Full text: St. Ingberter Anzeiger

Paris, 16. April. Einer Meldung aus Nanch zufolge 
hat General v. Manteuffel am gestrigen Geburtstage Thiers' ein 
Diner geaeben, welchem der Präfect, der Maite und andere Nota⸗ 
bilitäten beiwohnten. General v. Manteuffel brachte einen Toast 
auf Thiers aus. 
Der „Rappel“ veröffentlicht gegenwärtig einen Roman, welcher 
den Titel führt: „Les Dépravés, roman des moeurs conté mpo- 
raines.“ Derselhbe ist nicht unterzeichnet. Der Verfasser desselben 
ist nämlich Rochefort, und man hat die Veröffentlichung nur unter 
der Bedingung gestattet, daß der Name wegbleibe. Es scheint 
übrigens, daß man überhaupt nicht will, daß der Name Rochefort 
im Buchhandel wieder auftauche. Zum wenigsten hat die Polize 
dem Verleger desselben (es ist Lemer, Rue de Seine) verboten. 
die Werke des LatecnenMannes, die er vor dem Krieg gegen das 
Faiserreich, schrieb, in seinem Schaufenster auszustellen. 
Italien. 
Rom, 14. Aprit. Die vormalige Königin Isabella von 
Spanien ist in Florenz eingetroffen und wird sich demnächst hierher 
begeben. J 
Rom, 16. April. Die Besserung im Befinden des Papstes 
nimmt der „Agenzia Stefani“ zufolge stetig zu. Der Papst ver- 
weilte gestern einige Stunden außer dem Bett und speiste mis 
Appetit, wird indessen auf Anrathen der Aerzte einstweilen dat 
Zimmer hüten. 
Amerika 
New⸗ Norrk, 16. April. In Grant (Lounifiano) entstand 
zwischen Negern und Weißen ein Streit in der Kirche. Die 
Neget vertheidigten sich im Rathhause; es wurden angeblich 100 
Neger und ein Weißer getödtet. In Knightstown (Indianag) strik⸗ 
ten die Bergleute. Die Neger. übernahmen deren Arbeit, was 
ꝛinen Kampf zwischen den Strilenden und den Negern zur Folge 
zatte, der die Herbeirnfung von Trupyen nothwendig machte. 
Vermé asch te⸗s. 
Zweibrücken, 16. April. Endlich auch ein Mal 
eine Strike! Die Arbeiter an der Bahn verlangen mehr Lohn 
Der Uebernehmer will nicht mehr geben und sagt: „ich kann't 
aushalten!“ So war es denn gestern auf der Bahnstrecke, die 
in Angriff genommen ist, ganz still, dagegen in etlichen Wirths 
bäusern um so lauter. Auch unter den Maurern hat's gespuckt. 
Daß in Straßburg 1000 Maurer gesucht werden und daß sie 
dort einen sehr hohen Lohn erhalten, bis ju acht Franken per 
Tog- das hat manchen den Kopf verrückt; aber es hat sich bald 
wieder Alles gefunden, nur wenige, die „los und ledig“ sind, haben 
ihren Bündel geschnürt. (Pf. P.) 
PKaifserslautern, 16. April. Am zweiten Oster- 
feiertag wurde ein Polizerdiener nach dem Kotten gerufen, weil 
ein Sohn seine Mutter mißhandelte, welche ihm kein Geld zum 
Vertrinken mehr geben wollte. Aber auch der Polizei gegenüber 
eigte sich derselbe außerordentlich widersetzlich, so daß es nur mit 
Nühe gelang, ihn zu bewältigen. — Ein anderer Sohn in diesem 
Ztadttheil hat es schlauer gemacht. Da auch ihm die Mutter kein 
Beld mehr geben wollte, weil er schon mehrere Tage gelumpt hatte, 
verkaufte er die Ziege der Mutter und vertrank das Geld. Beidi 
werden haffentlich ihrer wohlverdienten Strase nicht entgehen. 
(Kais. Zig.) 
fF Söpeyer, 15. April. Ein hiesiges Lokalblatt hatte un- 
längst eme Nachricht über den Kassier des Vorschußvereins in 
Plauen gebracht und dreselbe offenbar nur aus Versehen, als 
Speyerer Lokalnachricht gegeben. Der Kassier des hiesigen Vor⸗ 
schußbereins stellte deßwegen beim Bezieksgericht Klage auf böswillige 
Verleumdung durch die Presse und jenes Blatt murde nachträglich 
am Samstag mit Beschlag belegt. (Pf. Z3tg.) 
Ludwigshafen, 17. April. Die Mannheimer Brauer 
hatten vor Kurzem sich verabredet/ vom 16. April an den Preit 
ihres Gebräues auf 5 kr. für den halben Liter, auf 3 kr. für den 
Kiertel-Liter zu erhöhen. Es läßt sich denken, daß die Nachricht 
evon unter dem Liertrinkenden Publikum großen Unmuth erzeugte 
ind dieser Unmuth machte sich, wie wir hören, gestern, als der 
ethöhte Preis wirtlich gefordert wurde, in einigen Mannheimer 
Brauereien (Hochschwender, Maierhof, Eichbaum) in gewaltthätigster 
Weise ducch Zerschlagen don Gläsern, Fenstern, Stühlen, Bänken 
ec. Luft, was das Einschreiten der Polizei und des Militärs und 
eine große Anzahl Verhaftungen zur Folge hatte. Besser als durch 
solchen Scandal würbe das Publikum durch zeitweise Entdaltung 
bom Biergenuß (wie neulich eine auf dem Gambrinuskeller gehal⸗ 
tene Volksversammluug empfahl) die Brauer zum Zarückgehen auf 
den alten Preis bewegen, und man sollte meinen, ein solcher Act 
von Selbstverläugnung würde den Biertrinkern um so weniger schwer 
fallen, je haufiger die Klagen sind, daß der „Plempel“ fast nicht 
ju genießen sei. (In Offenburg hat eine Versammlung von Bier 
irinlern beschlossen, die Locale jener Brauer zu meiden, nelche mehr 
als 244 kr. für den Viertelliter Lage:bier verlangen. Gleiches 
geschah in Konstanz. In Bruchsal ließ man das Bier, für welche 
erhöhter Preis verlangt wurde, einfach stehen. Daranmehme mar 
sich ein Exempel.) 
F Die Trophäen der baierischen Armeecorps im Kriege vos 
1870 - 1871. Bisher. war in Betreff der von den, baierischen 
Truppen im letzten deutschfranzösischen Kriege eroberten Sieges 
zeichen noch keine officielle Veröffentlichung erfolzt. Jetzt ist diez 
in dem nach den baierischen striegsacten bearbeiteten Werke: „Das 
1. baierische Armeecorps im Kriege von 1870 und 18717 vor 
dem Hauptmann im baierischen Generalstabe, Hugo Helvig 
wenigstens für dieses Corps geschehen, und finden sich in diesen 
Buche folgende als authentisch anzusehenden Angaben enthalten 
Es hat dieses Corps eine Einduße von 205 Off ci reu und 2420 
Mann an Todten und 334 Officieren, 6875 Mann an Verwun— 
deten erlitten. Dee Gesammtverluft dessalben stellt sich demnad 
allein an Todten und Verwundeten auf 539 Offiziere, B303 Mann 
und wird dieser Verlust nur von dem des prenßischen Garde⸗ und 
3. Armeecorps noch übertroffen. Die mit sürmender Hand au 
offenem Schlachtfelde errungenen Trophäen dieses Corps bestunden 
hingegen in 1 Aoler, 6 Fahnen, 12 Feld⸗ u. 6 Positionsgejchützen, 
vie gegen 5000 Gefangenen, und würde sich in Hinsicht der 
Siegestrophäen nur das 1. preußische Armeecorps mit demselden 
angefähr gleichstellen, und das 8. preußische Armeecorps noch ein 
zeringes Uebergewicht behaupten. 
7 Mülhaufen, 12. April. In einem früheren Schreiben 
inmal habe ich Ihnen über das Treiben der sog. Schläferin 
Somnambule) in Dornach bei Mülhausen berichtet. Diefem 
Schwindel ist nun plötzlich ein jähes Ende gemacht, indem diese 
Frau sammt ihrer Famlie (es find Schweizer) von der hiesigen 
saiserlichen Kreisdirektion angewiesen ist, binnen 8 Tagen das 
Reichsland zu verlassen und während dieser Zeit keimetleir Audien⸗ 
zen mehr zu ertheilen. Natürlich ist auch diese einfuche Maßrege 
in gewissen Kreisen mit Nasentrümpfen aufgenommen worden; aber 
Niemand ist froher, als die Aerzte von Pülhausen und der Um— 
gegend, denen in der Zeit von 20 Inhren, seit weicher Zeit diese 
Frau ihre Medijßinalpfuscherei kreibt, maucher Verdrus daraus er 
vachsen ist. (Karlsr. 3.) 
FStuttgart, 16. April. Zwei der an den nenlichen 
Straßenexcessen Betheiligten wurden heute vom Kreisgericht zu je 
pier Monaten Gefängniß vernriheilt. 
Münster, 12. April. Dieser Tage wurde von der 
Polizei in den hiefigen Buchhandlungen nach zwei · Schriften Nach- 
uchung gehalten: nach den in Berlin erschienenen „Gehrine 
Studien einer Kaiserin“ und den in Aachen in dritter Auflagt 
bereits heransgekommenen „Propheze:hungen von heiligwäßigen 
Personen über die großen Ercignisse in der näbsten Zutkunfi. 
Wien. In mehce als 60 hiefigen Wertstätten haben die 
Schneidergesellen die Arbeit eingestellt; sie jordern 80 pCt. Lohn 
erhöhung; 25 pCt. hatten die Meister virgebens gebolen. 
f(Wiener WeltausstellLung.) Wie die Wel— 
elbft, so muß auch die Weltausstellurg aus einem düsteren Chaot 
mporsteigen. Fast alle Ausstellungsgebäude sind noch mit Berüster 
zersehen, uur da und dort ragt schon ein jertiger Pavillen schmad 
hervor. Haufen slavischer Arbeiter schleppen Erdreich und Kies, 
das Terruin selbst bedarf noch ernstlicher Regulirurng. Was die 
deutjche Ausstellung anbelangt, so verspricht dieselbe inposant zu 
verden. In einem riesigen rechten Winkel wird sie die Rotupde 
umschließen und noch sechs größere Annexe umfassen. Töglic 
reffen zahlreiche Züge mit Ausstellungsgütern, welch letztere sofot 
unverpackt an ihren Bestimmungsort gebracht werden, ein. S 
ind denn in den Hallen schon riefige Reihen von Kislen auige 
peichert, welche der Eröffnung durch die Aussieller oder ihre Ve 
dollmächtigten entgegensehen. Vor 20. ds. Mts. dürfte kaum mit 
dem Auspacken begonnen werden können, da erst bis dahin die 
zollständige Abladung ezfolgt sein wird. — Das Programm fün 
»ie Eröffnung der — allerdings vor Mitte Juni in allen ihrer 
Theilen absolut nicht fertig zu bringenden — Weltaussiellung iß 
dem Vernehmen nach zwischen den betreffenden Factoren vereinbart 
Die Feier findet unter allen Umständen am 1. Mai in der noth 
dürftig hergerichteten Rotunda statt. Nach einem solennen Gottes 
dienste richtet der Generaldireltor an den Kaiser und die auwesen 
den fremden Gäste eine Ansprache, und der Kaiser erklärt in seiner 
Antwort die Ausstellung für eröffnet. Rach der Vorstellung dei 
jremdländischen Ausstellunge-Kommifsarien schließt ein Rundgan( 
durch die gesammten AussteTungsraume die Feftlichkeii ab. Die 
Ausstellungspreise sind übrigens geradezu horrend und verbieten 
ede groͤßere Beiheili ung von selbst. Eine Karte zur Eröffnungs 
feier — dagegen ist nun am Ende nichts einzuwenden, dent die 
Herren Borsianer, welche nothwendig werden dabei sein wollen, 
önnens thun — kostet 25 fl., eine Permanenzkarte 100 fU, der 
edesmalige Eintritt an Woshentagen 1 fl., an Sountagen !5 fl 
ẽrst nach Ablauf der ersten 8 Monaten dürfte eine Ermäßigung 
tattfinden.