Full text: St. Ingberter Anzeiger

man in Preußen seit Jahr und Tag ringe: er habe auf dem Punkte Seit Sonnabend prangt an den Pariser Straßenecken au) 
gestanden, das Spiel zu verlieren, denn der Widerstand, den er blau-rweiß⸗rothen Anschlagezetteln der Name eines neuen Candit —Rd 
dei Hofe gefunden, Tdrohte, alle seine Berechnungen über den Haufen des Bürgers Allard, und das langathmige Programm dieses Pat 
zpu werfen. Die „Westf. Volksztg.“ und andere Organe ähnlichen rioten enthält unter anderem folgende Punkte: „Allgemeine und 
Schlages sollen diese Geschichten nicht erfunden, sondern nur aus⸗ wusnahmloste Amnestie! Priesterheirath! Abschaffung der Beichte!“ 
Jeplaudert haben. Nun, heißt es, sehe man sich vieder einmal Italien. 
auf Bismarck angewiesen und hoffe, er werde Rath und Hilfe schaffen. Rom, 19. April. Der berühmte Gußstahlfabrikant Krupp 
— wir müssen natürlich dem Berichterstatter die Veriretung seiner aus Essen ist hier bei dem Kriegsminister gewesen und gestern 
Diitiheilung überlassen; so ganz unglaubhaft lautet sie inzwi⸗ wieder in seine Heimath abgereist. Wie ich höre, hat deiselbe 
ichen nicht. einen Contrakt über Lieferung der neuen ita ienischen Kanonen für 
Von der Saar, 22. April. Die k. Regierung zu die mobile Armee abgeschlossen. Die 69 Batterien, welche ebea 
Trier hat kürzlich eine Anordnung getroffen, welche auch anderwärts in den italienischen Geschützgießereien angefertizt werden, gehen 
nachahmenswerth ist. Von nun an find in allen Gemeinden von dann in die Hände der Landwehr-Artillerie über. 
den Lehrern Chroniken anzulegen, in die alle Ereignisse und Der⸗ Spanien. 
inderungen, welche die Schule unmittelbar berühren, als z. B. Barcelona, 17. April. Die Streitkräfte der Carlisten, 
Wechsel im Lehr⸗ und Aufsichtspersonal, Vermehrung und Minde- in Catalonien werden im Ganzen auf 8000 Mann geschätzt, die 
rung der Schuikinderzahl u. j. w. einzutragen sind; nebenbei sollen aber in lauter kleinen Banden sich herumtreiben. Saballs, Tri— 
diese Chronilen sich zugleich zu einer Geschichte des Ortes entwickelnitany. Valles und die anderen Cabecillas haben hö hstens jeder 
dnnen. Wenn alfo die Lehrer bei Aufzeichnung der Ortsereignisse 400 Mann unter ihren Befehlen. — 300 Carlisten unter dem 
iner gewissenhaften Darstellung sich befleißigen, so wird diese Befehle don Quico Constanti führten die Entgleisung eines Zuge 
Beschaftigung eine ebenso nutzliche als angenehme sein und die sol dei Arbos (zwischen Barcelona und Tarragona) herbei. Locomolib 
ntstehenden Chroniken werden zu wichtigen und zuverlässigen und Tender zerbrachen. Die Carlisten nahmen dem Cassier der 
Quellen vaterländischer Geschichtsschreibung. (Pf. P.) Bürgergarde, welcher sich im Zuge befand, 83000 Pesetas ab 
Posen, 22. April. Der Erzdischof Ledochowsli wird zum Bei Gerons haben sie einen Kurier angehalten und mehrere 
ersten Male der Versammlung der deutschen Bischöfe in Fulds, Reisende erschofsen. 
deren Eröffnung am 28. d. bevorsteht, beiwohnen. 
Wien, 21. April. Ueber den Abschied der österreichischen 
Zaiserstochter von Wien schreibt die „A. Z.“: Keir einziges 
Mitglied des Kaiserhauses fehlte, und bald war Alles auf dem 
Perron versammelt. Voran, beide mühsam nach Fassung ringend, 
die Kaiserin mit der zum Scheiden gerüsteten Tochter, diese in 
aubengrauer Seide mit Rosa Aufputz, einem grauen ungarischen 
Hütchen mit zurückgeschlagenem grauen Schleier, das Haar in 
Flechten um den Kopf geschlungen, in der Hand ein riesiges roth- 
weißes Kamelien⸗Bouquet; ihnen folgten der Kaiser in der bahi⸗ 
rischen, die bayerischen Prinzen in der österreichischen, der Kron⸗ 
prinz in der Obersten-Uniform seines Regiments; im weiten 
Halbkreis um sie her die Erzherzoge und Erzherzoginnen, die Mi— 
nister und die Hofwürdenträger. Die Erzherzogin Gisela mit ihrem 
Gemahl stieg in das Coupe, der Kaiser, die Kaiserin, der Kron⸗ 
prinz folgten zum letzten schmerzlichen Abschiede. Der Kaiser, 
Thränen im Auge, verließ es zuerst wieder, die Kaiserin deckte 
nit ihrem Schleier das in Weinen aufgelöste Gesicht, der Kron⸗ 
prinz schluchzte laut. Schon waren die Thüren geschlossen, als 
vochmals Prinz Leopold heraussprang. der Kaiserin in zärtlicher 
Ehrerbietung die Hand küßte und herzlich die Rechte des Kaisers 
drückte. Der Kronprinz aber hatte sich nochmals auf das Tritt- 
hrett geschwungen, um nochmals die scheidende Schwester zu herzen 
und zu küssen. Da gab der Keiser das Zeichen. Alle traten 
urück. Noch ein Winken nach dem Fenster des Coupe's hinüber, 
en welchem der weinenden jungen Gattn ihr Gatte zur Seite 
dand. Ein schriller Pfiff, und der Zug brauste davon. 
Zur 900jährigen Jubelfeier des Bisthums Prag wird Bischos 
Ketteler aus Mainz, als Repräsentant der ältesten Metropole, wel⸗ 
her ehemals der Prager Bischof als Suffragen unterstand, in 
Prag selbst eine Predigt halten. Wie man aus Bödhmen hierher 
neldet, soll der Exkurfürst von Hessen seine Horowitzer Eisenwerk⸗ 
an eine englische Gesellschaft verkauft haben. 
Fraukreich. 
Aus Pasris erfährt man, daß die Candidatur Rémusat's 
Fortschritte mache. Die Angriffe, deren Object der Min' ster sei⸗ 
sens der Radicalen und Reactionäre gewesen ist, haben seine Lage 
zünstiger gestaltet, und mehre Bezirkscomites, besonders von Ge⸗ 
chäftsleuten, haben sich gebildet, um seine Wahl zu unterstützen. 
Daneben ist unter der Mitwirkung von Paul de Cassagnac, glor—⸗ 
ceichen Andenkens, ein Comité zusammengetreten, welches eine mo⸗ 
narchische Candidatur vorbereitet; das soll die Rache sein, welche 
ne äußerste Rechte an Hrn. Thiers und seinem Minister des 
Aeußern zu nehmen gedenkt. Dabei sind denn die Mastken ge— 
allen. Die Herren Mayol de Luppé Namens der Legitimisten und 
Paul de Cassagnac Namens der Bonapartisten haben die bestimm⸗ 
esten und freimüthigsten Erklärungen abgegeden. Der erstere sagt: 
„Nichts von Réͤmusat, nichts von Barodet! Keiner von uns will 
iie! Der Eine ist der Candidat der Demagogie, der Andere reprä⸗ 
entirt die republ'kanische Heuchelei und die Schwäche der Regie—⸗ 
rung.“ Paul de Cassagnac erklärte, die Legitimisten und Bonapar⸗ 
isten müßten vereint stehen gegen die Kepublik. So ist also die 
Alliance zwischen dem Gottesgnadenthum. und dem Casarismus ge— 
chlossen. Die hervorragendsten Männer der legitimistischen Partes 
finden sich zusammen mit den eifrigsten Imperialisten im gemein⸗ 
amen Hasse gegen die Republik. Ob's helfen wird? Wir be— 
weifeln es! 
Wermischtes. 
Kaiserslautern, 23. April. (Pf. P.) Gestert 
hat der hiesige Verschönerungsverein seine Thätigkeit an der wüs 
daliegenden Gatgenschanze begonnen. Dieselbe wird unter Leitun— 
des Hrn. Oberfoͤrster Jäckel mit Wegen versehen, mit Gestrauchen 
und Lindenbäumen bepflanzt und dürfte in wenigen Jahren u 
tinem hübschen, schattigen Ausflugsort verwandelt sein. 
7Kaiserslautern, 24. April. In der gestrigen 
Beneralversammlung des jüngst gegründeten hiesigen „Deutschen 
riegerbereines“ wurde beschlossen, das Friedensfest am 10, u. 11 
Mai als Vereinsfest festlich zu begehen. Die Theilnahme zu 
zemselben wird jedoch Jedermann gestattet sein. 
Kussel, 22. April. Während der Osterfesttage start 
inerwartet die Gattin eines praktischen Arztes zu Offenbach a. Gl 
xs wurde erzählt, dieselbe habe in Abwefenheit ihres Gatten geger 
Zahnschmerzen Chloroform angewendet, die Dosis aber zu sir 
zenommen, so daß sie ihr Leben einbäßte. Eine andere Mi— 
theilung hingegen sagt, es liege ein absichtlicher Setbstmord durd 
Bergiftung vor. Wir geben dies natürlich unter allem Voꝛ⸗ 
behalte. (Kus. 3.) 
f Der Distriktsthierarzt Karl Bauwerker von Älsenz ho 
einen in die Alsenz gefallenen 4jährigen Knaben mit eigener Ge 
fahr vom Tode errettet, und wurde er dieserhalb von Seiten de 
kgl. Regierung öffentlich belobt. 
Frankenthal, 23. April. Die Vorarbeiten zu 
Buß der großen Kaiserglocke nehmen einen gedeihlichen Fortgan 
Die Form, welche uns nach Gestalt und Gröͤße ein kolossales Bile 
der Glocke vor die Augen führt, steht in schöner Vollendung de, 
und ist an fich schon ein Schaustück zu nennen. Bei einer Höh' 
jon 393 Meter mißt die untere Umrandung über 10 Mete 
Zolch Riesenwerk ist noch nicht dagewesen! Die betreffende In 
chrift, welche man täglich aus Köln erwartet, wird nun duth 
ein eben so sinniges als kunstvolles Verfahren dem Mantel ein⸗ 
verleibt werden. Erst nach dieser höchst mühevollen Arbeit lam 
der Guß beginnen. (Fr. W.) 
* Mannheim. Zum Bie—krawall ist ein bemerkent 
werthes Detail nachzutragen. Wenige Tage vor der Nerkündun 
des Bieraufschlazgs veröffentliche nämlich die Verwaltung de 
großen Mannheimer Aktien⸗Bierbrauerei ihren Rechenschaftsberihh 
für das letzte Johr, und es kam zur Kenniniß des Publikunt 
daß die Gesellschaft 14 Prozent Dividende vertheilen und erheblith 
Abschreibungen am Grundkapital machen konnte. Daß die dvolh 
dieses glänzenden Ergebniffes ein Bieraufschlag sein sollte, de 
war allerdings eine siarke Zumuthung. Und, meint ein dadisch 
Blatt, wenn das Bier nur gut wäre! Aber da kochen viel 
Bierbrauer don der Gerste nur das Stroh, rühren mit eir 
hopfenstange darin herum, und Das nennen sie Bier! 
In Mannh eim ist ein Graf Leinigen-Neudenau weße 
Betrugs zu fünfwöchicher Gefängnißstrafe verurtheilt worden. s 
hatte nach Verschwendung seines Einkommens sich auf alle mögiß 
Arten Geld zu machen gesucht. An der Arbeit, so hatte arn 
det Prozeßverhandlung entschuldigerd erklärt, verhunderte ihn seh 
gräflicher Titel. 
t Wir lesen in einem Frif. Bl. Folgendes: „Schon im w 
rigen Jahre wurden, ohne daß es zur gehörigen Kenntniß gekommen 
viele hundett Buch und Distelfinken durch einen deutschamerilarr 
jchen Spekulanten aufgekauft und nach Amerika ausgeführt. Dice 
II. 
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