Full text: St. Ingberter Anzeiger

k. Ingberler Anzeiger. 
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Der Si. Inaberter Ungzerig'e e (und das mit dem Dauptblatte verbundene: Unterhaitungsblatt, mit voer Dienttagt⸗, Donnerttagz⸗ und Sonntag 
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M 130. 61873 
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Die-Reise des Kronprinzen. 
Es ist wohl im Allgemeinen richtig, daß heutzutage die Polilil 
zer Großstaaten nicht mehr, von den dynastischen Interessen bestimmt 
vitrd., Wir haben vor Kurzem noch in England und Rußland 
die Wahrbeit dieses Satzes bestätigt gesehen. Bei Gelegenheit der 
Berlobung eines englischen Prinzen mit der einzigen' Tochter des 
daisers von Rußland erklärte fast die gesammte englische Presse mit 
zer ihr eigenen Nuchternheit und Ruhe, daß das gesammte Land 
wvohl diese Verbindung der beiden mächtigen Herrscherfamilien sehr 
jreudig begrüße, daß es aber gleichwohl und zuversichtlich erwarke 
z werde diese Familien-Angelegenheit die englische Polstik in keiner 
WBeise betinflussen. Damit jedoch, nicht der leiseste Zweifel Über 
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zerfroren jenen wunden Fleck, an welchem eine russisch- englischt 
Neibung besonders schmerzlich sein müßte, nämlich Central-Äsien. 
Aehuliche Empfindungen beschleichen uns unwillkürlich bei der 
deise unseres preußischen und deutschen Kronprinzen, zu unseren 
landinavis hen. Vettern in Schweden und — 88 — 
Maͤcht haben' wir keine irgendwie nennenswerthen poltischen Be— 
jchungen 3, nur daß Die Sqweden uns recht grümmig haßten“ 
warum, das wissen sie selber so wenig als wir, Vermulhlich wird 
der Gründ, in der gemeinsuchen Abstammung liegen. 'Findet man 
nuch ähnliche Etscheinungen innerhalb der nächsten Blutsver⸗ 
vendtschaft. Anders liegen die Dinge zwischen ues und Daäne⸗ 
nacl. Aus der Jahrhunderte langen Verbindung der Nordmarken 
m der Elbmündung, erwuchs uns die in gewissem Sinne fatale 
dleswig- holsteinsche Erbschaft. Lange tuhte der Streit, bis er 
yr einem balben Menschenalter für kurze Zeit die Gemüther 
deutschlands aufs Tiefste aufrüttelte. Durch die Ungunst der Ver⸗ 
haltnisse wurde der Streit damals nicht ausgetragen, da erwachte 
r vor nun mehr fast zehn Jahren von Neuem, und in schwerem 
lutigem Kampfe haben wir das „Schleswig-Holstein meerum- 
chlungen“ wieder uns zu ꝛigen gemacht. Dänemark hatte, als 
er bedeutend schwächere Gegner, die Sympathien aller sogenannten 
edlen“ Völler für sich. Zu den „edlen“ Voölkern grhört aber 
aatürlich Frankreich in erster Reihe. 
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nielligente und ungemein selbsibewuße Bevölkerung sich auszeich- 
iende Staat in jeder politischen Combination, bei welcher Preußen 
eesp. Deutschland betheiligt war, eine uungemein wichtige Stellung 
innahm. Wir erinnern unsere Leser an die Vorguünge im Jum 
86 und noch mehr an die Vorkommnisse des Jahres 1870 
heide Male war Dänematk seine sehr bedeutsame Partie zugedacht 
und es lag wahrhaftig nicht an ihm, wenn' es nicht in die dra⸗ 
nalische Entwickelung handelnd eingreff. Ist auch für die nächste 
zeit zu erwarten, daß Dänemark nicht wieder zu den so ungemein 
ateressanten stummen Rollen bernsen sein wird, so müssen wir 
vh das zugestehen, daß, so lange der Art. 5 des Prager Friedens 
icht erledigt ist, unsere Rechnung mit Dänemark noch in der 
ohwebe bleilttt 
In letzter geit sind mehrfach Versuche gemacht worden, diesen 
Stein des Anstoßes aus der Welt zu schafsen, sie scheiterten an der 
Sprödigleit unseies folzen Nachbarnnördlich von der Königsau 
Das natürlicher, als daß die Reise des Kronprinzen und sein 
besuch in Helfingoer mit der nord⸗schleswig'schen Frage in Zu— 
mmenhang gebracht wird. Mit Bezug hierauf derweisen wir aus 
enes englische Praecedens und meinen, daß durch die Liebens 
zürdigkeit unseres Kronprinzen nichts an det bisherigen Haltung 
Leutsthlands in dieser Frage geändert werden wird. »5* 
Allerdings ist es sehr erfreulich, daß das dänische“ Königs— 
Au· eine Annäherung gun dos preußische sucht -und nichis ist wahr⸗ 
dinlicher, als daß aus dieser ꝓpersöonlichen. Begegnung sich auf 
ider Seiten mildere Auffassungen ener Angelegenheit, ergeben 
uden. Nur kann Deuischland nicht seine. Nachsiebigleit bsa zur 
igabe seiner bisherigen Position ausdehnen. Aber geseht deu 
and wir halten ihn sogar für den wahrscheinlichsten, daß 
dieser Reise des Kronprinzen nach Dänkmark gar keine politischen 
Motive zu Grunde liegen, so muß doch so viel zugegeben werden, 
daß dieselbe nunmehr dazu beitragen wird, den bisherigen gtimmen 
daß einigermaßen zu mildern. Liegt auch die Zeit noch sehr in 
veiter Ferne, koi.lleicht ist sie unendlich weit entfernt, in welcher 
iich die verschiedenen Glieder der großen germanischen Völterfa⸗ 
nilie wieder zu cinem Ganzen zusammenschließen werden, so ist in 
»er Wiederaufnahme freundlicherer Beziehungen schon ein großer 
Bewinn enthalten. Allmählich bricht sich doch die Ueberzeugung 
n jenem; Lande Bahn, daß der Anschluß an ein großes mächtiges 
Deutschland für die eigene ruhige Exiftenz viel sicherer ist, olß 
ener chimärische Plan der Generationen hindurch, mit Hinblid 
auf Frankreich verfolgt wurde. 8 J 
?Was Dänemark speziell von Frankreich zu erhoffen hate: das 
rxgibt sich am besten aus der Betrachtung jener Zeit, in welcher es 
der Bundesgenosse jener Macht war. Das Bombardement Kopen⸗ 
sagens durch die Engländer war die fürchterliche Antwort auf 
enes Einvernehmen. Frankreich hat von jeher jene Richelieusche 
dehre befolgt, die Kleinen zu beschlützen, um fie ausmutzen zuekönnen. 
Dieses Letztere hale es stets weidlich ausgeführt, aber als der Schuß 
Frleistet werden sollte⸗·da war natütlich die allgemeine: Weltlagẽe 
zedartign datß man⸗ die jittische Küste und Seeland am besten an 
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20 Daß Ddieser veraltete Ansicht von der volkerbeschühßenden Macht 
Fidnkteichs auch in den politisch maßgebenden Kreisen allmählich 
nufgegeben wird, dafür erblicken wir in dieser kronprinzlichen Reise 
inen erfreulichen Vorboten. — 
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Deutsches Neich. 
Vandan, 20.. Aug. Von dir hier in Garnison sisehenden 
2. Feldabiheilung gehen morgen die Batterieen Blume unb Re— 
erdys unter Commando des Oberlieutenants v. Sauer auf der 
dandstraße über Wilgartswiesen, Pirmasens, Zweibrücken, St. 
Avold, Courcelles und Woippy nach Metz zu den dort vom 30. 
August bis 12. September unter preußischer Führung statifinden⸗ 
den größeren Truppenübungen der preußischen 30. Division Sand⸗ 
rart ab. Beide Batterieen rücdden am 21. September wieder dahier 
in Garnison ein. Die Feldbatterie Ebner geht am 8. September 
nach Germersheim, um an den Brigadeübungen bei Germersheim 
helizunehnmen. J 
Munchen, 19. Aug. Wir vernehmen, daß die Staats⸗ 
inanzrechnung ·pro 1872 soeben ihren definitiven Abschluß gefunden 
zat und mit einem reinen Ueberschusse von 7 Millionen Gulden 
abschlieft. — N. Corr.)“ 
München, 19. Aug. Die diesjährige Inspection der 
zayerischen Truppen durch den Kronprinzen des deutschen Reiches 
— so schreibt die „Spen. Ztg.“ — fcheint zwischen Berlin und 
München zu einen Meinungsaustausche geführt zu haben, jetzt 
aber durch ein gütliches Abkommen geregelt zu sein. Der Kron⸗ 
drinz wird dieses Mal die Truppen des zweiten: bayerijchen Ar⸗ 
neelorps inspiciren, das erste bayerische Armeekorps aber wird 
von dem Prinzen Luitpold besichtigt werden. — Imsvorigen Som⸗ 
ner bereiste det Prinz Luitpold die Standquartiere des zweiten 
haherischen Armeelorps, während der Krouprinz Abtheilungen des 
ersien bayerischen Armeedorps besichtigte. Demnach scheint in der 
Inspelktion der bayerisch n Truppen eine Art von Aliernat einge- 
ührt zu sein, insofern die einzelnen Armeekorps abwechseind eins 
Reichs und eine daherische Inspection erfahren. 
. Müuchen, 21. August. Das Bezirkzamt Deggeaborf hat 
aus gesundheilsponizeilichen Rücsichten die auf den 24. Ang. fest⸗ 
Jesetzte Generalversammlung des bayexischen patriotischen Bauern⸗ 
dereins verbtten. V 
.Me tz, 19. Aug. Unser gestern Vormittag zusammengektetener 
dreistag (für den Landkreis: für die Stadt Meh fungirt der Ge⸗ 
meinderath alts Kreistag) haf bereitzs votlaufig schonsein Ende 
etreicht. Gestützt auf ein feiner Zeit von det Regierung der 
nationalen Vertheidigung zu Paris etlassenes Gesetz, Welches di⸗ 
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