Full text: St. Ingberter Anzeiger

dat der 18. März noch eine zweise untergeordnete Bedeutung; an 
diesem Tage fand im Jahre 1848 auch eine Erhebung statt, durch 
welche das Proletariat für die Bourgeoisie die Verfassungskastanien 
us dem Feuer holte, und- darum soll es den Berliner Arbeitern 
crlaubt sein, auch dieses Tages zu gedenken. 
Constanz, 27. Febr. Da das Spitalpfarramt eine ver⸗ 
pflichtende Erklärung über die Einhaltung der Seitfens des Be⸗ 
zitksamtes segegesetzten Zeiten zur gemeinschaftlichen Benutung der 
Spital⸗ (Augustiner) Kirche verweigert, hat das Bezirksamt Besit 
don der Kirche ergriffen und wird dieselbe heute Nachmittag den 
Altkatholiken so lange zur Alleinbenutzung überweisen, bis das 
Spitalpfarramt sich den amtlichen Anordnungen unterwirft. Prof: 
Michelis, welcher heute Abend hier eintrifft, wird-morgen den ersten 
alitatholischen · Goitesdienst celebiren. 
Frankreich 
3 Paruͤrg, 24. Febr. Oie Nachrichten aus Spanien lauten 
sehr beunruhigend; alles deutet an, daß bald überall Anacchie und 
Vuͤrgerkrieg ausbrechen wer den. Die franzoͤsische Regierung hat ein 
Heschwader nach der spanischen Küste abgesandt, um die franzoͤ⸗ 
—IX nd higenfalls zu schützen. Spanische Fonds 
aten heute unverlauflich. ( M. 3. 
Paris, 24. Febr. Das Journal de la Meurthe et des 
PVosges bringt folgende Mittheilung: „Nach den bei Herrn de 
St. Vallier eingezogenen Erkundigungen halten wir es für nütlich, 
eine Nochricht zu berichtigen, die vor einigen Tagen in unserm 
Journael erschienen ist und welche in diesem Augenblich die Runde 
durch die Pariser Blätter macht. Ees ist falsch, daß die Stadt 
Epinal nächsten Monat März von den deutschen Truppen geräumt 
wird. Der Hauptort des Vogesen' Departements kunn nicht der 
Gegenstand einer· speziellen Maßregel sein, während das Departe— 
ment jelbst dem Vertrage vom 29. Juni gemäß erst nach der 
Bezahlung der vierten Milliarde gerdumt. werden kann. Wir 
fügen hinzu, daß, da die insden Baracken von Epinal einquartierten 
deutfchen“ Truppen Frankreich für den Augenblick nicht verlassen 
sollen, die Folge der Veranderung ihrer Gaͤrnisen, von welcher 
wir gesprochen, die wäre, daß ihre Einquattierung den Bewohnern 
der Hrijchaften, wohin man sie senden wurde. zur Last fallen 
müßte. Solches suchen aber die Agenten der Regierung auf alle 
mogtiche Weise zu verhindern.“ 
Pparis, 27. Febr. Zwischen der Linken und der äußersten 
dinken besteht eine vollständige Spaltung. Die Fraction Perier 
vird, aber ohne Aussicht auf Erfolg. die lebenslängliche Präsident. 
schaft Thiers beantragen. Bei der Konigin Isabella ist der groß 
Familienrath zusammengetreten. 
Der Carlisten General Dorregarah, Oberbefehlshaber der 
Nordarmee Sr. Maj. des Königs Carl VII., verössennicht eine 
Srotlamotion an die Panische Armee, worin e sie zum Uebertritt 
zur alten Fahne der spanischen Könige auffordert. Damit werde 
em Bürgertrieg ein Ende gemacht; nur der Name Carl's ga 
anfire die Unabhängigkeit des Vaterlandes, die Rettung der An- 
tllen, d.e ruhmpeiche Wiedereroberung des alten Einflusses in' den 
beiden Wellen und des alten“ Ansehens bei den europüuifchen 
Maͤchten. 
66England. 
Londaon, 25. Febr. In der geslern iun Nonlingham. statt 
gefundenen, “von zehntausend Personen besuchten Verfammlung 
Furde der Beschluß gesfaßt, beim Parlamente eine Pezition um 
Niedersetzung einer Commission zur Untersuchung der Ursachen de 
Rohlentheuerung einzureichen. Die Versammlung fprach sich in 
mißbilligender Weises gegen die Haltung der, Kohlengtubenbe · 
sitzer aus. J 
— — —— 
v Italien. 
NRom, 21. Febr. Im Vatikon kämpft die französische Le⸗ 
gitimiftenpartel einen heftigen Kampf mit den Anhäng/rn des Hra. 
Thiers. Der Bischof von Poitiers, Pie, ist hier eingetroffen und 
jucht den Papst zu bewegen. jegt einen entscheidenden Schritt zu 
wagen, da sein Vorgehen den iegitimistischen Interessen in Frank. 
reich und Spanien den Sieg verschaffen müßte. Don Carlos als 
Konig von Spanien: aund Heinrich V. in Frankreich würden aber 
nicht versehlen, die Bourbonen in Neapel und den Papst in Ron 
wieder einjusetzen. Der Papft jd wault in seinen Entschlüssen und 
— Einflusse der 
seißblütigen französischen Pralaten entgegenzuarbeiten. — Gestern 
creignete sich in dem Baͤtican eine sehr tomische Scene. Der Quästor 
Roms hane allen Masken das Betreten heiliger Orte aufs strengste 
petboten. Die Wache an dem Vatican war Vorsichtshalber eiwas 
staͤrker besetzt. Ploͤtzüch fahren einige Wagen vor, in deuen gan; 
weiß gekleidete Manner; mit schwarzen Gesichtern und Feichem 
Diamantenschmuck sihßen. Unter der Wache herrschte grobe Verle⸗ 
g Vnbeit, da sie ftreugen Vefehl hat, Masken von dem Vatican fern 
zu halten. Der Ofsizier will die schwarzweißen Herrn schon zu 
Faatehr zwingen. als plötzlich ein päpstlicher Schweizer herzutrit— 
ind die Sache aufklärct. Die vermeintlichen Masken waren di 
zirmanische Gesandtjchaft, welche sich eben hier aufhielt und den 
Papste ihre Aufwartung machen wollte. 
Belgien,. F 
Ein Telegramm des „Daily-Telegroph“ aug Brüsse 
meldet: „Der belgische Handelsdertrag mit Frankreich stilpulirt 
jür die Behandlung einer „begünstigten Nation“ mit einer Mus⸗ 
rahme zum französischen Vortheil des Inhalts, daß Frankreich bis 
um 81. Dezember 1876 eine Steuer auf Rohmaterial,“ das von 
Belgien imporlirt wird, erheben kann, sobald eine solche Steuer 
ahnlichen Artikeln aufgelegt wird, die Frankreich von Ländern 
mit denen es bereits Übertrage abgeschlossen hat importirt werden 
Compensatorische Zoͤlle sollen auf belgische Punkte Productz geleh 
verden. Welche Zollermäßiguag in Frantreich auch effectuirt werden, 
wag, so soll dieselbe sich auf Güter die vor Belgien importirtwerden 
beziehen. Kohlen, Eisen und viele andere wichtige Artikel 
bleiben unberührt und sollen nicht beeinträchtigt werden. Die bel. 
zische Regierung weigerte sich, auj der Basis der ursprünglichen 
Prätensionen zu unterhandeln, als aber nach dem Entwurfe des 
englischen Vertrages neue Eroffnunnen gemacht wurden, willigie 
ãe in freundlich m Geiste ein, sich auf die Sache einzulassen.“ 
Spanien. 
Madräud, 258. Febt. Es werden Uaruhen befürchtett; die 
extremsten Anhänzer der Partei, der Föderalen haben bewaffaet 
mehrere Punkte der Stadt besetzt. Die Regierung hat auf alle 
isponiblen und zur Wiederherstellung der Ordnung ausreichenden 
Muitärkräfte gestüͤtzt, alle no hwendigen Gegenvorkehrungen getroffen 
ind die voraehmsten öffentlichen und Privatgebäude mit Truphen 
zesetzen lassen. General Burgos erbdält den Oberbefehl über dit 
Mihiz und über die Corps, wetche sich zur Aufrechterhaltung du 
Puhe gebildet haben; zum Generalcapitän von Madrid wurde de 
der Partei der Radicalen angehötige General Moriones ernann 
WWW. T. B.) 
Mad rid, 27. Febr. Die Ordnung ist vollständig in Madcid 
tarcelona und allen: Provinzen mit Ausnahme derjenigen Punlu 
wo carlistische Banden existiren, hergestellt. — Die Marschälle Su⸗ 
rano und Concha, sowie jast alle in Madrid ihren Sitz habender 
Henerale haben feierlich versprochen; der Republik ihre Dienste 
veihen. 
Bermischtes. 
7Kaiseralbautern, 24. Febr. Der noch von 9 
ervngsgeschaäften herrührende Prozeß L. Kehr gegen J. Kehr nid 
dirsch, dbei dem es sich um die Kleinigteit von über 96,000 
andeit, ist am Freitag vor dem hiesigen Handelsgericht in ersie 
Instanz entschieden worden, indem den Beklagten der Reinigungẽei 
Jarüber auferlegt wurde, ob sie dem Klager einen Antheil an der 
deir. Geschäfte eingeräuut und demgemäß den entsprechendea. Th 
am Reingewinn zugesagt haben. J 
r'Kaiserzlauterr, 27. Febr, Der Hickenbrief 
Bischofs von Speyer behandelt in diesem Jahre die dbeabsichtig 
Trennung von Schule und Kirche, welche als ein dem Siau 
wie der Familie gleich verderbliches Unternehmen geschildert win 
Das Aktenstück ist etwas lang gerathen, allein in edler und a 
Jemessener Sprache gehalten. (Pf. P.) 
Pgaiserslauttern, 27. Febr. (Donnersberger Bahr 
Bom Dauborner Hof geht der „Kais. Ztg.“ solgende Erklärun 
u Den Artikel , Donnersberger Bahn? sehen sich die Bs 
des Daubornerhofes theilweise zu berichtigen veranlaßt. Der Au— 
Fruck sie vegriffen die jetzige Zeit nicht und seien gegen den Veh 
„au, ist unrichtig, und sie weisen ihn hiermit zurüd. Sie wist 
techt gut die Bortheile zu schaͤtzen, welche Eisenbahnen den behr 
enden Gegenden, bringen, und haben einstimmig ertlärt,, deh 
gegen den Bahnbau durchaus nichts einzuwenden hatten, all 
hie Zuftimmung zur, Inangriffnahme des Baues auf den — 
elenden Gruydstuden nicht eher Jüben, als bis dieselben argeln 
jeien, was übrigens die meisten Betheiligten von, Enkendach a 
haten, Daubornerhof, 25. Februar 1873. Ph. Haberle. 
.Aus Bergzabern, 24. Febr., schreibt das Sihb 
Wochenblatt“n; „Nach uns soeben zugekommener zuverläfsiger Ith 
sicht sand gestern in Schweigen eine furchtbare Schlägerei zwisth 
reußischen Soldaten und Civilpersonen statt. Der Streit entsun 
quf dem Tanzboden wegen Frauenzimmern. Das Handgemwt. 
war großartig. Der Bürgermeister erhielt einen Sabelhieb über? 
dopf, und den Kommandauien der dortigen Gendarmerie mi 
nan einsperren, um jihn vor der Wuth der Soldaten zu schüs 
Wie unser Gewährsmann exzählt, waren über 70 Mann Soldi⸗ 
ei dem Streite deth iligt.“ Das „Südpfätz. Wocenblati“ is 
uiltramontan, mithin fürt uns keine glaubwürdige Quelle. 
ich die Sache aber doch so verhalten dann wird es die pteu 
Militat behörde wobleeber sowenig an gew ssenhafter X 
tehlen lassen wie im Falle der Schuldigbefindung der Betheilig 
n Aaner exemplarischen Bestrafung derielben: (Zww. Zkg.)