Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler ZAnzeiger. 
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Deutsches Reich. 
Munchen, 26, Juni: Durch kgl.“ Enischließung vom 
7 d. M. wird bestimmt, daß bei der Gendarmerie ein Gewehr 
ach dem System Werdet zur Einführung gelange und vog den 
isherigen Ausrüstungsstücken der Tornister und der Mantelüberzug 
bzulegen sind. (A. 3).. 4 
Meß. 27. Juns. deute starb hier, 81 Jahre' alt, Schüler 
von Zweibrücken, im Jahre 1849 Mitglied derß Reichsregentschaf. — rmschtee.. 
Bierr lin, 25. Juni, Große Ereignisse haben uns Deutsche Zweibräcken, 20. Juni. (Schwurgericht.) Ver— 
schreibt die „N. Z.“ in einer kurzen Spanne Zeit auf einen andlung gegen Jalob Adolph Berger, Meßger von Oggersheim. 
phen und freien Platz unter den Völkern gestellt. Wir schauen Schluß.) Nach der That und nachdem er noch dem Zeugen Lo— 
vohlgemuth in das Gewimmel um uns und unter uns, und wir ink ganz ruhig erklärt hatte, er habe seinen Vater todtgestochen, 
ütfen es. Aber der shöne Platz, von dem fich die Welt so gut erkarg er sich, wurde aber bald durch den Polizeikommissar Schade 
insieht, ist auch ein Platz, auf dem man viel gesehen wird, und er verhaftet und ins Verwahrungslotal gebracht. Anfangs ldugnete 
aran denken wir noch nicht genug, wir Deutsche sammt und son- r die That vollständig, später gab er an, durch den Aerger über 
ers.. ... Vor zehn Jahren z. B. schadete es uns noch weniger, »en Eid und durch das viele Trinken ganz von Sinnen gewesen 
venn ein Minister im preußischen Abgeordnetenhause, wo man uu sein, so daß r sich an nichts mehr erinnern könne. Da nun 
nehr unter sich war, sagte: „Betragen Sie sich wie ein englisches verschiedene Vorkommnisse in der Vergangenheit, namentlich“ ein 
zarlanent, fo will ich Sie auch wie ein solches behandeln.“ Heute Selbstmordversuch, den er im Sommer 1869 machte, die Vermu⸗ 
agegen ist es viel wichtiger, daß dem deutschen Reichstage mit hung nahelegten, daß es manchmal wirklich in seinem Kopfe nicht 
ichtung als einer würdevollen Koͤrperschaft entgegengetreten wird. echt beschaffen sei, so wurde er während der Untersuchungkhaft 
denn wenn dies nicht geschieht, und der Reichstag eine herrische iner ärztlichen Beobachtung unterworfen. Der Arzt gab schließlich 
gehandlung ruhig hinnimmt, so heißt es gleich im Auslande: ein Gutachten dahin ab, daß der Geisteszustand des Augeklagten 
Die deutsche Nalion ist zwar ein Parvenu geworden, aber im ficht krankhaft gestört sei. Nach dem Leumundszeugnisse des Bür⸗ 
zrunde doch nach wie vor eine bedientenhafte Nation geblieben; ‚ermeisteramtes ist der Ruf des Angeklagten sehr getrübi; er wurde 
xenn ihre Verttetung läßt sich eine bedientenhafte Behandlung ge- »ereits 38 Mal polizeilich und 8 Maal zuchtpolizeilich bestraft. 
allen.“ Merke man sich das! Aber auch der Getödtete genoß einen sehr schlechten Leumund, 
—Miit den fünf Milliarden find wir num zu Ende, schreibt venn er auch noch nicht so oft bestraft war. wie sein Sohn. 
nan der „B. B.⸗Z.“: Der Reichstag kann heute gehen, er hat Anfangs war die That als Mord betrachtet worden ; da aber 
ider das Schicksal der französischen Kriegskontribution definiliv der Entschluß kein überlegter, sondern im Affekt gefatzt und auch 
eschlossen. Sind auch die Milliarden noch nicht, wie Hr. Windt- ogleich ausgeführt war, da jum mindesten der Thatbestand des 
orst am Montage fich ausdrückte, in Wirklichkeit „vermöbelt“, so Nordes zweifelhaft, erschien, so wurde auf Antrag der Staatsan- 
och auf dem Papiere. Arsprüche daran sind nicht mehr zu er- daltschaft der Angeklagte lediglich wegen Todtschlags vor das 
ben. Das ist die Hauptbedeutung' der heute schließenden letzten Schwurgericht verwiesen. 
zeffion der ersten deutschen Legislaturperiode. In der heutigen Sißung suchte die Vertheidigung darzuthun, 
Berlhinn, 26. Juni. Aus parlamentarischen Kreisen schreibt daß der Angeklagte bei Verübhung der That durch Zorn und 
ian der „Mgd. Ztg.“ vom 24. Juni: „Heuie erschien Ministere Trunkenheit vollkommen bewuüßtlos und unzurechnungsfahig 
räsident Graf Roon in der Reichstagssitzung, um den Reichs- jsewesen und deßhalb freizusprechen sei; jedenfalls sei die Zurech 
mzler aus derselben zu einer Privatunterredung herauszuholen. ungẽfähigkeit gemindert gewesen; da nun aber das Gesez bei 
die man versichert, üUberbrachte Graf Roon, welcher, nach seiner odtschlag von Ascendenten keine mildernden Umstände kenne, so 
ischeinung in voller Uniform zu schließen, direlt vom Kaiser kam, leibe deine andere Wahl, als entweder durch ein Schuldig den 
ie Genehmigung des vom Fürsten Bismard eingegebenen Urlaubs ˖ Ungeklagten die volle und also nach Ansicht des Vertheidigers zu 
csuches als preußischer Minister. Das Verständniß für die Mo— darte Strafe des Gesetzes fühlen zu lassen oder ihn freizusprechen, 
ide, welche den Reichskansler zu jenem Schritte bewogen, fehlt edenfalls aber sei die Absicht, zu tödten, nicht vorhanden gewesen. 
ur Zeit noch allgemein, gerade wie man sich trotz wiederholter Das Urtheil der Geschworenen lautet auf Schuldig, worauf 
luseinandersetzungen noch nicht über die Natur der Gründe klar hn der Gerichtshof zu 14 Jahrte Zuchthaus und Anerkennung der 
erden lonnte, welche den leitenden deutschen Staatsmann bewegen ürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 10 Jahren verur⸗ 
nnten, sich des bestimmenden Einflusses zu entschlagen, den er iheilt. — 
B preußischer Ministerprasident auszuüben in der Lage war. Si zung vom 21. Juni. Vormittags. Verbandlung gegen 
dan darf wohl hoffen, daß der Urlaub nur als ein vorübergehen- Friedrich NRansky, 16*3 Jahre alt, Dreher von Mundenheim, 
er betrachtet werden darf und Fürst Bismarck sich früher oder wegen Körperberletzung mil nachgefolgtem Tode. Vertreter der 
vitet wieder entschließen wird, seine Stellung im preußischen gl. Staatsbehörde Staatsanwali Hessert; Vertheidiger: Rechts- 
Ninisterium in alter Weise anzutreten. Daß aber auch diese nur candidat Gebhardt. 
ritige Scheidung von der preußischen Regierung in den reichs ⸗ Am Sonntage den 2. März abhin befand fich der Ange— 
deundlichen Partcien sehr gemischte Gefühle hervorgerufen hat, ist klagte in der Wirthschaft von Karl Brombacher zu Mundenheim, 
ine so offenligende Thatsache, daß es unnöthig ist, sie zu ver⸗lwo sich auch der 20 Jahre alte Adam Schäfer eingefunden hatte. 
dweicen. WBeide saben an verschiedenen Tischen und während des ganzen 
Bertin, 27. Juni. Der Kaiser reist am 3. Jul; nach Abends war kein Wort zwischen ihnen gefallen. Nach 10 Uhr 
ims ab. — Fürst Biemarck reist heute nach Varziu. zing nun Schäfer mit seiner Gesellschaft fort, blieh abver mit 
Fraukreich. einem Bruder an der Ecke, wo das Altivpergaßchen einmündet, 
Lulu“ b“ in die Artillerieschul? in Thun (Schweiz) eine sehen, sein Bruder einige Schritte von ihm entfernt. Batd da— 
treten sein. Danach begänne der Sohn seine militärilche Lauf- auf trat auchh der Angeklagte, gefsolgt von seinem Kameraden Hick. 
ihn in derselben Weise wie der Vater, und auch an seiner Ab⸗ uus der Ladenthüre don Brombacher heraus, stützte nach der überin— 
di. sie enisprechend weiter fortzuführen, wenn auch unter mög⸗ timmenden Angabe der beiden Schäter sofort anf den Adam 
hster Vermeidung des Ungemachs, von ˖ welchem Naboleon III. in Schafer zu und versetzte ihm mit den Worten: „Betz du da, du 
x ersten Halfre seines Lebens betroffen wurde, bis das Ziel, der )unde!“ einen Hieb gegen die linke Schulter. worauf er eilmt ir 
idton von Frankreich, erreicht ist, tann nicht gezweifelt werden. as Gäßchen hinein in der Richtung nach seiner Wohning davon 
. 
Italien. 
Rom , 26. Inni. Königin Isabella hat Rom gestern Abendz 
»erlassen. Die Königin machte dem Papfte ein prachtvolles Kreuz 
n Diamanten zum Geschenke und widmete 20,000 Francs für 
den Peterspfennig, wofür,auch die Infäntinnen 10,000 Francs 
vendeten. (N. Fr. Br)*