpartei und ein weltstädtisches vater⸗
landsloses Gesindel, das den Vergnügungen der großen Stadt
huldigt; ein junges Geldbrozenthum, das unter Bildung haupt⸗
ächlich die Kenntniß der französischen Moden, Romane, Operretten,
Tänze und Chansonnetten und des Sports begreift. Das ist
das Publikum, welches in dem von Loretten besuchten Orpheum
die unsauberen Lieder einer geflüchteten Pariserin beklatscht, fran⸗
zoͤsische Gefangene, die aus Schlesien durchbrannten, mit Champagner
und Geld regalirt, und einem französischen Taschenspieler zujauchzt,
der die schwarz⸗ weißen Farben beschimpft. Da ist endlich die
Wiener Boörse, die den Rückzug v. d. Tann's von Orleans mit
Hurrah begrüßt, und das deutsche Renegatenthum, das sich in drei
bis vier Journalen breit macht. Die sehr verbreiteten Witzblätter
„Floh“ und „Kickericki“, deren Gemeinheit und Frechheit schwerlich
von einem französischen Blatte übertroffen wird, tragen das ihrige
dazu bei, die Instincte des niederen Volkes gegen Doutschland
aufzustachln..
Frankreich.
Tours, 22. Nob. (Auf indireceiem Wege.) Der Regierung
sind Depeschen zugegangen, nach welchen bei Nuits ein fünfstündiger
Rampf zwischen Franctireurs und Preußen stattgefunden habe, ohne
daß ein entscheidender Ersolg von einer oder der andern Seite er⸗
rungen worden wäte. Gleichwohl wird aus Nuits die Ankunft
von preußischen Truppen gemeldet. 8000 Deutsche haben Agilly
besetzt. Die Deutschen rücken über Vesoul, Granville, Fratigny,
Gy, Bonbouillon und Pesmes vor. Die Anzahl der in der Um⸗
gegend, von Grah befindlichen deutschen Truppen wird auf 29,000
geschätzt. — Zwischen Dreux und Chartres ist den Preußen ein
Luftballon mit Briefschaften in die Hände gefallen. (NRuits liegt
ungefähr 2 Meilen südlich von Dijon an der Bahnstrecke Dijon⸗
Beaune, die andern, die Marschlinie der Preußen ljedeunf alls das
Werder'sche Corps] bezeihnenden Orte, liegen sämmtlich in ziemlich
grader Linie zwischen Vesoul und Döle).
Nach dem „Echo du Parlament“ bezw'ickt die Mission Odo
Russel's nach Versailles. eine Versöhnung Euglands mit Preußen
wegen der biszerigen Waffenausfuhr nach Frankreich herbeizuführen.
— Vielleicht hängt mit dieser Nachri ht ein Telegramm der „France“
zus London zusammen, welches sagt, England respectire zwar noch
die bisherigen Waffenlieferungsveriragsabschlüsse, verbiete aber vom
heutigen Tage (211) ab, die Ausfuhr von Waffen. J
VBersailles, 23. Nov. Die Regierung in Paris gestattet
den Angehörigen frender Nationen inclusive den Diplomaten nicht
mehr, Paris zu verlassen.
England.
London, 19. Nov. Die Uebergabe von Paris wird als
zevorstehend angesehen. Es sind bereits Ordres zur Ansammlung
bon Lebensmitteln für die Bevölkerung ertheilt worden, wie dies
bor der Uebergabe von Metz geschah.
Nach dem Londoner „Observer“ hälten sich die Rufsen bereits
rrefflich vorgesehen; in Nicolaiw sollen 50 gepanzerte Monitors
liegen und die Forts von Kertsch nach JeniJale an der Einfahrt
ins Asowsche Meer so befestigt sein, daß sie uneinnehmbar seien.
Spanien.
Mad rid, 22. Nov. Gestern Abend ist per Telegraph die
Ffsizielle Annahme der Krone Seitens des Herzogs v. Aosta er⸗
olgt. Das Geschwader von Chartagena geht am Freitag nach
henua.
Türkei.
Konstantinopel, 22. Nov. Die Antworisnote der
Pforte an die russische Regierung ist bereits abgegangen. Die Note
gibt den peinlichen Gefühlen Ausdruck. welche die russische Regier⸗
ung in Konstanfinopel hervorgerufen hat; in einem weiteren Ab⸗
atz beruft sich die Pforte darauf, daß der Vertrag vom Jahre
1856 von drei der europäischen Großmächte garantirt worden und
knüpft hieran die bestimmte Hoffnung, daß die Mitunterzeichner
dieses Vertrages auch künftig die Pforte unterstützen werden. Die
angeregte Idee, die Pontusfrage durch einen Congreß zum Aus⸗
rag zu bringen, wird von der Note kurz und entschieden abge⸗
ehnt. (N. W. T)
Rußland.
Petersburg, 20. Nov. Den Oberbefehl über die bei
Odessa konzentrirten Truppenkörper führt General Kotzebue.
Offizielle militärische Nachrichten über das Gefecht
bri Coulmieres.
Hauptquartier Versailles, 18. Nov.
An den Köonigl. General-Lieutenant z. D. und stellver⸗
tretenden
Chef des Geueralstabes Herrn v. Hanenfeldt.
Ew. Excellenz berichte ich über das Gefecht des 1. bayerischen
Forps bei Culmieres ganz ergebenst Folgende
General v. d. Tann war schon seit den ersten Tagen des
sNovember davon unterrichtet, daß der Feind den Abschnitt von
Mer bis Morée und namentlich den Foret de Marchenoir stark
nit Mobilgarden und Franktireurs besetzt hatte und daß eine
Ivantgarden⸗Brigade bis Mer auf beiden Ufern der Loire vor⸗
erückt worden war. Die in Folge dessen durch die 2. Cadalerie⸗
division vorgenommenen Recognoscirungen, so w'ie die durch
Spisne eingegangenen Nachrichten ergaben bis zum 8. November
ubereinstimmend, daß die feindliche Loire Armee im Begriffe stände.
uüber Coulmieres vorzurücken. General v. d. Tann marschirte
deßhalb mit Zurücklassung eines Infanterie-⸗Regiments in Orleans
um 8. Abends in westlicher Richtung ab und concentrirte sein
Forps in der Siellung Coulmieres-Husseau. Die aus dieser
Stellung vorpoussirten Cavalerie-Abtheilungen stießen am 9. Ro⸗
—XL
Angabe von Gefangenen aus der Richtung von Venddome und
Morée her anmarschirte. Es waren dies die Téten der Loire⸗
Armee unter dem General Polhoͤs, von welcher durch Zeitungs⸗
nachrichten schon früher bekannt geworden war, daß sie in einer
Stärke von 60,000 Mann auf Le Mans (12 Meilen nordwestlich
pon Tours, 14 Meilen westlich von Chateaudun) in Bewegung ge⸗
eßt worden sei.
Der Feind griff die Stellung des bayerischen Corps mit sechs
Infanterie⸗Bataillone A 6 Compagnieen — lauter Linientruppen
— gefolgt von starken und zahlreichen Colonnen, im Laufe des
Vormittags an; 7 französische Cavalerie⸗Regimenter deckten die
Flügel des Angriffs; 120 französische Geschütze wurden gegen die
bayerische Stellung nach und nach in Thätigkeit gebracht. Dem
Vordringen der französischen Truppen wurde trotz ihrer großen
Ueberlegenhelt in der Anzahl durch die vortreffliche Haltung der
h»ayerischen Bataillone ein Ziel gesetzt. Vier Angriffe, welche der
Feind gegen den rechten Flügel unternahm, wurden nacheinander
nit großer Standhaftigkeit und unter bedeutenden Verlusten der
ranzösischen Infanterie abgeschla en, so daß es dem General v. d.
Tann gelang, seine Stellung bis zum Abend vollständig zu be—
jaupten. Erst mit dem Dunkelwerden and nachdem die feindlichen
Angriffskolonnen sich zurückzezogen hatten, deschloß General v. d.
Tinn, sich den Verstärkungen zu nähern, welche ihm von Chartres
and Versaisles her zugeführt wurden. Der Rückzug wurde auf
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