Hl. Ingberler Anzeiger.
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1873
Deutsches Reich.
»Mänchen, 28. Juli. Auf unserem Bahnhofe wird eben
g vollständiger Militäre Sanitätszug zusammengestelln, durchgehend
eue Wagen, der in den nächsten Tagen nach Wien abgeht, wo
eerselbe in der Ausstellung für Gegenstände des Kriegs- und
zanitätzwesens sicherlichh eine sehr ehrenvolle Stelle einnehmen
ird. Eine Auzahl Sanitätssoldalen ꝛc. werden den Zug be—
leiten. — Im Entwurj des Budgets für die nächste Finanzperiode
zird, wie wir bhören, der Etat für Erziehung und Bildung we⸗
utlich höher erscheinen, als es im Budget für die laufende Fi⸗
anzperiode der Fall ist, indem sovohl für den höheren Unterricht,
amentlich der Universitätlen, dann für die Volksschulen und ins⸗
sondere auch für Schulhausbauten, größere Beträge als bisher
ostulirt werden.
Mänchen, 29. Juli. Der König hat es abgelehnt, die
on der neulich hier gehaltenen Wanderversammlung des ‚Vereints
xuischer Katholiken“ entsendete Deputation zu empfangen, welche
hu die Bitte vortragen sollte, daß er im Bundestathe einer
zeiteren Ausdehnung des Jesuitengefetzes sich widersezen mög⸗.
München, 29. Juli. Se. M. der Koͤnig hat aus seiner
abinetskefse den durch Brand verunglückten Bewohnern von Cham
q00 fl. und denen von Bergrheinfeld 500 fl. überweisen lassen.
Aus München wird unterm gestrigen Folgendes tele-
ttaphitt: „Anläßlich eines Vorkommnisses bei der diesjährigen
Fronleichnamsprozession in der auswärtigen Garnisonstadt ist von
zem Kriegsministerium die lange bestehende Verordnung, daß zur
spalierbildung bei Prozessionen nur Mannschaften katholischen
zlaubensbekenntnisses verwendet werden sollen, zur Rachachtung in
krinnerung gebracht worden.“
In Mänchen soll am 3. und 4. Sepitember die 23.
generalßersammlung der katholischen Vereine Deutschlands gehalten
oerden.
In Nürnberg agitiren die Schneider mit gewaltigen
lInftrengungen gegen die angebliche Schädigung ihrer Interessen
uurch die Zuchthausarbeit, und wollen deßhalb nicht nur bei den
landtagen und dem Reichstage Protest einlegen, sondern auch sonst
uutch Zusammentritt und Selbsthilfe auf eine Verbesserung ibrer
lage hinwirken.
Metz, 28. Juli. In den um Mezß herumliegenden Dörfern
eicscht jeßt ein recht kriegerisches Leben. Ueberall trifft man auf
äin quartierung und namentlich sind es Bayern, welche Metz —
jesmal in friedlicher Weise — zerniren. Sie alle ziehen fröhlichen
innes ihrer alten Heimath zu, froh, daß die immerhin freuden—
jt Occupationszeit jetzt glücklich hinter ihnen liegt. Alle Mann-
naten. die wir gesehen haben, stroßzen von Gesundheit und
ebensmuth; ihr Verlihr mit den Doͤrflern war ein döchst reger,
sa sie eine schätzenswerthe Keuntniß der französischen Sprache
nitgebracht hatten, die ihnen den Umgang mit ihren Quartiecgebern
nendlich erleichter. Viel zu diesem guten Einvernehmen trägt
het die ausgesprochene Vorliebe der Bevöllkerung gerade für die
udetischen Soidaten bei. (Kiederrh. Kur.)
Mettz. Wie die „Zw. Z.“ hört, finden die auf Anfang
ns September angeseht gewesenen großen Manndder bei Meh
iht statt, vermuthlich wegen der Cholera.
lbhaß-Löthringen. Saatburg, 26. Juti. Der
Vhrigtuuus treibt jenseits der Grenze immer üppigere
ithen, deren betäubender Duft die Sinne berückt und Verderben
iugt. Wir haben hier nun auch einen Wallfahrtäkultus gehabt,
rnigstens in seinen Anfängen, und daß diese nicht zur Manie
huteten. dafür haben es unsere Behörden nicht an den sofortigen
uren fehlen lassen. Es ist namlich all denjenigen Personen,
die „heilige Buche“ im Walde von St. Quirin abgeschält
a um ein Stückchen Rinde als Talisman mitzunehmen, der
derl auf Grund des code forestior gemacht, und jeder Wald⸗
* g unetbittlich in eine Strafe von 50 Fres, genommen worden.
n, hatte Jeder, der nach Erlaß der Präsidialde ordnung noch
em Tetrain des Waldes von St. Quirin betoffen wurde,
vegen unbefugten Betretens von Waldungen 10 Fres. Strafe und
die Prozeßkosten zu erlegen. Die ruhige und nüchterne Anwendung
)eß Gesetzes hat denn auch entsprechend gewirktt.
Darmist adt, 28. Juli. Die zweite Kammer beschloß
zie Aufhebung des konfessionellen Charakters der Lehrerseminarien
ind der Präparanden-Anstalten, sowie den Ausschluß religiöser
Irden von der Lehrthätigkeit an öffentlichen Voltsschuslen.
Darmstadt, 30. Juli. Das Schulgesetz wurde bei der
weiten Abstimmung im Ganzen gegen die zwei ultramontanen
5timmen angenommen. Der Präsident vertagte hierauf die Kam⸗
ner auf unbestimmte Zeit.
Fulda, 209. Juli. Das Projekt zur Gründung einer spezi-
isch kaͤtholischen Universität ist munmehr definitiv aufgegeben. Die
zesammten Beiträge werden dem Bonifazius-Verein zufließen.
Berlun, 28. Juli. Hinsichtlich des neuen Mausergewehres
ind wir in der Lage mitzutheilen,“ daß das preußische Kriegsmi⸗
nisterium einer bedeutenden Zahl in⸗ und ausländlicher Gewehr⸗
abriken den Auftrag zur Aufertigung von vorläufig einer Million
Zewehren, d. h. einer vollständigen Kriegsausrüstung ertheilt hat.
die einzelnen Theile des Gewehrs werden getrennt in den aus⸗
aändischen Fabrilen gefertigt. Die Gewehrfabrik von Spandau
ybgleich durch den Befehl, die gesammten Geschosse für das Mau⸗
ergewehr zu pressen, sehr in ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt,
iefert jetzt etwa 100 Stück täglich, wird ihre Prodrktionskraft
edoch bis auf das Doppelte zu steigen im Stande sein. Fran⸗
ösischen Technikern soll es nach Zeichnung der einzelnen Theile
des Gewehrs gelungen sein, eine Copie desselben herzustellen; die
ranzoͤsische Armee wird jedoch das Fustil Chassepot beibehalten.
Wir erfahren aus zuverlässiger Quelle, daß inebesondere Fürst
e auf eine schnelle Beschaffung des neuen Gewehrs hinge⸗
virkt hat.
Berhin, 30. Juli. Die „Prov.⸗Norr.“ schreibt: Ein
surzer Ausflug des Kaisers nach Wien zum Besuch des Kaisers
von Oefterreich und zur Besichtigung der Weltausstellung sei noch
immer beabsichtigt. Die Ausführung des Vorhabens dürfte jedoch
auf später, voraussichtlich bis zum Oktober, vertagt sein.
Aus den Berichten des zur russischen Expedition nach Chiwa
ommandirten Lieutenants Stumm entnehmen wir, daß die Ver⸗
zindung der russischen Operationstruppen unter General Kauffmann
nit Rußland auch jetzt noch keineswegs eine gesicherte ist und daß
zäusig russische Depeschen und Couriere von den herumschweifenden
Reiterhorden abgefangen werden.
— Was das Auftauchen der Hohenzollern'schen Candidatur
gelegentlich der jungsten Ereignisse in Spanien anbelangt, so stellt
iich heraus, daß man diese Ente dem Herzog von Montpensier
nerdankt, welcher im „Journal de Paris“ nach einem on dit mit⸗
heilt, die erwaͤhnte Candidatur würde noch immer von deutschen
Agenten betrieben und don den Difsidenten der Carlistischen Partet
hefürwortet. Ein ehemaliger Journalist von der Partei der
Thristinos soll in dieser Jatrigue als Vermittler zwischen gewissen
Farlisten figuriten und gewissen Mitgliedern der ehemaligen libe—
ralen Union dienen. Santa Cruz sei für diese Combination ge⸗
vonnen gewesen, und Don Carlos hätte die Beweise don dem
Finverständnisse dieses Häuptlings mit den Anhängern des Prinzen
on Hohenzollern in Händen gehabt und erst auf Grund dieser
ẽntdeckung dem General Lizaraga anbefohlen, Santa Cruz als
Rebellen zu behandeln. — Und auf solchen Unsinn bauen Organe
vie das Wiener „Vaterland“, die „Tages Presse“ ꝛc. und eine
Reihe französischer Organe ihre weitausgeführten politischen Com—
zinationen auf. Man sieht, es ist nichts zu dumm, um diese hoch⸗
veisen Politiker in ihrem fanatischen Preußenhasse nicht gründlich
zineinfallen zu lassen!
Uebrigens stehen uns ebenfalls wieder interessante Enthül⸗
ungen“ in Deutschland bevotr. Der Abgeordnete De. Schletden
zeißt es nämlich, besitze Auszüge aus der Correspondenz des
tzien Kaifers und Königs von Preußen mit dem Herzog Fried⸗
ich von Schlekwig Holstein⸗Augustenbutg aus dem Frühjahrt 1885,