Full text: St. Ingberter Anzeiger

8* t. Ingberlker Anzeiger. 
A4 — 
St.Jaaberter Unde iaeer band dad mit dem Haupyiblatte verbundene naterhaltungtblatt, mit der Dientiags⸗, Domnnertlagt· und Sonnkage 
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22 * * — — 
1873 
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Deutsched Reich. 
Müncheenn, 29. Novbr. Was ich Ihnen jüngst in Bezug 
uf den Gesehentwurf, die Zuständigkeit der Strafgerichte betr., 
hrieb, d. h. daß durch denselben den Bezitksgerichten eine Straf⸗ 
walt bis zu 18jähriger Zuchthausstrafe eingeräumt werden sollte, 
n durch die inzwischen erfolgte Vorlage dieses Gesetzentwurfes 
ine Bestätigung, wenn auch nicht so algemein, so doch insoweit 
unden, als derselbe darauf hinausgeht, daß diese Erweiterung 
et Strafbefugniß wenigftens für gewisse Fälle den bezeichneten 
jerichten eingerääumt werde. Eine Folge davon, daß der zur 
rveralhung dieses Gesetzentwurfes don der Nammer der Abgeord⸗ 
elen gebdete besondere Ausschuß fast ausschließlich aus höheren 
justizbeamten besteht, ist die, dab die besagte Intention det Re⸗ 
jerung leider Aussicht hat, im Ausschuß durchzudringen. Wie ich 
ernehme, ist von saͤmmtlichen Ausschußmitgliedern einzig und allein 
er Abg. (App. Ger. Rath) Darrschmidt gegen eine solche exorbi ⸗ 
ante Erweilerurg der Strastompetenz ausschließlich aus rechtsger 
ehrten Richiern zusammengesetzter Gerichte. Wenn diese Angle⸗ 
enheit im Plenum der Kammer zur Berathung gelangt, dürfte sich 
ine erregte Debatte ergeben. welche hoffentlich zu dem Resultate 
uͤhren wird, daß man dem Volle die theuerste Errungenschaft des 
jahres 1848, die Schwurgerichte nicht nur dem Namen. sondern 
uch dem Wesen nach erhält und fichert was nur daunn möglich 
t, wenn die Strafgewalt der Richterkollegien nicht über Gebühr 
wenert wird. Einer Mehrheit von zwei rechisgelehrten Richtern 
iher die Befugniß einrdumen, Zuchthausstrafe bib. auf die Dauer 
on 15 Jahren zuzuerkennen, dieße einen Zustand schaffen, der 
ines Gleichen in Curopa suchen würde. (Fränk. Kur). 
Münschen, 22. Nov. Behufs der vom Finanzausschusse 
der Kammer der Abgeordneten beabsi bdtigten Gewahrung von Ge⸗ 
altszulagen wücrden, wit schon a dier· Kakegorien gebildet 
erden; wie wir nun vernehmen, soll dies in folgendet Weise ge— 
chehen. In die ersie Aoalegotie mit jährlich 420 fl. Zulage würden 
je Beamten der 1. und 2. Gehalistlasse lommen, in die zweite 
i Zranen ver 3. und 4. Gehaltsklasse mit 350 fl., in die 
ne die Veamten der 8., 6., 7. und 8. Gehaltstklasse mit 280 
nnd in die bierte Kategorie die Beamten der 8. und 10. Ge⸗ 
altsklasse mir 210 fl. per Jahr. Nach diesen Vorschlaͤget — 
ne nahme als hesichert erscheinen dürfte — würden jaͤhrlich 
mgesäht 1,600,000 fl., um circa⸗ 600,000 fl. uichr ald die 
Siaatsregierung deaniragte, erforderlich sein. Für das nicht 
sbile Personale würde sich der Bedarf jahrlich auf 1,800,000 
l., auf cigea 8ob.o0o fl. mehr als nach dem Negierungsvorschlag 
elaufen. “* 
Münqcen, 23. Nov. Fünf bayerische Bataillons ⸗Audi- 
eurs werden in die k. preußische Armee eintreten und sind die⸗ 
elben zu diesem Behufe auch bereits auf ihr Ansuchen aus dem 
ayer. Heere entlassen worden. . 
Ma n hen, 24. Now. Die Medizinalloxordnung für das 
donigreich Bayern soll bekannilich in Berücksichtigung der neuen 
dawe beordnung, der Erhohung det Preise aller Lebensbedüͤrfnisse 
ind der veränderten Stellung des ärztlichen Standes einer Revi- 
on unterzogen werden. Als neue Taxen flir ärztliche Leistungen 
vberden hiebei in Ausficht genommen: 1) für Krankenbesuche in⸗ 
erhalb des Wohnortes des Arztege und bis zu einer Entfernung 
on i. Mieile (SKilom.); a. für den 1. Besuch 2268 Mart 
it Dder ohne Rez pt), b. für jeden folgenden 1 122 —3 Mark, 
Nur Nachtzeit das Doppelle. 2) Fur verlangten oder nothwen⸗ 
ig laͤngern Ausenthalt des Arztes bei den Kraͤnken, wenn der 
musenthalt laänger als eine Stunde dauert, füt jede Stunde weiter: 
bei Tag 2265 Mark, b. bei Nacht 5— 10 Mark; 6.8 zum 
naximum von⸗ 18. Matlebei Tag, 20 Mark bel Nacht. 3) Für 
ie Hausordination (mit oder ohne Rezepti), a. fur die erste Ia —8 
mari, p. fur jede folgende 1-22 Marl. —5. 
Berlin, 22. Nov. die taiserliche Admiralität beabsichtigt 
vem Vernehmen nach bii etwa eintretenden weiteren Verwicklungen 
den spanschen Angaeledenbeiten noch uert andere Schiffe detr 
)euischen Kriegsmarine nach den dortigen Gewässern zu senden. 
Die Fregatten Kronprinnz“ und „Augusta“* würden eintretenden 
falls vermuthlich zu di sem Zweck Verwendung finden. 
Bersin, 23. Nob. Die Zustimmung des Handelsmini⸗ 
teriums zur Erhoͤhung der Eisenbahu⸗ Peronen⸗Tarife ist nunmehr 
onstatirt. Ais Einhe itsatze sind dis jetzt für die 4 Wagenklafsen 
5 3, 314 und 2 Sgr. pro Meile exllusive Aufschlag fur Schnell⸗ 
ug vorgeschlagen. EFrankf. 314) 
— Frankreich. 3 
Parie, 28. Nor. Die Libert,“ wel che bekanntlich zu 
jfizidsen Mittheilungen aus der Umgebung bes Grafen Chambord 
enutzt wird, behauptet, derselbe sei sehr ungeholten über den 
Zerlaͤngerungsbeschluß. Die „France“ spricht von orleaniftischen 
hersuchen, den Grofen Chambord zur Abdankung zu bewegen. 
Gr. J.) 
Paris, 28. Nov. Die Nachricht, daß Graf Chambord in 
rrankreich sei, ist richtig. Er war in Versailles und ist auges⸗ 
lücklich im Dampierre beim Herzog von VChuynes. Die Organe 
ciner Anhänger achten sein Incognito; aber er ist offenbar da, 
im seiner Partei zu zeigen, daß er nicht abdanlkt, und die Extremen 
ind denn auch äußerit ülar im Ausdruck, wo es sich darum dan· 
zell, zu erklären, daß sie die Vartel nicht aufgeben. 
Paris, 25. Nop. Das „Journal offictel? meldet. daß⸗ die 
Minisier heute ihte Entlassung gegeben haben und diese angenom ⸗ 
nen ist. Man giaudt, das amtliche Blatt werde chon morgen daß 
jeue Ministerium (das ohne Zweifel großentheils aus dem Jeit⸗ 
Jerigen Ministern bestehen wird) publiziren. 
Prozeß Bazaine. Am 21. November wurde Gambelta 
ils Zeuge vernommen. Derselbe erzählte von den vielen Versuchen, 
jie ea don Paris wie von Tours aus gemacht habe, sich mit Ba⸗ 
gine in Verbindung zu setzen, die aber alle ohne Erfolg geblieben 
en. Warum sie nicht gelangen d „Es ist, bemerkt er, hier nicht 
er Ort kür mich, es zu sagen“, aber er läßt durchbliken, daß 
e Schuld am Marschall Bazaine liege, den er schließlich geradezu 
es Verrcths bezichtigi, weil er, fiatt zu bampfen, mit dem Feind 
iterhandelt habe. Uebrigens kommt ein Widerspruch zwischen 
hambetta und Bourdali zu Tage; letzterer hatle neulich angegeben, 
aß er die Negierung in Tours vergeblich beschworen habe, rasch 
inen Waffenstillsiand mit den Deuischen abzuschließen, weil sich 
voch nichts mehr machen lasse; Bambeita hingegen behauptet, von 
inem Waffenstillstand sei zwischen ihnen nme die Rede gewesen. 
Bourbali enthüllte übrigens durch seine Aussagen. daß er selbst 
vohl ein braber. Soldaf sein mag⸗der die erxhaltenen Befe hle 
etreu vollzieht, daß er aber nicht befähigt ist, selbsiständige Ent- 
chlüffe zu fassen und durchzuführen. — Das Zeugenverhör ist jzt 
oweit dorgeschritten, daß es bis. Ende November beendigt sein 
ann; der Prozeß würde dann wohl dis Mitte Dezember zum 
Schlusse kommen. 5 
Gnugland. 
London, 25. Nov. Ein Telegramm der , Zimes Jaus 
ßhiladelphia meldet aus Havanna, daß man mit det Rüdgabe des 
uf dem“ „Virginius“ jortgenommenen amerikanischen Cigenthums 
vorschreite. 
J Zerm 6 
4 Bai der nächsten pfalzischen Schwurgerichtsfession find füt 
etzt I1, Sachen eingelaufen uud sollen an nachdezeichneten Tagen 
ur Verhandlung kommen: 1) aui 1. Dezember, Vormittags: 
gernhard Wolf, 81 Jahre alt, lediger Schneider von Duden hofen, 
vegen mehckrer Diebssahle im Rücfalle. 2) Nachmittags: Franz 
„quberschwarz, 28 Jahre alt, Tagner von Mehlbdach, wegen 
diebstahlz im Rückfalle. 3) am 25 Dezember, Vormittags: Va⸗ 
entin Wüst, 26 Jahre alt, Tagner von Rohrbach bei Landau 
vegen Körperverletzung wit nachgesolgtem Tode. 4) Naqhhmittags: 
Joseph Burger, 20 Jahne alt, Tagner von Godramstein, wegen 
hweren Diebstahls im Rückfalle, Bedrohung und Widerstand. 5) 
n 3. Verember, Vormittags: Charlotie Ransweiler. 34 Jor-