Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Zenzeiger. 
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der St. Ir 1172e sand das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Diendtaas-, Dommerttagt· und Sonniag⸗ 
dagmer erlcheint wichentlich viermal: Dienstag. Dennernstag, Samstag und Sonntaa. bonnementehreis vierteljahrig 42 Armt. odir 
12 Suberar. Ungzeigen werden mit 4 Arrr. die dreispaltige Zeile Blatijchrift oder deren Raum derechnet. 
185. — ers⸗ 
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Deutscheo Neich. 
Reustadet, 21. Nop. In der heutigen Landrathssitzung 
am der in Folge der don Kaiserslautern ausgegangenen Se— 
ainarpetition von Dr. Jalob gestellte Antrag auf Errichtung kon⸗ 
jsion Sloser Lehrerbildungsanstalten, sowie die damit zusammen⸗ 
ngenden Gegenanträge des Domkapitulars Dr. Becer, sowie der 
Anttag von Janson, betreffend die konfessionslose Vollsschule, zur 
gerhandlung. Der Antrag Jacobs wurde nach längerrr Diskussion 
nit allen gegen die 2 Stimmen der kathol. schen Geistlichen (Becker 
ind Hundemzer) angenommen, auch Herr Prodekan Neu stimmte 
ʒafür. — — des Antrags von Dr. Becker, die kgl. Ver⸗ 
xdnung vom 29. August d. J., betreffend die Abstimmung über 
kinführung korfessionellgemischter Vollsschulen als für die Pfal 
unicht rechteberbindiich zu erliären, wurde ebenfalls gegen 2 Stim⸗ 
nen solgende von Dr. Jaldob beantragte motivirte Tagesordnung 
igenommen: 
. Der Landrath ist selbstverständlich nicht im Zweifel, daß 
urch eine Verordnung ein Gesetz nicht aufgehoben werden lönne, 
laubt abder, daß, da der Landrathsabschied vom 9. März 1818 
⁊ nicht spezialisirt, wie die Neigung der verschiedenen Religions— 
heile sich kundgeben müsse, es durch die Verordnung vom 29. 
fiugust 1873 den einzelnen Religionstheilen nicht möglich gemacht 
i, nach den Bestimmungen des Landrathsgesetzes vom 9. Märj 
818 ihre Ansicht in einer von der Gemeindeversammlung getrenn⸗ 
en Weise geltend zu machen. — Der Landrath geht daher über 
zen hieher bezüglichen Antrag des Herrn Dr. Beder zur Tages⸗ 
dnung über.“ 
Cbenso wurde der Anttag von Janson, die Vollsschule als 
wonfessionslose Staatsanftalte mit voller kirchlicher Unabhängigkeit 
zu erklären, mit allen gegen die genannten 2 Stimmen an⸗ 
zenommen. 
Angenommen wurde ferner der Antrag Janson, betreffend 
ie Abanderung des 8 55 des Reicht strafgesezbuches, bezüglich der 
Ztraflosigkeit von Kindern unter 12 Jahren, und der Antrag 
dürr, beireffend den Bau der Worther Eisenbahn (baldige Inan⸗ 
riffnahme und Ausführung der Linie Wörth-Lauterburg.) 
a Weiter wurden angenommen: der Antrag des Hrn. Wies: 
Der Landrath wolle beschließen, an die hohe Sraatsregierung 
inen Antrag bahin zu fiellen, daß no h dem gegenwärtig verfam⸗ 
nelten Landtage ein den Art. 22 des bayer. Wehrverfafsungsge⸗ 
ehes modifizirender Gesetzentwurf in Vorlage gebracht werde?; 
ndlich der Antrag des Hrn. Schleip: „Der Landrath wolle an 
ie Kreisregierung die Bitte richten, dahin wirken zu wollen, daß 
urch Bewuͤligung größerer Beiträge die wirkliche Uebernahme der 
Ffaͤlzischen Bezirlsamtsgebäude durch den Staat bolder —XX 
derden lönne.“ 
Die Kreissumlage pro 1874 wird 51,0 pCt. betragen. 
Am Samstag wurde der Landrath geschlossen. (gw. 3.. 
Aus Münche, 20. November, schreibt man der Nürnb. 
Ir.“ über die letzte Sitzung der Abgeordnetenlammer: Als der 
driegsminisier begann, vom „Nichtzurückdleiben des bahyerischen 
deeres hinler den anderen“ zu reden und nun gar kalt und ge- 
assen“ die 24,294, 000 fl. für außerordentliche Zwede über seine 
tippen brachte, da ging das Haus, natürlich zumal die Rechte, 
bie aus einen Schlag zu den Ausrufen: Hoͤrt! Hoͤrt!“ über, 
a einzelne schlugen die Hände zusammen, daß diese einige Selun ⸗ 
en lange Aufregung nur durch das energische Dazwishentreten 
er neuen großen Glocke des Präsidenten und dessen Ich bitte 
ne Herren um Ruhe“? beschwichtigt werden konnte. Und wir als 
rüchterne Beoba hier lönnen konstatiren, daß wir uns einer solchen 
lufregung des Hauses nicht entsinnen koͤnnen, kaum war jene am 
1. Januar 1871 größer, als die Versailler Verträge zur An⸗ 
ahme gelangten. — Für die nächste, auf den 26. ds. anberaumte 
Zitzung steht der Herz⸗Gerstner'sche Antrag über die Diäten der 
deichsiagsabgeordneren und eine Interpellation des Prof. Daller 
er die Sonntagsfeier, resp. den Dienst des Personals der Ver- 
ehrzanstallen auf der Tagesordnung. Da das Publikum z. B. 
n München dem Vergnügen des Eisenbahnfahrens an Sonntagen 
ehr froͤhnt, so daß es manchmal an Wagen fehlt, so sind wir 
richt sicher, daß nicht wieder eine „gehässige und tendenzidse Ent⸗ 
tellung von Thatsachen“ herauskommt. 
Aus München, 22. November wird der „Allg. Zig.“ 
emeldet: „Dem Vernehmen nach wird die unterm 8. April 1882 
rlassene Ministerialentschließung. den Vollzug des Concordats beir. 
welche dem Ultramontanismus welsentliche Zugeständnifse machte), 
nit allerhochster Genehmigung außer Wirksamkeit gesetzt werden. 
x83 sollen sortan in allen bei den Verwaltungsstellen und Behör⸗ 
ven vorkommenden Geschäfts gegenständen kirchlicher und Lirchenpo⸗ 
itisber Natur, wie es der Staatsverfefsung entspricht, die beste- 
zenden Grundgesetze des Staates, sowie die übrigen hierher bezüg⸗ 
iche Gesetzgebung des Landes die Norm geben und nach den 
stegeln des Rechtes ihrem ganzen Inhalt nach zur Anwendung 
jebracht werden. In gleicher Wei'e behält es bei den auf Grund 
zieser Gesetzgebung erlassenen Verordnungen und Instruktionen 
ein Bewenden. Dem zufolzge tritt in allen jenen Fällen, in wel⸗ 
hen und soweil die einzelnen Abschnitte der fraglichen Ministerial- 
ntschließung auf das bestehende Recht hinweisen oder Zuständig⸗ 
eiten der Staatsorgane, wie sie vor dem Jahr 1852 schon be— 
tanden haben, vorbehalten sind, durch die Zurüchnahme der eben 
illegirten Entschließung keine Veränderung ein.“ 
Karlsruhe, 22. Nov. Das Abgeordnetenhaus nahm 
hzeute die Bureauxwahlen vor. Kirsner wurde zum Präsidenten, 
Bluntschli und Kiefer zu Vicepräsidenten gewählt. Um 122/42 Uhr 
'and die Vereidigung des Bischofs Reinkens durch den Staatsmi⸗ 
nister Jolly vor sechs Solennitätszeugen statt. 
Kassel, 22. Nov. Bis heute find fünf ordeniliche und 
drei außerordentliche lutherische Pfarrer wegen ihrer Unbotmäßig⸗ 
reit gegen das Consistorium abgesetzt worden. Sechs weitere Ab⸗ 
etzungen erfolgen in nächster Woche. (Fr. J. 
Berlkin, 21. Nov. Als Termin für die Reichstagswahlen 
ist die erste Woche des Jannar 1874 in Aussicht genommen. 
Franukreich. 
Paris, 21. November. Der Unterrichtsminister Batbie 
jat zur Feier der Verlaͤngerung der Amtsgewalt Mac Mahon's 
angeordnet, daß am 24. ds. an welchem Tage das betreffende 
Besetz im offiziellen Blatt erscheint, alle Schulen Franlreichs ge⸗ 
chlossen werden! 
Paris, 23. Nov. Am Boulevard wurde neueste Anleihe 
ei sehr fester Tendenz zu 93. 15 (bedeutend gestiegen) gedandelt. 
xẽs wird versichert, Graf Chambord habe das franzöfische Gebiet 
vieder verlassen.. 
.Trianon, 21. Nob. (Proʒeß Bazaine.) J. Fabre, als 
Zeuge vernommen, sagt, daß Fürst Bismarck ihn bei der Zusam⸗ 
nmentunft zu Ferrieres gefragt habe: „Sind Sie des Gehorfams 
ies Marschalls Bazaine sicher “ Da Favre über diese Frage 
rstaunt gewesen sei, habe Bismarck hinzugefügt: „Ich habe allen 
Zrund, zu glauben, daß Bazaine nicht Ihnen gehörtAm'est pas à 
7ous). Diese Aussage erregt lebhaftes Erstaunen. 
Der Prozeß Bazaine nimmt in seinem letzten Stadium, in 
velchem Jules Favre und Gambetta auftreten. wieder in erhöhtem 
grade die Aufmerksamkeit in Anspruch. Man schätzi die Dauer 
desselben noch bis Mitie Dezenber. 
England. 
— Nach England kamen von der Goldküste Nachrichten 
iber mehrere Gefechte, in welchen fünf Döͤrfer feindlicher Einges 
orener eingeäschert warden und die Aschantie eine bedeutende 
diederlage erlitten. Außerdem hat England seine Flotte ebenfalls 
iach Cuba abgehen lassen, da auch englische Unterthanen als Fli⸗ 
zustiers dort erschossen wurden uund weil man doch sehen will, — 
das Amerika eigentlich vor hat. — Beinahe hätie es auch einen 
drieg mit den Türken belommen, das friedliche England. Die 
Türken kamen nämlich Aden. das den Engländern gehört, zu nahe 
ind es wurde schon so ein bischen herüber und hinüber geschossen 
ind ein paar Individuen von der in Ueberzahl vorhandenen Rasse: