Full text: St. Ingberter Anzeiger

lüͤber dem Knie. Inzwischen wurde an den Pumpen gearbeitet, 
aber mit wenig oder gar keiner Wirkung, da das , Wasser durch 
die Lecke, welche der Zusammenstoß verursacht hatte, unaufhaltsam 
einstroͤmte. Die Ueberlebenden schildern die Scene als herzzereißend. 
Viele, der Passagiere befanden sich in ihrem Nachtgewande, andere 
hatten nur solch spärliche Bekleidung an, als sie beim Verlassen 
ihrer Lagerstätten aufraffen konnten. Kinder schrieen nach ihren 
Eltern und Eltern suchten vergeblich nach ihren Kindern, während 
Ehegatten hoffnungslos getreunt waren. Die Dunkelheit der Nach 
erhöhte das Entsetzen. Durch Schleppdampfer, Lootsenboote und 
andere Fahrzeuge, welche die Nothsingnale wahrgenommen hatten, 
wurden im Ganzen 85 Personen gerettet. Drei Viertelstunden 
nach dem Zusammenstoße ging das Schiff anter. Der Kapitän 
dlieb auf seinem Posten, bis es sank. Einer der Ueberlebenden 
sagt, daß er nahe neben ihm stand, als das Schiff unterging; 
ersierer bemächtigte sich irgend einer schwimmenden Substanz und 
wurde an die Oberfläche getragen; der Kapitän indeß wurde 
nicht wieder gesehen. Der Lootse und zehu Andere hatten auf 
der Kreuzstange eine Zuflucht gesucht von welcher sie schließlich 
gerettet wurden. Die Erzahlungen der verschiedenen Ueberlebenden 
sind herzzerreißend. Viele Männer beweinen den Verlust von 
Frauen und Familien, und Frauen und Kinder den Verlust von 
Vatten und Vätern. Unter den geretteten Passagieren befindet 
sich auch ein zehnjäͤhriges Mädchen, das Niemand kennt. Es sagt, 
daß sein Vater es in das Boot setzte und ihr sagte, er gehe, um 
die Mutter zu suchen. Er kehrte niemals zurück. — Einen der 
schmerzlichsten Berichte über das traurige Unglück enthält die 
Daily News“ von einem Arbeiter Namens John Brown, der 
auf dem Schiffe blieb, bis alles unterging. Er hatte bereits sein 
Ldeben aufgegeben, als jeine Aufmerksamkeit auf ein Fischerboosf 
gelenkt wurde und er sprang in das Meer in der Hoffnung, das⸗ 
selbe zu erreichen. Die Scene war auf jedem Punkte des Schiffes 
höchst traurig; Manner, Frauen und Kinder lagen auf den Knien 
und beteten und andere liefen in der wildesten Weise umher. 
Inmitten der wilden Konfussion wurde die Frau des Kapitäns in 
das Boot an der Steuerbordseite des Schiffes herabgelassen. Sie 
war von ihrem Gatten geweckt worden, der sie ankleiden half und 
ihr als Vorsicht gegen Sinken einen Korlkgürtel umlegte. Als sie 
hinabgelassen wurde, winlte der Kapitän mit seinen Händen und 
jagte „Lebe wohl, meine Theuere, lebe wohl!“ und seine Frau 
erwiderte unter Schluchzen „Lebe wobhl, mein Geliebler, ich er⸗ 
warte nicht, Dich je wiederzusehen.“ In diesem Augenblicke stürzte 
das Vorderende des Schiffes in's Wasser und alle auf dem Quar⸗ 
terdeck Befindlichen wurden nach dem Mitteldech gespült. Man 
hoͤrte den Kapitän ausrufen: „Gib auf meine Frau Acht, Hoch⸗ 
doctsmann!“ worauf letzterer, betheuerte, „ich will, Kapitän; wenn. 
sie untergeht, gehe ich mit ihr untker.“ Das Schicdsal Aller war 
nun, wie man sehen konnte, nahe. „Erbarmen, Erbarmen!“ 
wimmerten die mit den Wellen Kämpfenden, wobei sich ein rüh⸗ 
render Zwischenfall zutrug. Ein Vater und zwei seiner Sdhne 
zegegneten sich im Wasser, der ältere Sohn sagte mit schwacher 
Sltimme: „Laß mich Dich, Vater, zum letzten Male küssen, denn 
vir Alle werden ertrinken.“ Beide Söhne küßten hierauf ihren 
Vater und wurden dann von den Wogen weggespült. Nun be⸗— 
jann Brown's Aufgabe, und während er auf das Fischerboot 
uschwamm, wurde er von einer Frau angehalten, die ihn flehent⸗ 
lich bat, sie und ihren Säugling auf seinen Rücken zu nehmen 
uind so zu retten. Dies war indeß unmöglich, und Mutter und 
dind kamen um. Brown wurde schließlich von dem Schlepp- 
zampfer ‚City of London“ an Bord genommen. — Der Dampfer, 
der angeblich den Zusammenstoß verschuldete, ist bis jetzt noch nicht 
entdeckt worden. Man glaubt, daß es ein portugiesisches oder ein 
panisches Fahrzeug war. Auf dessen Identisizirung haben das 
dandelsamt, sowie die Charterer der „Norihfleet“ je eine Beloh⸗ 
iung von 100 Pfd. St. ausgesetzt. Nach allen suͤdlichen Häfen 
vurden Telegramme mit der Weisung gesandt, jeden in beschä⸗ 
digtem Zustande ankommenden Dampfer anzuhalten, und zu deti— 
riren. damit eine dollständige Untersuchung über die Kollifion 
eingeleilet werden könne. Man vermuthet nämlich nicht mit Un- 
rechi, daß der Dampfer bei dem Zusammenstoße ebenfalls einigen 
Schaden genommen hat. Die Entrüstung über das Benehmen der 
Offiziere des unbekannten Dampfers ist allgemein. Die Tages-« 
presse verlangt die exemplarische Bestrafung derselben. „Wenn 
die Preisgebung der „Northfleet“ — sagen die „Tines“ — „ein 
zorsatzlicher Aci war, so wird er von Seeleuten mit eigenthüm⸗ 
licher Eutrüstung getadelt werden, aber es wird nicht destoweniger 
nothwendig sein, denselben verdientermaßen durch das Gesetz zu 
hrandmarken. Bloße Ruchsichtslosigkeit ist unter solchen Umständen 
im hohen Grade verbrecherisch, und es sollte als ein erstes Princip 
vergestellt werden, daß jeder Kapitän, der es nach einer Kollision 
anterläßt, zu warten, um den Umfang des Schadens, den er zu⸗ 
zefügt hat, zu erfahren, eines abscheulichen Verbrechens schuldig 
vird.“ „Daily Telegraph“‘ und „Standard“ wollen den Com- 
mandeur des Dampfers, falls er identifizirt wird, als einen 
Mörder und Piraten bestraft wissen. — Den neuesten Ermittelun⸗ 
gen zufolge belärft sich die Auzahl der von der „Nortnsleet“, 
Geretteten auf 97. Zur Unterstützung der Schiffbrüchigen und 
der Hinterbliebenen der Ertrunkenen hat sich ein einflußre iches 
Hilfscomits gebildet, an dessen Spitze der Lordmaior von Lon⸗ 
on steht. 
emeß, verantwortlicher Nedactenr. 
Bekanntmachungen. 
—2 
Holzversteigerung 
ans dem Gemeindewalde zu Ober⸗ 
würzbach. 
Montag, den 3. Februar ec., Nachmittags 
l Uhr, im Schulhause zu Oberwüridach. 
Schlag: Leichwicherhang: 
3 eichen Stämme, 
5 kiefen 
127 buchen, 
151 aspen Sparren, 
22 kiefern, 
192 duchen Stempelstangen, 
15 ichen Wagnerstangen, 
6 kiefern Gerüststangen, 
1000 Bohnenstangen, 
dj Ssure duchen —38 Frucht · Brod⸗ Fleisch re. Preiie 
Astholzprügel, der Stadi Zweibrücken v. 30. Jan. 
eichen Prügel, Weizen 7 fl. 6 tr., Korn 4 fl. 38 kr. 
upen Berste 2reihige. — fl. — kr., Gerste vie 
huchen, reihige, 4 ss. 80 kr. Spelz 4 fl. 832 r. 
efern, Speizlern — fl. — tt. Dinkel — l. 
eichen — ir. Mychfrucht — fl. — kr. Hafer 
23 bugchen Krappen. 4 fl. — tr. Karioffein Ufl. 20 kr. Heu 
Omme- heiüm, 23. Januar 1873. 1 fi. 24 kr. Stroh 1fl. 12 kr. per 
Das Bürgermeisteramt Zeniner. Weißbrod 113 Kilogr. 19 kr 
Wack.haoornbrod 3 Kilogr. 25 ir. ditio 2 Kilogr. 
Ein einzell⸗kender Herr sucht eine 1766. ditio 1 Kilogr. Okr. Gemischtbrode8 
K 3 dil. 32kr. 1 Paar Weck 100 Gramm 2kr. 
o ch t n, Rindfleisch 1. Qual. 20 kr. 2. Qual. 18 kr. 
kath. Mündliche oder schriftliche Anfragen dalbfleisch 16 kr. Hammelfle sch 18 tr. 
richle man an Herrn Heintich Wehr, Schweinefleisch 20 kr. per Pfund. Butter 86 
he eichnet A. A.in St. Johann⸗Zaarb. r. per Pfund. 
Holzversteigerung 
uu Ommersheim am 10. Februar c., 
hrmitiage 160 Uhr im Gemeindehause 
Schlag: Knopfchen. 
1. 7 Sitere buchen Schcithol, 
2. 51Stangenprügel, 
3. 20 , aspen Stangenpräuͤgel, 
1. 222 . Krappenprügel, J 
5. 8 Loose Reiser (Hecen). 
Saͤmmtliches Holz sitzt in der Nähe der 
Straße von Seelbach nach Niederwürzbach, 
daher sehr bequem abzufahren. 
Ommersheim, den 27. Januar 1873. 
Das Burge rmeisteramt 
Wack. 
Ausverkauf. 
Wegen Auäfgebens seines bisher detrie⸗ 
zenen Laden-Geschäftes verlauft der 
Unterzeichnete von heute an seine noch 
vorhandenen Waaren, nämlich: Wollene 
Wämse, Unterhosen, Halstücher, 
Arbeitshosen und sonst noch verschie⸗ 
dene Artikel, gegen Baarzahlung oder auch 
zuf Credit. 
St. Ingbert, 30. Januar 1873. 
Ludw. Weirich. 
Nenattion, Druck und Verlag von J. X. Demet in Sli. Ingbert.