die Ouverture zu spielen, besonders die minifierielle. Wenn dem⸗
jenigen Theile der sranzösischen Regierung ein Genüge geschieht,
velcher in der „Assembloͤe Nationale“ vertreten ist, so soll der Prozeß
Bazaine dazu dienen, Bismarck bloßzustellen u. Deutschland in der!
yffentlichen Meinung zu Grunde zu richten. Die „Afsemblec⸗Nationale“
entwickelt dies ganz ungenirt, und führt als Grund an: „Ale
Metz eingeschlossen und zu Frankreichs Unglück Marschal Bazaine
den Oberbefthi über die heldenmüthige Armee erhielt, die unter
einen Mauern lagerte, da setzte Herr d. Bismarck eine Welt von
Räuken, Lügen und Treulosigkeiten in Bewegung, um den Mar-.
schall zu bewegen, zu unterhandeln stott zu kaämpfen, um Zeit zu
zewinnen, daß unsere Truppen ihre Lebensmittel erschöpften und
m einer im Voraus genau berechneten Frist durch den Hunger
zezwungen würden, sich zu ergeben. Alle diese Missethaten werden
im Prozefse erwiesen werden, und was das Unglaublichste, die Chefs
der feindlichen Armee haben die Plane des Herrn Bismarck unter⸗
qützt und eine Rolle gespielt, welche die Welt in Staunen setzen
wird. Wir wollen fuͤr jetzt nicht mehr darüber sagen; aber es
chien uns von unbestreitbarer Nützlichkeit, heute schon diese Seite
des Prozesses anzudeuten. Dies alles erschwert die Belastung, die
nuf den Marschall Bazaine fällt, aber zugleich werden solche Hand⸗
jungen, wenn sie an den hellen Tag gelangen, in Europa's Auzen
bedeutend das Verdienst der deutschen Armee herabdrücken.“ Wie
schon oft gesagt, die Franzosen können es nicht vertragen und wollen
ich's selbstnicht gestehen, daß sie im letzten Krieg Niederlage auf
Niederlage erlitten haben. Es mußte ein Sündenbock gefunden
werden, der als Verräther zu figuriren und die ganze Schuld aus
die eigenen Schultern zu nehmen hat. Die „Assemblee Nationale“
merkt gar nicht, wie dumm sie aufschneidet, wenn sie sagt, Bis⸗
narck habe den Tag im Voraus berechnet, wo die Armee von
Metz aus Mangel an Lebensmitteln genöthigt sein würde, zu kapi
jul ten. Sie merkt auch nicht, wie erbärmlich es ist, dem Urtheil,
velches das Kriegsgericht erst fällen soll. vorzugreifen und die
Massen in einer Weise zu fanatisiren, welche einen argen Druck
auf das Gericht auszuüben geeignet ist. So wied der Prozeß aus
einer Erforschung der Wahrheit zu einem Tendenzprozeß, dessen
Opfer im Voraus bestimmt ist.
— In Poitiers wurde am 21. d. der Jahrestag der Aus⸗
tufung dee ersten Republik gefeiert. Es janden ernstliche Unruhen
datt, die dreißig Verhaftungen zur Folge hatten.
Italien.
Nom, 20. Sept'r. Der Florentiner „Corriere Itali ano“
enthält einen Brief über die Verhandlungen, welche der Reise des
sönigs Viktor Emannel nach Wien und Berlin vorausgegangen
änd, dem wir Rachstehendes entnehmen: Der Gedanke, ein in—⸗
imes Einberständniß zwischen den Regierungen von Rom, Wien
ind Berlin herzustellen und für gewisse Eventualitäten bestimmte
Verpflichtungen einzugehen, ist von dem Grafen Andrassy ausge⸗
zangen, aber vom Fürsten Bismarck und Hrn. Visconti Venosta
auf das bereitwilligste aufgenommen worden. Das Cabinet von
St. James erlannte, als es davon unterrichtet wurde, daß die
Verständigung unter den drei Mächten zur Erhaltung des europäi
ichen Friedens mächtig beitragen würde und zeigte daher weder
Eifersucht noch Mißtrauen, ja, es unterstützte sogar den Plan des
Hrafen Andrassh auf diplomatischem Wege, enthielt sich aber seiner
raditionellen Politik gemäß jeder weiteken Betheilizung. Die
Piener Ausstellung bot die günstigste Gelegenheit, den stönig Vil⸗
sor Emanuel und den Kaiser Franz Joseph einander zu nähern
ind die letzten Spuren der Abneigung, welche die Ereignisse der
Jahre 1848 — 1866 etwa zurückgelassen dätten, vollends zu ver⸗
vischen. Die Reise des Königs nach Berlin bot gar keine Schwie—⸗
rigkeiten, nachdem der vorjährige Besuch des Prinzen Humbert und
der Prinzessin Margarethe am Berliner Hofe und die wiederholten
Reisen des deutschen Kronprinzen nach Italien alle Pfade
zeebnet haften. Dem General Menabrea war es vorbehalten, auf
dem Wige zur Krönung des Königs don Schweden die Hoöse von
Wien und Berlin zu besuchen und Alles vorzubereiten, was sich
auf die Neise des Königs Niktor Emanuel und auf die politijschen
PVerabredungen bezog, und er zeigte dabei, daß er nicht nur ein
zroßer Gelehrter und Genicoffizier, fondern aum ein bedeutender
Staatsmann und gewiegter Diplomat ist. Sowohl in Wien wie
auch in Berlin wurde er mit grbßter Auszeichnung empfangen, wie
nan sie in in der Regel nur Fürsten und Gesandten von ganz
besonders hohem Range zu Theil werden läßt. Er wurde häufig
zu den kaiserlichen Tafeln geladen, hatte kaiserliche Equipagen zu
sejner Verfügung und wurde bei seinen Besichtigungen der mili—
ärischen Einrichtungen von Prenzen und Generalen begleitet. Die
nositischen Abmachungen, welche er in Wien und Berlin getroffen,
nud natürlich in tiefes Geheimniß gehüllt unt werden dem Publi—-
dum auch nicht vorzeitig entschleiert werden, aber so viel steht fest,
daß der König und seine Raͤthgeber dem General ihre höchste Zu—
riedenbeit über die Resultate seiner Reise wiederholt zu erlennen
zegeben haben und daß die Reise des Königs Viltor Emanuel noeq
Wien und Berlin die Kroͤnung von seinem und des Grafen An.—.
draffy's Werle ist.
Afien.
Im Khanat Kokhand, in der sog. freien Tartarei, ist, wi—
die Si. Petersburger „Boͤrsendeitung“ aus Taschkeud unter din
20. August erfährt, ein Aufstand ausgebrochen. Die Kirgisen und
ziptschafen haben sich gegen den Khan empört und sollen nach den
etzten Nachrichten die Hauptstadt Kolhand eingenommen und dorf
den Schaß dies Kahns erbeutet haben, den sie sofort zur Verstärkung
tad Ausrüstung ihrer Streitmacht benützten, um den Arbazen de
Ahan die Spitze bieten zu können. Die Bergdistrikte im Süden
und Südosten des Khanats sollen in vollem Aufruhr sein.
Bermischtes.
4 Zweibrücken, 19. Sept. (Schwurgerichtsverhandlungen.
Nachmistagssitzung.) Verhandlung gegen Elise Marnett, 21 Jahr
alt, Dienstmagd von Goöͤnnheim, des Diebstahls im widerholten
kückfalle beschuldigt.
An Weihnachten vorigen Jahres trat dieselbe nämlich bei
—II
ine Woche dort aus und machte sich dann plötzlich aus dem Staube,
jachdem sie aus der gemeinsamen Kammer ihren Middierftboten
datharina Kuhner und Katharina Neurer, und zwar Ersterer einen
5 fl. werthen Unterrock, Letzterer einen 6 fl. werthen Winterhu
entwendet hatte.
Zu Anfang des Monats April 1. J. wurde sodann von ihr
der zweite Diebstahl am gleichen Platze ebenfalls zum Nachtheile
der Neurer, sowie zweier anderen Mägde des Thomas verübt.
Es gelang nämlich der Angeklagten, unbemerkt in die im oberen
Stocke befindliche Magdekamer zu kommen, wo sie dann foͤrmlich
wufräumte, deen sie stahl unter Anderem 4 Unterröcke, 7 Taschen⸗
ücher, mehrere Paar Strümpfe und 1 goldenes Medaillon. Der
Besammtwerth jener Effekten beirug 50—55 fl. Die Angeklagte
var beider Diebstähle im Wesentlichen geständig. Urtheil: 2
Jahre Zuchthaus. 8
4 Aus der Pfalz, 20. Sept. Vom mittleren Hardigebitz
ichreibt man: Unsere ohnehin geringen Herbstaussichten haden sich
nn Folge der ungünstigen Witterung der letzten Wochen noch mihr
zetrübt. Während es sonst auch in weaiger guten Jahrganzen
am diese Zeit reife Trauben in Menge gab, findet man jezt nur
zußerst selten eine helle Beere. Wenn es nicht anhalteud warn
bleibt, wi d es einen Wein geben, so sauer und so gering, wie im
Jahre 1871. Im Ganzen genommen, läßt sich daher nur auf
inen nach Quantitäl und Qualität geringen Herbstererttag rechnen.
17 Durkheim, 19. Septbr. Der neulich eingefangene Brieß—
narder, Schustergeselle Doppler aus Essingen, scheint schon meht
—X
iebstählen sind demselben vordethand nicht weniger als zwölf
andere Diebstähle nachgewiesen und von ihm eingestanden: er siahl
2 Foulardtücher, wollene Strümpfe, Spazirstöcke, 700 Cigarten,
ein Terzerol, Vorderblätter mit Gummißdgen, Hammer mit Kueipe,
Zuschneidemesser und zwei paar lederne Sohlen. Von diesen Diebd·
Fählen sind einige mittelst Einbruchs verübt. Was den Briefdieb⸗
tahl anbelangt, so ist nachgewiesen, daß er an 10 Personen hiet
79 Briefmarken verkauft hat, 24 Briefmarken und 63 Briefab⸗
chnitte, die nicht beschrieben waren, fanden sich in seinem goft
(D. A.
4 Speher, 25. Sebt. Seit dem letzten Berichte erkranller
his heute Morgen 9 Uhr an Cholera 10 Personen und starder
3 Personen. Im Ganzen damen nun 95 Erktankungen und 48
Todessälle vor. Die Krankheit trot bisher mit ganz vereinzelten
Ausnahmen eng localisirt auf, woraus sich eine um so höhere JIten—
ität derselben in den niedergelegenen inficirten Staditheilen ergibt
goherer Anordnung zufsige“ wird die ohnehin auf 11 Uh
festge⸗zte Polizeistunde von heute an ganz strenge ee
G 3
f Am 23. d. wurde zu Speyer die erste pfälzische Schub⸗
zusstellung durch den Regielungsossessor v. Roman und den Kreis
chulinspeliot Mail eröffnet. Ersterer hob u. A. hervor, daß dit
segierung auch durch diese Ausstellung bemüht sei, das Schulweser
u heben, indem dadurch die Möglichkeit gegeben sei, die ausge
tellien Schülerarbeiten und Lehrmittei in Vergleich zu sehen, ug
ann das Beste zur Nachahmung und Benützung wählen zu können.
Die zahlreiche Versammlung von Lehrern und anderen Schulfreun
ven nahm diese Rede sehr beifällig auf und schritt dann zur Be
ichtizdung der Ausstillungsobjelte.
Speyer. Auf der hiesgen Schulausstellung sind 27 Schuler
(11 dreiclossige, 2Z zweiclafsige, 12 einclassige und 2 mit nur einer
ildtheilungh mit 363 Schutern durch 5110 Hefte vertreten, wor
ioch 19 Bände Prüfungsschriften und 8 Bände Zeichnungen
ommen. (Pf. 3.)