Full text: St. Ingberter Anzeiger

will Ihre Worte in diesem Sinne richten 
NRun, lassen wir das, Madame! es freut mich, 
Ihnen Ihre Papiers wieder zustellen zu kön⸗ 
nen, mit dem Wunsche, daß es Ihynen in 
Amerila — Sie wollen doch, bin ich riecht 
unterrichtet, dorthin — recht wohl gehen möge.“ 
.Ja, mein Herr; Ich will Europa ver⸗ 
lassen,“ versetzte die Wittwe, ihre Papiere 
nehmend, „dort hoffe ich wenigstens vor solchen 
ungerechten Verfolgungen und Beschimpfungen 
sicher zu sein.“ 
Sie wollte das Zimmer verlassen, als der 
Inspektor sie zurückrife.— 
Um Entschuldigung- Madama, Sie haben 
auch einen Sohn?““ 1— 
„Ja, mein Herr!“ — e 
Wie alt, wenn ich fragen darf de— 
„Zwölf Jahre.“ — 
Sie nehmen den Knaben mit nach 
Amerika ?“ꝛ— —ED — 
„Allerdings, wie sollle ich ohne Kind 
jortreisen.“ 
Leben Sie recht wohl, Madame lc 
Et verbeugte sich artiig — fsie ging. — 
Sie können die Dame nach Hause ger 
seilen, Krause !“ rief er durch die geöffnett 
Thür einem der dort harrenden Ofizianten zu. 
Mit einer stotzen abwehrenden Bewegung 
eilte sie jetzt hinaus 
HOHraußen unter Gottes freient Himmel 
stand sie still und blickte zu deu Sternen empor. 
. »Wenn Du mich in diesem Augenblick 
jehen könntest, Ferdinand 1n0. flüsterte sie mit 
zuckenden Lippen, „die Schmach, welche Dein 
Druder mir, Deinem Weibe angethan, dann 
hüßte Deine Anklage vor Gottes Thron dop⸗ 
pelt schwer in die Waage des Getichts sallen 
vider Deinen Mörder!“ 
Sie schüttelte die Verzweiflung, welche sie 
gepackt, mit ihrer ganzen Willenkkraft von sich 
ab u. eilte/ wie vom Sturm getragen, nach Hause. 
Drinnen war AUlles wie ausgestorben; ob 
Frau Brandt wohl die Kleine mit sich nach 
ihrem Hause genommen hatte 
Die Hauptthür wart unverschloffen, nur 
angelehnt, ebenso die Thür zur Wohnustube, 
wo es stockfinster war. 
Eins unerklärliche Angst überfiel die arme 
Mutter, kalter Schweiß trat auf ihre Stirn, 
mit zitternder Stimme rief sie den Namen 
der Freundin. 
Keine Antwort. Todtenstille tringsum, Idoch 
nein, sie dernahm: deutlich die regelmäßigen 
Athemzüge einer Schlafenden, und leichter 
wutde ihr Herz.. 
Jede Angst und Anfregung von sich wer⸗ 
fend, suchte sie vor allen Dingen jetzt erst 
Licht anzuzünden; es gelang ihr nach wenigen 
Minuten. 
„Ah, Gott sei Dank!“ sprach sie nach 
einem tiesen Athemzuge, als sie Frau Brandt 
in ihrem Lehnstuhl schlafend erblicke. 
Ihr zweiter Blick galt der Sophaecke, wo 
se ihr Kind zurückgelassen, sie war leer; es 
mochte wohl in seinem Bettchen schlafen. 
Ohne die Freundin zu wecken, flog sie 
mit dem Lichte in die Kammet. Das Bett⸗ 
chen war unangerührt . 
Sie stieß einen Schrei aus und stürzte 
zurück, um die Schlafende zu: weckhen. — 
Frau Brandt fuhr empor und starrte fie 
etschreckt an · 
i Ahl da sind Sie ja wieder, Gott sei Dantl“ 
— (Fortfetzung folgt 
— 200389h— 
i Ein Wort von 7 Buchstaben 
Den Zweiten weg: so sanst und rein 
Sollt' jedes Menschen Inn'res seit,⸗ 
Ohn' zwei, sechs, sieben hars Geschich! 
Sehnt man sich nach der Musitßtß. 
Du dvarfst es ohne junftes Zeichen 
Richt Fremden, sondern Deinesgleichen. 
Es läßt sich ohne Buchstab' vie, 
Am besien thun anuf einem Thier. 
Wenn nicht en EX pnn fieh'n, 
Was bleibt, ist an dem Schiff zu seh'n. 
Sieht man der Zeichen Erstes nich,, 
Wer dann es thut, der scheut das Licht. 
Eins, vier hinweg, dann nennt es die 
Ein Thier von großer Freßbegier. 
Wirst eins und drei du, Leser, streichen: 
Von zwölf wird fich ein Bruder zeigen. 
Eins, zwei und fünf, die lösche aus 
Dann breitet es sich iunig aus 
Viel Land im Süden wird bedetct 
Vom Ganzen, das gar herrlich schmeckt. 
Auflbsung der Charade in Nr. 181 des Anterhalt— 
ungsblaiteßs:: „Jonathan.“ — 
222 
X5 
Druck und Verlag von F. X. Demeß in St. Indbert. 
e y⸗