gegen den deutschen Furssen und seinen ersten Minister, gegen Beide
sogor Feindseligkeit erkennen lassen. Statt dessen aufrichtige Freude
sber das Erscheinen Kaiser Wilhelms in Wien überall und respiekt⸗
volle Wücdigung der Entrevue, deren Bedeutung die gesammte
lͤberale Presse Oefterreichs in vorzüglicher Weise hervorhebt. Wenn
in Berlin Franz Joseph von der Bevölkerung techt gut aufgenom—
mien wurde, so war das Sache des politischen Taltes. Preußen
hat Oesterreich vor sieben Jahren besiegt, und es kam darauf an,
dem Habsbu gischen Herrscher zu erkennen zu geben, daß es ver⸗
gessen hat, was hinter uns liegt, und uns der guten Beziehungen
sreuen, welche zwischen Wien und Berlin sich hatten ermoͤgllchen
jassen. In Wien wird jetzt der Sieger über Oesterreich als ein
herzlich willtommener Gast gefeiert, und das verräth ein Verständ
diß der politischen Lage, das den Wienern ale Ehre macht. Sie
ommen dem Kaiser mit so viel Wohlwollen enigegen, weil sie in
hm den Sieger über das napoleonische Kaiserreich erblicken, dat
Defterreichs gefährlichster Feind war. Sie bliden mit Hochachtung
zu Kaiser Wilhelm herauf, weil er es meisterhaft verstand, die
dmische Curie abzufertigen, die Oesterreich in geistige Fesseln ein·
schmieden wollte. Und zu nicht geringem Theile trägt des Kaiser?
Jersonlichleit zu der gusen Aufnahme bei, die er aun der schönen
giauen Donau gefunden. Der Kaiser hai die Gabe, rasch auch
die Widerstrebensten zu gewinnen, das zeigte sich sogar in Frank-
reich überall da, wd das Deutsche Hauptquartirr längere Zeit Raff
machte. Was nur irgend dazu beitragen dann, Deutschland mit
Desierreich eng zu verbinden, ist ganz gewiß ein glüdlicher, p.li-
lischet Griff, und darum behält Kaiser Wilhelar's Reise nach Wien
auf lange Zeit ihre große Bedeutung.
Wien, 22. Otlt. Wie man der „Fr. Z.“ meldet, ist der
Zronprinz von Tänemark bemüht, die Kaiser von Oesterreich und
Deutschland für Ausführung des Artikels 5 des Prager Friedens
zünstig zu stimmen. Man hält es nicht für unmöglich, daß Bismard
an Däuemark Zugeständnisse machen, wenigstens in die Abtretung
unzweifelhaft dänischer Territorien, auf deren Besitz der preußische
Beneralstab nicht viel Gewicht legt, willigen wird. In dem Falle,
so hofft mau, würde auch der deutsche Reschstag nich: opponiren.
Fraunkreich.
Paris, 21. Ott. In dem Protokoll der heutigen Versamm
iung der republitanischen Linken ist gesagt, die monarchischen Re⸗
tauralionsprojekte erregen den Unwillen des Landes. Im Schoß
der Nationalversamm!ung sei die Mehrheit der Stimmen der Re—
publik gewonnen. Die republikanische Linke wird sich täglich rer⸗
jammeln. Einige Deputirte haben sich heute zum Präsidenten der
Republik begeben, um ihn zu fragen, ob die uͤber ihn berbreiteten
Gerüchte richtig feien. Der Präsident antwortete: „Wenn ich
als Soldat zu jeder Stunde meinem Lande zu Dieusten bin, so
weise ich durchaus den Gedanken zurück, daß ich die Regierung
unter allen Un standen bewahren müsse, unter welchen Bedingungen
nir dieselbe auch angeboten weide. Ich din von einer lonser
‚ativen Mehrheit ernannt worden, von der ich mich nicht trennen
werde. —
Paris, 21. Oltbr. Aus guter Quelle verlautet, daz das
Miristernum erst nach Berathung der Verfassungs-Entwürfe Aende—
rungen erleiden soll. Alle Offiziere, die sich auf Urlaub befinden,
haben Befehl erhalten, zu ihren Regimentern zu stoßen. Lauf
Assemblee Nationale“ hat der Prinz Napoleon eine Unterredung
mit dem Herrn Thiers gehabt.
Paris, 22. Oltbr. Der ‚Soleil“ schreibt: Folgendes
ist die Wahrheit über die Eutrevue von Salzburg: Die Delegirten
daben volles Genüge auf den bereits bekannken Grundlagen er—
halten. Sein volles Einverständniß mit dem Lande belu: den
wollend, hat Graf Chambord der Nationalversammlung üÜberlassen,
diese Grundlagen in dem Akt, durch welchen sie ihn auf den Thron
zurüchbberuft, zu formuliren. Hinsictlich der Fahnenfrage erkrärte
SBraf Chambord: „Ja, ich werde die Fahne grüßen, welche die
französischen Soldaten bei meiner Rüdtehr nach Frankreich mir
präsentiren werden, denn dies mit ibhrem Blute gefärbte Banner ist
meiner Achtung würdig.“
Paris, 22. Olt. In der heutigen Versammlung von
Mitgliedern des rechten Centrums gab der Herzag von Audiffret-
Pasquier zunächst bekan-t, daß eine große Anzahl von zustimmen-
den Briefen zur monarchischen Kestauration eingegangen sei. Der⸗
selbe verlas sodann eine Resolution, welche der Nationalversamm⸗
jung bei ihrem Zusammentritt vorgelegt werden soll und besagt:
„Die nationale erbliche konstitutionele Monarchie wird als Regie⸗
rung Frankreichs erllaͤrt. In Folge dessen wird Graf Chambord
auf den Thron berufen.“ Die Resolution erwähnt auch die von
den Journalen bereits veroͤffentlichten konstitutionellen Garantieen.
— Das rechte Centrum hat sodann deschlossen, diejenigen feiner
Diiglieder, welche zugleich Mitglieder der Permanenzcommission
sind, zu beauftragen, in dieser die baldige Einberufung der Natio—
nalversammlung zu beantragen, ohne das Datum der Einberufung
reffzuseßken. bebor sie das Gutachten der Regierung eingebolt boben
Prozeß Bazauine. Der bedeutendste Theil des Verbort
war unstreitig der, welcher die Verhandlungen Bazaine's mit den
Prinzen Friedrich Korl betraf; denn diese Verhandlungen bilden
ja den Kernpunkt der Anklage auf Verrath — und der Verrath
joll nun einmal durchaus herausgebracht werden, damit Fronkreiqh
die Befr:edigung habe sich sagen zu können, es sei nicht durch die
deutschen Waffen besiegt worden. Daß Bazaine sich an den
Prinzen Fricdrich Karl wandte, um von ihm Aufschluß über die
Ldage Franktreichs nach der Revolution vom 4. September zu er⸗
halten, bildet eines der Hauptbelastungsmomente. Der Vorsihßend!
hält ihm vor, er hätte sich denken können, daß der Prinz al—d
Feind seine Mittheilungen so richten werde, wie sie der deuischen
Sache günstig wären. Bazaine entgegnete, er hade sich in loyaler
Weise an den Prinzen gewandt, und wenn man von allen Nadh—
richten entblößt sei, nehme man sie, wo man sie finde. Er läugnel,
in der Zeit vom 18. bis 23. September irgend eine andere Cor—
respondenz mit dem Prinzen gehabt zu haben. Auf die Zrage
ob er dem Unterhändler Reznier gesagt habe, er habe nut nodhh
für 27 Tage Lebensmittel, erwiderte Bazaine, er glaube nicht, ihn
das gesagt zu haben. Was die Reise des Generals Bourbali be—
rifft, so gibt Bazaine zu, daß er nicht eigens Fürforge getwroffen
hude, daß derselbe nach Meß zurücklehren könnte; er habe geglaudt,
die Kaiserin als Regentin sei mit der deutschen Herresleitung über
einen Waffenstillstand einig, und darum werde Bourbali ungehin⸗
dert zurückehren können. — Was die Capitulatioaunterhandlungen
selbst betrifft, se erkllärt Bazaine auf die dringenden Fragen der
Vorsitzenden, er habe ansangs mit denselben dem Feinde eine Falle
segen wollen; im übrigen hälten in seiner beispiellosen Lage, nach
dem eine aufständische Regierung sich der Gewalt bemächtigt hatte,
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nicht maßgebend sein lönnen. Damit gesteht Bazaine zu, daß nicht
blos militärische, sondern auch politische Rücksi Hten feine Hand
'ungsweise bestiaimten. Diese politischen Rücssichten, die ihm hoqh
angerechnet worden wären von einer bonapariistischen Regierung
dienen jetzt zu seiner Belastung.
— Man kann nicht sagen, daß der Eindrud, welchen Va⸗
aine's Verhör bie jetzt gemacht hat, ein günstiger wäre. Gar se
oft hört man von ihm auf eine Frage nur die Aniwort: „Jd
weiß nicht“ oder „Ich kan mich nicht mehr erinnern.“ Natür
lich taucht da beim Zuhoͤrer der Gedanke auf, das sei nur ein
Ausflucht, wenn glich man sich sagen muß, daß Jemand nad
drei Johren nicht mehr alle Einz⸗lheiten, die er in jener drang
pollen Zeit rusch erlebte, genau im Gedächtniß haben kann. So
biel geht aus Allem hervor, daß seine Anordnungen mitunter der
Tharakter der Unsicherheit und des Schwankens truzen; ob die
nun in seiner Unfähigkeit oder darin seinen Grund hatte, daß e
ihm mit dem Durchbrechen und Kämpfen nicht Ernst war, daß er
hielmehr sein Heer möglichst unversehrt für die Zeit nach dem ge
chlossenen Frieden zu erhalten wünschte — das ist die Frage, und
die zweite Alternative zu bejahen sind Viele jetzt schon geneigt. Ju
zroßen Publilkum ist ihm jetzt schon das Urtheil gesprochen; auf
den Straßen, in den Eisendahnwägen, in den Comptoirs, in der
Zaufläden, in den Salons — überall verlangt man Bazaine!
Aopf; in den Aktenstücken, die in dem Projeß zur Vorlesung
tamen, genau zu prüfen, die Mühe gibt man sich nicht; Allen
zilt Bazaine als Verbecher, der eben nur leugnet, weil er keint
anderen Vertheidigungsmitsel hat. Jedermann weiß jatzt vortrefflich
vas und wie er es hätte thun müssen, damit die Veulschen nich
Jesiegt hätten, und der Einwand Bazaines, daß man im Kriege
shuüt, was man kann, nicht, was man wünscht — der wird nich
»eachtet. Auf seine Untergebenen scheint sich Bazaine übrigenl
mehr, als Recht war, verlassen zu haben; es ging ein gewisset
zemächlicher Zug durch die ganze Atmeeleitung; auch andere hoͤher!
diffiziere der Rheinarinee machten is so; man dverließ sich zu jeht
darauf, daß der, dessen Amtes ein Geschaͤft war, es auch richtit
detorgen werde, resp. dafür verantwortlich sei, und man ließ ihe
zewähren, bis Fehler gemacht waren, die sich nicht mehr gut macher
ließen. Bezüglich der Fahnen behauptet Bazaine genz bestimul
er habe dem General Solelle den Befehl ertheilt, sie verbrenn.
zu iassen. Das Kriegsmaterial will er aus Besorgniß vor de
Rache des Feindes nicht zerfiört haben. Darauf erwidert ihm der
Vorfihende ob man denn uͤberhaupt noch ein großere Hart', ab
sie die Capitulattonsbedingungen entbalten. dabe fürchten koöͤnnen
— —
4 Weidenthal, 21. Olt. In dem hiesigen Steinbruche de
pfälzischen Bahnen hat sich heute ein gräßliches Unglück zugetragen
ulls wegen wahrscheinlicher Beschädigung der Zundschnur in einer
Bohrloche der Schuß nicht losging, machten sich 3 Arbeiler daren
die Ladung vermirteis eines Bodrers auzuzieten. Schon war diese
n der Nahe des Pulvers, als es sich plötzlich entzundete. Zue
der armen Leuie wurden rücklings auf den Fellen geworfen. der
Vermischtes.