Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Znzeiger. 
er St. Pugberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungablatt, mit der Dienstagß⸗, Donnertiags⸗ und Sonntag. 
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I8. 
Die Krisis in Oesterreich. 
Immer bedrohlicher gestaltet sich die Lage unseres österrei⸗ 
gischen Rachbarstaates; immer hartnaͤckiger treten die Geruchte auf 
on der Gefahr, die gegen die versassungstreue Partei im Anzuge 
pegriffen sei. Die Stellung des jetzigen Cabinets gilt für ernst⸗ 
haft gefänrdet. Tootz der vielsachen Versicherungen des gegen⸗ 
seangen herzlichen Einverftaͤndniffes, wie fie die Staatsoberhäupter 
m diesem Jahre laut der Welt verkündeten, ist es eine nicht länger 
buleugnende Thatfache. daß gewisse Parteien, die noch immet in 
— 
Desterreich in eine Politik hineinzutreiben, die in det Behandlum 
der römischen Frage der von Deutscher Seite eingeschlagenen 
ziametral entgegengesetzt ist.“VDer Vortheil O sierreichs, so argu⸗ 
nenticen jene Jatriguanten, — etheische ˖ esdaß dieser Kaiserstaat 
ucht in demselben oder einem ähnlichen Fahrwasser gegen - Ront 
jeuere. Das Prestige Oesterreichs, ais einer wesentlich katholischen 
Nact, müsse wiederhergesiellt werden, und das sei auf leine 
indere Weise eher und vollständiger zu erreichen, als indem man 
ine veranderte Fronistellung gegen Rom einnehme. Zwar hat 
nuch Oesterreich in letzter Zeit gar manches antishyllabistische Gesetz 
rhaltenzwar herrscht auch daselbst die Pest der Civilehe,“der 
jaatlichen Gleichberechtigung auch der ketzerischen Keligionen, allein, 
venn man nur mit der Ausführung derselben so fortfährtn wie 
zr. Stremeyr jüngst begonnen, dann wisse man in Rom schon ein 
luge zuzudrücken. Zwar ist noch vorläufig von keiner Verfassungs⸗ 
stirung die Rede, ist der Concordatvater Leo Thun noch nicht 
uͤt einer Neubildung des Cabinets betraut, allein man hat bereits 
enügende Erfahrungen, um auch unter einem constitutionellen 
dedmäntelchen ultramontane Politik treiben zu köͤnnen. Wie nun 
mmal die Verhältnisse in Oesterreich geartet sind, überleben dort 
cwisse Parteien das jeweilige Systen. Die große, im Ganzen 
och ungebrochene Aristokratie ist daselbst auch heutzutage noch 
naͤchtiger, alß die Staatsgewalt, und daher ist die Gefahr nicht 
a unterschätzen. Die leßten Börsenkatastrophen haben diesen 
lementen, wiewohl sie vielfach in jene Calamitäten mit verflochten, 
nd, einen bequemen Vorwand geliefert, um dus verhaßte, herr⸗ 
hende System in Mißcredit zu bringen. Und so ungerechtfertigt 
iese Anschuldigungen auch sein mögen, auf so hohlen Pramissen 
uch diese Schlüsse beruhen, immerhin bewährt sich das „calum- 
iaro audacter, aempor aliquid haeret“ ganz vortrefflich. Vor⸗ 
aͤufig genügt es, dem Gegner, der sich ohnehin nicht mehr so 
chet fuͤhlt, ein Bein zu stellen, um ihn bei der nächslen günstigen 
gelegenheit zu Falle zu bringen. Zudem giebt es für gewisse 
hren ja keine einschmeichelndere Musik als wenn man stets von 
onservativen Interefsen“ spricht, und diese sind eben recht bequem 
u derwenden, um der liberalen Aera mit ihrer wirthschaftlichen 
reiheit ein Ende zu machen. So spielen denn eine Keihe von 
actoren in diesem dielfach verschlungenen Netze von Intriquen, 
je durchaus nicht zu unterschäßzen sindd. 
Angleich höhere Bedeutung jedoch gewinnen diese Betrach⸗ 
ingen, wenn man die augenblickliche, politische Situation im All⸗ 
meinen in Rüchsicht ziehl. Die entschieden ultramontane Haltung 
et franzoöͤsischen Regierung hat ja in letzter Linie ebenfalls keinen 
inderen Grund, als Deutschland auf dem Continente zu isdliren. 
rrankreichs neu erwachte Katholicität ist ja nichts anderes, als die 
»itgemäße Umschreibung des vorlaufig noh nicht vetwendbaren 
egriffs · Revanche.“ Aber im Vatican treffen sich die Fäden des 
jewebes und wurden daselbst von kundiger Hand festueschürtzt. 
nd noch eins. So gering Spaniens Bedeutung für Idie politi⸗ 
de Gestaltung Europas auch ist, immerhin wird der käglich wach⸗ 
mde Carlistische Aufstand trefflich für den ultramontanen Zweck 
usubeuten sein. Es sind eben uͤberall die Anfänge zu einer 
viischihtig angelegten ultramontanen Politik bemerldar. Nun, wir 
ud in Deutschland gewoͤhnt, keinen Gegner zu unterschätzen, wir 
nd daran gewöhnt, die ung gegenuͤberstehenden Krafte forgfaltig 
drüfen. Wir gehen nicht „ieichten Herzens“ in einen Kampf. 
Wber wir halten die Augen offen, vertrauen auf Gott und halten 
nit Cromwell zu reden, unser Pulver irocken. 
Wie gesagt, noch sind erst die Keime dem Schoße der Erde 
invertraut, noch sind erst hie und da einzelne Hälmchen hervorge⸗ 
prossen, aber wir müssen sorgfältig auf Alles und Jedes achten, 
amit wir nicht überrascht werden. Wir sehen dem Kampfe ruhig 
ind g.rüstet entgegen, und wir hoffen, daß vor Allem Oesterreich 
nicht aus einer übel angebrachten Rivalität sich dazu wird verlei— 
en lassen, eine antideutsche Politik zu treiben j Denn noch nie ist 
von Rom für Oesterrich irgend ein Heil erwachsen. (B. B. 3. 
U Deutsches Reich. 
—Aus der Pfal;, 24. Juli. An die bayer. Studienrektorate 
s. von Seite des Ministeriums eine Zuschriftergaugen- in welcher 
s auf das Strengste verboten wird, daß Schüler verschiedener 
Anstalten sich, wie dies öfter geschehen, zu gemeinsamen Trintgelagen 
zusammen finden und bestellen. Es ist darin, wenn es auch etwas 
tpät kommt, ein Akt kluger Vorsicht zu begrüßen,“der' manchem 
Unfug und Unwesen steuern wird. Noch ein bischen mehr' Stram⸗ 
heit“ von Oben könnte überhaupt Nichts schaden. (Pf. Pst.) 
— Muünchen. Die gesammte bahyerische LinienInfanterie ist 
setzt mit dem Werdergewehr bewaffnet; die bayerische Lanwehr be— 
hält vorerst noch das abgeänderte, Podewilsgewehr. (Die übrigen 
»eutschen Armeecorps erhalten bekanntlich das Mausergewehr, 
vährend die Landwehr das optirte Dreyse'sche Gewehr beibehaͤlt, 
resp. mit demselben an Stelle des alten Dreyse'schen versehen wird.) 
—Der Nachricht, daß Bischof Heinrich von Passau vom Deutschen 
Zaiser die Kriegsdenkmünze für Nichtcombattanten erhalten habe, 
ügt das „Baterland“ die Bemerkung bei: „Von Rom soll da⸗— 
gegen ein ordentlicher Denkzettel für ihn auf dem Wege sein, den 
er aber schwerlich öffentlich tragen wird. Um stilles Beileid wird 
gebeten.“ 
Der preußische Lieutenant Stumm, welcher bekanntlich die Ex⸗ 
»edition nach Chiwa im russischen Heere mitgemacht hai, wird 
binnen Kurzem über die Krim nach seiner Heimath zurückkehren. 
Franukreich. 
.Am 20. Juli rüdte das erste Detachement Mobilgendarmen 
naller Stille in Belfort ein. Es fand nicht die geringste 
dundgebung statt. 
Spanien. 
Carlistische Berichte geben die Stärke: der fämmilichen catli— 
lischen Streitkräfte im Norden Spaniens, in Catalonien und den 
ascischen Provinzen auf 30,000 Mann an. Der Begriff „Streit⸗ 
räfte? wird auf diese ganze Zahl aber wohl schlecht passen, trotz 
der Weffen und selbst Kanonen, die kürzlich aus England in Li⸗— 
zueitio gelandet worden.“ 
England. 
London, 21. Juli. In der Nähe von Pittsburg in Penshl⸗ 
»anien (Nordamerika) wurde amerikanischen Blättern zufolge neulich 
in Circus durch einen Sturm vernichtet. Ueber 3000 Personen 
MNänner, Frauen und Kinder, waren anwesend und schauten den 
keiterkunststücken zu, als plötzlich nach 8 Uhr ein heftiger Regen 
egann und ein furchtbarer Sturm sich erhob. Da die Zelte sich 
janz im Freien befanden, hatte der Sturm leichtes Spiel, und es 
auerte auch nicht so lange, so waren die Stangen aus der Erde 
serissen, die Stränge zerpeitscht und die Leinwand in alle Winde 
jejagt. Die Scene, welche sich hierauf abspielte, war furchtbar. 
Nänner fielen bestürzt zu Boden oder wurden von den herum⸗ 
liegende Stangen und sonstigen Geräthen niedergeworfen, Frauen 
anken ohnmächtig hin, und Kinder kreischten und wimmerien um 
zülfe. Fetzt entzündeten sich noch die leicht brennbaren Stoffe 
in den umgestürzten Petroleumlampen, wurden jedoch bald durch 
ie niederströmenden Regen gelöscht. Um die Verwirrung und den 
Zchrecken noch zu vermehren, begannen die Insaßen der Menage⸗ie 
in höllisches Geheul anzustimmen Ein Elephant- riß · sich Jos, 
und verletzte viele, als er geängstigt über die Stätte des Schreckens